Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52 Abs1;Betreff
N gegen Bundesminister für Wissenschaft und Forschung vom 4. Juli 1989, Zl. 18.937/1-33/89, betreffend Denkmalschutz
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. Juli 1987 stellte das Bundesdenkmalamt nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens fest, daß "die Erhaltung des 'Almkanals', historische Nutzwasserkanäle in der Salzburger Altstadt, KG Salzburg - Innere Stadt bzw. Salzburg-Nonntal, gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz in der Fassung BGBl. Nr. 167/1978 im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Die Einlagezahlen und Nummern der betroffenen Grundstücke sind in der, einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Liste aufgezählt.".
In dieser Liste findet sich auch die Grundstücksnummer nn, EZ n1 der KG Salzburg - Innere Stadt, die im Eigentum der beschwerdeführenden Partei steht. In der Begründung ihres Bescheides traf die Behörde erster Instanz unter anderem folgende Feststellung:
"Das Almkanalsystem unter der Salzburger Altstadt stellt eine in sich zusammengehörige Gruppe von unterirdischen künstlichen Wasserläufen dar, deren Entstehung auf das 12. Jahrhundert zurückgeht. Schon im 7. oder 8. Jahrhundert war ein Mühlbach aus dem heute verschwundenen Riedenburgbach, der das Moor zwischen Stadt und Untersberg entwässerte, angelegt worden.
Um 800 wird die Siedlung 'Mülln' genannt, die ihren Namen von den bis heute bestehenden Mühlen herleiten. Stadtbrände und die Bedrohung der Mühlen bei kriegerischen Auseinandersetzungen ließen am Beginn des 12. Jahrhunderts den kühnen Plan entstehen, dem ständigen Wassermangel durch Zuleitung größerer Wassermengen aus dem genannten Mühlkanal abzuhelfen. Dies bedingte aber die Errichtung eines Stollens durch den Mönchsberg. Salzburger Domkapitel und Stift St. Peter beauftragten gemeinsam 1137 den 'Meister Albrecht' mit der Durchführung der Arbeiten. Nach mancherlei Rückschlägen wurden die Arbeiten 1143 beendet.
Der Stollen beginnt beim sogenannten Bürgermeisterloch in Nonntal und endet nach rund 300 Metern beim Objekt Festungsgasse 4.
Anschließend wurden vorerst zwei unterirdisch verlaufende Kanalarme gebaut, nämlich der St. Peter-Arm, auch Gamper- bzw. Getreidegasse-Arm genannt, und der Kapitel-Arm, wodurch jedem der beiden Bauherrn das benötigte Wasser zugeleitet wurde.
Seit dem 14. Jahrhundert entstanden weitere Verzweigungen innerhalb der Altstadt, nämlich der Höllbräu- und der Hofstallgassen-Arm.
Als Eigentümer dieser Wasserversorgungsanlage traten die sogenannten 'Almherren' auf: das Stift St. Peter und das Domkapitel, seit 1566 auch der Erzbischof. Mit der Säkularisation des Erzstiftes im Jahr 1803 übernahmen der Staat und die Landesregierung von Salzburg (1816), die Anteile des Domkapitels und des Erzbischofs; 1822 wurden auch die Anteile von St. Peter in öffentlichen Besitz übernommen. Seit 1869 ist der Staat Alleineigentümer, der aber mit dem Bundesgesetz über den Salzburger Almkanal vom 18. Dezember 1937 die Instandhaltungspflicht an die drei Genossenschaften Almhauptkanal, Stiftsarm und Stadt übertrug.
Das Stiftsarmsystem beginnt als offenes Gerinne mit der Ausleitung aus dem Almkanal im Nonntal; verläuft aber nach dem Eintritt in den Mönchbergstollen durchgehend unter Niveau bis zur Einmündung in die Salzach an deren linkem Altstadtufer.
Das Kernstück der Anlage stellt naturgemäß der Stollen durch den Mönchsberg dar. Sein Verlauf ist äußerst unregelmäßig hinsichtlich der Richtung als auch des Querschnittes, da man bei der Errichtung einer schmalen, wasserführenden Zone von Gosausandstein folgte. Da dieses Material überdies wenig standfest ist, mußte der Stollen vielfach ausgemauert und durch Überwölbungen abgesichert werden, die die unterschiedlichsten Formen, teilweise auch Spitzbögen, aufweisen, Dabei wurden bei späteren Ausbesserungsarbeiten auch Marmorplatten des 1602 aufgelassenen Domfriedhofes verwendet. Auch die Kanäle unter der Altstadt zeigen die unterschiedlichsten Querschnittsformen und Ausmauerungstechniken. Neben Rechteckquerschnitten mit Plattenabdeckung treten auch Wölbungen mit Spitz- bzw. Rundbogen und Eiprofile auf. Außer Konglomeratquadern sind Kalkbruchsteinmauerwerk, Ziegel, Marmorplatten, teilweise ehemalige Epitaphien, Gußbeton und Betonformsteine zu finden. Diese unterschiedlichen Gestaltungsformen des Kanalsystems sind eine Folge jahrhundertelanger Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten, in denen sich nicht nur der Wandel der Bautechnik sondern auch eine 850-jährige, wechselvolle Stadtgeschichte ausdrükken."
Nach Hinweis auf die einschlägige Fachliteratur zum Almkanal, der Wiedergabe der im Ermittlungsverfahren erhobenen Einwendungen (darunter auch einer der beschwerdeführenden Partei) und der Darstellung der Rechtslage führte das Bundesdenkmalamt weiters aus, die Unterschutzstellung betreffe den status quo, d.h. es sei unbeachtlich, inwieweit der Originalzustand des betreffenden Objektes bei Bescheiderlassung gegeben sei. Die Eigentumsverhältnisse ergäben sich aus dem Grundbuch. Im Sinn des § 3 Abs. 3 DSchG gelte als Eigentümer im Sinne dieses Gesetzes und daher auch für das gegenständliche Verfahren der grundbücherliche Eigentümer. Die Unterschutzstellung beziehe sich auf die baulichen Einrichtungen zum Betrieb bzw. Aufrechterhaltung des "Almkanals", eine neue (bisher nicht bestehende) Auswirkung auf Grundstücke oder Gebäude sei daher nicht denkbar. Das Bundesdenkmalamt habe aber auch auf den Betrieb des Kanals keinen Einfluß; es könne daher nicht bei Schäden verantwortlich gemacht werden, aber auch den Grundstückseigentümern keine finanziellen oder sonstige Verpflichtungen aufbürden. Diese Zuständigkeit bleibe weiterhin bei der Wasserwerksgenossenschaft Stiftsarm. Abschließend führte das Bundesdenkmalamt folgendes aus:
"Das Almkanalsystem insbesondere das sog. Stifsarmsystem stellt zusammen mit seinem Kernstück, dem aus dem 12. Jahrhundert stammenden Mönchsbergstollen, eine einzigartige Pionierleistung europäischer Bautechnik dar. Dieses seit 850 Jahren ununterbrochen in Betrieb stehende System ist als ein Denkmal besonderer historischer und kultureller (d.i. technischer, wirtschafts- und stadtgeschichtlicher) Bedeutung anzusprechen, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist."
Diesen Bescheid bekämpfte die beschwerdeführende Partei mit Berufung. Darin brachte sie im wesentlichen vor, der unter Denkmalschutz gestellte "Almkanal" bestehe im Bereich ihrer Liegenschaft nicht mehr im ursprünglichen Zustand. Er sei im Zuge des Neubaus des "B-Hofes" in Form von Steingutrohren mit einem großen Rohrdurchmesser neu errichtet worden. Wohl sei der Fortbestand dieses Kanalteilstückes für die Funktion des "Almkanals" von Bedeutung, die Erhaltung seiner derzeitigen Bausubstanz aber sei, weil sie nicht dem historischen Zustand entspreche, in keiner Weise schutzwürdig. Da nur Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt werden dürften und das vorliegende Teilstück auch nicht als Teil eines Ensembles gewertet werden könne, werde die ersatzlose Behebung des Bescheides des Bundesdenkmalamtes bezüglich jenes Teiles des "Almkanals", der unter dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei liege, beantragt. Im übrigen könne auch (unter Berücksichtigung einer Interessensabwägung mit den Interessen des betroffenen Grundeigentümers) - anders als (allenfalls) beim historischen Teil des Almkanals - kein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Steingutrohrkanals bejaht werden.
In der Folge nahm die belangte Behörde am 22. April 1988 einen Augenschein vor und brachte der beschwerdeführenden Partei als dessen Ergebnis folgendes zur Kenntnis:
"Im Bereich der Tiefgarage des Gebäudes 'B-Hof Salzburg' wurde die Rohrleitung des Almkanals von außen besichtigt. Es handelt sich um Asbest-(Eternit) Rohre, durch die die Wässer des Almkanals fließen. Im gegenständlichen Abschnitt ist diese Anlage etwa 15 Jahre alt und verbindet die historisch erhaltenen Teile im Oberlauf mit dem im öffentlichen Eigentum stehenden Abschnitt bis zur Mündung in die Salzach.
Sowohl der Landeskonservator für Salzburg, Oberrat Dipl.-Ing. T als auch der Leiter der Abteilung für technische, wirtschafts- und sozialgeschichtliche Denkmale des Bundesdenkmalamtes, Oberrat Dipl.-Ing. Dr. S erklärten amtssachverständig, daß auch dieser Abschnitt des gesamten unter Denkmalschutz gestellten Kanalsystems jene kulturelle Bedeutung aufweist, die der Gesamtanlage als seit 850 Jahren ständig in Betrieb befindlichen Kanalisationssystem zukommt. Der in diesem Bereich vorgenommenen Modernisierung wurde bereits im angefochtenen Bescheid dahingehend Rechnung getragen, als auch die unterschiedlichen Gestaltungsformen, die auf die jahrhundertelangen Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten zurückzuführen sind, hingewiesen worden ist.
Seitens der WWG-Stiftsarm wurde auf die Bestimmung des Bundesgesetzes über den Salzburger Almkanal (BGBl. Nr. 420/1937) hingewiesen.
Gleichzeitig wird in der Anlage je eine Ablichtung der Bescheide des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 11. August 1970, Zl. I-6731/6-1970, (samt Verhandlungsschrift) und vom 15. Februar 1973, Zl. I-6731/10-1970, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme übermittelt."
Mit Schreiben vom 30. August 1988 wiederholte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und wies neuerlich darauf hin, daß der aus Asbest-(Eternit-)Rohren bestehende Abschnitt des Almkanals in ihrem Bereich nicht schutzwürdig sei. Es werde nicht bestritten, daß für das klaglose Funktionieren des Almkanals auch die Erhaltung der Rohrleitung im Bereich der Tiefgarage des "B-Hofes" notwendig sei. Vereinbarungen über die Erhaltung der Kanalanlage seien jedoch privatrechtlich, insbesondere durch den Kaufvertrag zwischen der Stadtgemeinde Salzburg und der beschwerdeführenden Partei, geregelt, wobei die beschwerdeführende Partei auch auf im Zug von wasserrechtlichen Verfahren, die den gegenständlichen Teilabschnitt des Kanals betrafen, erstellte (oben zitierte) Verhandlungsschriften hinwies.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. Juli 1989 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz vollinhaltlich. Nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens wies die belangte Behörde in der Begründung im wesentlichen darauf hin, die von der Behörde erster Instanz getroffene Feststellung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Almkanals im Bereich der Salzburger Altstadt basiere auf dem Gutachten der Fachbeamten des Bundesdenkmalamtes, denen der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Qualifikation von Amtssachverständigen im Sinne des § 52 AVG 1950 zuerkannt habe. Diese Unterschutzstellung des Kanalsystems sei von sämtlichen Parteien (Liegenschaftseigentümern der jeweils betroffenen Grundstücke, Landeshauptmann von Salzburg und Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg) unangefochten geblieben und somit in Rechtskraft erwachsen. Lediglich im Bereich des Grundstückes Nr. nn (EZ n1 der KG Salzburg - Innere Stadt) seien die Denkmaleigenschaften des Kanals von der beschwerdeführenden Partei bestritten und sei die Aufhebung des Bescheides (für diesen Abschnitt) beantragt worden. Hinsichtlich der übrigen historischen Abschnitte des Almkanales sei in der vorliegenden Berufung deren Schutzwürdigkeit anerkannt worden. Sowohl im angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz als auch beim Augenschein vom 22. April 1988 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß das gegenständliche Kanalstück aus modernem Material in jüngerer Zeit ausgeführt worden sei. Gleichzeitig sei aber auch festgestellt worden, daß es die historisch erhaltenen Teile im Oberlauf mit dem im öffentlichen Eigentum (und damit gemäß § 2 DSchG ex lege unter Denkmalschutz stehenden) Abschnitt bis zur Mündung in die Salzach verbinde. Diese Verbindungsfunktion sei von der beschwerdeführenden Partei in der Berufung, beim Augenschein und schließlich in ihrem Schriftsatz zu den Augenscheinsergebnissen ausdrücklich bestätigt worden. Im vorliegenden Fall sei daher ausschließlich die Frage zu prüfen, ob dieser Abschnitt des Almkanals für sich selbst oder im Zusammenhang mit dem gesamten Kanalsystem jene Bedeutung aufweise, die seine Unterschutzstellung rechtfertige. Hinsichtlich des Eigenwertes dieses Abschnittes der Parzelle nn sei auf die gutächtlichen Ausführungen des Amtssachverständigen zu verweisen, die sowohl für die Errichtungszeit als auch die materialmäßige Ausführung des Abschnittes unter dem "B-Hof" die Zeit nach dem
2. Weltkrieg angegeben hätten. Daraus eine geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung für sich allein ableiten zu wollen, wäre verfehlt. Anders verhalte es sich jedoch unter dem Gesichtspunkt der Unterschutzstellung des gesamten Kanalsystems, die im angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz erfolgt sei. Für den gesamten Almkanal stelle der gegenständliche Abschnitt einen nicht wegzudenkenden Teilbereich dar, ein Umstand, der selbst von der beschwerdeführende Partei mehrfach ausdrücklich bestätigt und anerkannt worden sei. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei Grundsatz des Denkmalschutzgesetzes, daß die Feststellung nach seinen §§ 1 und 3 hinsichtlich des ganzen (unbeweglichen oder beweglichen) Gegenstandes zu treffen sei, der die geforderte (künstlerische oder geschichtliche oder kulturelle) Bedeutung habe und sich zivilrechtlich als eine Einheit darstelle. Die Feststellung auf einen körperlich abgegrenzten Teil eines solchen Gegenstandes einzuschränken sei an sich nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zulässig. Sie komme insbesondere und grundsätzlich nur dort in Frage, wo mit Sicherheit auszuschließen sei, daß jede wie immer geartete Veränderung an dem von der Unterschutzstellung nicht erfaßten Teil des Gegenstandes Bestand und Erscheinung des geschützten Teiles unter den in § 1 des Denkmalschutzgesetzes angeführten Gesichtspunkten bedrohen könne. Diese Rechtsprechung müsse auch auf jene Fälle angewendet werden, in denen durch die besonderen Umstände eine Vielzahl von "zivilrechtichen Einheiten" zusammen ein BAUWERK bildeten bzw. ein zusammengehöriges "Gesamtwerk" ergäben. (Die rechtstheoretische Frage, ob es sich bei diesem Gesamtwerk um eine Mehrheit "unbeweglicher Gegenstände" handle und daher auch durchaus die Feststellung getroffen werden könnte, daß der "Almkanal" mit allen "Nebeneinrichtungen" eine "Einheit" bilde, deren Erhaltung als solche im öffentlichen Interesse gelegen sei oder ob hier tatsächlich - wie es die Behörde erster Instanz unternehme - nur additiv vorgegangen werden müsse, brauche hier nicht erörtert zu werden). Diese zur Teilunterschutzstellung entwickelte Judikatur bedeute für die vorliegende Berufungsentscheidung, daß eine Einschränkung der Unterschutzstellung des gesamten Almkanals durch Herausnahme des Abschnitts auf dem der beschwerdeführenden Partei gehörigen Grundstück nicht vertreten werden könne. Der Bestand des Almkanales als Ganzes wäre bei Fehlen der Unterschutzstellung im Bereich der Parzelle nn auf das Höchste gefährdet. Da es sich insgesamt um die Unterschutzstellung eines funktionsfähigen technischen Denkmals handle, wäre die Unterschutzstellung nur älterer originaler oder schon früher veränderter Abschnitte nicht sinnhaft und den Intentionen des Denkmalschutzgesetzes widersprechend, wenn bei Zerstörung eines ungeschützten, jüngeren Teiles, die technische Anlage nicht mehr betriebsfähig wäre. Die Bedeutung des Almkanals liege - wie das Ermittlungsverfahren eindeutig ergeben habe - unter anderem auch im Umstand, daß das Gerinne seit rund 850 Jahren ununterbrochen in Betrieb stehe. Selbst von der beschwerdeführenden Partei sei die Bedeutung des ihr gehörigen Abschnittes des Wasserlaufes für seine Funktionstüchtigkeit des ganzen Systems ausdrücklich anerkannt worden. Somit stelle dieser Abschnitt einen nicht wegzudenkenden Bereich des gesamten Almkanals dar und sei daher (auch wenn ihm selbst kein Eigenwert zukomme) zusammen mit dem gesamten Kanalsystem unter Denkmalschutz zu stellen gewesen. Dabei sei es selbstverständlich ausschließlich maßgebend gewesen, daß dieser Abschnitt unverzichtbarer und jüngster Teil des durch Jahrhunderte immer wieder teilweisen Änderungen unterworfenen Bauwerkes "Almkanal" sei und schon allein aus den oben dargelegten Gründen nicht ausgegliedert hätte werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß der im Bereich des Grundstükkes Nr. nn, EZ n1 der KG Salzburg - Innere Stadt befindliche aus Asbest-(Eternit)rohren hergestellte Kanalteil nicht unter Denkmalschutz gestellt werde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei wendet sich - unter Anerkennung der Schutzwürdigkeit der übrigen historischen Abschnitte des Almkanals - gegen die Einbeziehung des auf ihrem Grundstück liegenden Teilstückes des Almkanals in die Unterschutzstellung. Es sei verfehlt, ein in einem Ensemble befindliches bestehendes Bauwerk aus jüngster Zeit, dem selbst keinerlei Schutzwürdigkeit zukomme, nur deshalb unter Denkmalschutz zu stellen, weil sich dieses Bauwerk zufällig in Nahebeziehung zu diesem Ensemble befinde und die Reihe der unbeweglichen, schutzwürdigen Bauwerke unterbreche. Der vom Gesetz geforderte geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Zusammenhang, dessen Veränderungen am Einzelbauwerk verhindert werden sollten, sei im Beschwerdefall trotz Berufung auf Gutachten des Amtssachverständigen nicht aufgezeigt worden. Es sei ohne weiters einleuchtend und bedürfe keiner sachverständigen Begründung, daß eine Änderung des Teiles des Almkanales in ihrem Bereich (z.B. in seiner materialmäßigen Ausführung) keinerlei Beeinträchtigung der übrigen historischen Teile des Almkanals bedinge und dessen künstlerische oder kulturelle Bedeutung in keiner Weise einschränke. Die belangte Behörde begründe die angebliche Schutzwürdigkeit des auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei liegenden Teils des Almkanals letztlich mit dessen Notwendigkeit für die Funktionstüchtigkeit des gesamten Kanals. Abgesehen davon, daß die Erhaltung der Funktionsfähigkeit einer technischen Anlage nicht Aufgabe des Denkmalschutzes sei, werde diese auch nicht durch eine Maßnahme des Denkmalschutzes gewährleistet; vielmehr sei dies Aufgabe anderer Vorschriften (wie z.B. des WRG 1959, der Bauordnung oder des Bundesgesetzes über den Salzburger Almkanal, BGBl. Nr. 420/1937) und im Beschwerdefall außerdem durch privatrechtliche Vereinbarungen gesichert. Hätte die belangte Behörde die ihr vorliegenden den Kanalteil der beschwerdeführenden Partei betreffenden wasserrechtlichen Bescheide (wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid aus 1970 und wasserrechtlicher Überprüfungsbescheid aus 1973 einschließlich der jeweiligen Verhandlungsschriften) in ihre Beurteilung miteinbezogen, hätte sie feststellen müssen, daß die beschwerdeführende Partei zur Erhaltung des Rohrkanals auf ihrem Grundstück verpflichtet sei bzw. durch entsprechende (baurechtliche, wasserrechtliche usw.) behördliche Maßnahme dazu verpflichtet werden könnte.
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Denkmale im Sinne des § 1 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes sind von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder der Lage zu anderen Gegenständen entstehen. Die Bestimmungen für Einzeldenkmale gelten auch für Gruppen von unbeweglichen Gegenständen (Ensembles) und Sammlungen von beweglichen Gegenständen, wenn diese Gruppen und Sammlungen wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Zusammenhanges einschließlich ihrer Lage ein einheitliches Ganzes bilden und ihre Erhaltung dieses Zusammenhanges wegen als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Gemäß § 1 Abs. 2 des Denkmalschutzgesetzes entscheidet darüber, ob ein solches öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, einer Gruppe von beweglichen Gegenständen oder einer Sammlung von beweglichen Gegenständen besteht, das Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf die diesbezüglichen wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Ziele der Haager Konvention, BGBl. Nr. 58/1964.
Bei Denkmalen, die sich im alleinigen oder überwiegenden Eigentum des Bundes, eines Landes oder von anderen öffentlichrechtlichen Körperschaften, Anstalten, Fonds sowie von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften einschließlich ihrer Einrichtungen befinden, gilt gemäß § 2 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes das öffentliche Interesse an ihrer Erhaltung insolange als gegeben, als das Bundesdenkmalamt nicht auf Antrag eines Eigentümers das Gegenteil festgestellt hat (Unterschutzstellung kraft gesetzlicher Vermutung).
Gemäß § 3 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes gilt bei Denkmalen, auf die § 2 nicht anwendbar ist, ein derartiges öffentliches Interesse erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid).
Aus den Verwaltungsakten geht hervor, daß die (großteils unterirdischen) Nutzwasserkanäle des Almkanalsystems zum Teil auf Liegenschaften zu liegen kommen, die im Eigentum von im § 2 DSchG genannten Rechtsträgern stehen, zum Teil auf Liegenschaften, die im Eigentum sonstiger Dritter stehen. Das Bundesdenkmalamt hat - wie aus dem ersten Absatz seines Bescheides (auch in Verbindung mit der Begründung) hervorgeht - den Almkanal als eine Einheit aufgefaßt und ihn (im angegebenen Bereich) zur Gänze unter Schutz gestellt. Die damit zum Ausdruck gebrachte Bewertung des Almkanals als ein Bauwerk ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtswidrig: Schon auf Grund seiner technischen Ausführung stellt ein Kanal ein einheitliches Bauwerk dar, dessen miteinander verbundene Teile bestimmungsgemäß demselben Zweck dienen. Das Bundesdenkmalamt hat aus dieser Unterschutzstellung des Almkanals (als einheitliches Bauwerk) die Konsequenzen für die davon betroffenen Grundeigentümer gezogen, die nicht zum Kreis der im § 2 aufgezählten Rechtsträger zählen. Dies ergibt sich aus dem zweiten Absatz des Bescheides des Bundesdenkmalamtes in Verbindung mit der einen integrierenden Bestandteil bildenden Liste der Grundstücke, die allesamt im Eigentum von anderen als im § 2 aufgezählten Rechtsträgern stehen. Das Bundesdenkmalamt hat die Unterschutzstellung des Almkanals im wesentlichen damit begründet, daß das seit 850 Jahren ununterbrochen in Betrieb stehende Kanalsystem in seiner heutigen Erscheinung, die eine Folge jahrhundertelanger Ausbesserung- und Erhaltungsarbeiten sei, in der sich nicht nur der Wandel der Bautechnik, sondern eine wechselvolle Stadtgeschichte ausdrücke, ein Denkmal von besonderer historischer und kultureller (d.i. technischer, wirtschaftlich- und stadtgeschichtlicher) Bedeutung sei, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen sei.
Diese von Fachbeamten des Bundesdenkmalamtes, denen die Stellung als Amtssachverständige zukommt (vgl. dazu in ständiger Judikatur z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1988, Zl. 86/12/0070) erstattete gutächtliche Äußerung hat die beschwerdeführenende Partei nicht im Grundsätzlichen bestritten. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, diese Äußerung treffe nur auf den historischen Teil des Almkanals zu, nicht aber auf den in ihrem Eigentum stehenden Rohrstrang, dem eine eigenständige Bedeutung unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes nicht zukomme, und es sei nicht Aufgabe des Denkmalschutzes, die Funktionstüchtigkeit eines Kanals zu erhalten, verkennt jedoch, daß die Behörden des Verwaltungsverfahrens - ausgehend von einem einheitlichen Bauwerk "Almkanal" - auf dessen Erhaltung als funktionstüchtiges (bauliches) Denkmal in seiner heutigen Erscheinungsform, die in einem Nebeneinander der unterschiedlichsten, aus den verschiedensten Zeiten seiner 850-jährigen Geschichte stammenden Bauformen besteht, abgestellt haben.
Bei einem solchen, d.h. einem bautechnischen Denkmal von wirtschaftsgeschichtlicher Bedeutung ist die (hier gegebene) nach wie vor bestehende Eignung, dem Zweck zu dienen, um dessentwillen es einst hergestellt worden ist, ein mit der besonderen geschichtlichen Bedeutung des Gegenstandes im Sinne des § 1 DSchG aufs Engste verknüpfter Faktor. Wortlaut und Sinn des Denkmalschutzgesetzes entspricht es, in den Schutz auch alle jene körperlichen Sachen mit einzubeziehen, deren Veränderung oder Zerstörung der erwähnten, noch bestehenden Funktionstüchtigkeit ein Ende setzen oder sie in Frage stellen könnte. Die Wahrung einer in diesem Sinn verstandenen Funktionstüchtigkeit fällt damit unter das Denkmalschutzgesetz und ist etwas anderes als die Erhaltung des Kanals unter dem Gesichtspunkt des WRG 1959 (bzw. der wasserrechtlichen Spezialvorschrift des Bundesgesetzes über die Erhaltung des Almkanals, BGBl. Nr. 420/1937) oder der Salzburger Bauordnung. Es war daher im Beschwerdefall nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde mangels rechtlicher Erheblichkeit im Unterschutzstellungsverfahren nach dem DSchG nicht auf die Frage weiter einging, daß die beschwerdeführende Partei auf Grund anderer Rechtsvorschriften bzw. zivilrechtlicher Tatbestände zur Instandhaltung eines Teiles des Almkanals verpflichtet sei.
Zutreffend hat die belangte Behörde - von den Zielsetzungen des Denkmalschutzgesetzes ausgehend - die zur sogenannten "Teilunterschutzstellung" entwickelten Gedanken der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf den vorliegenden Fall angewendet:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals gemäß den §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz hinsichtlich des GANZEN Gegenstandes zu treffen, der die geforderte (künstlerische oder geschichtliche oder kulturelle) Bedeutung hat und sich zivilrechtlich als eine Einheit darstellt. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen ist eine Einschränkung der Feststellung auf einen abgegrenzten Teil eines solchen Gegenstandes zulässig (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1989, Zl. 89/09/0010, vom 14. März 1988, Zl. 86/12/0058, vom 14. September 1984, Zl. 83/12/0127, vom 21. März 1983, Zl. 82/12/0070, vom 17. Mai 1982, Zl. 81/12/0218, vom 8. September 1977, Zl. 1113/77 und die dort angeführte Vorjudikatur). Eine Teilunterschutzstellung kommt grundsätzlich nur dort in Frage, wo mit Sicherheit auszuschließen ist, daß jede wie immer geartete Veränderung an dem von der Unterschutzstellung nicht erfaßten Teil des Gegenstandes Bestand und Erscheinung des geschützten Teiles unter den in § 1 Denkmalschutzgesetz angeführten Gesichtspunkten bedrohen kann.
Der Anwendbarkeit dieser Judikatur auf den vorliegenden Fall steht nicht entgegen, daß an Teilen des schon auf Grund seiner Ausführung als eine Einheit aufzufassenden Bauwerkes (hier: Kanal) in rechtlicher Hinsicht selbständige Eigentumsrechte begründet werden können, wie dies etwa auch bei einem Gebäude im Stockwerkseigentum der Fall sein kann. Dies steht auch mit der bisherigen (oben angeführten Judikatur) nicht in Widerspruch, weil in den ihnen zugrundeliegende Fällen der betroffene Gegenstand jeweils auch in rechtlicher Hinsicht eine Einheit dargestellt hat und sie sich damit von der Fallkonstellation des Beschwerdefalles dadurch unterscheiden.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat die belangte Behörde es für ausschließlich maßgebend erklärt, daß der gegenständliche Teil der Kanalanlage unverzichtbarer und jüngster Teil des durch Jahrhunderte immer wieder teilweisen Änderungen unterworfenen Bauwerkes "Almkanal" sei, der daher zwecks Erhaltung eines funktionsfähigen technischen Denkmals nicht ausgegliedert werden könnte. Daß dies ein zulässiger Gesichtspunkt des Denkmalschutzes ist, wurde bereits oben dargetan. Die von einer rechtsirrigen Auffassung der beschwerdeführenden Partei ausgehenden Einwendungen gehen daher schon aus diesem Grund ins Leere.
Die demnach unbegründet Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Amtssachverständiger Person BejahungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989090116.X00Im RIS seit
04.01.2002