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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Individualanträge auf Aufhebung des ArtII Abs1 und 5 Apothekengesetz-Novelle 1984; die Geltung eines Gesetzes hängt nicht von seinem zeitlichen Anwendungsbereich ab; antragstellende Kommanditgesellschaft als Inhaber der Apothekengerechtsame durch das Verbot, ab 1995 ihre Realapotheke in der bisherigen Rechtsform weiter zu betreiben, aktuell und unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen; Erwirkung eines Feststellungsbescheides über die sich aus dem Gesetz direkt ergebende Rechtsfolge kein für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendiges Mittel - Antragslegitimation der Kommanditgesellschaft und deren Kommanditisten Apothekengesetz-Novelle 1984; Ziel, die Berechtigung zum Betrieb von Realapotheken abzuschaffen, nicht unsachlich - das gilt auch für den damit unvermeidbar verbundenen Eingriff in bestehende Rechte; getroffene Übergangsregelung nimmt auf diese Rechte angemessen Rücksicht; kein Widerspruch zum Recht auf freie Erwerbsausübung; kein Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes; jedoch begünstigende Sonderregelung für die Körperschaften öffentlichen Rechts unsachlich - Aufhebung einiger Worte in ArtII Abs1 als gleichheitswidrig; im übrigen Abweisung der Anträge; keine Fristbestimmung iS des Art140 Abs5 B-VGSpruch
1. Im ArtII Abs1 der Apothekengesetznovelle 1984, BGBl. Nr. 502, wird die Wortfolge ", soweit sie nicht im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechtes stehen," als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
2. Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.
3. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der zu G118/86 bf. Kommanditgesellschaft die mit S 5.500,-- und den Antragstellern zu G271/86 die mit S 6.050,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen - jeweils zu Handen des Rechtsvertreters - bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Kommanditgesellschaft (KG) "Apotheke zum H" ist Inhaber einer frei verkäuflichen Apothekengerechtsame iS des §21 Apothekengesetz (Realapotheke). Dem vorgelegten Handelsregisterauszug zufolge ist persönlich haftende Gesellschafterin der KG die "Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH", die auch die KG nach außen vertritt. Als Kommanditisten fungieren Dkfm. K M und F M. Geschäftsführer der Gesellschaft m. b.H. ist Dkfm. K M.
2.a) Die KG beantragt zu hg. Z G118/86 - gestützt auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG - ArtII Abs1 und 5 der Apothekengesetznovelle 1984, BGBl. 502 (ApGNov 1984) als verfassungswidrig aufzuheben.
b) Einen wortgleichen Antrag stellen Dkfm. K M und F M (zu hg. Z G271/86).
3. Die Bundesregierung erstattete in beiden Verfahren eine Äußerung; sie begehrt, die Anträge zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
II. Die angegriffenen und die mit ihnen in Zusammenhang stehenden bundesgesetzlichen Vorschriften lauten:
1. Der Dritte Titel des Apothekengesetzes, BGBl. 5/1907, (ApG) idF der ApGNov 1984 behandelt die Realapotheken; er bestimmt:
"Realapotheken
Realgerechtsame
§21. (1) Die Realeigenschaft der zu Recht bestehenden radizierten und verkäuflichen Apotheken (Realapotheken) bleibt unverändert; ebenso bleiben für die Beurteilung der Realeigenschaft einer Apotheke die bisherigen Vorschriften in Geltung.
(2) Neue Realapotheken dürfen nicht gegründet werden.
(3) Der Partei obliegt es, die zur Anerkennung der Realeigenschaft einer Apotheke erforderlichen Nachweise selbst beizubringen.
(4) Für öffentliche Apotheken, deren Betrieb auf einem Realrecht beruht, ist ein Standort in sinngemäßer Anwendung des §9 Abs2 erster Satz festzulegen.
Betrieb der Realapotheken
§22. (1) Der Besitzer einer Realapotheke, der diese selbst leiten will, bedarf einer Genehmigung der Behörde. Er hat in seiner Person die Voraussetzungen für den selbständigen Betrieb einer Apotheke nach §3 zu erfüllen.
(2) Der Besitzer einer Realapotheke ist von der Leitung der Apotheke ausgeschlossen, wenn er gleichzeitig eine andere Apotheke leitet (§§2 und 4 Abs2).
(3) Wenn der Besitzer einer Realapotheke diese nicht selbst leitet, so ist sie gemäß §17 zu verpachten.
(4) Ist der Besitzer der Realapotheke eine Gebietskörperschaft oder eine andere Körperschaft öffentlichen Rechtes, so ist ein verantwortlicher Leiter zu bestellen oder die Apotheke zu verpachten.
(5) Auf Realapotheken sind die §§17b, 18, 19 Abs2, 19a, 20 und 20a sinngemäß anzuwenden.
§23. Der §22 Abs4 und 5 gilt auch für Apotheken deren Betriebsrecht auf §61 beruht."
2. ArtII der ApGNov. 1984 enthält die folgenden besonderen (Übergangs-)Vorschriften für Realapotheken (die angefochtenen Teile sind hervorgehoben):
"(1) Realapotheken (§21 des Apothekengesetzes), soweit sie nicht im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechtes stehen, dürfen nach Ablauf von zehn Jahren (gerechnet ab dem mit 1. Jänner 1985 erfolgten Inkrafttreten der ApGNov. 1984 - ArtIV Abs1 -; die Zehnjahresfrist läuft also am 1. Jänner 1995 ab) nur mehr in der Rechtsform einer konzessionierten Apotheke betrieben werden.
(2) Der Inhaber einer Realgerechtsame kann beim Landeshauptmann die Erteilung einer Konzession zum Betriebe seiner Apotheke beantragen. Die Konzession zum Betriebe seiner Apotheke als öffentliche Apotheke ist ihm zu erteilen, wenn die Voraussetzungen gemäß §3 Abs1 und §12 des Apothekengesetzes gegeben sind. Der Standort ist gemäß §21 Abs4 festzusetzen. Mit der rechtskräftigen Erteilung der Konzession erlischt die Realgerechtsame.
(3) Bei mehreren Inhabern einer Realgerechtsame kann jener Inhaber die Erteilung der Konzession zum Betriebe dieser Apotheke beantragen, der von allen Inhabern nach den hiefür maßgeblichen zivilrechtlichen Vorschriften, Vereinbarungen und Beschlüssen bestimmt wird. Der Konzessionswerber hat die Voraussetzungen des §3 Abs1 und des §12 des Apothekengesetzes zu erfüllen.
(4) Der Inhaber einer Realgerechtsame kann, falls er von der Möglichkeit der Fortführung seiner Apotheke gemäß Abs2 nicht Gebrauch machen will, seine Apotheke auf einen anderen übertragen; dieser muß, falls er die Apotheke betreiben will, vom Landeshauptmann eine Konzession erwirken (§9 des Apothekengesetzes). §46 Abs2 des Apothekengesetzes findet hiebei Anwendung. Der Standort ist gemäß §21 Abs4 des Apothekengesetzes festzusetzen. Mit der rechtskräftigen Erteilung der Konzession erlischt die Realgerechtsame.
(5) Realgerechtsame, die mit Ablauf von zehn Jahren nach Inkrafttreten dieses BG nicht gemäß Abs2 bis 4 in eine Konzession gemäß Abs2 bis 4 übergeführt worden sind, erlöschen."
III. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit der Anträge erwogen:
1.a) aa) Die zu G118/86 antragstellende KG begründet ihre Antragslegitimation wie folgt:
"I. Die Abs1 und 5 des ArtII ApGNov 1984 haben den Bestand der Realkonzession des Antragstellers mit 31.12.1994 befristet. Dadurch haben sie den Inhalt des Eigentumsrechtes des Antragstellers unmittelbar mit Wirkung erga omnes geändert. Dem Antragsteller kommt seit 1.1.1985, also seit dem Tag des Inkrafttretens des ApGNov 1984, nicht mehr das volle, sondern nur mehr ein betagtes Eigentumsrecht zu (vgl. VfSlg. 8212/1977, 8396/1978, 9587/1982, BVerfGE 1, 264 (279)). Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen berühren daher die Rechtssphäre des Antragstellers in gleichem Maße, in dem die vertragliche Vereinbarung einer dinglich (erga omnes) und nicht bloß obligatorisch wirkenden Betagung seines Eigentums seine Rechtssphäre berühren würde (zur Institution des betagten Eigentums mit dringlicher Wirkung Klang in Klang II2, 390;
Klang in Klang III2, 1178; Gschnitzer in Klang III2, 657;
Gschnitzer, Sachenrecht2, 102, 104, 150; Ehrenzweig, System2 I/2, 237; LG Feldkirch in NZ 1961, 91; OGH in EvBl 1959/156).
Überdies wird es dem Antragsteller durch die bekämpften Bestimmungen absolut unmöglich gemacht, erfüllbare Pachtverträge für einen Zeitraum abzuschließen, der nach dem 31.12.1994 endet (VfSlg. 8984/1980).
Schließlich erfolgt durch die Betagung der Realgerechtsame eine erhebliche Minderung ihres Wertes. Darin liegt zunächst eine wirtschaftliche ('faktische' - VfSlg. 9136/1981) Auswirkung. Nach §16 Abs4 Bewertungsgesetz 1955 sind jedoch Gewerbeberechtigungen, worunter auch Apothekengerechtigkeiten fallen (§61 Abs1 leg.cit.), nach dem gemeinen Wert zu bewerten. Es existiert demnach auch in dieser Hinsicht eine Bestimmung, die der wirtschaftlichen Betroffenheit rechtliche Relevanz verleiht und zu einer Berührung der Rechtssphäre des Antragstellers führt.
Diese Eingriffe in die Rechtssphäre des Antragstellers sind ohne Dazwischentreten eines weiteren konkretisierenden Aktes erfolgt. Sie sind auch nach Art und Umfang eindeutig bestimmt. (Daran ändert nicht, daß der Antragsteller durch privatrechtliches Handeln oder durch einen Antrag nach ArtII Abs2 ApGNov den endgültigen Verlust seines Eigentums schon vor dem 31.12.1994 herbeiführen kann.) Auch an der Aktualität der beschriebenen Rechtssphärenbeeinträchtigungen ist nicht zu zweifeln.
Dem Antragsteller steht kein anderer zumutbarer Weg offen, der es ihm ermöglichen würde, die Behauptung der Verfassungswidrigkeit besagter Gesetzesbestimmungen an den VfGH heranzutragen oder die zur Antragstellung an den VfGH berechtigten Gerichte zu einer Antragstellung nach Art89 Abs 1, 135 Abs4 und 140 Abs1 B-VG zu bewegen:
-
Eine gerichtliche Klage auf Feststellung der Betagung des Eigentums setzt nicht nur ein spezifisches Feststellungsinteresse (Gefährdung der Rechtssphäre des Klägers), sondern auch einen passivlegitimierten Beklagten voraus. An einem solchen mangelt es aber, da die Republik Österreich vor den ordentlichen Gerichten nur als Träger von Privatrechten oder im Rahmen eines Amtshaftungsverfahrens geklagt werden kann. Die Betagung des Eigentums ist durch ein Gesetz erfolgt, d.h. durch einen hoheitlichen Akt, gegen den es keine Amtshaftung gibt. Die eingebrachte Feststellungsklage wäre daher zurückzuweisen.
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Die Erlangung von Feststellungsbescheiden über die durch den Gesetzgeber erfolgte Betagung des Eigentums ist im Apothekengesetz nicht vorgesehen. Der VfGH hat bisher die Möglichkeit der Erlangung eines Feststellungsbescheides nur dort als zumutbaren Umweg angesehen, wo sie im Gesetz vorgesehen war (VfSlg. 9048/1981, 9470/1982, 9487/1982) oder wo der Feststellungsbescheid als vielfach bewährte und anerkannte Rechtsschutzmethode die Berücksichtigung mannigfaltiger tatsächlicher Umstände ermöglicht (VfSlg. 8978/1980 dienstrechtlicher Feststellungsbescheid), hat es aber im Einklang mit der Lehre von Anfang an unterlassen, die Subsidiarität des Individualantrages und die Subsidiarität des Feststellungsantrages gegeneinander auszuspielen. Daraus erhellt die Unzumutbarkeit eines Antrages auf Feststellung, der möglicherweise von der Behörde mit der Begründung zurückgewiesen würde, die Erlangung eines Feststellungsbescheides sei seit der Einführung des Individualantrages auf Normenkontrolle kein notwendiges Erfordernis zweckentsprechender Rechtsverteidigung mehr.
-
Der Antragsteller kann wohl einen Antrag nach ArtII Abs2 ApGNov 1984 auf Erteilung einer persönlichen Konzession stellen. Im folgenden Verfahren sind aber die Abs1 und 5 dieser Bestimmung nicht präjudiziell; sie können daher auch nicht im Rahmen einer Bescheidbeschwerde vor dem VfGH bekämpft werden.
Aus diesen Gründen hält der Antragsteller den Prüfungsantrag für zulässig.
II. Für den Fall, daß der VfGH aus den obigen Ausführungen nur die Beeinträchtigung wirtschaftlicher - und nicht rechtlich geschützter - Interessen abzuleiten vermag, möchte der Antragsteller zu bedenken geben:
Durch die angefochtenen Gesetzesstellen wird auch noch in anderer Weise in die Rechte des Antragstellers eingegriffen. Mit Wirkung vom 1.1.1995 wird ihm durch die Abs1 und 5 des ArtII ApGNov 1984, die insoweit eine untrennbare Einheit bilden, verboten, seine Apotheke auf Grund der Realgerechtsame zu betreiben. Mit demselben Tag erlischt dieses vermögenswerte Privatrecht. Dadurch wird der Antragsteller sowohl in seinem Recht, auf Grund der ihm gehörenden Realkonzession eine Apotheke zu betreiben (§§21, 22 ApG, Art6 StGG), als auch in seinem Recht auf Respektierung seines Eigentums (§354 ABGB, Art5 StGG) beeinträchtigt. Art und Ausmaß dieser Eingriffe in die Rechtssphäre des Antragstellers sind durch das Gesetz eindeutig bestimmt.
Auch in dieser Hinsicht fehlt es nicht an der Aktualität des Eingriffs. Die Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen erfolgt ex lege, ohne daß es eines weiteren konkretisierenden Aktes (etwa eines Bescheides oder eines sonstigen Aktes, VfSlg. 9271/1981, 9715/1983) bedarf. Ihr Eintritt erfolgt nicht bloß möglicher-, sondern notwendigerweise:
Der Antragsteller hat nur die Wahl, durch eigenes Handeln den Verlust seiner Realgerechtsame schon vor dem 1.1.1995 herbeizuführen. Mit anderen Worten: Bei Betagungen ist, anders als bei Bedingungen oder sonstigen Befristungen, sowohl das 'ob' als auch das 'wann' der angeordneten Rechtsfolge nicht zweifelhaft (Rummel in Rummel, ABGB I, §897 Rdz 13). Deshalb ist der Antragsteller nicht bloß virtuell oder potentiell, sondern aktuell betroffen.
Der Antragsteller verkennt nicht, daß das Kriterium der Aktualität auch in einer Weise verstanden werden kann, in der es - nicht als Gegensatz zu potentieller, d.h. bloß möglicherweise erfolgender, sondern als Gegensatz zu künftiger Betroffenheit gegenwärtige Betroffenheit bedeutet.
Der VfGH hat bisher zu dieser Frage nicht explizit Stellung genommen. Es liegt daher nahe, sich die Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes vor Augen zu halten. Dieses Gericht hat das Kriterium der 'gegenwärtigen Betroffenheit' im Jahre 1951 entwickelt (BVerfGE 1, 97 (102)) und seither in ständiger Judikatur daran festgehalten.
Eine nähere Analyse zeigt aber, daß auch das Bundesverfassungsgericht, das stets die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gegen Rechtsätze betont hat, in gegenwärtiger Betroffenheit primär einen Gegensatz zu 'virtueller' - möglicherweise in Zukunft einmal erfolgender Betroffenheit sieht. So hat es in jüngster Zeit für den Fall der Herabsetzung der Vergütung für zahnärztliche Leistungen nach Auslaufen der vertraglichen Regelungen ausgeführt:
'Diese eigene und unmittelbare Betroffenheit ist auch eine 'gegenwärtige' (BVerfGE a.a.O. (102); st.Rspr.), weil die angegegriffene Vorschrift den - wenn auch erst mit dem Auslaufen der bisherigen Vereinbarungen eintretenden - Zeitpunkt und das Ausmaß der Kürzungen genau bestimmt, der Eingriff also nicht nur ein 'virtueller' ist.' (BVerfGE 68, 193 (215f); ebenso BVerfGE 1, 9 (95f); BVerfGE 1, 264 (270); BVerfGE 60, 360 (371ff))
Überdies hat das Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerden gegen Rechtsätze auch immer dann zugelassen, wenn von den angefochtenen Bestimmungen ein gegenwärtiger Zwang zu nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen und Dispositionen ausgeht, die nur dann getroffen werden können, wenn über die Verfassungsmäßigkeit einer Bestimmung Klarheit herrscht (BVerfGE 43, 291 (387); BVerfGE 58, 81 (106f); BVerfGE 68, 287 (300f)).
In dem diesem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalt sind beide Voraussetzungen gegeben. Zeitpunkt und Ausmaß der im Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge stehen genauso fest wie die Tatsache, daß sie sicher und nicht bloß möglicherweise eintreten wird. Darüber hinaus ist der Antragsteller durch die angefochtenen Bestimmungen zu einer Vielzahl von Entscheidungen veranlaßt (Altersvorsorge, Berufswechsel, Auffinden eines geeigneten Käufers), die er später nicht mehr nachholen kann und die vernünftigerweise nur getroffen werden kann, wenn über die Verfassungsmäßigkeit des Realrechtsentzuges Klarheit herrscht.
Eine am Rechtsschutzbedürfnis orientierte Auslegung muß daher die Aktualität der Betroffenheit bejahen (zustimmend Haller, ZfV 1976, 237, mNw). Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, daß Inhaber von Realapotheken, die die Verfassungsmäßigkeit der Abs1 und 5 der ApGNov 1984 vom VfGH überprüfen lassen wollen, ihren Antrag erst nach dem 1.1.1995 zulässigerweise stellen dürften und deshalb gezwungen wären, ihren Betrieb einzustellen. Ein die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen feststellendes Erkenntnis käme unter Umständen zu spät, da die Neueröffnung einer Apotheke wie bei jedem wirtschaftlichen Unternehmen mit betrieblichen Verlusten einhergeht, die umso größer sind, je länger die Apotheke geschlossen bleiben mußte. Aber auch für den Fall, daß ein geeigneter Pächter gefunden würde und die Wiederaufnahme des Betriebes möglich wäre, stellt die Geschäftsschließung eine für alle betroffenen Beteiligten unzumutbare Härte dar. Das Abwarten des 1.1.1995 stellt deshalb eine unzumutbare Härte dar. Im Falle eines negativen Erkenntnisses wäre das Recht infolge Fristablauf zur Antragstellung endgültig und ersatzlos verloren.
Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit eines anderen Weges zur Überprüfung von Trassenverordnungen nach dem BStG hat sich der VfGH ähnlichen Erwägungen ausdrücklich angeschlossen und dem Zeitfaktor selbständige Bedeutung beigemessen (VfSlg. 9823/1983). Es liegt nahe, die dort angestellten Überlegungen bei der Auslegung des ebenso einen Unterfall des Unmittelbarkeitskriteriums bildenden (VfSlg. 9394/1982, Ringhofer, ÖVA 1977, 173) Erfordernisses der Aktualität zu berücksichtigen (vgl. auch VfSlg. 9046/1981).
Auch Art8 MRK weist in diese Richtung. Auf diese Bestimmung kann sich berufen, wer einen Eingriff in die Ausübung eines seiner zivilen Rechte für unzulässig hält und sich beklagt, keine Gelegenheit gehabt zu haben, einen derartigen Streit einem Gericht zu unterbreiten (EGMR 21.2.1975, Urteil Golder Z26-36, EuGRZ 1975, 93ff; EGMR 23.6.1981, Urteil Le Compte u.a. Z44, EuGRZ 1981, 552; EGMR 23.9.1982, Urteil Sporrong & Lönnroth Z80, EuGRZ 1983, 527). Dieses 'Recht auf ein Gericht' ist auch dann verletzt, wenn der Betreffende später (zB nach Haftentlassung Urteil Golder, aaO) einmal die Möglichkeit erhalten sollte, ein Gericht anzurufen.
Wäre ein Gesetzesprüfungsantrag mangels aktueller Betroffenheit erst nach dem 1.1.1995 zulässig, so hätte der Antragsteller nur die Wahl, entweder unter erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen und unter Tragung eines erheblichen Prozeßrisikos (VfSlg. 9185/1981) die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme zu bekämpfen oder aber die Apotheke innerhalb der Übergangsfrist zu verkaufen und dadurch die behauptete Verletzung seiner Rechte nolens volens hinzunehmen, um ruinöse wirtschaftliche Auswirkungen zu vermeiden. In einem vergleichbaren Fall hat der EGMR das Recht auf ein faires Verfahren als verletzt angesehen, da ein Verzicht auf das 'Recht auf ein Gericht' nur solange zulässig ist, als er nicht unter Zwang erfolgt ist (EGMR 27.2.1980, Urteil Deweer Z51, EuGRZ 1980, 673. Im Sachverhalt, der dieser Entscheidung zugrunde liegt, hatte ein Fleischhauer auf die Anfechtung einer behördlichen Maßnahme durch Annahme eines 'Unterwerfungsangebotes' verzichtet, weil ihre Bekämpfung die Schließung seines Geschäftes zur Folge gehabt hätte.).
Eine Auslegung des Aktualitätserfordernisses im Lichte der Konvention spricht daher ebenso wie die am Rechtschutzbedürfnis orientierte für die Zulässigkeit des Antrages.
Ein anderer zumutbarer Weg zur Relevierung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmung steht dem Antragsteller nicht offen."
bb) Die Bundesregierung bestreitet in ihrer Äußerung die Antragslegitimation der KG. Sie schildert zunächst die ständige Judikatur des VfGH zu dieser Frage (zB VfSlg. 8009/1977, 10251/1984) und fährt dann fort:
"Die vom VfGH geforderten Voraussetzungen scheinen im vorliegenden Fall nicht gegeben zu sein. Gemäß den Ausführungen auf Seite 3 des Antrages ist der Antragsteller Inhaber einer frei verkäuflichen Realgerechtsame. Als Beweis werden zwei Erledigungen der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vorgelegt, aus denen allerdings die nachzuweisenden Umstände nicht ersichtlich sind. Vielmehr ist dem Bescheid vom 12. Juni 1985 zu entnehmen, daß 'Eigentümer der öffentlichen Apotheke 'Zum H' in Leibnitz' Herr Dkfm. K M ist und nicht der Antragsteller 'Apotheke zum H, Ph.Mri. F P & Sohn in Leibnitz'. Demnach kann das angefochtene Gesetz nicht die Rechtssphäre des Antragstellers verletzen, so daß nach Auffassung der Bundesregierung der Antrag schon aus diesem Grund zurückzuweisen wäre.
Weiters sieht ArtII Abs1 und 5 der Apothekengesetz-Nov. 1984 lediglich vor, daß 'nach Ablauf von zehn Jahren' (d.h. ab dem 1. Jänner 1995) eine Realapotheke nur mehr in der Rechtsform einer konzessionierten Apotheke betrieben werden darf bzw. daß sie im Fall ihrer Nichtüberführung in eine Konzession mit diesem Zeitpunkt erlischt. Diese Bestimmungen können nach Ansicht der Bundesregierung keinen aktuellen Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen darstellen, zumal ihre gegenwärtige Wirkung höchstens eine faktische ist, der Eingriff in die Rechtssphäre hingegen erst ab dem 1. Jänner 1995 aktuell wird. (An dieser bloß faktischen Wirkung ändert auch der Umstand nichts, daß die - vom Antragsteller behauptete - Wertminderung auch eine rechtserhebliche Tatsache sein kann, etwa im Hinblick auf das Bewertungsgesetz 1955.) Sollten sich die genannten Bestimmungen (ArtII Abs1 und 5 der Apothekengesetz-Nov. 1984) nachteilig auf den Wert einer bestehenden Realgerechtsame auswirken - was vom Antragsteller nicht begründet und von der Bundesregierung prinzipiell in Frage gestellt wird - so wäre diese (auch aktuelle) Wirkung jedoch bloß eine faktische, die eine Antragslegitimation nach Art140 Abs1 vierter Satz nicht begründet.
Die Auffassung der Bundesregierung stützt sich insbesondere auf den Beschluß des VfGH vom 5. Oktober 1985, G173/84-11, in dem der VfGH zu einem Individualantrag betreffend eine erst mit dem 1. April 1985 in Kraft tretende gesetzliche Bestimmung festgestellt hat, daß bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der inkriminierten Bestimmung nicht davon gesprochen werden kann, daß der Antragsteller durch die von ihm bekämpfte Regelung aktuell betroffen war. Nun ist aber nach Ansicht der Bundesregierung kein qualitativer Unterschied zwischen einer Bestimmung, die erst in Zukunft in Kraft tritt und einer solchen, die zwar formell schon in Kraft getreten ist, auf Grund ihres Wortlautes aber erst in einigen Jahren wirksam werden wird. Auch die letztere kann nicht den in Art140 Abs1 vierter Satz B-VG geforderten Voraussetzung entsprechen, da sie nicht '... ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.' Im Hinblick auf die Ausführungen im Beschluß vom 5. Oktober 1985, G173/84-11, braucht daher auf die auch die Judikatur des Bundesverfassungsgerichtes heranziehenden Argumente des Antragstellers, das Abwarten des 1. Jänner 1995 stelle eine unzumutbare Härte dar, nicht näher eingegangen werden.
2. Wie der VfGH im soeben zitierten Beschluß unter Hinweis auf seine umfangreiche Vorjudikatur festgestellt hat, ist die Prozeßlegitimation auch dann nicht gegeben, wenn dem Anfechtungswerber ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Verfassungswidrigkeit der inkrimierten Bestimmungen geltend zu machen. So könnte auch im vorliegenden Fall der Antragsteller einen Feststellungsbescheid erwirken, dessen materielle Rechtsgrundlage die angefochtenen Gesetzesvorschriften bilden würden, diesen Bescheid nach Ausschöpfung des Instanzenzuges mit einer Beschwerde an den VfGH bekämpfen und darin unter Darlegung der verfassungsrechtlichen Bedenken die amtswegige Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens anregen. Die Ausführungen auf Seite 5 des Antrages, nach denen die Behörde möglicherweise den Feststellungsantrag mit der Begründung zurückweisen könnte, die Erlangung eines Feststellungsbescheides sei seit der Einführung des Individualantrages auf Normenkontrolle kein notwendiges Erfordernis zweckentsprechender Rechtsverteidigung mehr, sind unzutreffend. Nach der Judikatur des VfGH ist die bescheidmäßige Feststellung von Rechten oder Rechtsverhältnissen 'auch dann zulässig, wenn sie nicht gesetzlich vorgesehen ist; sie muß nur im öffentlichen Interesse liegen oder für die Partei 'ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung' sein und insofern in ihrem Interesse liegen' (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1986, S 506). Der VfGH hat einen Feststellungsbescheid 'dann als zulässig angesehen, wenn sonst die in Zweifel stehende Frage nur in einem Verwaltungsstrafverfahren hätte beantwortet werden können; es sei dem Rechtsunterworfenen nicht zuzumuten, sich zur Klärung der Rechtslage der Gefahr einer Bestrafung auszusetzen oder sonstige Rechtsnachteile in Kauf zu nehmen' (Antoniolli-Koja, aaO, S 507). Der VfGH hat auch - entgegen den Ausführungen des Antragstellers - die Subsidiarität des Individualantrages gemäß Art140 Abs1 vierter Satz B-VG gegenüber dem Feststellungsantrag mehrmals ausgesprochen (Vgl. etwa den oz. Beschluß vom 5. Oktober 1985, G173/84-11).
Aus dieser Erwägung heraus gelangt die Bundesregierung zur Auffassung, daß der vorliegende Antrag mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen wäre."
cc) Dem tritt die antragstellende KG in einer Replik entgegen. Sie sei aktuell in ihren Rechten betroffen. Ein Feststellungsbescheid könne nicht erwirkt werden.
b) aa) Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüberhinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 9724/1983).
Bei Klärung der Frage, ob das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers auf die geschilderte Weise eingreift, hat der VfGH lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (vgl. zB VfSlg. 8060/1977, 8587/1979).
bb) Ein Gesetz ist ab seiner Kundmachung Bestandteil der Rechtsordnung; es ist ab diesem Zeitpunkt ein BG iS des Art. 140 Abs1 B-VG. Die Geltung eines Gesetzes hängt nicht von seinem zeitlichen Anwendungsbereich ab (vgl. zB VfGH 5.10.1985 G173/84).
Aufgrund des vorgelegten Handelsregisterauszuges steht fest, daß Inhaber der Apothekengerechtsame - entgegen der offenbar irrtümlichen Angaben in dem von der Bundesregierung erwähnten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 12. Juni 1985 - die antragstellende KG ist. ArtII Abs1 und 5 ApGNov 1984 verbietet dieser Gesellschaft unmittelbar - ohne daß es noch irgendeines rechtskonkretisierenden Aktes bedürfte -, ab 1. Jänner 1995 ihre Realapotheke in der bisherigen Rechtsform weiterzubetreiben. Die Antragstellerin macht - anders als in dem mit dem soeben zitierten Beschluß G173/84 abgeschlossenen Fall ausdrücklich geltend, daß die von ihr bekämpfte Regelung bereits derzeit unmittelbare (für sie negative) Rechtswirkungen entfalte. Dies zu Recht: So ist es schon heute ausgeschlossen, über den 1. Jänner 1995 hinaus wirksame Verträge über die Berechtigung zum Betrieb einer Realapotheke abzuschließen. Es wäre der antragstellenden KG nicht zumutbar, mit der Antragstellung auf Gesetzesprüfung bis zum 1. Jänner 1995 zuzuwarten (vgl. auch VfSlg. 9823/1983). Die in den bekämpften Gesetzesstellen vorgesehenen Rechtsfolgen treten zum erwähnten Zeitpunkt mit Sicherheit ein.
Zusammenfassend ergibt sich, daß die Bestimmungen nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden KG eingreifen.
cc) Ein anderer zumutbarer Weg als jener des Individualantrages, um die behauptete Verfassungswidrigkeit an den VfGH heranzutragen, besteht nicht. Insbesondere besteht die von der Bundesregierung erwähnte Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, hier nicht. Das Gesetz sieht einen solchen Bescheid nicht ausdrücklich vor. Er wäre hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (anders als etwa in dem mit Beschluß des VfGH vom 5. Oktober 1985, G173/84,
abgeschlossenen Fall, in dem es um die Feststellung der Höhe des Ruhebezuges ging, die sich aus dem Gesetz nicht eindeutig ableiten ließ) nicht geboten, die bescheidmäßige Feststellung der konkreten Rechtsfolge für den Antragsteller zu begehren, da sich diese ohnehin direkt aus dem Gesetz selbst auf eine jeden Zweifel ausschließende Weise ergibt. Wenn - wie hier - der einzige Zweck des Feststellungsbescheides darin besteht, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen ein Gesetz bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den VfGH heranzutragen, ist ein solcher Feststellungsbescheid seit Einführung des Individualantrages (anders als zuvor, vgl. zB VfSlg. 6392/1971) eben kein für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendiges Mittel mehr (vgl. Erk. des VfGH vom 20.3.1986 V40/84, V18/86, S 9, das zum selben Ergebnis kommt).
2. Dkfm. K und F M - die Antragsteller zu G271/86 begründen unter wörtlicher Übernahme der Ausführungen zu G118/86 (und zwar auch jener zu den Prozeßvoraussetzungen) ihre Antragslegitimation damit, daß sie die Kommanditsten der KG seien, die Inhaberin der Apothekengerechtsame ist.
Die angefochtenen Bestimmungen greifen tatsächlich in gleicher Weise in die Rechtssphäre der Kommanditisten ein wie in jene der KG.
3. Sowohl die KG als auch deren Kommanditisten sind sohin antragslegitimiert.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind beide Anträge zulässig.
IV. Der VfGH hat zu den Anträgen in der Sache erwogen:
1. a) aa) Die Antragsteller meinen, ArtII Abs1 und 5 ApGNov. 1984 verstoße deshalb gegen das Gleichheitsgebot, weil die bekämpften Gesetzesbestimmungen die Überleitung von Realkonzessionen in persönliche Konzessionen auf unsachliche Weise beschränkten und befristeten und keine Fortbetriebsrechte für den Fall des Todes des Realkonzessionärs vorsähen; Härtefälle würden damit zur Regel.
bb) Die Bundesregierung hält dem folgendes entgegen:
"Nach Ansicht der Bundesregierung ist diese nicht belegte und undifferenzierte Aussage im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse und auf den Gesamtzusammenhang des ArtII der Apothekengesetz-Nov. 1984 nicht zutreffend.
In Österreich werden gegenwärtig 976 Apotheken betrieben. Die Zahl der Realapotheken beträgt 107. Von diesen 107 werden 50 - also fast die Hälfte - von pharmazeutisch ausgebildeten Realrechtsinhabern selbst geleitet. Für diese kann ArtII Abs1 und 5 der Apothekengesetz-Nov. 1984 keine Härte bedeuten, zumal sie ihre Realgerechtsame gemäß ArtII Abs2 leg.cit. ohne weiteres in eine Konzession überführen können.
Von den restlichen 57 Realapotheken sind in 36 Fällen verantwortliche Leiter bestellt (vgl. §22 Abs3 des Apothekengesetzes iVm ArtIV Abs2 der Apothekengesetz-Nov. 1984 und §22 Abs2 des Apothekengesetzes idF RGBl. Nr. 5/1907), 21 Realapotheken sind verpachtet. Für die Eigentümer dieser Apotheken stehen folgende Wege offen:
a) Die Apotheke könnte in der Form einer handelsrechtlichen Personengesellschaft gemäß §12 des Apothekengesetzes weitergeführt werden und der bisherige Inhaber der Realgerechtsame könnte im diesbezüglichen Vertrag für sich und seine Nachkommen ein entsprechendes Einkommen sichern (vgl. 395 BlgNR XVI. GP, S 16).
b) Sie könnten weiters ihre Apotheke verkaufen. Daß dabei ein entsprechender Erlös erzielt werden kann, wird im Hinblick auf die bevorzugende Regelung in ArtII Abs4 der Apothekengesetz-Nov. 1984 nicht zu bestreiten sein.
c) Schließlich wäre es möglich, daß eine Realapotheke infolge des §22 Abs2 des Apothekengesetzes idF der Apothekengesetz-Nov. 1984 verpachtet bzw. dafür ein verantwortlicher Leiter bestellt werden müßte. In diesem Fall hat der Inhaber der Realgerechtsame die Wahl, entweder die bisher von ihm geführte oder die verpachtete bzw. von einem verantwortlichen Leiter geführte Apotheke als 'konzessionierte' Apotheke zu behalten und die jeweils andere gemäß Pkt. a) oder b) zu verwerten.
Von einem Härtefall kann bei diesen Varianten wohl keine Rede sein, zumal der Gesetzgeber für die Vorbereitung dieser Maßnahmen einen Zeitraum von zehn Jahren zur Verfügung stellt.
Daß der Verkauf einer Realapotheke keinesfalls als Härte angesehen werden kann, wird schon daran deutlich, daß das Eigentum an den zum Betrieb der Apotheke notwendigen unbeweglichen und beweglichen Sachen vom ArtII der Apothekengesetz-Nov. 1984 weder im Fall der Überleitung gemäß Abs1 leg.cit., noch in dem vom Antragsteller als 'Härtefall' bezeichneten Fall der Nichtüberführung berührt wird. Allein die Realgerechtsame - nämlich die frei verkäuflichen oder radizierten Rechte - gehen wiederum in beiden Fällen unter, im Falle der Überführung der Realapotheke gemäß ArtII Abs1 in Verbindung mit Abs4 letzter Satz leg.cit., im Falle der Nichtüberleitung gemäß Abs5 leg.cit. In beiden Fällen erhält aber der Eigentümer der Realapotheke ein Äquivalent, im ersten Fall durch die Konzession, sonst durch den Verkaufserlös. Nur wenn keiner der beiden Wege gangbar ist, kann ein Härtefall entstehen. Dieser ist aber kaum denkbar bzw. voraussehbar, sodaß er die Regelung nicht unsachlich machen kann.
Die Bundesregierung verweist darüberhinaus auf das Erkenntnis VfSlg. 5484, nach dem der Umstand, daß eine Frist zu Härtefällen führen kann, die Regelung allein noch nicht unsachlich macht. ('Bei Setzung einer Frist ist es nicht möglich, Härten auszuschließen. Die Bemessung der Frist wäre nur dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie jeglicher sachlichen Erfahrung entgegenstehenden würde'.) Im Hinblick auf die obigen Ausführungen kann von einer unsachlichen Fristsetzung keine Rede sein.
Der Antragsteller behauptet weiters, es liege eine Bevorzugung jener Realkonzessionseigentümer vor, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben oder noch rechtzeitig abschließen können. Er führt aber nicht näher aus, warum eine solche Differenzierung dem Art7 B-VG widersprechen sollte. Nach Ansicht der Bundesregierung ist nämlich diese Sonderbehandlung sehr wohl sachlich gerechtfertigt, da sie diejenigen bevorzugt, die ihre berufliche Karriere offensichtlich auf die Führung einer Apotheke ausgerichtet und auch bereits Schritte in diese Richtung gesetzt haben (etwa Beginn eines Studiums).
Jedenfalls kann das Argument, daß Kinder von Realapothekeneigentümern nicht einmal dann, wenn sie in kürzester Zeit das Studium der Pharmazie absolvieren, bis zum 1. Jänner 1995 die gemäß §3 Abs1 des Apothekengesetzes geforderten Voraussetzungen erbringen können, die Gleichheitswidrigkeit der inkriminierten Regelung nicht begründen: Einerseits kann es wohl nicht Aufgabe des Apothekenrechtes sein, die lückenlose Weitergabe einer Realgerechtsame im Rahmen einer 'Apotheker-Dynastie' zu sichern, andererseits kann der Gesetzgeber nicht verpflichtet werden, auf Verzögerungen infolge der 'persönlichen Disponiertheit' des Betroffenen besonders Rücksicht zu nehmen.
Der auf Seite 22 des Antrages dargestellte 'Vergleich eines Maturanten im Besitz einer Realkonzession mit einem Maturanten, dessen verstorbener Vater Inhaber einer Konzession nach §12 war' vermag auch keine gleichheitsrechtlichen Bedenken zu tragen. Ein jugendlicher Inhaber einer Realapotheke verliert seine Realgerechtsame im Hinblick auf die Befristung im ArtII der Apothekengesetz-Nov. 1984, eine Ausnahme zu seinen Gunsten wäre wohl mit Art7 B-VG nicht vereinbar, da die Berücksichtigung des Alters des Inhabers einer Realapotheke im Hinblick auf die erklärte Absicht des Gesetzgebers, die Realapotheken abzuschaffen, keine sachliche Rechtfertigung finden kann. Es muß allerdings auch in diesem Zusammenhang betont werden, daß ein solcher Jugendlicher oder Maturant die Möglichkeit, sein Realrecht wirtschaftlich zu verwerten oder als Gesellschafter einer handelsrechtlichen Personengesellschaft gemäß §12 des Apothekengesetzes beizutreten, behält."
cc) Der VfGH geht von dem von der Bundesregierung geschilderten Sachverhalt - der unbestritten blieb - aus und folgt ihr auch in der rechtlichen Argumentation.
Dem Gesetzgeber kann nicht der Vorwurf gemacht werden, seinen rechtspolitischen Gestaltungsfreiraum überschritten zu haben, wenn er annahm, die Realapotheken seien als historisches Relikt zu betrachten, das abzuschaffen sei; dies schon deshalb, weil das nur durch die Absicht einer Sicherung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung (vgl. VfGH 27. 11. 1985 B461/85, B462/85) zu rechtfertigende Apothekenkonzessionssystem (das auf einer die wirtschaftliche Existenz sichernden Bedarfsprüfung aufbaut) mit dem System von Realapotheken nur schwer vereinbar ist. Ist aber das Ziel, die Berechtigung zum Betrieb von Realapotheken abzuschaffen, als nicht unsachlich anerkannt, so gilt dies auch für den damit unvermeidbar verbundenen Eingriff in bestehende Rechte. Die getroffene Übergangsregelung nimmt auf diese Rechte derart Rücksicht, daß das Verhältnis zwischen dem Rechtseingriff und dem angestrebten Ziel als angemessen bezeichnet werden kann. Würde den Vorstellungen der Antragsteller entsprochen, wäre dieses (rechtspolitisch sinnvolle) Ziel in absehbarer Zeit wahrscheinlich überhaupt nicht erreichbar.
b) aa) Die antragstellende KG behauptet weiters, die getroffene Regelung widerspreche dem Recht auf freie Erwerbsausübung (Art6 StGG); sie hindere die Inhaber von Berechtigungen zum Betrieb einer Realapotheke an der weiteren Ausübung ihres Erwerbes, obwohl öffentliche Interessen diesen Schritt nicht forderten. Als Alternativen böten sich nur der Zwang, die Apotheke zu verkaufen oder sich einer bestimmten Ausbildung zu unterziehen.
bb) Die Bundesregierung widerspricht auch diesem Vorwurf.
cc) Die Überlegungen des Antrages sind vom Ansatz her verfehlt: Die getroffene Regelung hindert niemanden, den Beruf eines Apothekers auszuüben. Sie hebt lediglich die für Inhaber von Apothekengerechtsamen bisher bestehende Bevorzugung auf. ArtII ApGNov. 1984 begünstigt sogar die Inhaber einer Realgerechtsame gegenüber anderen Personen.
c) aa) Schließlich wird im Antrag noch eine Verletzung des Eigentumsrechtes (Art5 StGG, Art1 des (1.) ZP zur MRK) geltend gemacht. Die bekämpften Gesetzesbestimmungen entzögen ohne Festlegung einer staatlichen Entschädigungspflicht vermögenswerte Privatrechte ex lege, obwohl das öffentliche Interesse an der Vernichtung dieser Rechte gegenüber den dadurch betroffenen Privatinteressen nicht ins Gewicht falle.
bb) Die Bundesregierung bestreitet, daß hier überhaupt in ein Privatrecht eingegriffen wird. Wenn dies aber der Fall sei, so läge keine Enteignung im engeren Sinn, sondern nur eine Eigentumsbeschränkung vor (Hinweis auf VfSlg. 9911/1983). An dieser sei aber ein Allgemeininteresse gegeben.
cc) Selbst wenn die Norm, die das "Erlöschen der Realgerechtsame" verfügt, sich als Eingriff in private Vermögensrechte darstellen sollte, würde sie keine Verletzung des Eigentumsrechtes bedeuten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. dazu VfSlg. 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 9189/1981) gilt der erste Satz des Art5 StGG ebenso für Eigentumsbeschränkungen, auf die sich allerdings auch der im zweiten Satz des zitierten Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt erstreckt: Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. VfSlg. 9189/1981) und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. VfSlg. 9911/1983).
Von einem Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes kann ernstlich nicht die Rede sein.
Daß die getroffene Regelung sachlich gerechtfertigt ist und im öffentlichen Interesse liegt, wurde oben zu IV. 1. a dargetan.
d) Sämtliche bisher erörterten Bedenken treffen also nicht zu.
2.a) aa) Die Antragsteller behaupten aber weiters, die Wortfolge "soweit sie nicht im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechts stehen" im Abs1 des ArtII ApGNov 1984 widerspreche dem Gleichheitssatz.
Zutreffend schildern die Antragsteller die Rechtslage wie folgt:
"Abs1 des ArtII der ApGNov 1984 bestimmt, daß Realapotheken nach Ablauf von zehn Jahren nur mehr in der Rechtsform einer konzessionierten Apotheke betrieben werden dürfen. Abs5 leg.cit. ordnet das Erlöschen aller bis zum 1.1.1995 noch nicht gemäß Abs2 bis 4 in eine persönliche Konzession übergeführten Realkonzessionen an. Realapotheken im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechts sind davon ausgenommen."
Sie meinen, für diese Differenzierung sei keine sachliche Rechtfertigung zu finden; vielmehr wolle offenbar der Bund sich selbst als Privatrechtsträger Vorteile verschaffen.
bb) Dem hält die Bundesregierung entgegen:
"Bei der im ArtII Abs1 der ApGNov. 1984
vorgenommenen Differenzierung handelt es sich vielmehr um eine im Hinblick darauf, daß Körperschaften immer nur durch Organe handeln können, sachnotwendige und sachlich gerechtfertigte Differenzierung. Würde man nämlich die Realapotheken dieser Körperschaften dem Regime des ArtII der ApGNov. 1984 unterwerfen, so würde dies eine einseitige Benachteiligung der von einer solchen Maßnahme betroffenen Körperschaft öffentlichen Rechtes bedeuten, da diese wohl niemals - wie im ArtII Abs2 der ApGNov. 1984 gefordert - den 'Voraussetzungen gemäß §3 Abs1 des Apothekengesetzes' entsprechen können und damit auch keine Apothekenkonzession erwirken können. Wie auch auf Seite 16 des Antrages festgestellt wird, kommt aus Gründen, die in der Natur der Sache gelegen sind, für Körperschaften öffentlichen Rechtes die persönliche Führung einer Apotheke nicht in Betracht. Dann scheint aber die Forderung nach Gleichstellung dieser Körperschaften mit den privaten Eigentümern von Realapotheken nicht gerechtfertigt zu sein, da bei den ersteren der 'Personalitätsgrundsatz' nie verwirklicht werden kann."
b) Damit weist die Bundesregierung nicht nach, daß die im ArtII Abs1 ApGNov. 1984 vorgesehene begünstigende Sonderregelung für die Körperschaften des öffentlichen Rechts sachlich sei:
Zwar kann es im Hinblick auf die besonderen Aufgaben, die den Gebietskörperschaften und allenfalls auch sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechtes auf dem Gebiet des Gesundheitswesens zukommen, sachlich gerechtfertigt sein, daß diese Körperschaften selbst Apotheken betreiben. Der VfGH sieht aber keinen sachlichen Grund dafür, weshalb dies gerade in der Rechtsform einer Realapotheke geschehen muß, einer Rechtsform, die der Gesetzgeber grundsätzlich als unerwünscht ansieht und sonst allgemein ab 1. Jänner 1995 beseitigt. Wenn der Gesetzgeber den Betrieb von Apotheken durch (bestimmte) Körperschaften des öffentlichen Rechtes für wünschenswert erachten sollte, könnte er hiefür im Apothekengesetz eine (Dauer-)Regelung vorsehen, die sich im Rahmen des ab 1. Jänner 1995 bestehenden Systems hält, also das Gesetz etwa derart ändern, daß diese Körperschaften vom Verbot des §12 Abs3 ApG ausgenommen werden.
c) Die gegen die Wortfolge ", soweit sie nicht im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechtes stehen," im ArtII Abs1 ApGNov. 1984 vorgebrachten Bedenken sind sohin berechtigt.
Diese Wortfolge war deshalb als dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend und damit als verfassungswidrig aufzuheben.
Im übrigen erweisen sich die Bedenken als nicht begründet. Die Anträge waren also in diesen Umfang abzuweisen.
d) Von der Bestimmung einer Frist iS des Art140 Abs5 B-VG wurde abgesehen, weil dem ArtII Abs1 ApGNov.1984 zufolge die Berechtigungen zum Betrieb einer Realapotheke erst mit 1. Jänner 1995 ablaufen. Bis dahin ist es dem Gesetzgeber - ohne daß dies einer Fristsetzung durch den VfGH bedürfte - möglich, die allenfalls erforderlichen Adaptierungen im Sinne der obigen Ausführungen vorzunehmen.
e) Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art140 Abs 5 un