TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/7 89/13/0047

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Veröffentlicht am 07.02.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §232 Abs1;
BAO §232 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

Senatspräsident  Mag. Hofstätter  und die Hofräte

Dr. Schubert,  Dr. Drexler,  Dr. Pokorny  und  Dr. Graf als

Richter, im Beisein der Schriftführerin

Mag. Wimmer,  über die Beschwerde des X gegen den Bescheid der

Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland

vom 31. Jänner 1989, GZ. GA 7 - 2102/9/88, betreffend

Sicherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

    Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe

von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu

ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer Betriebsprüfung ordnete das zuständige Finanzamt mit Bescheid vom 22. Februar 1988 eine Sicherstellung schätzungsweise ermittelter Ansprüche an Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von

S 4,800.131,-- in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschwerdeführers an. Diesem Sicherstellungsauftrag war eine Anlage angeschlossen, in welcher der genannte Betrag nach Abgabenarten und Jahren detailliert aufgegliedert war.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben, in welcher zunächst gerügt wurde, daß in demselben die voraussichtlichen Abgabenforderungen nur in einem globalen Betrag ausgewiesen würden, ohne daß auf die Grundlage für die Bemessung dieser Steuern eingegangen worden sei.

Wenn ferner in der Begründung des Sicherstellungsauftrages ausgeführt werde, daß im Streitfall die Möglichkeit einer Vermögensverlagerung ins Ausland bestehe, müsse dem entgegengehalten werden, daß eine derartige Möglichkeit, abstrakt gesehen, jeder Abgabenpflichtige habe. Daß der Beschwerdeführer eine Wohnung in Mallorca besitze, sei kein besonderer Umstand, aus dem auf eine Vermögensverlagerung geschlossen werden könne.

Im übrigen habe der Beschwerdeführer bisher seine Steuerverbindlichkeiten pünktlich bezahlt.

Auch von der vom Finanzamt behaupteten wesentlichen Erschwerung der Einbringung könne keine Rede sein; denn der Beschwerdeführer besitze Betriebsvermögen und Realbesitz von beträchtlichem Wert. Allein durch die durchgeführte Pfändung würden etwa "S 3 Mio sichergestellt" worden sein. Auf die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers sei im erstinstanzlichen Bescheid nicht eingegangen worden.

Dieses Rechtsmittel wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung ab. Fristgerecht beantragte der Beschwerdeführer hierauf die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte begründend im wesentlichen aus:

Zu dem Einwand in der Berufung, daß die voraussichtliche Höhe der Abgabenforderungen im Sicherstellungsauftrag nur global angeführt worden sei, werde darauf hingewiesen, daß eine dem genannten Bescheid beigefügte Aufstellung eine Aufgliederung der in Rede stehenden Steuerbeträge enthalten habe.

Im übrigen sei davon auszugehen, daß im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages die Betriebsprüfung schon 10 Monate gedauert habe. Wegen der "dauernden Weigerung" des Beschwerdeführers und seines Vertreters, an den Ermittlungen des Sachverhaltes im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken, sei die Prüfung jedoch bis dahin nicht zu einem greifbaren Ergebnis gekommen. Damals seien von der Betriebsprüfung hinsichtlich des Rechnungswerkes des Beschwerdeführers folgende Feststellungen getroffen worden:

1.

Keine laufende Verbuchung der Bankbewegungen,

2.

keine laufenden Verbuchungen von Zielgeschäften. Die Vollständigkeit der empfangenen Zahlungen sei deshalb nicht überprüfbar gewesen, weil die Kontoauszüge der Banken nicht in lückenloser Reihenfolge zur Verfügung gestanden wären,

              3.              unübersichtliche Abschlußbuchungen bei den Bilanzerstellungen und fehlende Bereitschaft zu entsprechenden Begründungen,

              4.              hinsichtlich der unter dem Namen Maria Schorn verbuchten Darlehen habe weder ein Nachweis über den Geldfluß "noch über den Besitz dieser Geldmittel erbracht werden" können.

Außer diesen Feststellungen hinsichtlich "die Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung" seien auch Unterlagen vorgelegen, die Hinweise über geschäftliche Tätigkeiten des Beschwerdeführers in Spanien und über Geldtransfers zwischen Österreich und Spanien enthalten hätten.

1983 habe der Beschwerdeführer ein Haus auf Mallorca um DM 180.000,-- erworben und in den Folgejahren Um- und Zubauten durchgeführt. Da der Beschwerdeführer außerdem 1985 inländisches Liegenschaftsvermögen um insgesamt S 3,200.000,-- erworben habe, wobei die Finanzierung der betreffenden Geschäfte auf Grund der aus den Akten ersichtlichen Vermögens- und Einkommenslage des Beschwerdeführers nicht habe geklärt werden können, sei ein entsprechender Vorhalt an den Beschwerdeführer gerichtet worden. Darauf habe dieser mitgeteilt, daß er schon seit 1983 seinen Hauptwohnsitz in Mallorca habe. Nach seiner Ansicht seien daher "nur die Inlandsaktiven von Bedeutung".

Die Finanzierung des Erwerbes der inländischen Grundstücke sei mit Hilfe von aufgenommenen Darlehen erfolgt.

Da die Behauptung des Vorliegens einer beschränkten Steuerpflicht des Beschwerdeführers "jeder Grundlage entbehrte" - eine entsprechende Mitteilung war der Finanzverwaltung bis dahin noch nicht zugekommen - "konnte darin nur eine mangelnde Bereitschaft" des Beschwerdeführers "an der Aufklärung des gesamten Sachverhaltes mitzuwirken, erblickt werden". Im Zusammenhang mit den sonstigen Feststellungen der Betriebsprüfung sei der Schluß nahegelegen, daß vorliegendenfalls eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgaben gegeben sei.

Im Verfahren habe der Beschwerdeführer nie behauptet, über leicht verfügbares Barvermögen zu verfügen. Er habe vielmehr lediglich auf das Vorhandensein von Grund- und Betriebsvermögen hingewiesen. Hiezu sei festzustellen, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages der Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1983 "in Höhe von

S 1,469.000,-- negativ ausgewiesen war". Daß der Beschwerdeführer Grundvermögen besitze, werde nicht in Abrede gestellt. Er lasse hiebei jedoch außer acht, daß diesem Aktivvermögen die von ihm selbst angegebenen Verbindlichkeiten von S 8,100.000,-- gegenüber zu stellen seien.

Im Hinblick auf die Höhe dieser Verbindlichkeiten, die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft des Beschwerdeführers und die Feststellungen der Betriebsprüfung, sei die Annahme des Finanzamtes, daß nur bei einem raschen Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert werden könne, durchaus gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. § 232 Abs. 2 leg. cit. normiert, daß der Sicherstellungsauftrag unter anderem die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld sowie die Gründe zu enthalten habe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt.

Wie aus dieser Gesetzesbestimmung hervorgeht, sind Sicherstellungsmaßnahmen im Wege eines Sicherstellungsauftrages innerhalb des im § 232 Abs. 1 BAO umschriebenen Zeitraumes zulässig, wenn eine Gefährdung oder Erschwerung der nachfolgenden Einbringung von Abgaben begründet zu befürchten ist. Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden unter anderem bei drohendem Konkursverfahren oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, daß sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, werden, ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten läßt, eine Maßnahme nach § 232 BAO rechtfertigen. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, daß nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Seite 769 und Stoll, Bundesabgabenordnung, Wien 1980, Seite 577 und die dort angeführte hg. Judikatur).

Für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ist die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld, wie sie nur durch ein ordnungsgemäßes Festsetzungsverfahren gewährleistet und etwa für die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld im Sinne des § 226 BAO Voraussetzung ist, nicht erforderlich.

Im vorliegenden Fall hat die Finanzverwaltung - und zwar im wesentlichen sowohl die erste wie auch die zweite Instanz - die von ihr getroffenen Sicherheitsmaßnahmen auf die Feststellungen der insgesamt fast drei Jahre währenden Betriebsprüfung der Jahre 1980 bis 1986 beim Beschwerdeführer gestützt. Im Zuge desselben wurden nicht nur entscheidende Mängel in den Aufzeichnungen sowie in der Buchhaltung des Beschwerdeführers (wie sie im Betriebsprüfungsbericht vom 21. März 1989 eingehend dargestellt werden) aufgedeckt, sondern der Beschwerdeführer behauptete im Rahmen der Prüfung (Vorhaltsbeantwortung vom 22. Juli 1987) auch erstmals, daß er schon seit 1983 seinen Hauptwohnsitz in Mallorca habe "und daher als Auslandsösterreicher anzusehen ist". Gleichzeitig vertrat er die Ansicht, daß "nur seine Inlandsaktiven für die Finanz von Bedeutung sind" und unterließ es daher, zur Frage seines in Spanien befindlichen Vermögens sowie seiner dortigen Geschäftstätigkeit irgendeine Stellung zu nehmen. Auch die Art der Finanzierung des Erwerbes von Grundvermögen im Inland konnte bis heute im Hinblick auf die divergierenden Angaben des Beschwerdeführers keiner endgültigen Klärung zugeführt werden; denn wenn in der Vorhaltsbeantwortung vom 22. Juli 1987 behauptet wird, dieser Erwerb sei mit Hilfe von aufgenommenen Krediten erfolgt, wird nunmehr in der Beschwerde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer "aus einem Verkauf von Liegenschaftsvermögen in Spanien den Erlös nach Österreich überwiesen habe, um die Liegenschaften in W zu kaufen".

Bei diesem Sachverhalt (Mängel in den Geschäftsaufzeichnungen, angeblich vor Jahren bereits erfolgte Übersiedlung nach Spanien und eine mangels entsprechender Auskünfte nicht eindeutig erkennbare Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers in diesem Lande, Unklarheiten hinsichtlich der Finanzierung des Erwerbes von Liegenschaften) durfte die belangte Behörde ohne sich einer Rechtsverletzung schuldig zu machen eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben begründet befürchten.

Dies gilt umso mehr, als auch die Ausführungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, eine Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung sei deshalb nicht gegeben, weil er über Betriebsvermögen und "Realbesitz" (auf anderes Vermögen wird in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer nicht hingewiesen) verfüge, ins Leere gehen; denn unbestrittenermaßen wird im angefochtenen Bescheid darauf verwiesen, daß der Einheitswert des Betriebsvermögens des Beschwerdeführers zum 1. Jänner 1983 - S 1,469.000,-- betragen hat und daß seinem Grundvermögen (dessen Einheitswert, wie sich aus den im Verwaltungsakt befindlichen Einheitswerterklärungen und den Ausführungen in der Gegenschrift ergibt, insgesamt

S 1,339.630,-- beträgt) nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers Verbindlichkeiten von S 8,100.000,-- zuzüglich (laut dem im Verwaltungsakt befindlichen Schreiben des Magistrates der Stadt W vom 22. Dezember 1988)

S 4,143.104,-- an noch zu entrichtenden Aufschließungsbeiträgen gegenüberstehen.

Die Überprüfung der Frage, ob die vom Betriebsprüfer getroffenen Feststellungen und die aus diesen Feststellungen abgeleiteten Folgerungen hinsichtlich der Höhe der Abgabennachforderungen im Detail richtig sind oder nicht, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Da nach dem Dargelegten die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen durfte, daß nach der Lage des vorliegenden Falles zu schließen war, daß nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erschien, erweist sich der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989130047.X00

Im RIS seit

07.02.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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