TE Vfgh Beschluss 1987/6/20 B122/87

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Veröffentlicht am 20.06.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

VfGG §19 Abs3 Z2 lita
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Keine Zuständigkeit des VfGH, gegen das Unterbleiben einer behördlichen Tätigkeit einzuschreiten; im übrigen mangelnde Erschöpfung des in §§120, 121 StVG eingerichteten Instanzenzuges hinsichtlich des Verhaltens von Strafvollzugsbediensteten; Abweisung des Verfahrenshilfeantrages wegen Aussichtslosigkeit

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Die Eingabe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit einer nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachten Eingabe führt der Einschreiter - er befand sich bis 1. April 1987 in Strafhaft in der Strafvollzugsanstalt Garsten "Klage gegen das Bundesministerium für Justiz, wegen Unterlassung therapeutischen Maßnahmen bezüglich (seines) Gefährlichkeitsgrades". Das Bundesministerium für Justiz habe die vom Gesetz zwingend vorgeschriebenen therapeutischen Maßnahmen bei gefährlichen Rückfallstätern beim Einschreiter innerhalb von 7 Jahren Freiheitsentzug nicht durchgeführt und ihn daher der Möglichkeit einer Resozialisierung beraubt. Er werde daher nach dem Ende der Strafhaft nicht in Freiheit entlassen, sondern - wie vom Gericht angeordnet - in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter untergebracht.

2. Gleichzeitig beantragt der Einschreiter, ihm die Verfahrenshilfe zu bewilligen.

3. Richtet sich die Eingabe gegen ein vermeintliches Untätigbleiben des Bundesministers für Justiz, so ist der Einschreiter darauf zu verweisen, daß nach Art144 Abs1 B-VG der VfGH über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person erkennt. Weder Art144 B-VG noch eine sonstige Bestimmung räumt dem VfGH eine Zuständigkeit ein, gegen das Unterbleiben einer behördlichen Tätigkeit einzuschreiten. Die Eingabe ist demnach insoferne unzulässig, ohne daß es erforderlich war, der Frage nachzugehen, ob dem Einschreiter ein Rechtsanspruch im behaupteten Sinn überhaupt zustand.

Sollte sich die Eingabe jedoch gegen die Form des anstaltsmäßigen Strafvollzuges richten, so muß darauf hingewiesen werden, daß §120 StVG Strafgefangenen die Möglichkeit einräumt, sich gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten zu beschweren. Gemäß §121 StVG hat über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete der Anstaltsleiter zu entscheiden. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so steht Strafgefangenen die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesministerium für Justiz offen. Damit ist aber ein Instanzenzug eingeräumt, was bewirkt, daß erst nach Ausschöpfung desselben die Beschwerde an den VfGH zulässig ist. Soweit also durch das mit der Eingabe allenfalls in Beschwerde gezogene Verhalten von Strafvollzugsbediensteten Rechte des Einschreiters betroffen sind, fehlt ihm die Legitimation zur Beschwerdeführung, da der Instanzenzug nicht ausgeschöpft ist. Soweit Rechte nicht betroffen sind, können sich Strafgefangene nur nach §122 StVG im Wege der Anrufung des Aufsichtsrechtes beschweren. Über solche Beschwerden braucht Strafgefangenen kein Bescheid erteilt zu werden; insoweit ist eine Beschwerdeführung ebenfalls unzulässig, da von Art144 B-VG ein Eingriff in subjektive Rechte vorausgesetzt ist. Die Eingabe ist somit auch insoferne unzulässig.

4. Die Eingabe war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

5. Im Hinblick auf die vorausgehenden Ausführungen war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit gemäß §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VerfGG) in nichtöffentlicher Sitzung (§72 Abs1 ZPO, §35 Abs1 VerfGG) abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B122.1987

Dokumentnummer

JFT_10129380_87B00122_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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