Index
L10103 Stadtrecht Niederösterreich;Norm
AbgEO §12 Abs2;Beachte
Besprechung in:ÖStZB 1991, 144;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der AN-GmbH gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom 16. Juli 1985, Zl. 037/9/Dr.Po./Schr., betreffend Vollstreckbarkeitsbestätigung eines Rückstandsausweises in Angelegenheit von Wasserabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt St. Pölten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren (Ersatz der Umsatzsteuer und Stempelgebührenersatz) wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom 16. Juli 1985 wurde dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung auf einen Rückstandsausweis betreffend Wasserabgaben für die Jahre 1982 und 1983 keine Folge gegeben. Nach der Begründung dieses Bescheides sei die beschwerdeführende Gesellschaft Inhaberin eines Wasserleitungsanschlusses in St. Pölten. Für den Wasserbezug in den Jahren 1982 und 1983 sei ihr mit Abgabenbescheiden des Magistrates der Stadt St. Pölten - Wasserwerk vom 22. November 1982 und vom 14. November 1983
die Zahlung der fälligen Wasserabgaben in Höhe von S 92.134,26 inklusive 8 Prozent Umsatzsteuer für 1982 bzw. S 179.194,59 inklusive 8 Prozent Umsatzsteuer für 1983 vorgeschrieben worden. Diese Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen.
Nach ergebnislosen schriftlichen Mahnungen und diversen Inkassoversuchen habe der Magistrat der Stadt St. Pölten beim Bezirksgericht St. Pölten den Antrag auf Exekutionsbewilligung auf Grund des mit Vollstreckbarkeitsbestätigung versehenen Rückstandsausweises vom 2. März 1984 eingebracht. Die Exekution sei vom Bezirksgericht St. Pölten vorerst bewilligt worden. In weiterer Folge habe die beschwerdeführende Gesellschaft die Aufschiebung der Exekution und die Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Rückstandsausweises beantragt, worauf vom Bezirksgericht St. Pölten mit Beschluß vom 25. Oktober 1984 die "Aufhebung" der Exekution bewilligt worden sei. Der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung sei mit Unrichtigkeit des Rückstandsausweises begründet worden; weiters sei behauptet worden, daß sämtliche Abgaben aus tatsächlichen Wasserbezügen bereits bezahlt worden seien.
Diesem Antrag habe der Magistrat der Stadt St. Pölten-Wasserwerk mit Bescheid vom 7. Mai 1985 keine Folge gegeben. Dagegen habe die Beschwerdeführerin berufen.
Im Hinblick auf die rechtskräftigen Abgabenvorschreibungen, diverse schriftliche Mahnungen und Inkassoversuche, so heißt es in der Begründung des Berufungsbescheides weiter, könne von einer irrtümlichen Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung im Sinne des § 3 Abs. 2 VVG 1950 keine Rede sein. Die Abgabenschuldnerin habe es nämlich unterlassen, gegen die in Rede stehenden Abgabenbescheide ein Rechtsmittel einzubringen; auch sei ein Wiederaufnahmeantrag nicht gestellt worden.
Im übrigen habe die erstinstanzliche Behörde auf Grund des gestellten Antrages auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung von amtswegen die für die Wasserabgabenvorschreibung betreffend die Jahre 1982 und 1983 maßgebenden Umstände eingehend überprüft und sei zum Ergebnis gelangt, daß die seinerzeitigen Abgabenvorschreibungen rechtmäßig erfolgt seien.
1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei "ein bereits rechtskräftiger Abgabenbescheid, aufgrund dessen ein Rückstandausweis erlassen wird aufgrund dessen in der Folge Exekution geführt wird ... nicht geeignet dem Abgabenverpflichteten die Einwendungen nach § 3 (2) VVG im Sinne des § 35 E.O. abzuschneiden und begründet hinsichtlich der im Sinne des § 35 E.O. erhobenen Einwendungen nicht eine rechtskräftig entschiedene Sache." Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung behauptet, daß bei der Ablesung seitens des Wasserwerkes bei weitem zu hohe Werte abgelesen worden seien. Weiters habe sie behauptet, sämtliche aushaftenden Beträge an Wasserkosten bezahlt zu haben, sodaß ein Rückstand nicht vorliege.
Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof stellte die beschwerdeführende Partei den Firmenwortlaut "Firma Studio N Gesellschaft m.b.H.", wie er im angefochtenen Bescheid und auf der Urschrift der Beschwerde aufscheint, richtig in "AN Gesellschaft m.b.H." und legte eine diesbezügliche Amtsbestätigung des Handelsregisters vor.
1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der dem Vollstreckungsverfahren zugrunde liegende Anspruch ist ein abgabenrechtlicher Anspruch auf Leistung einer Gemeindeabgabe. Gemäß § 18 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, LBGBl. 6930-0, hat die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgetragenen Einwände gegen den Exekutionstitel (Rückstandsausweis nach § 177 der NÖ Abgabenordnung - NÖ AO 1977, LGBl 3400-0 in der Fassung LBGl 3400-2) wären daher nach § 15 und im Falle der Strittigkeit bescheidmäßig nach § 13 der Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949, zu behandeln gewesen. Die Anwendbarkeit der Abgabenexekutionsordnung folgt aus deren § 2 Abs. 1, wonach ihre Bestimmungen sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche gelten.
Dazu, daß ungeachtet der unrichtigen Zitierung des § 3 Abs. 2 VVG 1950 zu Recht die zuständigen AbgabenEINHEBUNGSbehörden der Gemeinde tätig geworden sind, verweist der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG auf sein Erkenntnis vom 29. März 1982, Zl. 81/17/0128.
Nach § 75 des St. Pöltner Stadtrechtes 1977, LGBl 1015-0, findet eine Vorstellung gegen Bescheide eines Organs der Stadt in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches nicht statt. Der Instanzenzug ist somit erschöpft.
2.2. Die beschwerdeführende Partei stellt die Rechtmäßigkeit des Rückstandsausweises in Frage. Sie ist damit - im Ergebnis - im Recht.
§ 13 Abs. 1 der Abgabenexekutionsordnung lautet:
"(1) Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, daß die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder wenn er behauptet, daß das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er seine bezüglichen Einwendungen beim Finanzamt (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen."
Durch § 13 leg. cit. wird dem Vollstreckungsschuldner die Möglichkeit eingeräumt, gegen den Titel als solchen Einwendungen zu erheben.
Wie sich nun aus den beiden im Verwaltungsakt erliegenden - unbestritten rechtskräftig gewordenen - Abgabenbescheiden des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten für 1982 und 1983 ergibt, ist der auf dem Rückstandsausweis vom 2. März 1984 als Abgabenschuldnerin bezeichneten beschwerdeführenden Gesellschaft die Abgabe in Wahrheit nicht vorgeschrieben worden. Vielmehr ist als Bescheidadressat AN bezeichnet. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Adressierung "Herrn/Frau/Firma AN z. H. Studio N Ges.m.b.H.
ist es ausgeschlossen, die beschwerdeführende
Gesellschaft m.b.H. als jene Person anzusehen, der im nachfolgenden Satz des Bescheides, welcher lautet: "Gemäß den Bestimmungen des NÖ. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 in Verbindung mit der NÖ. Abgabenordnung 1977 haben Sie unten angeführte Abgaben zu entrichten:", die Abgaben zur Zahlung vorgeschrieben wurden. Diese Personsumschreibung ist notwendiger Bestandteil des Spruches der Abgabenbescheide. Eine Umdeutung dahin, daß es in Wahrheit umgekehrt hätte heißen sollen "An die Ges.m.b.H. z. H. Herrn N" kommt nicht in Betracht (vgl. auch die hg. Rechtsprechung, wonach selbst im Wege eines Berichtigungsbescheides keine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende Auslegung des Spruches vorgenommen werden darf, z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Februar 1984, Zl. 83/17/0197, 0198 = ZfVB 1984/5/1971).
2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989. Ersatz der Umsatzsteuer war nicht zuzusprechen, da dieser bereits mit dem Schriftsatzaufwandpauschale abgegolten ist. Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 und Abs. 5 Z. 1 des Gebührengesetzes ist die Verwaltungsgerichsthofbeschwerde mit S 120,-- an fester Gebühr (nicht nach Bogen) zu vergebühren.
2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Unrichtige Höhe der Stempelgebühren Erstattung bzw NotionierungSchriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des PauschbetragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1985170116.X00Im RIS seit
14.11.2001Zuletzt aktualisiert am
15.03.2010