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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §9 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. September 1989, Zl. 237.966/2-III/13/88, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge ist die Beschwerdeführerin, eine polnische Staatsangehörige, am 6. März 1988 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 20. März 1988 um Asyl angesucht. Bei der niederschriftlichen Befragung am 23. März 1988 führte sie aus, sie hätte in Polen weder der kommunistischen Partei noch einer ihrer Organisationen als Mitglied angehört. Die wirtschaftliche und politische Lage in Polen hätte sie abgelehnt. Sie sei in ihrem Heimatland nicht verfolgt worden. Polen hätte sie in erster Linie wegen ihres geringen Verdienstes verlassen. Sie hätte in Polen keine ihrer Vorstellung entsprechende Wohnung besessen, was die Beschwerdeführerin auf ihre Nichtmitgliedschaft zur Partei zurückführe. Wegen ihrer Weigerung, Mitglied der Partei zu werden, hätte sie in Polen weder in beruflicher noch in privater Hinsicht Zukunftschancen
besessen und sich deshalb auch zum Verlassen Polens entschlossen.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 5. Juli 1988 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention ist. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin berufen.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, sie habe im Vorbringen der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte für eine maßgebliche Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention feststellen können. Eine wohlbegründete Furcht liege insbesondere dann nicht vor, wenn der Asylwerber die politische und wirtschaftliche Lage in Polen ablehne, jedoch keinen Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei bzw. sich in einem westlichen Land bessere Verdienstmöglichkeiten erwarte. Ebenso könne man nicht von einer wohlbegründeten Furcht sprechen, wenn der Asylwerber in seinem Heimatland im Beruf oder bei der Vergabe von Wohnungen nicht die Privilegien eines Mitgliedes der kommunistischen Partei genossen habe, der er nicht angehört habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde ohne ausreichende Klärung des Sachverhaltes und unter Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften als erwiesen angenommen, daß die Beschwerdeführerin keinen Flüchtlingsstatus genieße.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung der Novelle vom 27. November 1974, BGBl. Nr. 796, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Nach Art. 1 A dieser Konvention ist als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde zunächst vor, die belangte Behörde habe nicht beachtet, daß der Beschwerdeführerin nicht sämtliche Gründe, aus denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt werde, vorgehalten worden seien. "Neben der wohlbegründeten Furcht, wegen der politischer Gesinnung verfolgt zu werden, gilt u.a. auch Furcht vor Verfolgung aus religiösen Gründen oder wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling." Diesbezügliche Erhebungen seien im Verwaltungsverfahren nicht gepflogen worden.
Dem ist entgegenzuhalten, daß im Asylverfahren das Vorbringen des Flüchtlings als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muß und die Verwaltungsbehörden nicht verhalten sind, der Beschwerdeführerin Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten habe, damit ihrem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 11. April 1984, Zl. 83/01/0312, vom 26. Juni 1985, Zl. 85/01/0042 und vom 26. Februar 1986, Zl. 84/01/0267). Die Verwaltungsbehörden waren aber auch nicht verhalten, Anfragen an jene staatlichen Stellen des Heimatlandes zu richten, dessen Schutz die Asylwerberin gerade nicht in Anspruch nehmen will, weil dies aus naheliegenden Gründen des Schutzes der Person der Asylwerberin nicht zweckmäßig und zielführend ist. Im übrigen hat die Beschwerdeführerin die Möglichkeit gehabt, schriftlich im Verfahren vor der belangten Behörde all das vorzubringen, was ihrer Auffassung nach für den maßgeblichen Sachverhalt von Bedeutung gewesen wäre.
Die Beschwerdeführerin rügt weiters, im vorliegenden Fall sei als Vertreter des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge Dr. T gehört worden, der der Erlassung des negativen Feststellungsbescheides nicht entgegengetreten sei. Diese Äußerung sei jedoch in diesem Verfahren unerheblich, weil entgegen der zwingenden Vorschrift des § 9 Abs. 3 Asylgesetz eine Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nicht erfolgt sei.
Gemäß § 9 Abs. 3 Asylgesetz kommt Parteistellung in einem Feststellungsverfahren nach den §§ 2, 3 und 4 dem Hochkommissär der Vereinten Nationen nicht zu, doch ist er vor der Erlassung des Feststellungsbescheides anzuhören.
Aktenkundig ist, daß Dr. T dem Büro des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge angehört und dort im Verfahren gemäß § 9 Abs. 3 AsylG für den Hochkommissär tätig wird. Selbst für den Fall des Zutreffens der Behauptung der Beschwerdeführerin, der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge sei im Verwaltungsverfahren nicht angehört worden, kann die Unterlassung der Anhörung dieses Organs einen Verfahrensmangel nicht begründen. Die Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge erfolgt nämlich lediglich in Erfüllung der gemäß Art. 35 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 eingegangenen Verpflichtung über die Zusammenarbeit mit dem Amt des Hochkommissärs, welche im § 9 Abs. 3 des Asylgesetzes ihre Konkretisierung für den innerstaatlichen Rechtsbereich erfahren hat. Auf die Einhaltung dieser Gesetzesbestimmung bzw. auf eine diesbezügliche Information durch die Behörde steht aber den Parteien des Verfahrens zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft kein Rechtsanspruch zu (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober1986, Slg. N.F. Nr. 12.285/A und vom 1. Februar 1989, Zl. 89/01/0021).
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigt es sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990010032.X00Im RIS seit
07.03.1990