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65/01 Allgemeines Pensionsrecht;Norm
PG 1965 §27 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 3. Mai 1989, Zl. 55 5510/51-VI/5/89, betreffend Hilflosenzulage gemäß § 27 Pensionsgesetz 1965, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm die Zuerkennung der Hilflosenzulage für einen vor dem 1. Jänner 1987 liegenden Zeitraum abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1988, Zl. 87/12/0067, verwiesen, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 1987 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde. Mit diesem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 27. Mai 1986 festgestellt, daß ihr zur ihrem Versorgungsgenuß gemäß § 27 Abs. 1 des Pensionsgesetzes (PG) 1965 eine Hilflosenzulage nicht gebühre. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Beschwerdeführerin auch nach der (entsprechend der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S spätestens im Dezember 1986 eingetretenen) offenbaren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 PG 1965 erfülle. Der Verwaltungsgerichtshof verneinte im zitierten Erkenntnis diese Auffassung. Dabei ließ er es offen, ob es, wie dies der Oberste Gerichtshof zu § 105a ASVG fordert, für die Hilflosenzulage nach § 27 PG 1965 notwendig ist, daß die für die notwendigen Dienstleistungen nach dem Lebenskreis des Anspruchswerbers üblicherweise aufzuwendenden Kosten im Monatsdurchschnitt mindestens so hoch sind wie die begehrte Hilfslosenzulage. Denn wenn selbst dem so wäre - so heißt es im Erkenntnis weiter -, "überstiege der übliche Kostenaufwand für jene lebensnotwendigen Verrichtungen, zu deren Vornahme die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen jedenfalls ab Dezember 1986 (ob schon ab Antragstag, blieb ungeklärt) nicht mehr in der Lage ist (nämlich Einkaufen, Wohnungspflege, Waschen der Leib- und Bettwäsche, selbständiges Kochen mit Ausnahme des bloßen Aufwärmens von Speisen), erfahrungsgemäß zumindest die Hilflosenzulage nach Stufe I. Für die Zeit vor Dezember 1986 hat die belangte Behörde auf Grund ihrer unrichtigen Rechtsauffassung eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens (der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. S) darüber, ob die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen einer Hilflosenzulage schon ab Antragstag vorlagen, unterlassen."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesrechenamtes vom 25. August 1986 betreffend Hilflosenzulage teilweise statt und stellte in Abänderung dieses Bescheides nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 fest, daß der Beschwerdeführerin zu ihrem Versorgungsgenuß gemäß § 27 Abs. 1 bis 3 PG 1965 vom 1. Jänner 1987 an eine Hilflosenzulage der Stufe I in näher angeführter Höhe gebühre. Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde damit, daß der Beschwerdeführerin auf Grund des nach dem Gutachten Dris. S gegebenen Gesundheitszustandes nach dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof zu ihrem Versorgungsgenuß eine Hilflosenzulage der Stufe I gebühre. Da aber nach der in der Bescheidbegründung angeführten Gutachtensergänzung vom 27. Jänner 1987 mit Sicherheit lediglich habe festgestellt werden können, daß die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Untersuchung am 11. Dezember 1986 derart hilflos gewesen sei, gebühre ihr die Hilflosenzulage gemäß § 33 Abs. 1 und 2 PG 1965 erst vom 1. Jänner 1987 an.
Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin diesen Bescheid insoweit, als mit ihm über die Gebührlichkeit einer Hilflosenzulage nach § 27 PG 1965 für die Zeit von der am 27. Mai 1986 erfolgten Antragstellung bis 31. Dezember 1986 abschlägig entschieden wurde. Insofern sei sie in ihrem Recht auf Hilflosenzulage durch unrichtige Anwendung des § 27 PG 1965 sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt. Zur Begründung führt sie an, die belangte Behörde wäre schon auf Grund ihrer Verpflichtung, dem obzitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung zu tragen, zu ergänzenden Sachverhaltsermittlungen (zur Frage, ob die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen einer Hilflosenzulage schon am Antragstag vorgelegen seien) verpflichtet gewesen. Da sie solche ergänzenden Erhebungen nicht gepflogen habe, sei der Bescheid im angefochtenen Umfang schon deshalb formell rechtswidrig. In der Folge legt sie ausführlich dar, aus welchen Gründen die belangte Behörde bei Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Inhaltlich rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid deshalb, weil auch ohne jedes weitere Ermittlungsverfahren ausreichend erkennbar gewesen sei, daß der am 11. Dezember 1986 festgestellte Zustand "nicht erst an einem der 10 vorangegangenen Tage desselben Monates eingetreten sein" könne. Die Hilflosenzulage hätte der Beschwerdeführerin daher auch auf Grund des festgestellten Sachverhaltes mindestens ab Dezember 1986 zugebilligt werden müssen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Darnach habe sie es nicht - wie im vorzitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes "unrichtig festgestellt wurde" - unterlassen, den genauen Zeitpunkt des Eintrittes der Gesundheitsverschlechterung in Erfahrung zu bringen. Dr. S sei vielmehr bereits mit Schreiben vom 21. Jänner 1987 ersucht worden, mitzuteilen, wann "eine wesentliche Verschlechterung im Gesundheitszustand der Partei eingetreten sein dürfte und worauf sich diese Zeitangabe gründe". Aus dem darauf eingelangten Schreiben von Dr. S vom 27. Jänner 1987, das sowohl im damals bekämpften Bescheid als auch in der Beschwerde wörtlich zitiert worden sei und sich auch im Pensionsakt befinde, gehe hervor, daß er nur sagen könne, daß zum Untersuchungszeitpunkt (11. Dezember 1986) die Gesundheitsverschlechterung gegeben gewesen sei. Eine Festlegung des Zeitpunktes des Eintrittes der Gesundheitsverschlechterung auf irgendeinen anderen Zeitpunkt wäre mangels geeigneter Unterlagen lediglich als Vermutung einzustufen. Im Hinblick auf dieses Schreiben habe es die belangte Behörde unterlassen, vor der Erstellung des angefochtenen Bescheides Dr. S nochmals zum Zeitpunkt der Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu befragen. Es sei nämlich nach dem Inhalt des Schreibens vom 27. Jänner 1987 nicht begründet zu erwarten gewesen, daß eine weitere Anfrage eine andere Auskunft erbracht hätte. Im Gegensatz zu der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Auffassung stehe es der belangten Behörde nicht zu, einem ärztlichen Sachverständigen vorzuschreiben, auf welche Weise er zu den Feststellungen in seinem Gutachten kommen solle. Danach nimmt die belangte Behörde zum übrigen Beschwerdevorbringen Stellung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das mehrfach genannte Schreiben des Sachverständigen Dr. S
vom 27. Jänner 1987 lautet:
"Da die Untersuchung am 11. Dezember 1986 stattgefunden hat und außer den Vorbefunden der Erstuntersuchung durch Hr. Dr. F keine Unterlagen zur Verfügung standen, ist der genaue Zeitpunkt des Eintrittes der Verschlimmerung nicht mit Sicherheit anzugeben.
Nachdem Frau N bei dem seinerzeitigen von mir gemachten Hausbesuch Ende Oktober 1986 nicht angetroffen werden konnte, ist auch dieser Zeitpunkt kaum als Kriterium heranzuziehen. Somit bleibt als SICHERER ZEITPUNKT das UNTERSUCHUNGSDATUM IM DEZEMBER 1986, da alle anderen Überlegungen falsch sein können. Eine Festlegung auf irgendeinen anderen Zeitpunkt vorher ist von meiner Seite aus nicht möglich und wäre lediglich als 'Vermutung' einzustufen."
Die Beschwerdeführerin nahm in ihrem Schreiben vom 18. Februar 1987 sowohl zum Gutachten des Sachverständigen Dr. S als auch zu seinem Schreiben vom 27. Jänner 1987 Stellung. Zum letztgenannten Schreiben heißt es in ihrer Stellungnahme unter anderem:
"...., wobei ich besonders darauf verweisen möchte, daß der
von Dr. S attestierte Muskelschwund, die von ihm festgestellten
peripheren Knöchelödeme (Symptome für Herzschwäche), die
altersbedingten Abnützungserscheinungen an den kleinen Gelenken
bzw. der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke sowie die
Muskelschwäche etc. .... unschwer bereits von Dr. F hätten
festgestellt werden müssen .... Die von Dr. S attestierte
Herzschwäche mit Angina pectoris-Anfällen und die
altersbedingten Aufbrauchserscheinungen können meiner Meinung
nach zweifellos ebensowenig in den 20 Wochen zwischen
Erstuntersuchung und Ergänzungsunterschung neu entstanden sein
wie die Wirbelsäulenveränderung oder die
Abnützungserscheinungen der Gelenke. Weshalb Dr. F, der mich
allerdings keineswegs so gründlich untersuchte wie
Dr. Willibald S, seinerzeit meine ihm ebenso wie Dr. S
dargelegten Symptome und Beschwerden überging bzw. negierte,
vermag ich nicht zu erklären, ich habe jedoch in meinen
Einwendungen vom 13.8.1986 .... und sodann in meiner Berufung
... auf welche Eingaben ich ergänzend verweise, angeführt, daß
meines Erachtens sowohl der (Erst)Gutachter wesentliche
Feststellungen nicht traf (diesbezüglich verweise ich auf meine
Beweisanbote) als auch der Sachbearbeiter sodann aus diesen
- meines Erachtens unvollständig bzw. unrichtig - getroffenen
Feststellungen des Dr. F unrichtige Schlußfolgerungen zog und
daher einen unrichtigen Spruch fällte. Zum Aktenvermerk des
Dr. Willibald S vom 27. Jänner 1987 vermag ich nur insoweit
Stellung zu nehmen, daß ich die von Dr. S in seinem Attest
festgehaltenen Symptome und Behinderungen bereits seinerzeit
Dr. F gegenüber anführte, daß dieser aber offenbar von seiner
- meines Erachtens vorgefaßten - Meinung, er habe es mit einer
Simulantin zu tun, nicht abzugehen bereit war und seinen Befund
aus dieser Haltung heraus verfaßte. Ich räume aber ein, daß
sich mein Allgemeinzustand in den 20 Wochen zwischen
Erstuntersuchung und Ergänzungsuntersuchung nicht zuletzt
infolge der wesentlich ungünstigeren Witterungsverhältnisse im
Dezember verschlechtert haben mag, doch sind, wie bereits
erwähnt, Herzschwäche, Muskelschwund bzw. -schwäche oder
Wirbelsäulendeformierung zweifellos bereits im August vorhanden
gewesen und nicht erst neuerdings aufgetreten, sodaß ich
ersuche, meinem nunmehr vor fast neun Monaten gestellten Antrag
auf Zuerkennung einer Hilflosenzulage stattzugeben."
Die belangte Behörde traf diesbezüglich in dem mit Erkenntnis vom 10. Oktober 1988, Zl. 87/12/0067, aufgehobenen Bescheid vom 6. März 1987 folgende, im zitierten Erkenntnis wörtlich wiedergegebene, in Klammer gesetzte Feststellung:
"Die offenbare Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes ist nach ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen spätestens im Dezember 1986 eingetreten."
Diese Feststellung unter Verwendung des Ausdruckes "spätestens" (und nicht "erst") ohne darzulegen, wann die Verschlechterung nun in der Tat eingetreten sei, oder zumindestens Ausführungen darüber zu machen, aus welchem Grund dies nachträglich nicht mehr feststellbar sei, begründete im Vorverfahren keinen primären Verfahrensmangel. Denn nach der Rechtsauffassung der damals belangten Behörde, daß auch der am 11. Dezember 1986 festgestellte Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Hilflosenzulage begründete, bedurfte es der genannten Feststellung nicht; es hätte nicht einmal des von der belangten Behörde vorgenommenen Versuchs einer Klärung bedurft. Da jedoch diese Rechtsauffassung nach den näheren Ausführungen im Vorerkenntnis unrichtig war, begründete die Unterlassung der eben genannten Feststellungen und Erwägungen einen sekundären Verfahrensmangel, der eine diesbezügliche Überprüfung des damals angefochtenen Bescheides verhinderte. Der Verwaltungsgerichtshof leitete aber aus der Verwendung des Ausdruckes "spätestens" in der obgenannten Feststellung und aus dem Umstand, daß es eben einer Klärung dieser Fragen nach der Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht bedurft hatte, überdies ab, daß die belangte Behörde "auf Grund ihrer unrichtigen Rechtsauffassung eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens (der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. S) darüber, ob die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen einer Hilflosenzulage schon ab Antragstag vorlagen, unterlassen" habe. Daß die belangte Behörde dies in Erfahrung zu bringen suchte, war nach der Aktenlage klar. Dieser Versuch war aber - auf der Grundlage der damaligen Rechtsauffassung der belangten Behörde nicht vorwerfbar - unzureichend. Einer Begründung dafür bedurfte es im Vorerkenntnis wegen der fehlenden Vorwerfbarkeit dieses Verfahrensmangels nicht. Deshalb stellt - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - die Unterlassung von ergänzenden Ermittlungen vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides keinen Verstoß gegen § 63 Abs. 1 VwGG dar, wohl aber - aus den nachstehenden Gründen - einen relevanten Verfahrensmangel.
Der Sachverständige Dr. S stellte in seinem oben wiedergegebenen Schreiben vom 27. Jänner 1987 lediglich fest, daß er deshalb nicht in der Lage sei, den genauen Zeitpunkt des Eintrittes der Verschlimmerung mit Sicherheit anzugeben, weil die Untersuchung am 11. Dezember 1986 stattgefunden habe und außer den Vorbefunden der Erstuntersuchung durch Dr. F keine Unterlagen zur Verfügung gestanden seien. Somit bleibe als "sicherer Zeitpunkt" das Untersuchungsdatum im Dezember 1986; eine Festlegung auf irgendeinen anderen Zeitpunkt vorher sei von seiner Seite aus (d.h. auf Grund der ihm vorliegenden Unterlagen) nicht möglich und wäre lediglich als "Vermutung" einzustufen. Es mag sein, daß, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, eine weitere Anfrage an den Sachverständigen unter bloßer Übermittlung des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 18. Februar 1987 keine andere "Auskunft" des Sachverständigen erbracht hätte. Das ist aber nicht entscheidend. Der Sachverständige hat nämlich in seinem Schreiben vom 27. Jänner 1987 nicht ausgeschlossen, auf Grund weiterer Ermittlungsergebnisse als der ihm vorliegenden zu keinem anderen Schluß kommen zu können (eine gegenteilige Äußerung wäre auch - um auf ihre Schlüssigkeit hin überprüfbar zu sein - begründungsbedürftig gewesen). Solcher ergänzender Ermittlungen hätte es aber auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 18. Februar 1987 bedurft, in dem sie zwar einräumte, daß sich ihr Allgemeinzustand in den 20 Wochen zwischen der Erstuntersuchung und der Ergänzungsuntersuchung verschlechtert haben möge, aber nicht von vornherein unschlüssig behauptete, daß die nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S wesentlichen Gesundheitsbeeinträchtigungen schon zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. F vorhanden gewesen seien. Diesbezüglich bezog sie sich auch auf ihr Schreiben vom 13. August 1986 und ihre Berufung. In dem erstgenannten Schreiben hatte sie nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. F zum Beweis der Richtigkeit ihrer Ausführungen "auf die bei der Versicherungsanstalt der Angestellten bzw. der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter aufliegenden Unterlagen hinsichtlich meiner Berufsunfähigkeitsrente bzw. meiner rheumatischen Behinderungen" und "diesbezügliche ärztliche Atteste .... bei diesen beiden Versicherungsanstalten" verwiesen. Wenn nun auch das Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift richtig ist, daß in solchen Verfahren lediglich über die Berufsunfähigkeit abgesprochen werde, die nach völlig anderen Kriterien zu beurteilen sei als die Hilflosigkeit, so schließt dies nicht aus, daß die bezogenen ärztlichen Atteste bei der Klärung der wesentlichen Frage, ab wann die Hilflosigkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 PG eingetreten ist, hätten beitragen können. Unabhängig davon hätte die belangte Behörde aber die Beschwerdeführerin auf Grund ihres nicht von vornherein unschlüssigen Vorbringens in ihrem Schreiben vom 18. Februar 1987 in Verbindung mit ihrem Schreiben vom 13. August 1986 und ihrer Berufung auffordern müssen bekanntzugeben, welche sonstigen Beweismittel (ärztliche Atteste, Zeugen, etwa ihr behandelnder Arzt) sie zur Klärung der strittigen Frage benennen könne. Die Meinung der belangten Behörde, einer Zeugenaussage des Sohnes der Beschwerdeführerin, auf die sie sich in der Beschwerde berief, hätte auf Grund des persönlichen Naheverhältnisses wohl nur eingeschränktes Gewicht zugebilligt werden können, ist einerseits Ausdruck einer unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung und kann andererseits schon nach dem Inhalt dieser Äußerung, wonach einer solchen Aussage doch ein Gewicht zugebilligt werden könne, jedenfalls nicht die in der Gegenschrift geäußerte grundsätzliche Auffassung, es hätte auch die Aufnahme der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Beweismittel nicht dazu beitragen können, den in Frage stehenden Sachverhalt genauer zu klären, zureichend begründen.
Aus allen diesen Gründen war der Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 1989 im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Hingegen ist der Bescheid nicht mit der geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet, weil (abgesehen davon, ob die inhaltliche Rechtswidrigkeit dieses Einwandes nicht eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begründete) auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S in Verbindung mit seinem Schreiben vom 27. Jänner 1987 allein nicht ausreichend erkennbar ist, daß der am 11. Dezember 1986 festgestellte Zustand bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden habe. Hätte aber (entgegen den obigen Darlegungen mängelfrei) davon ausgegangen werden können, daß die Hilflosigkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 PG erst am 11. Dezember 1986 eingetreten ist, so wäre die Zuerkennung der Hilflosenzulage erst ab 1. Jänner 1987 und nicht schon ab 1. oder zumindest 11. Dezember 1986 auch nicht aus anderen als den geltend gemachten Gründen rechtswidrig. Für die Beurteilung der Frage, ab wann der Anspruch auf Hilflosenzulage gebührt, sind allerdings - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht die Bestimmungen des § 33 Abs. 1 und 2 PG, die nur die Fälligkeit des bereits gebührenden Anspruchs regeln, sondern des § 27 Abs. 6 PG maßgebend. Danach gebührt die Hilflosenzulage, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch schon beim Anfall des Ruhe- oder Versorgungsgenusses erfüllt sind, vom gleichen Zeitpunkt an wie der Ruhe- oder Versorgungsgenuß, wenn der Antrag binnen drei Monaten nach dem Anfall des Ruhe- oder Versorgungsgenusses gestellt wird. In allen sonstigen Fällen gebührt die Hilflosenzulage von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an. Im übrigen gelten die Bestimmungen des § 26 Abs. 8 sinngemäß. Was rechtens sein soll, wenn - wie (bei Mängelfreiheit) im Beschwerdefall - die Voraussetzungen für den Anspruch auf Hilflosenzulage erst nach der Einbringung des Antrages eintreten, wird nicht geregelt. Denn der zweite Satz des § 27 Abs. 6 PG scheint zwar eine abschließende Regelung des Inhalts zu enthalten, daß "in allen sonstigen Fällen" (als den im ersten Satz behandelten) die Hilflosenzulage von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an gebührt. Da aber nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber habe auch für Zeiträume, in denen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Hilflosenzulage noch nicht bestanden, diese Zulage zuerkennen wollen, bedarf die Bestimmung der Einschränkung dergestalt, daß sie nur dann gilt, wenn die Voraussetzungen für die Hilflosenzulage bereits im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages bestanden. In den Fällen, in denen die Hilflosigkeit im Sinne des § 27 Abs. 1 PG erst danach eintritt, muß in analoger Anwendung des zweiten Satzes des § 27 Abs. 6 PG, der die ablehnende Haltung des Gesetzgebers gegen eine Aliquotierung der Zulage erkennen läßt, der dem Eintritt der Hilflosigkeit folgende Monatserste als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung gewertet werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120119.X00Im RIS seit
12.06.2001