TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/21 88/03/0134

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Veröffentlicht am 21.02.1990
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Index

27/04 Sonstige Rechtspflege;
40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

AVG §52 Abs2;
GebAG 1975 §34 Abs2 idF 1982/333;
GebAG 1975 §34 Abs3 idF 1982/333;
GebAG Zuschlag zu den festen Beträgen 1982;
ZSV §34 Abs3 idF 1982/035;

Betreff

N gegen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 30. Mai 1988, Zl. 174.114/2-I/71/88, betreffend Sachverständigengebühren

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des Punktes 5 der Gebührenbestimmung (Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten) sowie in Ansehung der damit verbundenen Mehrwertsteuer wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 24. Februar 1987 wurde der Beschwerdeführer (er ist Linienpilot - Cpt mit abgeschlossenem Universitätsstudium im Hauptfach Psychologie - mit einer Dissertation zum Thema "Räumliche Orientierung und Disorientierung im Flugunfallgeschehen") von der belangten Behörde zur Erstattung eines flugpsychologischen Gutachtens im Zusammenhang mit der Untersuchung des Flugunfalls vom 13. Oktober 1982 auf dem Flugfeld Spitzerberg, Pilot E. C., bestellt.

Der Beschwerdeführer erstattete am 16. März 1987 sein Gutachten und legte eine Gebührennote (samt Leistungsverzeichnis) vor, welche er am 18. März 1988 neu faßte. Unter Punkt 5 machte er für Mühewaltung für Befund und Gutachten laut Leistungsverzeichnis gemäß § 34 Abs. 2 GebAG 75 % des freiberuflichen Stundensatzes (S 800,--), nämlich 37,5 Stunden zu je S 600,--, somit S 22.500,--, geltend. Die Gebührennote lautete auf insgesamt S 30.562,-- (inklusive 20 % Mehrwertsteuer). Im Schreiben vom 26. Februar 1988 hatte er hinsichtlich des Stundensatzes auf Auskünfte des Berufsverbandes österreichischer Psychologen (BÖP) verwiesen. Bemerkt wird, daß der Beschwerdeführer am 27. Juli 1987 eine Ergänzung seines Gutachtens erstattete, für die er keine Gebühr verrechnete.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Mai 1988 wurden die Gebühren des Beschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 3 der Zivilluftfahrt-Störungsverordnung 1978 (ZSV 1978), BGBl. Nr. 152, in der Fassung BGBl. Nr. 35/1982, in sinngemäßer Anwendung des Gebührenanspruchsgesetzes, BGBl. Nr. 136/1975, und der Verordnung BGBl. Nr. 333/1982 mit entsprechender Aufgliederung mit insgesamt S 16.898,-- (inklusive 20 % Mehrwertsteuer) bestimmt, wobei unter Punkt 5 die Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten (§ 34 Abs. 2 GebAG) laut Leistungsverzeichnis vom 18. März 1987 mit 37,5 Stunden zu je S 294,-- (statt wie beantragt zu je 600,--) mit insgesamt S 11.025,-- (ohne Mehrwertsteuer) festgesetzt wurde. In der Begründung heißt es, daß gemäß § 34 Abs. 3 ZSV 1978 die Flugunfallsachverständigen einen Gebührenanspruch in sinngemäßer Anwendung des Gebührenanspruchsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung haben. Über den Gebührenanspruch entscheide die belangte Behörde. Für Sachverständige auf dem Gebiet der Luftfahrtpsychologie bestehe keine gesetzlich zulässige Gebührenordnung. Dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 26. Februar 1988 sei zu entnehmen, daß auch keine solchen Richtlinien oder Empfehlungen bestehen, die im Sinne einer Gebührenordnung die Entlohnung nach einheitlich festgelegten Sätzen regeln. In sinngemäßer Anwendung des § 34 Abs. 2 GebAG sei daher die Entlohnung für die Mühewaltung nach der aufgewendeten Zeit und Mühe zu bemessen. Hiebei werde ein Stundensatz von S 294,-- angenommen. Dies entspreche der doppelten Sachverständigengebühr nach § 34 Abs. 3 GebAG, wenn einfache geschäftliche oder gewerbliche Erfahrungen genügen.

Gegen diesen Bescheid, und zwar soweit damit in Punkt 5 nicht dem beantragten Gebührenanspruch von S 600,-- pro Stunde gefolgt, sondern die Gebühr lediglich mit einem Stundensatz von S 294,-- bestimmt wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die auf den Gebührenanspruch bezughabenden Aktenteile vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die bezughabenden Bestimmungen des § 34 Abs. 2 und 3 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, welche gemäß § 34 Abs. 3 ZSV 1978 auf den gegenständlichen Fall sinngemäß Anwendung finden, haben folgenden Wortlaut:

"(2) Die Gebühr für Mühewaltung ist nach den Tarifen dieses Bundesgesetzes zu bestimmen. Soweit es sich um Leistungen handelt, die nicht in diesen Tarifen genannt sind, und soweit im Abs. 3 und im § 49 Abs. 1 und 2 nicht anderes bestimmt ist, ist die Gebühr nach der aufgewendeten Zeit und Mühe nach richterlichem Ermessen zu bestimmen. Dabei ist einerseits auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zum Wohl der Allgemeinheit Bedacht zu nehmen und andererseits eine weitgehende Annäherung an die Einkünfte anzustreben, die der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezöge. Die Bestimmung der Gebühr in der vollen Höhe dieser Einkünfte ist zulässig, wenn das Gutachten des Sachverständigen eine besonders ausführliche wissenschaftliche Begründung enthält und außergewöhnliche Kenntnisse auf wissenschaftlichem oder künstlerischem Gebiet voraussetzt. Bestehen für eine gleiche oder ähnliche außergerichtliche Tätigkeit eines Sachverständigen gesetzlich zulässige Gebührenordnungen, solche Richtlinien oder solche Empfehlungen, so sind die darin enthaltenen Sätze in der Regel als das anzusehen, was der Sachverständige im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezieht.

(3) Genügen im Einzelfall einfache gewerbliche oder geschäftliche Erfahrungen, die bei einem Sachverständigen dieses Faches für seine außergerichtliche Berufstätigkeit gewöhnlich vorausgesetzt werden, so gebührt dem Sachverständigen, soweit die Tarife dieses Bundesgesetzes keine Gebühr für die Mühewaltung dieses Sachverständigen vorsehen, und auch für seine außergerichtlichen Einkünfte Gebührenordnungen, Richtlinien oder Empfehlungen der im Abs. 2 genannten Art nicht bestehen, für jede, wenn auch nur begonnene Stunde 147 S."

Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe ohne nähere Prüfung, welchen Stundensatz ein Psychologe, insbesondere ein im Bereich der Flugpsychologie tätiger, im freien Erwerbsleben erziele, einen solchen in der Höhe des doppelten Stundensatzes des § 34 Abs. 3 GebAG, also von bloß S 294,-- als angemessen erachtet. Tatsächlich betrage aber eine Stundenentlohnung durchschnittlich S 800,-- bis S 1.000,--, wie er auch in seinem Schreiben vom 26. Februar 1988 unter Hinweis auf seine Rücksprache mit dem BÖP zum Ausdruck gebracht hatte.

Dem Vorbringen kommt Berechtigung zu.

Unbestritten ist, daß für den gegenständlichen Berufszweig kein Tarif besteht. Wie sich aus § 34 Abs. 2 dritter Satz GebAG ergibt, ist in einem solchen Fall bei der nach behördlichem Ermessen festzusetzenden Gebühr insbesondere eine weitgehende Annäherung an die Einkünfte anzustreben, die ein Sachverständiger für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außerbehördlichen Erwerbsleben üblicherweise bezieht. Hiebei wird von einer solchen weitgehenden Annäherung erst dann gesprochen werden können, wenn diese mit 75 % des maßgebenden Honorars ausgemessen wird, sofern nicht besondere Umstände für eine noch höhere Festsetzung sprechen (vgl. Krammer-Schmidt, Gebührenanspruchsgesetz 1975, zweite Auflage, Anm. 5 zu § 34, S. 176).

Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, ist die Gebühr eines Psychologen nach § 34 Abs. 2 GebAG zu bestimmen (vgl. Krammer-Schmidt, a. a. O., E. 32 zu § 43 GebAG, S. 278). Sie hat aber, ohne dies näher zu begründen, den doppelten Stundensatz einer unter § 34 Abs. 3 GebAG fallenden Sachverständigentätigkeit angenommen, obwohl der Beschwerdeführer schon vor Festsetzung der Gebühren, wie bereits aufgezeigt wurde, auf ihm gegebene Auskünfte des BÖP verwiesen hat. Mag es auch keine gesetzlich zulässige Gebührenordnung oder solche Richtlinien geben, so wäre die belangte Behörde dennoch verhalten gewesen, wenn der Beschwerdeführer von einem höheren Stundensatz ausging, als sie es tat, sich eine ausreichende Entscheidungsgrundlage über jene Stundensätze zu verschaffen, die ein Sachverständiger des gegenständlichen Faches (Luftfahrtpsychologie) im freien Berufsleben üblicherweise bezieht, insbesondere durch Einholung einer Stellungnahme des BÖP.

Da somit der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid in Ansehung der Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die beantragte Umsatzsteuer, zumal diese in den Pauschalbeträgen der zitierten Verordnung bereits mitberücksichtigt ist.

Schlagworte

Gebühren Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988030134.X00

Im RIS seit

21.02.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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