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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2;Betreff
N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 8. März 1989, Zl. 11-75 E 36-88, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, 1) er habe sich am 16. März 1988, um 00.20 Uhr, am Gendarmerieposten (Ortsbezeichnung) als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw trotz Aufforderung durch ein hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, als er zuvor den Pkw um ca. 23.00 Uhr des 15. März 1988 auf einer bestimmten Straße vom bezeichneten Ort kommend bis auf Höhe des angeführten Straßenkilometer gelenkt habe; 2) obwohl sein Verhalten an der Unfallstelle "mit diesem Verkehrsunfall", nämlich jenem, der sich am angeführten Straßenkilometer ereignet hatte, in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe es der Beschwerdeführer unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er nach dem Unfall zwei Stamperl Schnaps zu sich genommen habe. Er habe dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen: 1) § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO und 2) § 4 Abs. 1 lit. c StVO. Zu 1) wurde gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Wochen) und zu 2) wurde gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1) Gemäß § 99 Abs. 1 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, (lit. b) unter anderem wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Nach § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.
Der Beschwerdeführer wies in seinem Anbringen vom 7. Juni 1988 und in seiner Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis auf das gegen ihn durchgeführte gerichtliche Strafverfahren wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne des § 88 Abs. 3 StGB hin. In diesem Verfahren war über keine Frage zu entscheiden, die im Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO eine Vorfrage dargestellt hätte. Insbesondere war im gerichtlichen Strafverfahren über das im Verwaltungsstraftatbestand enthaltene Tatbestandselement der - bloßen - Vermutung, daß sich die Person zum Zeitpunkt des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, nicht zu entscheiden. Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsstrafverfahren wäre bis zur Beendigung des gerichtlichen Strafverfahrens zu unterbrechen gewesen und die belangte Behörde hätte die Akten des gerichtlichen Strafverfahrens beischaffen müssen, vermag der Beschwerdeführer somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
2) Nach § 31 Abs. 1 VStG 1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Nach § 32 Abs. 2 VStG 1950 beträgt die Verjährungsfrist - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Fällen - sechs Monate.
Außer dem im § 66 Abs. 2 AVG 1950 - hier nicht zutreffenden - Fall hat die Berufungsbehörde im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950), sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Im vorliegenden Fall war in der Anzeige ausgeführt worden, der Beschwerdeführer sei um 24.00 Uhr des 15. März 1988 zum Gendarmerieposten gebracht worden. Er sei um 00.20 Uhr nach Zuwarten von 20 Minuten zum Alkotest aufgefordert worden. In den Ladungen vom 7. April 1988 und vom 4. Mai 1988 wurde die Zeit der Verweigerung des Alkotests, bezogen auf den 16. März 1988, mit "ca. um 00.15 Uhr" bzw. "um ca. 00.15 Uhr", im erstbehördlichen Straferkenntnis mit "um 00.15 Uhr" angegeben. In der Zeugenaussage vom 9. November 1988 führte der Zeuge aus, "daß die Verweigerung durch den Beschuldigten zwischen 00.15 und 00.20 Uhr erfolgte", der am 14. Dezember 1988 einvernommene Zeuge führte aus, "daß die erstmalige Aufforderung bzw. Verweigerung um 00.15 Uhr .... die letztmalige Aufforderung um 00.20 Uhr erfolgte". Auf dem Boden dieser Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß die den Alkotest betreffende Amtshandlung um 00.20 Uhr beendet und mit diesem Zeitpunkt der Tatbestand der Weigerung im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. b StVO verwirklicht wurde (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. November 1982, Zl. 82/03/0107, - Entscheidungszitat in Benes-Messiner, StVO, E. 184 zu § 5). Bereits in der Ladung vom 7. April 1988 wurde, abgesehen von den anderen Angaben zur Bezeichnung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat, mit der Zeitangabe "ca. 00.15 Uhr" eine auf das Tatverhalten des Beschwerdeführers zutreffende Zeitangabe gemacht. Die Frist für die Verfolgungsverjährung wurde mit der Übergabe dieser Ladung an die Post somit unterbrochen. Darüberhinaus wurde durch die Präzisierung der Zeitangabe im angefochtenen Bescheid die "Sache", nämlich die Straftat, die den Gegenstand des erstbehördlichen Straferkenntnisses gebildet hatte, nicht ausgewechselt.
3) In seiner Rechtfertigung vom 7. Juni 1988 verantwortete sich der Beschwerdeführer dahin, er habe nach dem Verkehrsunfall zwei Stamperl Hollerschnaps getrunken, welche er in seinem Pkw mitgeführt habe. Auch in der gegen das erstbehördliche Straferkenntnis erhobenen Berufung berief er sich auf den Konsum von zwei Stamperln Hollerschnaps nach dem Verkehrsunfall. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde diesem Vorbringen entnehmen hätte müssen, der Beschwerdeführer hätte zur festgestellten Tatzeit um 00.20 Uhr die Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 3 VStG 1950 nicht aufgewiesen. Auch sonst ergaben sich nach der Aktenlage für die belangte Behörde keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer zu dieser Zeit nicht zurechnungsfähig gewesen wäre. Das Vorbringen, er habe "nach dem Unfall um ca. 23.00 Uhr mehr als einen Viertelliter hochgradigen Schnaps zu sich" genommen ... es lägen "alle Symptome vor, die auf eine Volltrunkenheit (volle Berauschung) des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. a StVO" (richtig wohl "§ 5 Abs. 2 StVO") schließen hätten lassen, weicht von der Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren ab und stellt solcherart eine Neuerung dar, welche zufolge § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich ist. Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
4) Inwiefern der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO rechtswidrig sein sollte, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht vorgetragen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030148.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
01.04.2009