Index
L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;Norm
AVG §57 Abs3;Betreff
Stadtgemeinde R gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 7. Juli 1989, Zl. VII/1-F-27.719/3-89, betreffend Kostenbeitragspflicht nach dem NÖ Sozialhilfegesetz
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (BH) vom 23. Dezember 1988 wurde der Gertrude U. gemäß "§ 9 des NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. 9200" eine Sonderbedarfsbeihilfe ("Hilfe zum Lebensunterhalt") in der Höhe von S 3.670,26 gewährt. Dieser Bescheid wurde der nunmehr beschwerdeführenden Gemeinde, z.H. des Bürgermeisters, zur Kenntnis gebracht.
1.2. Mit Schreiben vom 2. Jänner 1989 stellte die Beschwerdeführerin bei der BH "in vorstehender Angelegenheit innerhalb offener Frist von 6 Monaten nach Bekanntgabe den Antrag zur Erlassung eines Kostenbescheides gemäß den Bestimmungen des § 50 Abs. 3 NÖ Sozialhilfegesetz".
2.1. Daraufhin erließ die BH unter dem Datum 12. Jänner 1989 einen Bescheid, mit dem sie gemäß § 50 NÖ Sozialhilfegesetz, LGBl. 9200, und § 57 AVG 1950 die Beschwerdeführerin verpflichtete, dem Land Niederösterreich zu den Kosten der Sozialhilfe für Gertrude U. einen Beitrag von S 1.529,28 zu entrichten.
2.2. Aufgrund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung erließ die BH unter dem Datum 7. März 1989 gemäß § 50 NÖ Sozialhilfegesetz, LGBl. 9200, einen Bescheid, der dem unter 2.1. genannten spruchmäßig vollinhaltlich entspricht. Begründet hat die BH diesen Bescheid wie folgt:
"Der Hilfeempfänger hat am 23. Dezember 1988 'Hilfe zum Lebensunterhalt' in der Höhe von S 3.058,55 (ohne Mehrwertsteuer) erhalten. Seinen ordentlichen Wohnsitz hat er in der Gemeinde R begründet. Im NÖ Sozialhilfegesetz ist festgelegt, daß die Wohnsitzgemeinde dem Land 50 v.H. des Aufwandes an Hilfen zum Lebensunterhalt zu entrichten hat. Gegen den Mandatsbescheid vom 12. Jänner 1989 hat die Gemeinde rechtzeitig Vorstellung erhoben. Ein Ermittlungsverfahren wurde in diesem Zusammenhang nicht eingeleitet, da der Tatbestand, daß Gertrude U. in der Gemeinde R ihren ordentlichen Wohnsitz hat, auch in der do. Vorstellung vom 25. Jänner 1989 nicht bestritten oder angezweifelt wurde. Eine formelle Feststellung oder Erklärung der Anspruchsvoraussetzung ist nicht Gegenstand eines Bescheides gem. § 50 NÖ Sozialhilfegesetz."
3. Der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde gab die NÖ Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 7. Juli 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefaßter Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes im wesentlichen folgendes aus: Da Gertrude U. in R wohnhaft sei, was die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung sogar ausdrücklich betont habe, sei die Beschwerdeführerin verpflichtet, einen Kostenersatz im Sinne des § 50 Abs. 2 NÖ Sozialhilfegesetz, LGBl. 9200-6, (NÖ SHG) zu leisten. Über die Gewährung einer Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 9 Abs. 2 leg. cit. zu entscheiden, sei allein die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde berufen. Dabei stehe der Wohnsitzgemeinde des Hilfeempfängers kein Mitspracherecht zu bzw. habe diese keine Parteistellung. Bei Erlassung eines Bescheides gemäß § 50 Abs. 3 NÖ SHG sei nur zu entscheiden, ob eine Kostenbeitragspflicht im Sinne des Abs. 2 dieses Paragraphen gegeben sei. Da sich diese Kostenbeitragspflicht ausschließlich am Kriterium des ordentlichen Wohnsitzes im Sinne des § 52 leg. cit. orientiere, sei lediglich über diesen Punkt zu entscheiden gewesen. Die Gründe, warum und in welchem Ausmaß die BH Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt habe, seien bei der Feststellung der Kostenbeitragspflicht der Wohnsitzgemeinde nicht Gegenstand des Verfahrens und daher nicht zu berücksichtigen. Die BH hätte nach Einlangen der Vorstellung der beschwerdeführenden Gemeinde hinsichtlich des ordentlichen Wohnsitzes der Gertrude U. dann ein Ermittlungsverfahren einzuleiten gehabt, wenn in diesem Punkt Zweifel bestanden hätten. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, da die Genannte, die im übrigen seit 1984 laufend Unterstützungen aus dem Titel "Hilfe zum Lebensunterhalt" beziehe, seit 1969 in R wohne.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptende Beschwerde, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf ein "gesetzmäßiges Verfahren unter Anwendung der Bestimmungen des § 50 Abs. 3 NÖ Sozialhilfegesetz, LGBl. 9200-6, sowie § 57 AVG 1950" verletzt erachtet.
5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 50 Abs. 2 NÖ SHG haben die Gemeinden, in welchen Hilfeempfänger ihren ordentlichen Wohnsitz (§ 52) begründen, dem Land - dieses ist zufolge des § 40 Abs. 1 leg. cit. Sozialhilfeträger - 50 v.H. des Aufwandes an Hilfen zum Lebensunterhalt nach Abschnitt II zu entrichten. Durch Aufenthalt in einem Heim oder auf einem Pflegeplatz wird jedoch eine derartige Kostenbeitragspflicht nicht begründet.
Beantragt eine zur Kostentragung nach Abs. 2 verpflichtete Gemeinde im Einzelfall die Erlassung eines Bescheides, dann hat gemäß § 50 Abs. 3 NÖ SHG die Bezirksverwaltungsbehörde ihr die Kosten aufgrund der für die Verpflichtung maßgeblichen Umstände mittels Bescheid vorzuschreiben (Kostenbescheid gemäß § 57 AVG 1950). Der Antrag auf Erlassung eines Kostenbescheides ist binnen sechs Monaten nach Bekanntgabe der Verpflichtung zur Kostentragung zu stellen.
2.1. Unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft die Beschwerdeführerin die Ansicht der belangten Behörde, daß bei der Erlassung eines Kostenbescheides im Sinne des § 50 Abs. 3 NÖ SHG ausschließlich festzustellen sei, daß der Sozialhilfeempfänger seinen ordentlichen Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde habe. Vielmehr wäre neben dieser Frage auch zu prüfen gewesen, ob die im NÖ SHG "sonst verankerten erforderlichen Voraussetzungen" erfüllt seien, also insbesondere, ob die Gewährung der Sozialhilfe an den Empfänger (hier: Gertrude U.) gesetzlich gedeckt sei. Ermittlungen in dieser Hinsicht seien schon im Hinblick darauf erforderlich, daß gemäß § 40 Abs. 2 NÖ SHG die Gewährung von Hilfen, auf die kein Anspruch bestehe, dem Land als Träger von Privatrechten obliege. Nach § 50 Abs. 2 leg. cit. hätten Gemeinden dem Land nur dann einen Kostenbeitrag von 50 v.H. zu entrichten, wenn es sich um Hilfen zum Lebensunterhalt nach Abschnitt II des Gesetzes handle. Es sei daher unumgänglich, daß bei Erlassung eines Kostenbescheides gegenüber der Gemeinde dargelegt werde, welche Art von Sozialhilfe gewährt worden sei, denn es könnte ja durchaus sein, daß Gegenstand der Gewährung eine Hilfe sei, auf die kein Rechtsanspruch bestehe, und für die das Land daher allein aufzukommen habe. Aber auch bei einer Hilfe nach Abschnitt II des NÖ SHG stehe die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde nicht von vornherein fest, bestimme doch § 42 leg. cit. die Kostenersatzpflicht durch Dritte im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht.
2.2. Dieses Vorbringen vermag ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren nicht aufzuzeigen. Unbeschadet dessen, daß gemäß § 40 Abs. 1 NÖ SHG die Kosten der Sozialhilfe das Land zu tragen hat, ergibt sich aus den im Beschwerdefall maßgebenden Abs. 2 und 3 des § 50 leg. cit., daß die Kosten der Hilfe zum Lebensunterhalt (Abschnitt II des Gesetzes) letztlich zwischen dem Land Niederösterreich und den Gemeinden, in denen Hilfeempfänger ihren ordentlichen Wohnsitz haben, aufzuteilen sind. Dies unabhängig davon, daß gegebenenfalls Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht dem Land als Sozialhilfeträger Kostenersatz zu leisten haben (§ 42 Abs. 1 NÖ SHG). Die Abs. 2 und 3 des § 50 leg. cit. in ihrem Zusammenhalt machen deutlich, daß Gegenstand des nach Abs. 3 in Verbindung mit § 57 Abs. 3 AVG 1950 durchzuführenden Verfahrens die Ermittlung und Feststellung ausschließlich jener Tatsachen ist, die das Gesetz (Abs. 2) als Voraussetzungen für die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde normiert. Demnach sind die in § 50 Abs. 3 NÖ SHG genannten "für die Verpflichtung maßgeblichen Umstände", von deren Vorliegen die bescheidmäßige Kostenvorschreibung abhängt, erstens die Begründung des ordentlichen Wohnsitzes des Hilfeempfängers in der Gemeinde und zweitens die Gewährung einer Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abschnitt II (somit einer Hilfe, auf deren Gewährung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Grunde der §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 NÖ SHG ein Rechtsanspruch besteht).
Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde unwidersprochen festgestellt, daß die Hilfeempfängerin Gertrude U. (seit 1969) in R ihren ordentlichen Wohnsitz (§ 52 Abs. 3 NÖ SHG) hat. Ebenso unbestritten steht fest, daß die der Genannten geleistete Hilfe, die von der beschwerdeführenden Gemeinde zum Anlaß zur Stellung eines Antrages auf Erlassung eines Kostenbescheides nach § 50 Abs. 3 NÖ SHG genommen wurde, eine solche "zum Lebensunterhalt", also nach Abschnitt II, näherhin § 9 dieses Gesetzes ist (vgl. vor allem den der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebrachten Gewährungsbescheid der BH vom 23. Dezember 1988). Da für darüber hinausgehende, insbesondere die von der Beschwerdeführerin vermißten Ermittlungen bzw. Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Gertrude U. zuerkannten Hilfe zum Lebensunterhalt im gegenständlichen, allein die Vorschreibung der anteiligen Kosten an die Gemeinde betreffenden Verwaltungsverfahren vom Gesetz her kein Raum ist, hat die belangte Behörde zu Recht von einer Ausweitung des Ermittlungsverfahrens in der bezeichneten Richtung abgesehen.
3.1. Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides wirft die Beschwerde - in Wiederholung der Verfahrensrüge - der belangten Behörde vor, sie habe es unterlassen, die "maßgeblichen Umstände für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Kostenbeitrages im Falle der gewährten Sonderbedarfsbeihilfe" für Gertrude U. zu ermitteln. Überdies legt die Beschwerdeführerin dar, daß und weshalb ihrer Meinung nach die Gertrude U. mit Bescheid der BH vom 23. Dezember 1988 gewährte Sonderbedarfsbeihilfe im Gesetz nicht gedeckt ist.
3.2. Was den erstgenannten Einwand anlangt, so wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter 2.2. verwiesen. Mit ihrem eine Gesetzwidrigkeit des Gewährungsbescheides vom 23. Dezember 1988 behauptenden Vorbringen verkennt die beschwerdeführende Partei - auch insoweit sei auf 2.2. verwiesen -, daß die Rechtmäßigkeit der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt an Gertrude U. vom Tatbestand des § 50 Abs. 3 leg. cit. nicht umfaßt, folglich diese Frage bei Erlassung eines Kostenbescheides im Sinne dieser Vorschrift ohne rechtliche Relevanz ist.
4. Da nach dem Gesagten die beschwerdeführende Gemeinde durch den angefochtenen Bescheid - entgegen ihrer Behauptung - nicht in ihr aus § 50 Abs. 3 NÖ SHG erfließenden Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190027.X00Im RIS seit
13.07.2001Zuletzt aktualisiert am
27.06.2016