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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 29. November 1989, Zl. 9/01-32253/2-1989, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der Ausfertigung des mit ihr angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit dem am 14. Juni 1989 dem Beschwerdeführer zugestellten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 26. Mai 1989 wurde der Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 38 Abs. 5 StVO bestraft.
Die vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachte, am 29. Juni 1989 zur Post gegebene Berufung wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. August 1989 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Am 18. September 1989 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Zur Begründung des Antrages führte er aus, er habe am 14. Juni 1989 seiner Sekretärin den Auftrag erteilt, die 14-tätige Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 26. Mai 1989 in den Fristenvormerkkalender einzutragen. Infolge eines Irrtums sei von der Sekretärin der letzte Tag der Frist zur Erhebung der Berufung falsch mit 29. Juni 1989 anstatt richtig mit 28. Juni 1989 eingetragen worden. Er sei bei Abfassung der Berufung davon ausgegangen, daß der 29. Juni 1989 der letzte Tag der Frist zur Erhebung der Berufung sei. Seine Sekretärin arbeite seit mehreren Jahren in seiner Kanzlei und sei äußerst verläßlich. Sie trage Termine und Fristen über seine Anweisung in das Termin- bzw. Fristenbuch ein. Diese Eintragungen würden von ihm auch stichprobenartig überprüft. Da der Sektretärin bislang ein derartiger Fehler nicht unterlaufen sei, habe er darauf vertrauen können, daß die Frist zur Erhebung der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 26. Mai 1989 richtig im Fristenbuch eingetragen gewesen sei.
Die Bundespolizeidirektion Salzburg wies mit Bescheid vom 17. Oktober 1989 den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist als verspätet zurück. Zur Begründung führte die Behörde aus, daß selbst dann, wenn der Kanzleikraft eines Rechtsanwaltes bei der Eintragung eines Termines ein Irrtum unterlaufen sei, der Rechtsanwalt bei Abfassung des Rechtsmittels, sofern er pflichtgemäß vorgehe, die Versäumung der Rechtsmittelfrist bemerken müsse, was dazu führe, daß das Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG aufhöre und die Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages zu laufen beginne. Diese Frist habe somit am 29. Juni 1989 zu laufen begonnen und am 6. Juli 1989 geendet. Der erst am 18. September 1989 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag sei somit verspätet eingebracht worden.
Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers gab die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 29. November 1989 keine Folge. Der erstinstanzliche Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, daß in dem Spruch nach dem Wort "wird" die Wortfolge "gemäß § 71 Abs. 2 AVG" eingefügt werde. Nach der Begründung des Berufungsbescheides entspreche die Entscheidung der Erstbehörde der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 21. November 1977, Slg. Nr. 9434/A).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen einer Woche nach Aufhörung des Hindernisses gestellt werden.
Als Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG ist jenes Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 lit. a leg. cit. zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Berufung, so hört das Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG auf, sobald der Beschwerdeführer (der Vertreter des Beschwerdeführers) den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und mußte, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Bescheid über die Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung zugestellt worden ist. Daß der Beschwerdeführer erstmals am 12. September 1989 mit der Zustellung des Bescheides der Salzburger Landesregierung vom 31. August 1989, mit dem seine Berufung als verspätet zurückgewiesen wurde, Kenntnis erlangte, daß er die Berufung verspätet eingebracht hat, ist demnach ohne Belang. Im Hinblick auf die Bedeutung der richtigen Vormerkung von Terminen für die fristgerechte Setzung von (mit Präklusion sanktionierten) Prozeßhandlungen, ist von der Partei bzw. ihrem Vertreter zu erwarten, daß er anläßlich der Unterfertigung der Berufung sein Augenmerk auch darauf richtet, welcher Zeitraum bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist noch zur Verfügung steht. Kann er im Zeitpunkt der Unterfertigung der Berufung bei Einhaltung dieser gehörigen Aufmerksamkeit erkennen, daß die Berufungsfrist bereits abgelaufen ist, so hat jedenfalls damit das Hindernis im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG aufgehört (siehe dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das schon von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 21. November 1977, Slg. Nr. 9434/A, ferner den Beschluß vom 10. Juni 1983, Zlen. 83/04/0091, 0092, 0093, sowie sinngemäß den Bechluß vom 22. Jänner 1986, Zl. 85/11/0304, und das Erkenntnis vom 27. Setpember 1989, Zl. 89/02/0132, sowie die zahlreiche weitere in diesen Entscheidungen angeführte Vorjudikatur).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, im Beschwerdefall von dieser Rechtsansicht abzugehen. Der Beschwerdeführer hätte daher vor Absendung der Berufung, für deren Einreichung das Gesetz eine Fallfrist bestimmt, nicht nur nochmals überprüfen müssen, ob die Frist eingehalten wurde, sondern auch, ob der Tag, an dem die Berufungsfrist zu laufen begann, von seiner Sekretärin in den Fristenvormerkkalender richtig eingetragen wurde. Er hätte sich insoweit nicht auf die wenn auch äußerst verläßliche Sekretärin verlassen dürfen.
Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990030030.X00Im RIS seit
07.03.1990