TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/7 88/01/0057

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Veröffentlicht am 07.03.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §46;
AVG §56;
B-VG Art139 Abs1;
StVG §52 Abs1 lita;
StVG §52 Abs1 litb;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde des N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 13. April 1987, Zl. 418.392/50-V 7/87, betreffend Arbeitsvergütung nach dem Strafvollzugsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Mittersteig eine gegen ihn verhängte lebenslange Freiheitsstrafe. Mit Eingabe vom 31. Oktober 1986 beantragte er beim Anstaltsleiter, die von ihm als Hausarbeiter verrichteten und bisher gemäß § 52 Abs. 1 lit. b Strafvollzugsgestz (StVG) entlohnten Arbeiten (schwere Hilfsarbeiten) auch weiterhin entsprechend dieser Gesetzesstelle zu entlohnen. Der Beschwerdeführer könne eine dem Vernehmen nach geplante Einstufung seiner Arbeitsleistungen gemäß § 52 Abs. 1 lit. a StVG (leichte Hilfsarbeiten, nicht akzeptieren, weil die von ihm verrichteten Arbeiten und hier die Reinigungsarbeiten - diese vor allem wegen der damit oftmals verbundenen ekelerregenden Tätigkeiten - aber auch die Arbeit im Abteilungsmagazin - wegen der damit verbundenen Mitverantwortung für die ordentliche und vollständige Lagerung des Anstaltsgutes - als schwere Hilfsarbeiten einzustufen seien.

Mit formloser mündlicher Entscheidung vom 3. November 1986 wies der Anstaltsleiter den Antrag des Beschwerdeführers ab.

In der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, aus der Abweisung seines Antrages ergebe sich, daß seine Arbeitsleistungen als Hausarbeiter ab dem 1.November 1986 nur mehr als leichte Hilfsarbeiten entlohnt würden. Diese Einstufung sei aus den bereits in seinem Antrag angeführten Gründen nicht zutreffend. Darüber hinaus bedürfe es für die Einstufung von Hilfsarbeiten als leicht oder schwer eines Leistungsvergleiches mit verwandten Arbeitstätigkeiten, welcher unter Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fach der Berufskunde anzustellen sei. Im übrigen stelle die bekämpfte Entscheidung einen unzulässigen Eingriff in eine die Einstufung der vom Beschwerdeführer verrichteten Arbeiten als schwere Hilfsarbeiten festsetzende Entscheidung des Anstaltsleiters vom 8. Mai 1985 dar.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. April 1987 gab die belangte Behörde der Beschwerde gemäß § 121 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 lit. a StVG und § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge. Gleichzeitig wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fache der Berufskunde "als unerheblich zurückgewiesen". Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer verrichte im Rahmen seiner Verwendung als Hausarbeiter in der Justizanstalt Mittersteig die für diese Verwendung üblichen Arbeiten in einer Abteilung dieser Anstalt. Er sei mit Arbeiten der Haus-(Gang-)reinigung, dem Holen und Transportieren des Essens für die Insassen sowie damit beschäftigt, das Magazin der Abteilung in Ordnung zu halten und zusammen mit einem Vollzugsbediensteten die Wäsche für die Insassen zu holen, sie auszugeben und auch wieder einzusammeln. Derartige Arbeiten würden in den Justizanstalten durchwegs als leichte Hilfsarbeiten eingestuft. Als schwere Hilfsarbeiten seien hingegen u.a. Arbeiten von (ungelernten) Heizern, Wäschern, Kohlenträgern und von Hilfsarbeitern in den Anstaltsökonomien und in der Anstaltsverwaltung sowie in den Arbeitsbetrieben zu verstehen. Diese Einstufung erscheine mit Rücksicht auf das unterschiedliche Ausmaß an typischerweise verlangten Körperkräften als sachgerecht. Diese Art der Einstufung sei durch einen lediglich den Anstaltsleitungen kundgemachten Erlaß des Bundesministers für Justiz vom 26. August 1955 "festgeschrieben" worden. Das Strafvollzugsgesetz habe die Bezeichnungen "leichte" und "schwere" Hilfsarbeiten übernommen, woraus zu schließen sei, daß auch die bis dahin bestandene Auslegung beibehalten werden sollte. Die vom Beschwerdeführer als Indiz für die Schwere der von ihm verrichteten Arbeiten angeführten Umstände könnten in ähnlicher Weise bei jeder anderen Arbeit aufgezeigt werden, sodaß für die Einstufung als "leichte" Hilfsarbeiten kaum mehr ein Anwendungsbereich übrig bliebe. Da nach diesen Ausführungen die vom Beschwerdeführer verrichteten Arbeiten als leichte Hilfsarbeiten einzustufen seien, erweise sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens als unerheblich, sodaß dieser Antrag zurückzuweisen gewesen sei. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Eingriff in die Rechtskraft einer Entscheidung des Anstaltsleiters liege nicht vor, weil dieser mit der nun bekämpften Entscheidung über ein neuerliches Ansuchen des Beschwerdeführers entschieden habe.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 26. November 1987, B 600/87-8, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Insbesondere sei der als Rechtsverordnung zu wertende Erlaß der belangten Behörde vom 26. August 1955 nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden, weshalb er nicht als verbindliche Richtlinie angesehen werden könne. Für die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers als leichte oder schwere Hilfsarbeit zu werten sei, wäre die Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen. Dies umso mehr, als der Anstaltsleiter in einer dem Parteiengehör nicht unterzogenen Stellungnahme die Einstufung dieser Arbeiten als schwere Hilfsarbeiten als gerechtfertigt angesehen habe. Die belangte Behörde habe auch Stellungnahmen zweier ihrer Abteilungen verwertet, ohne diese dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen. Dem Wortsinn nach sei als "leicht" eine Arbeit zu bezeichnen, die keine Mühe, keine Schwierigkeit bereite; die mit möglichst geringem Aufwand auszuführen sei. Als "schwer" sei eine Arbeit dann zu qualifizieren, wenn ihre Ausführung mühsam, anstrengend und ermüdend sei; auch verantwortungsvolle Arbeit sei nach dem Sprachgebrauch "schwer". Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen festzustellen, welche Arbeiten dem Beschwerdeführer im einzelnen oblagen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 StVG ist jeder arbeitsfähige

Strafgefangene verpflichtet, Arbeit zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 1 richtet sich die Höhe der Arbeitsvergütung für die geleistete Arbeitsstunde danach, ob es sich um leichte Hilfsarbeiten, schwere Hilfsarbeiten, handwerksmäßige Arbeiten, Facharbeiten oder Arbeiten eines Vorarbeiters handelt.

In seinem Bericht vom 15. Dezember 1986, mit dem die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die formlose Erledigung des Anstaltsleiters an die belangte Behörde vorgelegt wurde, begründete der Anstaltsleiter die Veränderung der Einstufung der vom Beschwerdeführer geleisteten Arbeiten mit dem Hinweis auf einen Erlaß der belangten Behörde vom 3. September 1986. In diesem Erlaß war der Anstaltsleiter angewiesen worden, hinsichtlich der Einreihung (der Strafgefangenen) in die jeweilige Vergütungsstufe die Bestimmungen des Erlasses der belangten Behörde vom 26. Augsut 1955, Zl. 44.294/55, genauestens zu beachten. Der letztgenannte Erlaß sehe ebenso wie § 52 Abs. 1 StVG die Abstufung der an Strafgefangene zu leistenden Arbeitsvergütung entsprechend den von ihnen geleisteten, in leichte Hilfsarbeiten, schwere Hilfsarbeiten, handwerksmäßige Arbeiten, Arbeiten von Facharbeitern und Arbeiten von Vorarbeitern eingeteilten Arbeiten vor. In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde nun wohl auch auf den letztangeführten Erlaß Bezug genommen und im Hinblick drauf, daß das dem Erlaß zeitlich nachfolgende Strafvollzugsgesetz in § 52 Abs. 1 eine dem Erlaß entsprechende Einteilung der von Strafgefangenen geleisteten Arbeiten vorsieht, die Auffassung vertreten, dies deute darauf hin, daß auch die "bis dahin bestandene Auslegung beibehalten werden" sollte. Der angeführte Erlaß aus 1955, der auch eine beispielsweise Aufzählung von den einzelnen Arbeitsgattungen zuzuzählendenen Tätigkeiten enthält, richtet sich zwar formell nur an die Leiter der Strafvollzugsanstalten, betrifft aber auf Grund seines Inhaltes naturgemäß Parteirechte und wäre daher vom Inhalt her als Rechtsverordnung anzusehen. Allerdings fehlt es für eine Verbindlichkeit der in diesem Erlaß enthaltenen Regelung an einer gehörigen Kundmachung. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 23. April 1970, Zl. 932/68, und vom 18. November 1971, Slg. N.F. 8109/A, zum Ausdruck gebracht hat, haben Erlässe, die nicht gehörig kundgemachte Verordnungen darstellen, für die Entscheidungen des Gerichtshofes keine Bedeutung. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stützt sich der angefochtene Bescheid aber nicht entscheidend auf den angeführten Erlaß. Die belangte Behörde hat vielmehr sowohl im Spruch als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides § 52 Abs. 1 StVG als Rechtsgrundlage angeführt und davon ausgehend die Einstufung der vom Beschwerdeführer in der Strafhaft verrichteten, im einzelnen aufgelisteten Tätigkeiten vorgenommen. Indem sie sich hiebei für die Unterscheidung von leichten Hilfsarbeiten von schweren Hilfsarbeiten unter Anführung von Beispielen insbesondere auf das Kriterium der für die jeweilige Arbeit typischerweise aufzuwendenden Körperkräfte berufen hat, kann ihr nicht der Vorwurf einer unschlüssigen Beurteilung der zu entscheidenden Angelegenheit gemacht werden.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu Besonderheiten der von ihm verrichteten Arbeiten hat die belangte Behörde in schlüssiger Weise entgegnet, daß ähnliche Umstände nahezu bei jeder Arbeit aufgezeigt werden könnten, sodaß bei Zugrundelegung der Auffassung des Beschwerdeführers für den Begriff der leichten Hilfsarbeiten kaum ein Anwendungsbereich mehr verbliebe.

Soweit der Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen für Berufskunde im angefochtenen Bescheid als "unerheblich zurückgewiesen" wurde, ist es zwar richtig, daß die "Unerheblichkeit" eines Beweisantrages kein im Gesetz vorgesehener förmlicher Zurückweisungsgrund ist. Die belangte Behörde hat aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides diese "Zurückweisung" zu ihren sonstigen Ausführungen über die Einstufung der vom Beschwerdeführer verrichteten Arbeiten in Bezug gesetzt und ist somit in Wahrheit mit einer Abweisung des Beweisantrages des Beschwerdeführers vorgegangen. Dieser Abweisung haftet aber im Hinblick auf die richtige Einstufung der vom Beschwerdeführer verrichteten Arbeiten Rechtswidrigkeit nicht an. Dies gilt insbesondere auch für die vom Beschwerdeführer vermeinte erhöhte Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Magazin.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe bei ihrer Entscheidung auch eine Stellungnahme des Anstaltsleiters wie auch Stellungnahmen zweier Ressortabteilungen verwertet, die ihm nicht vorgehalten worden sind, ist zu bemerken, daß dem angefochtenen Bescheid im Einklang mit der Aktenlage kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, daß die belangte Behörde bei der Erlassung dieses Bescheides über die in der Begründung angeführten Grundlagen hinaus auch noch andere Beweismittel bzw. Stellungnahmen in ihre Erwägungen mit einbezogen. Da der angefochtene Bescheid sich im Zusammenhang mit dem in seiner Begründung angeführten Entscheidungsgrundlagen als schlüssig erweist, kommt der diesbezüglichen Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ebenfalls keine Berechtigung zu.

Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4 Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988010057.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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