Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
N gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 16. August 1989, Zl. VI/4-J-159, betreffend Abschuß von Hirschen
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte als Pächter des Eigenjagdgebietes Z VIII beim Rotwild an Hirschen den Abschuß von je zwei Hirschen der Klassen II und III. Mit dem über diesen Abschußplan ergangenen Bescheid vom 28. April 1989 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Z den Abschuß von einem Hirsch der Klasse II und drei Hirschen der Klasse III.
Mit Bescheid vom selben Tag bewilligte sie ferner im Hegering Z für sämtliche Jagdgebiete den Abschuß von zusammen zwei Hirschen der Klasse I. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die Erlegung eines Hirsches der Klasse I nur im Rahmen des zahlenmäßig verfügten bzw. bewilligten Hirschabschusses erfolgen dürfe. Im Falle der Erlegung eines Hirsches der Klasse II, soferne diese im Abschußplan verfügt sei, scheide das betreffende Jagdgebiet von dieser Regelung aus. Die Erlegung eines Hirsches der Klasse I habe zur Folge, daß der weitere eventuelle verfügte bzw. bewilligte Abschuß eines Hirsches der Klasse II zu entfallen habe. Dies gelte auch, wenn nur ein Hirsch der Klasse III bewilligt sei. Falls in einem Jagdgebiet ein Hirsch der Klasse I erlegt worden sei, dürfe in diesem Jagdgebiet kein weiterer Hirsch der Klasse I erlegt werden. Die Erlegung eines Hirsches der Klasse I und eines Hirsches der Klasse II sei unverzüglich dem Hegeringleiter zu melden. Dieser sei verpflichtet, bei erfolgter Erfüllung des Abschusses (der zwei Hirsche der Klasse I) dies unverzüglich allen Jagdausübungsberechtigten mitzuteilen. Danach sei der weitere Abschuß von Hirschen der Klasse I für alle Jagdgebiete des Hegeringes Z untersagt. Dieser Ausspruch wurde auf § 81 Abs. 3 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, BGBl. 6500-7, (JG) gestützt. In der Begründung wurde ausgeführt, daß nach der genannten Bestimmung für Jagdgebiete, die wegen ihres geringen Flächenausmaßes einen entsprechenden Altersaufbau und eine Regulierung des Geschlechterverhältnisses von Schalenwildbeständen nicht zulassen, der Abschuß bestimmter Wildstücke für mehrere aneinandergrenzende Jagdgebiete mit der Auflage zu bewilligen oder zu verfügen sei, daß die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuß in den anderen Jagdgebieten ausschließe. Das Rotwild benötige einen Lebensraum, der über das Flächenausmaß der von dieser Regelung betroffenen Jagdgebiete bei weitem hinausgehe. Der Altersklassenaufbau des männlichen Rotwildes im Hegering Z lasse einen höheren Abschuß als zwei Hirsche der Altersklasse I nicht zu.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin machte er im wesentlichen geltend, daß die von der Behörde getroffene Maßnahme im Hinblick darauf, daß im gesamten Hegering Z kein Hirsch der Klasse I bekannt sei, dem gesetzlichen Auftrag zur Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildstandes widerspreche und nicht der Schaffung einer richtig aufgebauten Altersstruktur diene. Der Abschuß habe sich nach dem tatsächlich vorhandenen Wildstand und seiner Altersstruktur zu orientieren.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 81 Abs. 3 JG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Nach der Begründung werde im gegenständlichen Fall kein zusätzlicher Rotwildabschuß bewilligt, "sondern darf der Abschuß eines Hirsches der Klasse I nur im Rahmen der Abschußplanbewilligung bzw. Verfügung erfolgen". Es stehe dem Beschwerdeführer somit frei, entweder den Hirschabschuß unter Berücksichtigung des Abschußplanbescheides vom 28. April 1989 durchzuführen oder von der Berechtigung im Sinne des erstinstanzlichen Bescheides Gebrauch zu machen. Eine Verpflichtung zum Abschuß eines Hirsches der Klasse I bestehe demnach nicht. Nach Ansicht der belangten Behörde werde der Beschwerdeführer durch den erstinstanzlichen Bescheid nicht in seinen Rechten bzw. rechtlichen Interessen verletzt. Die übrigen Jagdausübungsberechtigten hätten gegen den (erstinstanzlichen) Bescheid nicht berufen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem ihm als Jagdausübungsberechtigten durch § 2 Abs. 1 JG gewährleisteten Recht, das Wild zu hegen, damit ein artenreicher und gesunder Wildbestand sich entwickeln könne und erhalten bleibe, aber auch im Recht auf Bewilligung des beantragten Abschusses gemäß § 81 Abs. 1 JG verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Abschuß von Schalenwild, mit Ausnahme des Schwarzwildes, ist gemäß § 80 Abs. 1 JG nur auf Grund einer von der Bezirksverwaltungsbehörde erteilten Abschußbewilligung oder getroffenen Abschußverfügung zulässig. Gemäß § 81 Abs. 1 JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf die Entwicklung und Erhaltung eines qualitativ guten, der Größe und den natürlichen Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes entsprechenden Wildstandes sowie eines gesunden Verhältnisses zwischen männlichem und weiblichem Wild die Angaben des - vom Jagdausübungsberechtigten gemäß § 80 Abs. 2 JG vorzulegenden - Abschußplanes zu prüfen und den beantragten Abschuß zu bewilligen oder abweichend vom Abschußantrag den Abschuß zu verfügen, wobei auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft Rücksicht zu nehmen ist. Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß durch den Abschuß ein biologisch richtiger Altersklassenaufbau hergestellt wird. § 81 Abs. 3 JG sieht für Jagdgebiete, die wegen ihres geringen Flächenausmaßes einen entsprechenden Altersklassenaufbau und eine Regulierung des Geschlechterverhältnisses von Schalenwild nicht zulassen, vor, daß der Abschuß bestimmter Wildstücke für mehrere aneinandergrenzende Jagdgebiete mit der Auflage bewilligt oder verfügt werden kann, daß die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuß in den anderen Jagdgebieten ausschließt.
Grundlage für jeden Abschußplan ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. März 1989, Zl. 88/03/0252, ergangen zum Kärntner Jagdgesetz 1978, mit weiteren Judikaturhinweisen) der tatsächliche Wildstand in einem Jagdgebiet. Von diesem hat die Behörde bei der ihr nach § 81 Abs. 1 JG obliegenden Entscheidung auszugehen. Die in dieser Bestimmung verankerten Grundsätze gelten auch für Maßnahmen, die gemäß § 81 Abs. 3 JG für Jagdgebiete, die wegen ihres geringen Flächenausmaßes einen entsprechenden Altersklassenaufbau und eine Regulierung des Geschlechterverhältnisses von Schalenwildbeständen nicht zulassen, getroffen werden. In diesem Falle kommt es auf den tatsächlichen, nach Anzahl, Geschlecht und altersmäßiger Zusammensetzung gegliederten Stand des jeweiligen Schalenwildes in den von der Maßnahme betroffenen mehreren aneinandergrenzenden Jagdgebieten an. Die Begründung eines Bescheides, mit dem eine solche Maßnahme getroffen wird, muß demnach, um einer inhaltlichen Überprüfung zugänglich zu sein, jedenfalls den für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen Wildstand erkennen lassen. Des weiteren muß daraus hervorgehen, wie hoch die unter Berücksichtigung der erwähnten Grundsätze wünschenswerte Wilddichte in den von der Abschußregelung betroffenen Jagdgebieten ist. Schließlich ist die Eignung der getroffenen Maßnahme zur Verwirklichung des angestrebten Zieles darzulegen, sofern sie nicht ohnehin der Sachlage nach offenkundig ist.
Diesem Erfordernis entspricht der angefochtene Bescheid nicht. Durch die gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 in Verbindung mit § 67 AVG 1950 unzulängliche Begründung ihres Bescheides hat die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Wenn die belangte Behörde meint, daß mit dem angefochtenen Bescheid kein zusätzlicher Rotwildabschuß bewilligt worden sei und daß der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt werde, weil es ihm freistehe, "entweder den Hirschabschuß unter Berücksichtigung des Abschußplanbescheides vom 28. April 1989 durchzuführen oder von der Berechtigung im Sinne des angefochtenen Bescheides Gebrauch zu machen", so übersieht sie, daß sich die verfügte Abschußregelung, wenn auch nicht in quantitativer, so doch in qualitativer Hinsicht auf den Hirschbestand in den betroffenen Jagdgebieten auswirken kann, wenn zwar nicht der Beschwerdeführer, wohl aber andere Jagdausübungsberechtigte von der ihnen damit eröffneten Abschußmöglichkeit Gebrauch machen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben. Daran vermag nichts zu ändern, daß außer dem Beschwerdeführer kein anderer Jagdausübungsberechtigter Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhoben hat, weil wegen der Einheitlichkeit des Abspruches entgegen der in der Gegenschrift zum Ausdruck gebrachten Ansicht der belangten Behörde keine Teilrechtskraft in bezug auf die übrigen Jagdgebiete eintreten konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote AbschußplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990190034.X00Im RIS seit
03.05.2001