TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/23 89/18/0120

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Veröffentlicht am 23.02.1990
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Index

L94407 Krankenanstalt Spital Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art140 Abs1;
KAG Tir 1957 §56 Abs6;
KAG Tir 1957 §56;
KAG Tir 1957 §57 idF 1970/020;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler,

Dr. Degischer, Dr. Domittner und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär

Dr. Schmidt, über die Beschwerden der Stadtgemeinde Kufstein, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung 1) vom 12. September 1988, Z Abt. Vf-Zl: 4.0/122-37/Fs, 2) vom 2. Mai 1989,Z Abt. Vf-Zl: 4.0/135-37/Fs, betreffend Aufteilung von Betriebsabgängen von Krankenhäusern nach § 57 Abs. 6 Tiroler Krankenanstaltengesetz (mitbeteiligte Partei jeweils Land

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen von S 2.760,-- und von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein ging unter Berufung auf § 57 Abs. 6 des Tiroler Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 5/1958 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 20/1970 (TKAG) mit Erlassung folgender Bescheide vor:

Unter dem Datum des 29. Februar 1988 wurde spruchmäßig ausgesprochen:

1) Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein teilt gemäß § 57 Abs. 6 TKAG den Bezirksanteil dermaßen auf, daß der Beitrag der Stadtgemeinde Kufstein zum Betriebsabgang 1986 der Landeskrankenhäuser S 1,036.888,-- beträgt;

2) der Beitrag der Stadtgemeinde Kufstein ist durch die im Jahre 1987 bei der Zuweisung der Abgabenertragsteile einbehaltenen Beträge beglichen.

Unter dem Datum des 23. Dezember 1988 wurde spruchmäßig ausgesprochen:

1) Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein teilt gemäß § 57 Abs. 6 TKAG den Bezirksanteil dermaßen auf, daß der Beitrag der Stadtgemeinde Kufstein zum Betriebsabgang 1987 der Landeskrankenhäuser S 956.290,-- beträgt;

2) der Beitrag der Stadtgemeinde Kufstein ist durch die im Jahre 1988 bei der Zuweisung der Abgabenertragsteile einbehaltenen Beträge beglichen.

Die Stadtgemeinde Kufstein erhob gegen diese Bescheide jeweils Berufung zur Gänze, insbesondere auch gegen die oben mit 2) bezeichneten Spruchbestandteile.

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung als Berufungsbehörde vom 12. September 1988 wurde die Berufung der Stadtgemeinde Kufstein gegen den oben bezeichneten Bescheid vom 29. Februar 1988, mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Mai 1989 wurde die Berufung gegen den oben bezeichneten Bescheid vom 23. Dezember 1988 abgewiesen.

Die Stadt Kufstein ergriff gegen beide Berufungsbescheide jeweils Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, verbunden mit Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof.

Über den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. September 1988 entschied der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 1989, B 1755/88, wie folgt:

Es wurde 1.) beschlossen, die Beschwerde, soweit sie die Feststellung beantragt, daß die Beschwerdeführerin durch die Einbehaltung eines Betrages von S 1,036.888,-- ohne Verfahren und Bescheid durch das Land Tirol von den der Beschwerdeführerin zustehenden Abgabenertragsanteilen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde, zurückzuweisen. Insoweit wurde der Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof abgewiesen; es wurde 2.) zu Recht erkannt, daß die Beschwerdeführerin im übrigen durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden ist. Die Beschwerde wurde insoweit abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführerin in sonstigen Rechten verletzt wurde, abgetreten. In den Gründen seiner Entscheidung führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus:

"Hinsichtlich des Antrages, der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, daß die Beschwerdeführerin durch die Einbehaltung eines Betrages von S 1,036.888,-- ohne Verfahren und Bescheid durch das Land Tirol von den ihr zustehenden Abgabenertragsteile in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde, ist die Beschwerde nicht zulässig. Mit dem in Rede stehenden Antrag bekämpft die Beschwerde offenkundig die (schon) im Bescheid erster Instanz enthaltene abschließende Feststellung, daß der Beitrag der Stadtgemeinde Kufstein zum Betriebsabgang der Landeskrankenhäuser durch die bei der Zuweisung von Abgabenertragsteilen einbehaltenen Beträge beglichen wurde; diese Feststellung hat - was die Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt - hinsichtlich der Vorgangsweise, nämlich Gegenverrechnung von Abgabenertragsteilen und Beitragspflichten zum Betriebsabgang der Landeskrankenhäuser nur narrativen Charakter. Eine normative Aussage, daß die gewählte Vorgangsweise dem Gesetz entspreche, liegt offenkundig nicht vor. Die Beschwerde kann auch nicht dahin gedeutet werden, daß die Einbehaltung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft wird, weil - abgesehen von der offenkundigen Verspätung, die einer solchen Beschwerdeführung entgegenstünde - die Beschwerdeführerin ausdrücklich erklärt, daß sie den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. September 1988 bekämpfe, mit dem die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 29. Februar 1988 abgewiesen wird. Mit dem in Rede stehenden Beschwerdeantrag läßt die Beschwerdeführerin in eine Bescheidbeschwerde eine Beschwerdeführung gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt einfließen; derartiges sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Die Beschwerde ist daher insofern zurückzuweisen ... Der Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war insofern abzuweisen, da eine Abtretung nur im Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder einer Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt."

Im übrigen führte der Verfassungsgerichtshof aus, daß die Regelungen der §§ 56 und 57 TKAG nicht verfassungswidrig seien, dies auch unter Bedachtnahme auf § 2 F-VG 1948 und § 33 KAG. Abschließend führte der Verfassungsgerichtshof aus, bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen käme eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums somit nur bei einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung, eine Verletzung des Gleichheitsgebotes nur im Falle einer gleichheitswidrigen oder willkürlichen Anwendung des Gesetzes in Frage. All dies behaupte die Beschwerdeführerin gar nicht; auch der Verfassungsgerichtshof sehe keinen Anhaltspunkt für ein solches Fehlverhalten der Behörde.

Über die Beschwerde gegen den Berufungsbescheid vom 2. Mai 1989 faßte der Verfassungsgerichtshof am 23. Juni 1989, B 605/89, den Beschluß, daß die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten werde. In der Begründung dieses Beschlusses wurde ausgeführt, die Beschwerde behaupte die Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums und des Gleichheitsrechtes. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere im Hinblick auf das oben genannte Erkenntnis vom 23. Juni 1989, lasse das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Sache sei nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerden wie folgt:

Beschwerde gegen den Bescheid vom 12. September 1988:

Es werde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die letztgenannte Rechtswidrigkeit liege darin, daß ein Betrag von S 1,036.888,-- ohne Verfahren und ohne Erlassung eines Bescheides von den der Beschwerdeführerin zustehenden Abgabenertragsanteilen einfach einbehalten wurde und die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid die Richtigkeit dieser Vorgangsweise der Erstbehörde als faktischen Vorgang, der aus verwaltungsökonomischen Gründen gefunden wurde, toleriert habe. Aufgabe der belangten Behörde wäre es gewesen, diese dem Gesetz widersprechende Vorgangsweise der Erstbehörde zu beanstanden und den Erstbescheid insoweit aufzuheben. Im übrigen stütze sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Rechtswidrigkeit zufolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf die Ausführungen zu 2.)a)aa) der Verfassungsgerichtshofbeschwerde. Hinsichtlich der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache" durch die belangte Behörde werde auf 2.)a)bb) und b) der Verfassungsgerichtshofbeschwerde verwiesen.

Beschwerde gegen den Bescheid vom 2. Mai 1989:

Es werde nur Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht; das Beschwerdevorbringen zu 2.)a)aa) der Verfassungsgerichtshofbeschwerde werde nicht mehr aufrecht erhalten. Hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhalts beziehe sich die Beschwerdeführerin auf die Ausführungen in 2.)a)bb) und b) der Verfassungsgerichtshofbeschwerde.

Die belangte Behörde hat hinsichtlich ihres zeitlich ersten Bescheides in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt und hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Hinsichtlich ihres zeitlich zweiten Bescheides begnügte sich die belangte Behörde mit der Aktenvorlage.

Die mitbeteiligte Partei Land Tirol hat auf die im Gegenstand erstattete Äußerung der belangten Behörde verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden zur gemeinsamen Behandlung verbunden und über sie erwogen:

Die oben jeweils unter 2) genannten Aussprüche der erstinstanzlichen Behörde enthalten keine Entscheidung oder Verfügung einer Verwaltungsbehörde; sie sprechen auch nicht im Wege eines Feststellungsbescheides über subjektive Rechte der Beschwerdeführerin ab. Sie haben, wie schon der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1989 zutreffend ausführte, nur narrativen Charakter. Eine normative Aussage liegt in ihnen nicht vor.

Die Berufungen gegen diese Bescheidteile wären daher richtigerweise von der Berufungsbehörde als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Der Umstand, daß die Berufungsbehörde jeweils auch über diese unzulässigen Teile der Berufung meritorisch abgesprochen hat, vermag allerdings keine Rechte der Beschwerdeführerin zu beeinträchtigen, weshalb ihre Beschwerden insoweit unbegründet sind.

Soweit mit den angefochtenen Bescheiden jeweils über die oben mit 1) bezeichneten erstinstanzlichen Spruchteile abgesprochen wurde, beschränkten sich die ergänzten Beschwerden, wie sich aus der Lektüre der dort genannten Punkte der jeweiligen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof ergibt, einerseits darauf, die Bestimmungen der §§ 56 und 57 TKAG seien verfassungswidrig wegen Widerspruches zu § 2 F-VG 1948 und zur grundsatzgesetzlichen Bestimmung des § 33 KAG. Darüber hat der zur Prüfung dieser Frage zuständige Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 1989 abgesprochen. Andererseits findet der Verwaltungsgerichtshof, soweit eine meritorische Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht vorliegt - das ist somit im Hinblick auf den Berufungsbescheid vom 2. Mai 1989 der Fall - im Hinblick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 23. Juni 1989 keinen Anlaß, hinsichtlich der genannten Bestimmungen des Tiroler Krankenanstaltengesetzes mit einem Antrag gemäß Art. 140 B-VG vorzugehen. Die genannten Beschwerdeausführungen vermögen auch nicht darzutun, daß die von der belangten Behörde angewendeten Bestimmungen des TKAG durch andere gesetzliche Bestimmungen außer Kraft gesetzt worden wären; geschweige denn vermögen die Beschwerdeausführungen aufzuzeigen, daß und in welcher Weise die Bestimmungen des TKAG rechtlich unrichtig angewendet wurden.

Da es den Beschwerden somit, soweit die belangte Behörde zu Recht mit meritorischer Erledigung der Berufungen vorgegangen ist, nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide darzutun, waren die Beschwerden, - unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen einer mangelnden Rechtsverletzung, wenn statt richtig mit Zurückweisung unrichtig mit Abweisung der Berufungen vorgegangen wurde -, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989180120.X00

Im RIS seit

23.02.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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