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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §224 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZ 1991, 250;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr.Iro und die Hofräte Dr. Närr,
Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. November 1988, Zl. GA 11-1729/1/88, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Nachlaß der am 12. März 1982 verstorbenen H bestand neben inländischem auch aus in Italien befindlichem Vermögen. Die Erblasserin hatte die Beschwerdeführerin und eine weitere Person zu Erbinnen eingesetzt; Vermächtnisnehmer hinsichtlich des in Italien befindlichen Vermögens waren L und W.
Mit Abgaben- und Haftungsbescheid vom 27. Oktober 1983 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern gegenüber der Beschwerdeführerin für den Erwerb von Todes wegen Erschaftssteuer fest, wobei die Beschwerdeführerin für die Miterbin und die Legatare gemäß § 13 Abs. 2 ErbStG in Verbindung mit § 224 BAO als Gesamtschuldner zur Haftung herangezogen wurde. Hiebei entfiel auf die beiden Legatare Erbschaftssteuer in Höhe von je S 67.055,--. In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., der Abzug der italienischen Erbschaftssteuer für die beiden genannten Legatare könne gemäß § 32 ErbStG innerhalb von fünf Jahren auf Antrag erfolgen. Dieser Bescheid erwuchs diesbezüglich in Rechtskraft.
Mit an das Finanzamt gerichtetem Schriftsatz vom 10. Juni 1986 stellte die Beschwerdeführerin durch ihren nunmehrigen Rechtsvertreter den Antrag, die den Legataren in Italien vorgeschriebene Erbschaftssteuer im Gegenwert von je S 76.398,33 auf die mit Bescheid vom 27. Oktober 1983 vorgeschriebene Erbschaftssteuer von je S 76.055,-- anzurechnen. Die Beschwerdeführerin berief sich hiebei auf § 6 Abs. 3 letzter Satz ErbStG und auf den Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 24. November 1952, Z. 86.257-8a/52, kundgemacht im Amtsblatt der Österreichischen Finanzverwaltung vom 2. Februar 1953, Nr. 29.
Mit Bescheid vom 22. August 1986 wies das Finanzamt diesen Antrag ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.November 1988 wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die dagegen unter anderem von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, aus dem im § 6 Abs. 3 ErbStG verwendeten Wort "inwieweit" sei klar erkennbar, daß die Voraussetzungen für die Anrechnung bzw. für die Berücksichtigung als Nachlaßverbindlichkeit gleich seien, d.h. daß eine Anrechnung der ausländischen auf die inländische Steuer nur bei Berechnung der Erbschaftssteuer erfolgen könne. Diese Berechnung sei rechtskräftig mit Bescheid vom 27. Oktober 1983 erfolgt.
Mit "Berichtigungsbescheid gem. § 32 ErbStGes." berichtigte sodann das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Bescheid vom 2. Jänner 1989 den Bescheid vom 27. Oktober 1983 dahin, daß die Erbschaftssteuer hinsichtlich der beiden Legatare nur je S 53.303,-- zu betragen habe. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, der Berichtigungsbescheid sei zu erlassen gewesen, da der Bescheid vom 27. Oktober 1983 abzugsfähige Verbindlichkeiten (in Italien zu entrichtende Erbschaftssteuer) nicht berücksichtigt habe. Eine Anrechnung der italienischen Erbschaftssteuer auf die in Österreich entrichtete Erbschaftssteuer sei im Rahmen des § 32 ErbStG nicht möglich; diese habe daher nur von der Bemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden können.
Gegen den oben genannten Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 21. November 1988 richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, daß die in Italien entrichtete Erbschaftssteuer auf die inländische Steuer angerechnet werde. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg wird bemerkt, daß die Beschwerdeführerin zur Stellung des hier gegenständlichen Antrages legitimiert war, weil - wie oben erwähnt - der Bescheid vom 27. Oktober 1983 gegen sie hinsichtlich der beiden genannten Legatare als Haftungsbescheid erging und sie daher berechtigt ist, nicht nur die Abgabenschuld zu bekämpfen, sondern auch alle Anträge zu stellen, die zur Verringerung der Abgabenschuld führen. Auch sonst tritt ja nach den Bestimmungen der BAO der Haftende in die Rechte des Abgabepflichtigen ein, sobald er zur Haftung herangezogen wird. Nur der Haftungsbescheid trennt den Haftenden von der Gesamtschuld (vgl. Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts2 II, S. 183).
Die Beschwerdeführerin hat den gegenständlichen Antrag auf § 6 Abs. 3 letzter Satz ErbStG sowie auf den oben erwähnten Erlaß des Bundesministers für Finanzen gestützt. Diese Rechtsquellen haben folgenden Wortlaut:
"§ 6 (3) Soweit die Steuerpflicht im Ausland befindliche Grundstücke, Sachen, Forderungen gegen ausländische Schuldner oder Rechte, deren Übertragung an eine Eintragung in ausländische Bücher geknüpft ist, betrifft, ist auf Antrag die von dem ausländischen Staate aus Anlaß des Erbfalles erhobene Steuer bei Berechnung der Erbschaftssteuer als Nachlaßverbindlichkeit abzuziehen. Inwieweit statt dessen bei Gewährung der Gegenseitigkeit eine Anrechnung der ausländischen Steuer auf die inländische Steuer erfolgt, bestimmt das Bundesministerium für Finanzen."
"29. Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Erbschaftsteuer im Verhältnis zu Italien.
(Erl. d. B. M. f. F. v. 24. November 1952, Z. 86.257-8a/52.)
Mit Rücksicht darauf, daß nach der italienischen Erbschaftsteuergesetzgebung die außerhalb Italiens befindlichen Teile des Nachlaßvermögens nicht der Erbschaftsteuer unterliegen und damit die Gegenseitigkeit tatsächlich gewährleistet ist, wird auf Grund des § 8 Abs. 2 zweiter Satz des Erbschaftsteuergesetzes" (erg.: 1925; entspricht dem § 6 Abs. 3 ErbStG 1955) "folgendes angeordnet:
Soweit die inländische Erbschaftsteuerpflicht in Italien befindliche Grundstücke, Sachen, Forderungen gegen italienische Schuldner oder Rechte, deren Übertragung an eine Eintragung in italienische Bücher geknüpft ist, betrifft, ist die von diesen Nachlaßgegenständen aus Anlaß des Erbanfalles erhobene italienische Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuer, die auf die italienischen Nachlaßgegenstände entfällt, anzurechnen.
Die Anrechnung hat ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Erbschaftsteuerpflichtigen zu erfolgen; sie setzt voraus, daß die anzurechnende italienische Erbschaftsteuer die gleichen Nachlaßgegenstände betrifft und die Höhe der italienischen Steuer nachgewiesen ist. Ein Abzug der italienischen Erbschaftsteuer als Nachlaßverbindlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 erster Satz des Erbschaftsteuergesetzes ist nicht zulässig. Die Regelung bezieht sich nicht auf Schenkungen".
Eine dem § 6 Abs. 3 letzter Satz rechtsähnliche Anordnung trifft § 48 BAO (zum Verhältnis dieser beiden Gesetzesstellen siehe einerseits Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung S. 211, andererseits Doralt-Ruppe a.a.O., S. 64 f). Nach § 48 BAO kann das Bundesministerium für Finanzen bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist, anordnen, bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen.
Die Ausübung der im § 48 BAO dem Bundesminister für Finanzen eingeräumten Ermächtigung erfolgt entweder bei Vorliegen eines auf individuelle behördliche Maßnahmen gerichteten Ansuchens durch Bescheid oder - bei einer nach allgemeinen Merkmalen umschriebenen Personenmehrheit - durch Verordnung (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, Seite 114 f).
Nichts anderes kann auch für § 6 Abs. 3 letzter Satz ErbStG gelten, zumal das Wort "anordnen" im § 48 BAO inhaltlich dem Wort "bestimmt" im § 6 Abs. 3 letzter Satz ErbStG entspricht. Auch die Erlassung eines entsprechenden Bescheides fällt daher stets in die Zuständigkeit des "Bundesministeriums für Finanzen" (richtig: des Bundesministers für Finanzen als Behördenträger; vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1983, Slg. Nr. 5.799/F, in welchem Fall ein solcher Bescheid des Bundesministers für Finanzen vorlag). Auch Dorazil (Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz2 Seite 102) und Philipp-Loukota-Pollak, Internationales Steuerrecht, 1. Lfg., Z 00 Tz 24: "Die Einschaltung des BMF als Entscheidungsinstanz
....") gehen davon aus, daß lediglich der Minister für eine Entscheidung über einen individuellen Antrag auf Anrechnung der ausländischen Steuer zuständig ist.
Ohne rechtliche Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang der oben mehrfach erwähnte ERLASS vom 24. November 1952, weil es sich dabei mangels gehöriger Kundmachung (§ 2 Abs. 1 lit. f des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt, BGBl. Nr. 200/1985) nicht um eine Rechtsverordnung handelt (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 6. Oktober 1976, Slg. Nr. 5022/F und vom 16. Jänner 1984, Slg. Nr. 11 286/A). Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß dieser Erlaß keine Regelungen über die Behördenzuständigkeit enthält.
Daraus folgt jedoch, daß das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern zu einer Entscheidung über einen auf § 6 Abs. 3 letzter Satz ErbStG gestützten Antrag auf Anrechnung der ausländischen Steuer nicht zuständig war. Da die belangte Behörde diese Unzuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffen hat, hat sie ihren Bescheid schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Streitteile eingegangen werden mußte.
Ein im Berufungsvorbringen allenfalls zu erblickender Antrag nach § 32 ErbStG ist nicht Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Der in diesem Sinne ergangene Bescheid des Finanzamtes vom 2. Jänner 1989 kann auch nicht etwa Anlaß dazu sein, die Beschwerde für gegenstandslos zu erklären, dies schon deshalb nicht, weil sich aus diesem Bescheid pro Legatar lediglich eine Abgabenminderung von je S 13.752,-- ergibt, während sich der verfahrensgegenständliche Antrag auf eine Anrechnung von Erbschaftssteuer in Höhe von je S 76.398,33 richtete.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206 /1989, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren waren nur im gesetzlich geforderten Ausmaß zuzusprechen; ein Ersatz von Kosten für die Stempelgebühren auf einer bereits vor einem Gericht verwendeten Vollmacht war nicht zuzusprechen (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 Seite 682).
Schlagworte
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Unrichtige Höhe der Stempelgebühren Erstattung bzw Notionierung Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989160012.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008