TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/6 89/05/0167

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Veröffentlicht am 06.03.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4 idF 1982/199 ;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

N und M gegen Niederösterreichische Landesregierung vom 26. Juni 1989, Zl. R/1-V-86191/3, R/1-V-86191/4 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend Versagung einer Baubewilligung und Abbruchsauftrag

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 23. November 1987 führte die Baubehörde erster Instanz auf dem Grundstück Nr. 504/3, KG F, eine Verhandlung durch, an der auch die Beschwerdeführer teilnahmen. Während dieser Verhandlung wurde festgestellt, daß sich auf dem im vereinfachten Flächenwidmungsplan (aus dem Jahre 1968) als Grünland für die landwirtschaftliche Nutzung gewidmeten Grund ein Gartenhaus mit einer Grundfläche von 8,90 x 3,50 m befindet. Mit dem am 1. Februar 1988 bei der Behörde eingelangten Ansuchen beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für ein Gartenhaus mit den Ausmaßen von 9,2 x 3 m auf dem Grundstück Nr. 504/3, KG F. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30. Mai 1988 wies der Bürgermeister der Gemeinde X diesen Antrag ab. Mit Erledigung vom 1. Juni 1988 wurde den Beschwerdeführern als den Eigentümern des Gartenhauses der Auftrag zum Abbruch der Baulichkeit erteilt. Beide als Bescheid bezeichneten Erledigungen sind so unterfertigt, daß neben der Rundstampiglie der Gemeinde X die Bezeichnung "Der Bürgermeister" steht, über der eine Unterschrift ist, die bis "Zehet" leserlich ist, es folgt eine Wellenlinie und eine unleserliche Paraphe. In der Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, es lägen keine Bescheide im Rechtssinn vor, da den Erledigungen der Name des Genehmigenden nicht in leserlicher Form entnehmbar sei. Mit zwei Bescheiden vom 5. Dezember 1988 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer abgewiesen, die Bescheide der Baubehörde erster Instanz wurden bestätigt.

Die gegen beide Bescheide eingebrachten Vorstellungen wurden mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG 1950 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 199/1982 müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten. Bei telegraphischen, fernschriftlichen oder vervielfältigten Ausfertigungen genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Gemäß § 58 Abs. 3 AVG 1950 gelten diese Vorschriften auch für Bescheide.

Bei den Erledigungen der Baubehörde erster Instanz wurde weder eine Beglaubigung vorgenommen, noch handelte es sich um telegraphische, fernschriftliche oder vervielfältigte Ausfertigungen, noch wurden die Ausfertigungen mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinen Erkenntnissen vom 5. Juni 1985, Zl. 84/11/0178, vom 12. März 1986, Zl. 85/03/0144, und vom 10. Dezember 1986, Zlen. 86/01/0130, 0131, 0132, ausgesprochen hat, wurde die grundsätzliche Forderung des Gesetzgebers, für die Parteien eines Verfahrens müsse die Identität des Genehmigenden erkennbar sein, durch die Novelle BGBl. Nr. 199/1982 noch insofern verdeutlicht, als seither gefordert wird, daß sich aus der Ausfertigung in leserlicher Form der Name des Genehmigenden ergeben muß. Sollte eine Unterschrift unleserlich sein, so muß in anderer leserlicher Form der Name des die Erledigung Genehmigenden entnehmbar sein. Die auf Verlangen des Gerichtshofes von den Beschwerdeführern vorgelegten Ausfertigungen der an sie ergangenen Erledigungen des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 31. Mai 1988 und vom 1. Juni 1988 enthalten lediglich die leserlichen Buchstaben "Zehet" als Namensteil, jedoch keine leserliche Beifügung des Namens desjenigen, der diese Erledigungen genehmigt hat, weshalb sie nicht den Formerfordernissen des § 18 Abs. 4 AVG 1950 entsprechen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß in den Erledigungen neben der unleserlichen Unterschrift (der Name des Bürgermeisters ist "Z....") die Bezeichnung "Der Bürgermeister" aufscheint. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 1987, Zl. 87/18/0095, ausgeführt, daß die Anführung einer Funktionsbezeichnung nicht die im § 18 Abs. 4 AVG 1950 obligatorisch vorgesehene leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden ersetzen kann. Es kann auch nicht entscheidend sein, daß den Beschwerdeführern - wenn schon nicht aus anderen Gründen - so doch bereits aus der Niederschrift vom 23. November 1987 der Name des Bürgermeisters bekannt war.

Die Berufungsbehörde hätte diesen Mangel wahrnehmen und die gegen Nichtbescheide erhobenen Berufungen als unzulässig zurückweisen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 1988, Zl. 88/08/0048). Da die Berufungsbehörde aber in beiden Fällen Sachentscheidungen getroffen hat, wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, die Bescheide des Gemeinderates der Gemeinde X aufzuheben. Zudem die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren eigenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Beschwerde einzugehen gewesen wäre, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Unterschrift des Genehmigenden Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren) Verfahrensbestimmungen Voraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989050167.X00

Im RIS seit

06.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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