TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/27 87/14/0004

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Veröffentlicht am 27.02.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §143;
BAO §115;
EStG 1972 §34;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 180;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Reichel sowie die Hofräte

Dr Schubert, Dr Hnatek, Dr Pokorny und Dr Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr Egger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 16. Oktober 1986, Zl B 219-3/85, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1981, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersezten.

Begründung

Mit Schreiben vom 5. Feber 1973 verpflichtete sich der Vater des Beschwerdeführers (in der Folge: Vater), im Fall der Scheidung von seiner Ehegattin und Mutter des Beschwerdeführers (in der Folge: Mutter) ua grundsätzlich auf Lebenszeit einen monatlich wertgesicherten Unterhalt von 30.000 S zu leisten. Die Ehe der Eltern des Beschwerdeführers wurde sodann mit Urteil des Landesgerichtes vom 5. März 1973 aus dem Alleinverschulden des Vaters geschieden. Am 9. April 1973 schloß der Vater eine neue Ehe.

Mit Abtretungsvertrag vom 9. Oktober 1981 übertrug der Vater rückwirkend ab 1. Jänner 1981 seinem Sohn (Beschwerdeführer) seine gesamten Geschäftsanteile an vier Gesellschaften mbH (jeweils 63 Prozent des Stammkapitals) im Wert von 35,091.000 S, wodurch der Beschwerdeführer zu 70 Prozent Eigentümer der vier Gesellschaften wurde. Weiters erließ der Vater dem Beschwerdeführer eine Forderung von 3,222.000 S. Der Beschwerdeführer trat seinerseits an Stelle des Vaters in dessen am 5. Feber 1973 eingegangene Zahlungsverpflichtung gegenüber der Mutter ein.

Im Streitjahr überwies der Beschwerdeführer der Mutter in Erfüllung der übernommenen Verpflichtung 146.876 S und beantragte diesen Betrag - neben anderen nicht strittigen Aufwendungen - aus dem Titel der Unterhaltsleistung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, die Unterhaltsleistungen an die Mutter stellten mangels Zwangsläufigkeit keine außergewöhnliche Belastung dar.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, er sei auf Grund des Abtretungsvertrages RECHTLICH verpflichtet, der Mutter Unterhalt zu leisten, was zu einer außergewöhnlichen Belastung führe.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, eine Belastung sei nur dann außergewöhnlich, wenn sie zwangsläufig erwachsen sei. Von einer Zwangsläufigkeit könne jedoch keine Rede sein, wenn Aufwendungen getätigt würden, die auf ein Verhalten zurückzuführen seien, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen habe. Der Beschwerdeführer sei freiwillig in die Zahlungsverpflichtung des Vaters gegenüber der Mutter eingetreten, weswegen die sodann rechtlich bestehende Verpflichtung zur Leistung des Unterhaltes nicht zwangsläufig erwachsen sei. Überdies sei das vom Vater übertragene Vermögen wertmäßig bedeutend höher als die ebenfalls übernommene Zahlungsverpflichtung. Der an die Mutter zu leistende Unterhalt finde somit im geschenkten Vermögen Deckung, weswegen das Einkommmen nicht belastet werde.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm der Beschwerdeführer zu den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung nicht Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens unter Hinweis auf die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des § 34 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung im wesentlichen mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer habe keine Unterhaltszahlungen aus Anlaß der Scheidung an die eigene Ehegattin geleistet, sondern auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung eine fremde Unterhaltsverpflichtung übernommen, weswegen der in den oa Bestimmungen mittels Fiktion normierte Sondertatbestand nicht erfüllt sei. Aber auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten rechtlichen Gründe - sittliche und tatsächliche Gründe kämen auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes nicht in Betracht - lägen nicht vor. Denn neben der rechtlichen Erzwingbarkeit von Leistungen sei erforderlich, daß bereits das Eingehen der Verbindlichkeit selbst zwangsläufig gewesen sei. Von einer derartigen Zwangsläufigkeit könne im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein, weil sich der Beschwerdeführer aus freien Stücken zur Annahme der Schenkung entschlossen habe. Daran vermöge auch der Umstand, daß mit der Schenkung die Übernahme der Unterhaltsverpflichtung verbunden gewesen sei, nichts zu ändern.

In der Beschwerde wird sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist zu bemerken, daß es sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt erübrigt, auf die Beschwerdeausführungen einzugehen, was rechtens wäre, wenn der Vater seine gesamten Geschäftsanteile an andere Personen übertragen bzw weiterhin den Unterhalt an die Mutter geleistet hätte oder verstorben wäre.

Der weiteren Behauptung des Beschwerdeführers, der Gleichheitsgrundsatz wäre insofern verletzt, als der an die Mutter geleistete Unerhalt wohl beim Vater, nicht aber bei ihm als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber stellt durch Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend auf die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Abgabepflichtigen ab. Die dem Beschwerdeführer vorschwebende Lösung wäre daher ihrerseits gleichheitswidrig, weil sie nicht auf die durch Zwangsläufigkeit hervorgerufene Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Abgabepflichtigen abstellte. Denn über den Anspruch auf eine Einkommensteuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastungen kann nicht gleichsam im Wege rechtsgeschäftlicher Übertragungen verfügt werden.

Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, liegen auch die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren allein ins Treffen geführten rechtlichen Gründe zur Leistung des Unterhaltes an die Mutter nicht vor.

In der Beschwerde wird nunmehr behauptet, der Vater hätte sich durch die Übertragung der Geschäftsanteile seines wesentlichen Vermögens begeben, wäre daher nicht mehr in der Lage gewesen, seiner Unterhaltsverpflichtung nachzukommen, weswegen der Beschwerdeführer aus sittlichen Gründen nunmehr verpflichtet sei, der Mutter nach § 154 ABGB (gemeint wohl: § 143 ABGB) den anständigen Unterhalt zu leisten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, tritt in einem ausschließlich auf die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlungen in den Hintergrund. Der Steuerpflichtige ist vielmehr verpflichtet, das Vorliegen begünstigender Tatsachen nachzuweisen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 26. April 1989, Zl 86/14/0085). Die Abgabenbehörde war daher keineswegs verpflichtet, über die Behauptungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren hinaus Ermittlungen vorzunehmen, auf Grund derer sich unter Umständen ergeben hätte, daß der Beschwerdeführer aus sittlichen Gründen verpflichtet gewesen wäre, seiner Mutter Unterhalt zu leisten. Die nunmehrige Behauptung stellt somit eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar, weil es sich bei dieser um eine aus rechtlichen und tatsächlichen Elementen bestehende Frage handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 27. Oktober 1983, Zl 82/16/0163), fallen unter das Neuerungsverbot aber auch Rechtsausführungen, wenn deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren diesbezüglich nichts vorgebracht wurde.

Der Behauptung des Beschwerdeführers, zwischen dem erworbenen Vermögen und der übernommenen Unterhaltsverpflichtung bestehe kein Zusammenhang, ist entgegenzuhalten, daß die übernommene Unterhaltsverpflichtung Folge der unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern war, weshalb auch die Unterhaltszahlungen als solche nicht isoliert betrachtet werden können. Der Beschwerdeführer wurde durch die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern bereichert. Dieser Bereicherung steht eine Belastung gegenüber. Im vorliegenden Fall betrug die Bereicherung 38,313.000 S. Die bisherige Belastung beträgt 146.876 S. Von einer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers beeinträchtigenden außergewöhnlichen Belastung kann daher im Streitjahr keine Rede sein.

Im Hinblick auf den Beschwerdepunkt (außergewöhnliche Belastung) war auf die weitere Frage nicht einzugehen, ob der in Rede stehende Aufwand nicht unter den Begriff der Sonderausgaben iSd § 18 Abs 1 Z 1 EStG fallen könnte, was einen Abzug nach § 34 EStG zufolge der ausdrücklichen Vorschrift des Abs 1 dieser Gesetzesstelle von vornherein (ebenfalls) ausschlösse.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, ohne jedoch konkret auszuführen, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen vermißt werden, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid ergehen hätte können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der der angefochtenen Entscheidung zu Grund gelegte Sachverhalt einzig und allein aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen entnommen wurde und im Verwaltungsverfahren auch nie strittig war, erübrigte es sich, auf die Behauptung, "allenfalls blieb das Beweisverfahren relevant mangelhaft", einzugehen.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher weder inhaltliche Rechtswidrigkeit noch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206, insbesondere deren Art III.

Hinsichtlich der (noch) nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisse wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung der Verwaltungsgerichtshofes, BGBl Nr 45/1965, erinnert.

Schlagworte

Sachverhalt Mitwirkungspflicht Verschweigung Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1987140004.X00

Im RIS seit

27.02.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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