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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;Betreff
N gegen Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 23. Februar 1988, Zl. III 370-10596/88, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, wurde mit dem in Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 16. Februar 1987 ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 23. März 1987 ein bis 16. Februar 1995 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (vgl. dazu das die Beschwerde gegen den letztgenannten Bescheid abweisende hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1987, Zl. 87/01/0124). Die Verhängung des Aufenthaltsverbotes wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer ab dem Jahre 1983 insgesamt achtmal wegen Übertretungen insbesondere des Kraftfahrgesetzes und der Straßenverkehrsordnung habe bestraft werden müssen. Vor allem ins Gewicht falle aber, daß der Beschwerdeführer, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Erlaubnis gewesen zu sein, eine Faustfeuerwaffe und zwei als verbotene Waffen anzusehende Springmesser besessen habe und dafür wegen Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a und b des Waffengesetzes zu 30 Tagessätzen bzw. einer Gesamtgeldstrafe von S 2.100,-- rechtskräftig verurteilt worden sei.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. August 1987 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Vollstreckungsaufschubes wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (vgl. dazu das die Beschwerde gegen diesen Bescheid abweisende hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1988, Zl. 88/01/0056).
Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 27. November 1987, B 866/87-8, einen weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 14. August 1987, mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes abgewiesen worden war, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes auf.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Februar 1988 gab die belangte Behörde einem (in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthaltenen) neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 5. November 1987 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 8 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 575/1987 (FrPolG), keine Folge. In der beigegebenen Begründung verwies die belangte Behörde auf die der Verhängung des Aufenthaltsverbotes zu Grunde gelegten, vom Beschwerdeführer begangenen Rechtsverletzungen und betonte insbesondere das mit einem illegalen Waffenbesitz verbundene hohe Sicherheitsrisiko. Der dem Beschwerdeführer nachgewiesene unbefugte Erwerb und Besitz von Waffen stelle sich als schwere Rechtsverletzung dar, wozu noch die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen kämen, aus denen Schlüsse auf erneute strafbare Handlungen gezogen werden könnten. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde daher die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit und laufe den öffentlichen Interessen zuwider. Zu den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ergebe sich, daß er zwar in Österreich mit einer jugoslawischen Staatsangehörigen im Konkubinat lebe, seine Gattin mit fünf minderjährigen Kindern sich aber in der Türkei aufhalte. Es sei zu vermuten, daß der Beschwerdeführer auf Grund einer befristeten Beschäftigungsbewilligung in einem Gastgewerbebetrieb arbeite. Während die Voraussetzungen, die zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, noch immer gegeben seien und durch dessen Vollstreckung keine wesentliche Beeinträchtigung der Lebenssituation des Beschwerdeführers eintrete, spräche für seine persönlichen Interessen lediglich sein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. Oktober 1988, B 888/88-8, ab und trat sie gemäß Art. 144. Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab.
In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, auf Achtung seines Privat- und Familienlebens und auf ein mängelfreies Verwaltungsverfahren verletzt. Die belangte Behörde habe verkannt, daß es sich bei dem von ihr angeführten "Konkubinat" um eine langjährige stabile Lebensgemeinschaft handle, die ein "wesentliches Element" der privaten Interessen des Beschwerdeführers darstelle und somit bei der Abwägung gegenüber den öffentlichen Interessen zu berücksichtigen sei. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer seit Jahren in Österreich lebe und seit dem Anlaßfall nicht straffällig geworden sei. Auch habe es die belangte Behörde unterlassen festzustellen, ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend erforderlich sei und ob die öffentlichen Interessen verhältnismäßig schwerer wiegen. Hiezu sei zu bemerken, daß die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer auf eine durch eine Großrazzia ausgelöste "Überreaktion" der Behörde zurückzuführen sei. Ein aus diesem Anlaß gegen einen anderen Fremden verhängtes Aufenthaltsverbot sei bereits wieder aufgehoben worden. In Ausführung der Verfahrensrüge macht der Beschwerdeführer geltend, im angefochtenen Bescheid sei weder angeführt worden, daß die gegen den Beschwerdeführer verhängte gerichtliche Strafe bedingt ausgesprochen worden sei, noch sei näher dargelegt worden, welcher Art die begangenen Verwaltungsübertretungen gewesen seien. Daher leide der angefochtene Bescheid an Begründungsmängeln. Darüber hinaus rege der Beschwerdeführer an, hinsichtlich § 3 FrPolG einen "Gesetzesprüfungsantrag" beim Verfassungsgerichtshof einzubringen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 FrPolG ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf das mit illegalem Waffenbesitz verbundene besondere Sicherheitsrisiko die Auffassung vertreten, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde auch weiterhin die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit. Auch unter Zugrundelegung der neuen Rechtslage (Novelle, BGBl. Nr. 575/1987), seien die Gründe für die seinerzeitige Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht weggefallen. Mit dieser Auffassung befindet sich die belangte Behörde jedenfalls insoweit im Recht, als auch § 3 Abs. 1 FrPolG in neuer Fassung die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes erlaubt, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß der Aufenthalt eines Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Der belangten Behörde kann aber auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie vom Weiterbestehen der für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Gründe ausgegangen ist. So kann schon allein auf Grund der geringen Zeitspanne, die zwischen dem waffenrechtlichen Vergehen des Beschwerdeführers (16. November 1986) bzw. seiner deswegen erfolgten Verurteilung (13. Jänner 1987) und seinem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes (5. November 1987) verstrichen ist, aus der Argumentation des Beschwerdeführers, er habe sich seit dem Vorfall (16. November 1986) wohlverhalten, keineswegs geschlossen werden, die Gründe für das Aufenthaltsverbot seien weggefallen. Daß aber etwa die gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers aufgehoben worden wäre, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, daß er in Österreich eine Lebensgemeinschaft aufrecht erhalte, ist festzuhalten, daß die belangte Behörde diesen Umstand in ihre Erwägungen mit einbezogen hat. Sie hat diesem Umstand aber auch die nicht bestrittene Tatsache gegenüber gestellt, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers mit fünf minderjährigen Kindern in der Türkei lebt. Bei dieser Sachlage kann der Verwaltungsgerichtshof in der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung, bei der die Behörde in Anbetracht des mit dem Aufenthalt des Beschwerdeführers verbundenen, in schlüssiger Weise dargestellten Sicherheitsrisikos zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers gekommen ist, Rechtswidrigkeit nicht erblicken.
In Ausführung der Verfahrensrüge macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe eine "exakte Feststellung" der in ihre Erwägungen einbezogenen, vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen unterlassen. Diese Unterlassung begründet keinen wesentlichen Verfahrensmangel des Verwaltungsverfahrens, weil die Verwaltungsübertretungen im Bescheid der belangten Behörde vom 16. Februar 1987, mit dem sie das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer verhängt hat, im einzelnen angeführt sind und somit kein Zweifel darüber besteht, auf welche Verwaltungsübertretungen sich die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angestellten Überlegungen bezogen hatten. Daß die belangte Behörde diese Verwaltungsübertretungen zu Unrecht in Betracht gezogen hätte, etwa weil die deshalb erlassenen Strafbescheide nicht mehr dem Rechtsbestand angehörten, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Ebensowenig vermag das Unterbleiben eines Hinweises darauf, daß die über den Beschwerdeführer verhängte gerichtliche Strafe lediglich bedingt ausgesprochen wurde, an dem von der belangten Behörde in den Vordergrund ihrer Überlegungen gerückten, mit illegalem Waffenbesitz verbundenen Sicherheitsrisiko etwas zu ändern, sodaß auch bei Anführung dieses Umstandes die belangte Behörde zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.
In Anbetracht des in der Angelegenheit ergangenen Erkenntnisses des Verfassungsgerichshofes vom 6. Oktober 1988, in dem dieser nach eingehender Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschwerdeführers ausgesprochen hat, keinen Anlaß zur Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 3 FrPolG zu erblicken, vermag auch der Verwaltungsgerichtshof der Anregung des Beschwerdeführers nicht zu folgen, ein solches Prüfungsverfahren hinsichtlich der angeführten Gesetzesstelle zu beantragen. Daran können die vom Beschwerdeführer behaupteten "behördeninternen Anstrengungen" hinsichtlich einer "Neufassung dieses Paragraphen" nichts ändern.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Auspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988010329.X00Im RIS seit
07.02.1990