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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
N gegen Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 10. Februar 1988, Zl. 292.770/1-II/9/88, betreffend Kraftfahrlinienkonzession (mitbeteiligte Partei: Bund - Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung)
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren auf Ersatz von Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid des gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zur Entscheidung zuständig gewordenen Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 10. Februar 1988 wurde der Antrag des Beschwerdeführers um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auf der Strecke Gleinstätten/VS - Haslach/Kh Mandl - Prarath/Kapelle (Stichfahrt) - Haslach - Praratheregg - Untergreith - St. Johann i. Saggautal - Saggau - Wuggau - Arnfels gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 und 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952, BGBl. Nr. 84 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 20/1970 abgewiesen. Nach der Begründung des Bescheides war das Konzessionsansuchen hinsichtlich der Relation Gleinstätten - St. Johann im Saggautal gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 mangels eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses und hinsichtlich der Relation St. Johann im Saggautal - Arnfels gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 und 4 leg. cit. abzuweisen. (Mit einem weiteren Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom selben Tage wurde der mitbeteiligten Partei die Erweiterung der ihr auf der Strecke Ehrenhausen-Eibiswald zustehenden Kraftfahrlinienkonzession durch Einbeziehung des weiteren Streckenabschnittes Kitzelsdorf-Wuggau-Saggau-St. Johann im Saggautal genehmigt; dieser Bescheid ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.)
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragten. Dazu nahm der Beschwerdeführer mit dem am 18. Juli 1988 eingelangten Schriftsatz Stellung. Zu dieser Stellungnahme äußerte sich die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 18. August 1988.
Der Verfassungsgerichtshof hatte mit Beschluß vom 16. Juni 1989, B 1742/88, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 1 Z. 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 von Amts wegen eingeleitet. Der Verwaltungsgerichtshof schloß sich den in diesem Beschluß dargestellten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten Bestimmung an und beantragte im Verfahren über die vorliegende Beschwerde mit Beschluß vom 20. September 1989 die Aufhebung dieser Bestimmung als verfassungswidrig.
Darüberhinaus beantragte der Verwaltungsgerichtshof, auch Z. 4 des Abs. 1 des § 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 als verfassungswidrig aufzuheben, weil diese Bestimmung die Art der Linienführung vom vorhandenen Verkehrsbedürfnis abhängig mache und solcherart im unmittelbaren Zusammenhang mit der Z. 3 des § 4 Abs. 1 leg. cit. stehe.
Mit seinem Erkenntnis vom 5. Dezember 1989, G 229/89, G 261/89 und G 263/89, hob der Verfassungsgerichtshof § 4 Abs. 1 Z. 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 als verfassungswidrig auf. Gleichzeitig sprach er aus, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und die Aufhebung mit Ablauf des 30. November 1990 in Kraft tritt. Dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, § 4 Abs. 1 Z. 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 aufzuheben, wurde keine Folge gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid so zu beurteilen, als ob § 4 Abs. 1 Z. 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 schon im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr bestanden hätte. Die auf diese Bestimmung gestützte Abweisung des Konzessionsansuchens des Beschwerdeführers entbehrte sohin der gesetzlichen Grundlage. Zu prüfen bleibt aber, ob die Abweisung des Konzessionsansuchens auf der Grundlage des vom Verfassungsgerichtshof nicht als verfassungswidrig aufgehobenen § 4 Abs. 1 Z. 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 - der Verwaltungsgerichtshof tritt der in dem angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1989 vorgenommenen Auslegung dieser Bestimmung bei - dem Gesetz entsprach.
Vorweg ist einerseits in Hinsicht darauf, daß die belangte Behörde nach der Begründung des angefochtenen Bescheides das im § 4 Abs. 1 Z. 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 für die Konzessionsverleihung aufgestellte Erfordernis nur in Ansehung der Teilstrecke St. Johann im Saggautal - Arnfels verneinte, und andererseits als Erwiderung auf das Beschwerdevorbringen, daß dem Konzessionsansuchen auch teilweise stattgegeben werden könne, folgendes zu bemerken: Die Verleihung der Konzession für den Betrieb einer Kraftfahrlinie ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Das Konzessionsansuchen stellt eine Einheit dar und es ist der Behörde verwehrt, das Ansuchen bei der Entscheidung in Teilstrecken zu zerlegen, dem Konzessionsansuchen also - wie der Beschwerdeführer meint - nur teilweise (für eine bestimmte Teilstrecke) stattzugeben und solcherart die Konzession gegenüber dem gestellten Begehren einzuschränken. Ergibt die Prüfung des Ansuchens, daß die Verleihungsvoraussetzungen hinsichtlich einer Teilstrecke nicht erfüllt sind, dann hat die Behörde, wenn der Konzessionswerber das Ansuchen nicht einschränkt, das Konzessionsansuchen zur Gänze abzuweisen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 kann die Konzession erteilt werden, wenn die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet. Die Behörde hat demnach zu prüfen, ob die beantragte Art der Linienführung dem Erfordernis dieser Gesetzesstelle genügt, nicht jedoch, ob eine andere Art der Linienführung diesem Erfordernis besser entsprechen würde. Mit anderen Worten: Das Vorliegen dieser Verleihungsvoraussetzung ist allein bezogen auf den konkreten Fall und unabhängig von gleichzeitig anhängigen Ansuchen anderer Bewerber um die Verleihung einer Kraftfahrlinienkonzession für dieselbe Strecke zu beurteilen. Insbesondere steht nach dieser Gesetzesstelle der Behörde - anders als bei der im Beschwerdefall nicht anzuwendenden Z. 3 des § 4 Abs. 1 des Kraftfahrliniengesetzes 1952, wenn gleichzeitig mehrere Bewerber um eine Kraftfahrlinienkonzession für dieselbe Strecke ansuchen, ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis aber nur für den Betrieb einer Linie gegeben ist, in welchem Falle bei der Auswahl unter den Bewerbern auch der jeweiligen Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses maßgebende Bedeutung zukommt (zukam), - kein Wahlrecht zwischen mehreren Bewerbern in dem Sinne zu, daß dem Bewerber der Vorzug zu geben ist, dessen Art der Linienführung eine zweckmäßigere und wirtschaftlichere Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet, würde doch auf diese Weise der Wegfall des entsprechenden Verkehrsbedürfnisses unterlaufen. Entspricht die Art der Linienführung der beantragten Konzession der Z. 4 des § 4 Abs. 1 des Kraftfahrliniengesetzes 1952, gewährleistet sie also eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses, dann hat der Bewerber, und zwar jeder Bewerber, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Verleihung der Konzession.
Dies verkannte die belangte Behörde, wenn sie das Vorliegen des im § 4 Abs. 1 Z. 4 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 für die Verleihung der Konzession normierten Erfordernisses mit der Begründung verneinte, es habe eine Gegenüberstellung der Konzessionsansuchen des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei ergeben, daß der Kraftfahrlinienverkehr der mitbeteiligten Partei eine zweckmäßigere und wirtschaftlichere Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses in der Relation St. Johann im Saggautal - Arnfels gewährleiste.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher auch insoweit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand, weil die in dreifacher Ausfertigung erforderliche Beschwerde pro Beschwerdeausfertigung lediglich mit S 120,-- zu vergebühren war, für den nur in einfacher Ausfertigung erforderlichen angefochtenen Bescheid S 150,-- gebührten und weitere Beilagen nicht erforderlich waren.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988030050.X00Im RIS seit
21.02.1990