Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §68 Abs7;Beachte
Besprechung in:ÖStZB 1991, 143;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des
N gegen 1. den Bundesminister für Finanzen, 2. die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen Verletzung der Entscheidungspflicht,
1)
den Beschluß gefaßt:
2)
zu Recht erkannt:
Spruch
1) Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die zweitbelangte Behörde (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) richtet, als unzulässig zurückgewiesen.
2) Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die erstbelangte Behörde (Bundesminister für Finanzen) richtet, als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem hg. Verfahren 89/15/0016, 0017 ist folgender Sachverhalt bekannt:
Mit dem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 18. August 1987, Zl. BAP 87/99/249-2/87-XII/62, wurden gegenüber dem Beschwerdeführer Stempelgebühren gemäß § 14 TP 5 und 6 GebG sowie eine Erhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG festgesetzt. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Bescheid vom 1. September 1988, GA 11 - 1004/3/88, unter Neufestsetzung der Gebühr und der Erhöhung als unbegründet ab.
Mit Bescheid vom 1. September 1988, GA 11 - 1004/4/88, wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung des Beschwerdeführers gegen eine Mahnung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern, Zl. BAP 87/99/249-1/87-XII/62, als unbegründet ab.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschlüssen vom 28. November 1988, Zl. B 1723/88-5 und B 1724/88-7, die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen die oben angeführten Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland eingebrachten Beschwerden ab. Über Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Jänner 1989 trat er die Beschwerden mit Beschluß vom 27. Jänner 1989, Zl. B 1723/88-9 bzw. B 1724/88-9, an den Verwaltungsgerichtshof ab. Dieser stellte das Verfahren mit Beschluß vom 11. September 1989, Zl. 89/15/0016, 0017, ein.
Mit der vorliegenden, gegen den Bundesminister für Finanzen und die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gerichteten "Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht" macht der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechtes auf "bescheidmäßige Erledigung seiner Anträge auf Aufhebung der erstinstanzlichen Bescheide BAP 87/99/249-1/87-XII/62 vom 18. August 1987 mit der Berufungsvorentscheidung BAP 1987/99/249-5/87-14/73 vom 7. März 1988 und BAP 87/99/249-2/87-XII/62 vom 18. August 1987 samt der Berufungsvorentscheidung BAP 1987/99/249-5/87-14/73 vom 7. März 1988 des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien" durch die "Nichterstellung von Bescheiden in den Verfahren GA 11 - 1004/3/88 und GA 11 - 1004/4-88" geltend.
Der Beschwerdeführer begehrt, "den Säumnisbeschwerden stattzugeben, der belangten Behörde die Erlassung der Bescheide aufzutragen, die Verletzung der Entscheidungspflicht für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben" bzw. "die Erlassung der Berufungsbescheide, die von der Finanzlandesdirektion noch nicht erlassen wurden".
Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die zweitbelangte Behörde (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) richtet, unzulässig.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Soweit sich die Säumnisbeschwerde (auch) gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland richtet, liegen die Voraussetzungen des § 27 VwGG schon deshalb nicht vor, weil diese durch Erlassung der in der Beschwerde durch Anführung der Geschäftszahl genannten und dem Gerichtshof im Verfahren 89/15/0016, 0017, vorliegenden Bescheide vom 1. September 1988 ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen ist.
Da die Voraussetzungen des § 27 VwGG nicht erfüllt sind, war die vorliegende Säumnisbeschwerde hinsichtlich der zweitbelangten Behörde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Soweit mit der Beschwerde auch eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für Finanzen geltend gemacht wird, läßt bereits ihr Inhalt erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, der Bundesminister für Finanzen hätte "z.B. auf Grund des § 299 Abs. 2 BAO Berufungsbescheide erlassen und den Abgabenanspruch aufheben können, da § 301 BAO hier nicht anzuwenden" sei; er erachtet sich in seinem Recht auf Aufhebung der Abgabenbescheide verletzt.
Dem ist zu erwidern, daß gemäß § 301 BAO auf die Ausübung der gemäß den §§ 299 und 300 BAO der Behörde zustehenden (Aufsichts-)rechte niemandem ein Anspruch zusteht. Bei Verweigerung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen ist die Säumnisbeschwerde daher ausgeschlossen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch 718 und zur entsprechenden Vorschrift des § 68 Abs. 7 AVG das hg. Erkenntnis vom 8. September 1978, Zl. 297/77).
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Zuständigkeit zur Entscheidung über seine Berufungen sei wegen seines Devolutionsantrages auf die erstbelangte Behörde (Bundesminister für Finanzen) übergegangen, ist ihm zu erwidern, daß § 311 Abs. 2 BAO idF BGBl. 312/1987 lediglich bei Verletzung der Entscheidungspflicht der Abgabenbehörde erster Instanz einen Übergang der Zuständigkeit auf die Oberbehörde (die Abgabenbehörde zweiter Instanz) vorsieht. Selbst bei - hier gar nicht vorliegender - Säumnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz hätte der Bundesminister für Finanzen durch den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers somit nicht zuständig gemacht werden können. Schon aus diesem Gesichtspunkt, aber auch im Hinblick auf die Rechtskraft der Entscheidungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz kommt eine Verletzung des vom Beschwerdeführer ausschließlich geltend gemachten (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) Rechtes auf Aufhebung der erstinstanzlichen Bescheide offenkundig nicht in Betracht. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Eine Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag bzw. die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages habe daher zu entfallen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 533, Abs. 2 und 4 angeführte hg. Rechtsprechung).
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Besondere RechtsgebieteAnrufung der obersten BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989150150.X00Im RIS seit
05.03.1990Zuletzt aktualisiert am
05.02.2009