Index
L66454 Landw Siedlungswesen Oberösterreich;Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr,
Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der FD und MD gegen den Bescheid des Präsidenten des Kreisgerichtes Wels vom 30. Dezember 1988, Zl. Jv 3326 - 33a/88, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Behandlung der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 192/89-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinne der Begründung des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides der belangten Behörde) für die Eintragung im Grundbuch zum Erwerb des Eigentums an einer bestimmten Liegenschaft auf Grund eines von den Beschwerdeführern als Käufern mit einem Verkäufer nicht vor der Agrarbehörde, aber in verbücherungsfähiger Form errichteten Kaufvertrages, der von der zuständigen Agrarbezirksbehörde im nachhinein mit (rechtskräftig gewordenem) Bescheid als "Siedlungsmaßnahme (Maßnahme der Bodenreform)" - unter Berufung auf §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Z. 6 und 4 Abs. 4 O.ö. LSG. 1970 - genehmigt und bestätigt wurde, die Eintragungsgebühr gemäß TP 9 C. lit. b) Z. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs zu entrichten ist oder (im Sinne der Beschwerdeführer) auf Grund des § 15 AgrVG (, worauf sie erstmals in ihrem Antwortschreiben auf die betreffende Zahlungsaufforderung des zuständigen Kostenbeamten hingewiesen hatten,) nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der angeführten TP sind u.a. für Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums Gerichtsgebühren in Höhe von 1 v.H. vom Wert des Rechtes zu entrichten. Jedenfalls in diesem Umfang ersetzte diese Vorschrift die TP 11 C. lit. b) Z. 1 des auf Grund des § 1 GJGebGes 1962 einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.
Gemäß § 10 Z. 3 GGG (vorher § 10 Z. 3 GJGebGes 1962 und davor § 10 Z. 3 GJGebGes) hat die persönliche und nach § 13 GGG nunmehr auch die sachliche Gebührenfreiheit u.a. zur Voraussetzung, daß sie in der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan, daß die Gebührenfreiheit noch innerhalb der für einen Berichtigungsantrag offenstehenden Frist geltend gemacht werden kann, und daß die Unterlassung des Hinweises auf die gesetzliche Grundlage der Gebührenfreiheit in der Eingabe ... bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Gebührenpflicht nicht Präklusion bewirkt (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0072, mit weiterem Hinweis).
Die erwähnte Vorschrift "unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage" macht die Gebührenfreiheit nicht von der Angabe der einschlägigen "Gesetzesstelle" abhängig, sie ist vielmehr nur so zu verstehen, daß die Rechtsgrundlage anzugeben ist, auf die sich der Befreiungswerber stützen will, weshalb z.B. die Angabe eines Erlasses des Bundesministers für Justiz, der eine Auslegung der in Anspruch genommenen Befreiungsbestimmung zum Gegenstand hatte, genügte (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 10. Oktober 1956, Zl. 857/54, und vom 22. November 1960, Zl. 1399/57, ÖStZB 12/1961, S. 52). Sinn der Vorschrift kann wohl nur der sein, daß die Gebührenfreiheit nicht von Amts wegen berücksichtigt wird, sondern von der gebührenbefreiten Partei ausdrücklich geltend gemacht werden muß, zumal der oben angeführte § 10 Gebührenbefreiungsbestimmungen der verschiedensten Art enthält und namentlich unter Z. 3 auch die in anderen Gesetzen vorgesehenen Befreiungsvorschriften einbezieht; es muß die Angabe der Rechtsgrundlage, auf die sich der Antragsteller stützen will, genügen (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 16. April 1958, Zl. 1358/57, Slg. Nr. 1812/F, und vom 12. November 1958, Zl. 437/58). Daher genügte es nicht, wenn sich ein Antragsteller in seinem Grundbuchsgesuch zur Darlegung der von ihm in Anspruch genommenen Gebührenbefreiung nur (materiell zu Unrecht) auf die Bestimmungen des WFG 1954 berief und im Verwaltungsverfahren nicht das Versäumnis nachholte, auch auf die Gebührenbefreiungsvorschrift für den Kleinwohnungsbau hinzuweisen (siehe z.B. das Erkenntnis vom 17. September 1963, Zl. 1127/63).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt in seinem Erkenntnis vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0006, mit weiterem Hinweis, dargetan, daß die - auch Gerichtsgebühren betreffende - Abgabenbefreiung des § 15 AgrVG, und zwar auch in der Fassung durch Art. I Z. 5 der Agrarverfahrensnovelle 1967, BGBl. Nr. 77, Verträgen nicht zukommt, die nicht vor der Agrarbehörde abgeschlossen wurden, und unter einem Verfahren "in den Angelegenheiten des landwirtschaftlichen Siedlungswesens" nur ein Verfahren vor der Agrarbehörde zu verstehen ist, sodaß die Abgabenfreiheit nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle nicht für Fälle gilt, in denen dem Erwerb lediglich im nachhinein eine bescheidmäßige Erklärung laut Gesetz folgt.
In diesem Erkenntnis vom 8. Februar 1990 hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die speziellen Bestimmungen des § 53 letzter Satz in Verbindung mit § 50 Abs. 2 FlVGG in der Fassung durch Art. I Z. 14 in Verbindung mit Z. 13 der Flurverfassungsnovelle 1967, BGBl. Nr. 78, für den - dem Gesetzgeber offensichtlich besonders wichtig erschienenen - Teilbereich "Flurbereinigung" ausführlich begründet, daß, anders als nach den Bestimmungen des § 15 AgrVG (in der zitierten Fassung) allein, Vertragsurkunden und die auf Grund dieser Urkunden geschehenen bücherlichen Eintragungen, die den Bestimmungen des § 50 Abs. 2 FlVGG (in der zitierten Fassung) entsprechen, keiner öffentlichen Abgabe (somit auch nicht den Gerichtsgebühren) unterliegen.
Die Beschwerdeführer übersehen offensichtlich, daß der Begriff "Bodenreform" im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Z. 3 B-VG mehrere verschiedene Gebiete umfaßt. Dazu gehören nicht nur die im FlVGG und (dies gilt auch für die in der Folge angeführten Grundsatzgesetze) den betreffenden Ausführungsgesetzen der Länder (soweit überhaupt erlassen) geregelte Zusammenlegung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (für verschiedene Fälle der Grundstückszusammenlegung ist ein vereinfachtes Verfahren, nämlich das "Flurbereinigungsverfahren" vorgesehen) und die ebenfalls im FlVGG normierte Ordnung agrargemeinschaftlicher Grundstücke, sondern auch die im WWNGG bestimmte Servitutenregulierung (Wald- und Weidenutzung), die im GSGG ihre Grundlage findende landwirtschaftliche Bringung und - abgesehen vom Almschutz - das durch das LSGG und die betreffenden Ausführungsgesetze der Länder geregelte landwirtschaftliche Siedlungswesen (siehe z.B. den Abschnitt Bodenreform in Walter-Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2, Wien 1987, S. 267-280).
In Einklang mit vorstehenden Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 86/16/0041, die Ansicht des damaligen Beschwerdeführers, Ziel des § 15 AgrVG (in der zitierten Fassung) sei es, nicht nur die Verfahren vor der Agrarbehörde von JEGLICHEN Abgaben zu befreien, sondern ALLE die Landwirtschaft fördernden Maßnahmen von öffentlichen Abgaben JEDWEDER Art zu befreien, als verfehlt bezeichnet und erwidert, Gegenstand der Gebührenbefreiung können eben vielmehr nur die im Gesetz AUSDRÜCKLICH genannten Fälle sein.
Ganz abgesehen davon, daß die betreffenden Ausführungsgesetze der Länder (siehe z.B. § 106 O.ö. FLG 1979, LGBl. Nr. 73, oder § 21 O.ö. LSG. 1970, LGBl. Nr. 29) nur von der Entrichtung landesgesetzlich geregelter Abgaben befreien und befreien dürfen, weil das betreffende Landesgesetz auf die mit der Eintragungsgebühr bundesgesetzlich geregelten Abgaben (Art. 10 Abs. 1 Z. 4 B-VG) zum Zwecke der Befreiung wegen der verfassungsgesetzlich geregelten Kompetenzverteilung keinen Einfluß nehmen darf (siehe z.B. das Erkenntnis vom 7. Juni 1966, Zl. 802/65, ÖStZB 22/1966, S. 180), scheinen die Beschwerdeführer zu übersehen, daß nicht nur das FLVGG sondern auch das LSGG eine ausdrückliche Befreiungsvorschrift enthält. Der durch Art. I Z. 1 des Bundesgesetzes vom 9. Juli 1969, BGBl. Nr. 279, (als unmittelbar anwendbares Bundesrecht) geschaffene (nunmehrige) Art. III LSGG befreit nämlich Siedlungsträger (§ 6 Abs. 2) im Rahmen ihrer Anerkennung von den Eintragungsgebühren nach (der eingangs angeführten) "TP. 11 lit. b". Abgesehen davon, daß sich die Beschwerdeführer auf diese Befreiungsvorschrift nie (auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) beriefen, handelt es sich dabei um eine persönliche (und nicht sachliche) Gebührenbefreiung nur für die erwähnten Siedlungsträger und als solche kommen nach § 6 Abs. 2 LSGG nur juristische Personen in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Auslegung dieses Art. III LSGG in der zitierten Fassung auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/16/0092, verwiesen.
Nun knüpft nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. das Erkenntnis vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0022, mit weiterem Hinweis) die Gerichtsgebührenpflicht bewußt an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen.
Es kann dem Gesetzgeber bei der Schaffung des nunmehrigen Art. III LSGG im Jahre 1969 wohl nicht unterstellt werden, er habe unter Außerachtlassung der inzwischen von ihm geschaffenen Flurverfassungsnovelle 1967 eine Ausdehnung der Anwendungsmöglichkeiten des § 15 AgrVG in der Fassung der Agrarverfahrensnovelle 1967 gewollt, zumal den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu dem zitierten Bundesgesetz vom 9. Juli 1969 (1255 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP) u.a. - wie bereits in dem angeführten Erkenntnis vom heutigen Tag dargelegt - folgendes zu entnehmen ist:
"Eine verläßliche Schätzung der Auswirkungen dieses Gesetzentwurfes auf das Steueraufkommen ist nicht möglich, weil sich der Umfang der Tätigkeit der Siedlungsträger je nach dem Grundangebot unterschiedlich gestalten wird. Allfällige Ausfälle werden aber schon deshalb nicht bedeutend sein, weil hier Maßnahmen für die Zukunft angeregt werden, die ohne die abgabenrechtlichen Erleichterungen unterbleiben würden. Soweit aber die Siedlungsträger bereits bisher GRUNDSTÜCKE IN EINEM VERFAHREN VOR DEN AGRARBEHÖRDEN ERWORBEN haben, waren sie auch nach § 15 Agrarverfahrensgesetz 1950 in der Fassung der Agrarverfahrensnovelle 1967, BGBl. Nr. 77, von Abgaben befreit."
Lediglich der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Mißverständnissen wird noch bemerkt, daß sich die Beschwerdeführer nie (auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) auf die Befreiungsvorschrift des § 53 FlVGG beriefen und auch der von ihnen vorgelegte, eingangs erwähnte Bescheid nicht dem § 50 Abs. 2 FlVGG in der zitierten Fassung entspricht.
Aus den dargelegten Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989160117.X00Im RIS seit
24.10.2001