TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/6 89/05/0059

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Veröffentlicht am 06.03.1990
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Index

L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
BauO Krnt 1969 §11 Abs1;
BauO Krnt 1969 §9 Abs2;

Betreff

N-GmbH gegen Kärntner Landesregierung vom 31. Jänner 1989, Zl. 8 BauRl-78/1/1989 betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Villach)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 11. April 1987 drohte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes wegen konsensloser Errichtung einer Plakattafel auf dem Grundstück in Villach, Parzelle Nr. nn/1, KG T an. Die Beschwerdeführerin brachte hierauf am 28. September 1987 ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für die Aufstellung dieser Plakattafel ein.

Am 28. Dezember 1987 verfaßte der für die Stadtplanung zuständige Amtssachverständige Ing. H. R. eine Stellungnahme, in der er zu dem Schluß gelangte, durch die Werbetafel im Ausmaß von 17 x 2,77 m bei einem Bodenabstand von 1,30 m werde das äußere Erscheinungsbild der noch intakten Wohnsiedlung gestört. Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt. Mit Bescheid vom 7. März 1988 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung abgewiesen. In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe ausdrücklich begründete Zweifel an der Richtigkeit der gutachtlichen Ausführungen des Stadtplaners vom 28. Dezember 1987 geäußert. Insbesonders habe sie darauf hingewiesen, daß im gegenständlichen Fall von einer "kleingliedrigen Verbauung des Gebietes und von einer Werbetafel inmitten von Wohnhäusern" keinesfalls gesprochen werden könne. Mit diesen Einwendungen habe sich die Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt. Außerdem habe sie die Durchführung einer Bauverhandlung an Ort und Stelle beantragt, damit die behauptete Unhaltbarkeit des Sachverständigengutachtens nachgewiesen werden könne. Die Berufungsbehörde holte daraufhin ein Gutachten der Ortsbildpflegekommission ein. In diesem Gutachten vom 30. Juni 1988 wurde nach einer Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten ausgeführt, daß die bereits errichtete, ca. 17 m lange und insgesamt ca. 4 m hohe Plakattafel, die 1 m abgerückt vom Straßengrund stehe, auf der noch unverbauten Parzelle KG T bereits ab der Unterführung B 83 aus einer Distanz von ca. 320 m deutlich erkennbar sei, ebenso aus dem Kreuzungsbereich zur X-straße bei einer Distanz von ca. 120 m. Es sei somit eine markante Signalwirkung der Plakattafel auf diesen Straßenzügen gegeben, da keine weitere Bewerbungsfläche in dem sehr ruhig gehaltenen Ortsbereich bestehe. Durch die Größe der Plakattafel, die unverrückbare Verbindung mit dem Erdboden und das für die Errichtung notwendige Maß an handwerklicher Fertigkeit werde die Bewerbungsfläche als bauliche Anlage definiert, die auch den textlichen Bestimmungen des Bebauungsplanes für das Stadtgebiet von Villach unterliege. Je weiter man sich der Werbeanlage nähere, desto größer werde die Beeinträchtigung der Sichtbeziehung zur jeweilig vorhandenen Bebauung. Insbesondere gelte dies für den Bereich der neuen Wohnsiedlung im Südosten der Werbeanlage. Die damit verbundene Zäsur im Ortsbild zeige sich namentlich dort sehr stark (ab ca. 40 bis 60 m vor der Anlage), wo die dahinterliegenden Bauten ihres Erdgeschoßes bzw. zum Teil auch des ersten Obergeschoßes optisch beraubt würden. Unmittelbar vor der noch nicht bebauten Parzelle nn/1 stehend bzw. vom Parkplatz der neuen Wohnanlage aus betrachtet, verhindere die Größe der Werbeanlage die ansonsten noch zum Teil gegebenen freien Blickbeziehungen und lasse selbst Bäume erst ab dem "ersten Obergeschoß wachsen". Die Ortsbildpflegekommission gelangte einhellig zur Auffassung, daß die gegenständliche Plakattafel für diesen Ortsbereich von Villach einen absolut negativen Auffälligkeitswert besitze und im Interesse des Ortsbildschutzes beseitigt gehöre. Dieses Gutachten wurde mit acht Fotos belegt.

Mit Schreiben vom 8. Juli 1988 wurde dieses Gutachten der Beschwerdeführerin zuhanden ihres ausgewiesenen Vertreters zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15. August 1988 eingeräumt, die auf Ansuchen bis zum 15. September 1988 verlängert wurde. In ihrer am 14. September 1988 bei der Behörde eingelangten Stellungnahme bestritt die Beschwerdeführerin zunächst, daß die gegenständliche Plakattafel als bauliche Anlage zu qualifizieren sei, weil fachliches Können für ihre Errichtung nicht vonnöten sei. Solche Anlagen könnten von Hilfsarbeitern jederzeit auch ohne Anleitung errichtet werden. Weiters wurde ausgeführt, die Errichtung einer Plakattafel widerspreche keineswegs dem Flächenwidmungsplan, weil auch in reinen Wohnsiedlungen naturgemäß Werbeanlagen errichtet seien. Die Abschirmung eines Parkplatzes durch Plakattafeln diene nur dem Lärm-, Geruchs- und Sichtschutz. Was die deutliche Erkennbarkeit der Anlage anlange, so sei darauf verwiesen, daß jeder Bau, der in einer ansonsten unbebauten Landschaft stehe, von welcher man hier keineswegs sprechen könne, deutlich erkennbar sei. Aufgrund des Beschlusses des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. Oktober 1988 wurde mit Bescheid gleichen Datums die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung holte die belangte Behörde ein weiteres Gutachten ein. In seiner Stellungnahme vom 2. Dezember 1988 führte der hochbautechnische Amtssachverständige Dipl.-Ing. W.-H. aus, bei der betreffenden Plakatwand von 17 m Länge und 4 m Höhe handle es sich zweifellos um eine bauliche Anlage im Sinne der Kärntner Bauordnung. Bei dem im Bereich südwestlich des Y-Weges gelegenen Gebiet handle es sich um ein solches, das, abgesehen von der viergeschoßigen Wohnbebauung südöstlich der Werbetafel, im wesentlichen eine ein- bis zweigeschoßige Bebauung mit Wohnhäusern aufweise, die ihm einen ruhigen Charakter verleihen, der das Straßen- und somit auch das Ortsbild präge. Die Gebäude wiesen sämtlich einen Abstand von ca. 5 bis 6 m von der Straßengrundgrenze auf und bildeten so eine einheitliche Baufluchtlinie. Die gegenständliche Werbetafel hingegen, die senkrecht zum Straßenverlauf stehe, sei in nur ca. 1 m Entfernung von der Straßengrundgrenze errichtet, sodaß sie die Gebäudefluchtlinie um ca. 5 m überrage. Für den die Straße Entlanggehenden bewirke sie optisch unmotiviert eine Zäsur des Straßenbildes. Angesichts ihrer Länge von 17 m, wodurch sie an die Abschirmung einer Baugrube erinnere und auch die Abmessungen der meisten dort vorhandenen Gebäude übertreffe, verstelle sie in hohem Maße die Sicht auf die jeweils dahinterliegende geordnete Bebauung. Sie wirke dadurch in dieser als Fremdkörper. Aus diesen Gründen werde die gegenständliche Werbeanlage als eine Beeinträchtigung des Ortsbildes empfunden. Mit dem am 9. Dezember 1988 zugestellten Schreiben der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin diese Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und ihr auch hiezu Gelegenheit geboten, sich innerhalb von zwei Wochen zu äußern. Einem Ersuchen, diese Frist auf den 20. Jänner 1989 zur Vorlage eines Gutachtens zu erstrecken, wurde de facto entsprochen. Ein weiteres, bei der Behörde am 17. Jänner 1989 eingelangtes Fristerstreckungsgesuch bis 20. Februar 1989 blieb insofern unberücksichtigt, als der nunmehr in Beschwerde gezogene, mit 31. Jänner 1989 datierte Bescheid der Beschwerdeführerin am 9. Februar 1989 zugestellt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Ihr wurde ein Gutachten des Dipl.-Ing. O. W. vom 16. Februar 1989 beigelegt.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall haben die Verwaltungsbehörden nach Durchführung eines Vorprüfungsverfahrens den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 48/1969, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 79/1979, abgewiesen. Danach hat die Behörde den Antrag abzuweisen, wenn dem Vorhaben einer der Gründe des § 9 Abs. 2 entgegensteht. Nach § 9 Abs. 2 lit. d der Kärntner Bauordnung hat die Behörde festzustellen, ob dem Vorhaben Interessen der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Schutzes des Ortsbildes entgegenstehen.

Dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe zwar um die Erteilung der Baubewilligung ersucht, sei aber der Ansicht, daß derartige Tafeln nicht einer baubehördlichen Bewilligungspflicht unterlägen, ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof die Bewilligungspflicht bereits bei Plakattafeln von geringerem Ausmaß (6,80 m x 2,60 m, im Erkenntnis vom 27. November 1986, Zl. 85/06/0223, BauSlg. Nr. 812, sowie vom 9. Mai 1979, Zl. 576/78, zur Kärntner Bauordnung) als gegeben erachtete. In dem zuletzt genannten Erkenntnis wurde ausgeführt, bei einem Flächenausmaß einer Tafel von 10,60 x 2,60 ergebe sich bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung, daß die Aufstellung gewisse fachliche Kenntnisse erfordere, ohne daß es einer genauen Feststellung des Gewichtes der Tafel oder der Windlast bedürfte.

Die Beschwerdeführerin rügt, die Gutachten, auf die sich der angefochtene Bescheid stütze, seien nicht hinreichend fundiert. Mit den einzelnen, von der Beschwerdeführerin detailliert vorgebrachten Kritikpunkten habe sich die belangte Behörde überhaupt nicht befaßt. Keine dieser Rügen ist berechtigt. Insbesondere das Gutachten der Ortsbildpflegekommission ist in einen eingehenden Befund und einen darauf fußenden, ausführlichen Schluß gegliedert. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß der Befund mit der konkreten örtlichen Situation nicht übereinstimme, belegen doch gerade die im Akt erliegenden Fotos, die dem Gutachten der Ortsbildkommission angeschlossen sind, daß der Befund die konkrete örtliche Situation korrekt wiedergibt. Die Stellungnahme des von der belangten Behörde herangezogenen Amtssachverständigen vom 12. Dezember 1988 bestätigte im wesentlichen das Gutachten der Ortsbildkommission. Wenn nun die belangte Behörde auf Grund der durchaus fundierten und schlüssigen Gutachten, welchen die Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet ist, zu dem Schluß gelangte, daß durch die Plakattafel eine Störung des Ortsbildes bewirkt werde, kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Dadurch, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend Geruchs- und Abgasschutz nicht eingegangen ist, wurde die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt. Die Versagung der Baubewilligung wurde ausschließlich auf § 9 Abs. 2 lit. d der Kärntner Bauordnung gestützt; werden aber die Interessen des Schutzes des Ortsbildes beeinträchtigt, so ist es unerheblich, ob die optisch störende bauliche Anlage allenfalls einen Geruchs- oder Abgasschutz bildet.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle ist im Vorprüfungsverfahren gemäß § 9 der Kärntner Bauordnung nicht vorgesehen. Die Beschwerdeführerin vermochte auch nicht darzulegen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Durchführung einer solchen mündlichen Verhandlung gekommen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof ist stets davon ausgegangen, daß eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinne der §§ 37 und 45 AVG 1950 auch dann vorliegt, wenn der Partei nicht die Möglichkeit eingeräumt wird, innerhalb einer sachangemessenen Frist ein Gutachten eines Privatsachverständigen vorzulegen (u.a. Erkenntnis vom 19. Oktober 1983, Zl. 2981/80,). Es bedarf wohl keiner weiteren Erörterung, daß die ursprünglich der Beschwerdeführerin am 9. Dezember 1988 eingeräumt gewesene zweiwöchige Frist zur Vorlage eines Gegengutachtens nicht ausreichte, insbesondere auch deshalb nicht, weil sich die Frist über die Weihnachtsfeiertage erstreckte. Antragsgemäß hat aber die belangte Behörde diese Frist ohnedies zunächst bis zum 20. Jänner 1989 erstreckt. Diese Fristerstreckung war sachverhaltsbezogen ausreichend. Davon ist offensichtlich auch die Beschwerdeführerin ausgegangen, hätte sie doch ansonsten von vornherein die Einräumung einer längeren Frist beantragt. Eine weitere Fristerstreckung war in diesem Fall sachlich nicht gerechtfertigt. Es wurden im zweiten Fristerstreckungsantrag auch keine besonderen Gründe, wie etwa plötzliche Erkrankung des Gutachters, geltend gemacht. Daß urlaubsbedingte Abwesenheiten einen Termindruck verursachen, mußte dem beauftragten Privatsachverständigen bereits bei Annahme des Auftrages zur Erstellung eines Gutachtens bekanntgewesen sein. Daß aber die Erstellung eines Gegengutachtens selbst einen weit größeren Zeitraum als drei Wochen benötige, wie die Beschwerdeführerin behauptete, wurde durch das gleichzeitig mit der Beschwerde eingebrachte Gegengutachten widerlegt, ist doch in diesem Gutachten ausgeführt, daß die örtliche Besichtigung und Aufnahme am 15. Februar 1989 durchgeführt wurde, das Gutachten selbst wurde am 16. Februar 1989, also bereits einen Tag nach der Begehung erstellt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß eine Frist von annähernd sechs Wochen zur Vorlage eines Gegengutachtens im vorliegenden Fall durchaus zureichend und sachangemessen war. Dadurch, daß ihr keine weitergehende Fristerstreckung zugestanden worden ist, wurde daher die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs nicht verletzt. Auf das erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der Beschwerdeführerin vorgelegte Privatgutachten war nach Lage des Beschwerdefalles schon wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes nicht weiter einzugehen.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Parteiengehör Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989050059.X00

Im RIS seit

11.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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