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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29. Juni 1989, Zl. Jv 1827 - 33a/89, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Nachdem die Beschwerdeführerin im Anschluß an einen Verkehrsunfall vom 7. März 1988 am 3. Juni 1988 durch ihren Vertreter beim Bezirksgericht X (in der Folge: BG) zu dg. AZ. 6 C 1552/88 gegen den Schädiger und dessen Versicherer als beklagte Parteien eine (Mahn)Klage - der betreffende Rechtsstreit ist noch nicht beendet - überreicht hatte, war von ihrem Vertreter für sie am 5. Juli 1988 beim BG zu
dg. AZ 6 C 1779/88 neuerlich eine - als Formblattklage gemäß § 453a Z. 1 ZPO in der Fassung durch Art. IV Z. 75 der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135, und Art. II Z. 3 lit. a) der Zivilverfahrens-Novelle 1986, BGBl. Nr. 71, in Verbindung mit der Mahnform-Verordnung BGBl. Nr. 467/1985 eingebrachte - (Mahn)Klage gegen dieselben beklagten Parteien wegen desselben Anspruches überreicht worden. In beiden Fällen waren die dem Streitwert entsprechenden Gerichtsgebühren entrichtet worden, und zwar zumindest im zweiten Fall ohne Zahlungsauftrag.
Die gemäß § 453a Z. 2 ZPO (in der Fassung durch Art. IV Z. 75 der Zivilverfahrens-Novelle 1983 und durch Art. 2 Z. 3 lit. b der Zivilverfahrens-Novelle 1986) an die Stelle der Zustellung der Klage tretende Zustellung des den Klagsinhalt vollständig wiedergebenden Zahlungsbefehls des BG vom 5. Juli 1988, GZ. 6 C 1779/88-2, war am 7. Juli 1988 an den Versicherer und am 8. Juli 1988 an den Schädiger erfolgt.
Am 23. August 1988 war beim BG der Antrag der Beschwerdeführerin vom 19. August 1988 eingelangt, ihr die für die oben erwähnte zweite, irrtümlich überreichte und völlig gleichlautende (Mahn)Klage (das betreffende Verfahren sei wegen Streitanhängigkeit ab der Zustellung des Zahlungsbefehls in dem angeführten ersten Verfahren nichtig) zurückzuzahlen.
Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (wie die Beschwerdeführerin vermeint) der oben dargestellte Rückzahlungsantrag - zur Gänze oder zumindest zu drei Viertel - begründet ist oder (im Sinne der Begründung des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides der belangten Behörde) nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 GGG unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an sie gerichteten Eingaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.
Auf Grund des § 2 Z. 1 lit. a) GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage oder des in der Anmerkung 1 zur Tarifpost (in der Folge: TP) 1 angeführten Antrages begründet.
Gemäß § 3 Abs. 1 GGG ist die Pauschalgebühr in zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren nur einmal zu entrichten, gleichgültig, ob die Klage (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht. Das gleiche gilt für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt ist.
Nach § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG ist bei zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren der Antragsteller (Kläger ...) zahlungspflichtig.
Gemäß § 30 Abs. 2 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen:
1. wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, daß überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde;
2. wenn die Gebühr vor Vornahme der Amtshandlung zu entrichten war, ihre Vornahme jedoch unterbleibt.
Die Höhe der Gerichtsgebühren (Pauschalgebühren) im zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bestimmt sich grundsätzlich nach TP 1.
Auf Grund der Anmerkung 1. zur TP 1 unterliegen der Pauschalgebühr nach TP 1 u.a. alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen. Die Pauschalgebühr ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.
Gemäß der Anmerkung 3. zur TP 1 ermäßigen sich die Pauschalgebühren auf ein Viertel, wenn u.a. die Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wird. Das gleiche gilt auch, wenn die Klage oder der Antrag - ausgenommen den Fall einer Überweisung nach § 230a ZPO - von vornherein zurückgewiesen wird. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.
Die Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend davon aus, daß in ihrem Beschwerdefall die Zustellung der zweiten (Mahn)Klage im ADV-Mahnverfahren erfolgte (s.z.B. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2, Wien 1990, Rz 1643).
Die Beschwerdeführerin scheint aber vor allem zu übersehen, daß die belangte Behörde (der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz, der gemäß § 30 Abs. 3 zweiter Satz GGG - wie im vorliegenden Fall - über den Rückzahlungsantrag mit Bescheid entscheidet) als JustizVERWALTUNGsorgan an die Entscheidungen des GERICHTES (hier also des BG) gebunden ist, sodaß jedenfalls im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Erörterung, ob die zweite (Mahn)Klage richtig a limine zurückzuweisen gewesen wäre oder nicht, zu unterbleiben hat.
Nun knüpft nach - von der Beschwerdeführerin vermutlich übersehener - ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/16/0117, mit weiterem Hinweis) die Gerichtsgebührenpflicht bewußt an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0106, ÖStZB 19/1988, S. 416, und vom 20. April 1989, Zl. 88/16/0034, ÖStZB 23/24/1989, S. 477) dargetan, daß der Justizausschuß in seinem Bericht zur Regierungsvorlage zum GGG (454 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP) mit seinen Ausführungen zur TP 1 deutlich zu erkennen gab, daß er eine - über die ausdrücklich angeführten Ausnahmen hinausgehende - Teilung der Gebühren für kürzere (NICHT STREITIGE) und für längere (STREITIGE) Verfahren als nicht zielführend ansah.
Die vorliegende Beschwerde ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989160155.X00Im RIS seit
24.10.2001