Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §62 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde des AW gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24.Mai 1989, Zl. 3-30 M 155-89/81, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz (BH) hat dem Beschwerdeführer mit einstweiliger Verfügung vom 29. Jänner 1988 gemäß § 122 WRG 1959 untersagt, "die Teichanlage auf Grundstück Nr. 130/10 KG. W zu bespannen"; gleichzeitig wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Die BH begründete diese Maßnahmen und insbesondere auch das von ihr angenommene Vorliegen von "Gefahr im Verzug" damit, daß der Beschwerdeführer seine Teichanlage ohne wasserrechtliche Bewilligung vergrößert habe, wodurch eine Hangrutschung des Grundstückes Nr. 105/7 und damit auch ein Abrutschen von dort befindlichen Gebäuden ausgelöst werden könnte.
Diese einstweilige Verfügung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof belangten Behörde) vom 12. August 1988 mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten habe:
" Gemäß §§ 98 und 122 Abs. 1 WRG 1959 in der geltenden Fassung wird Herrn AM ... auf Antrag von ... wegen Gefahr im Verzug untersagt, die Teichanlage auf Grundstück Nr. 105/1 und 131/1 KG. W zu bespannen.
Gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 in der geltenden Fassung wird die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen."
Die belangte Behörde teilte in diesem Bescheid auf Grund vorliegender Gutachten die Ansicht der BH, daß "Gefahr im Verzug" vorliege.
Mit Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 88/07/0117, hat dann der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerde des AM den Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 1988 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG) aufgehoben; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die belangte Behörde ein vom Beschwerdeführer vorgelegtes weiteres Gutachten nicht beachtet habe, nach welchem derzeit keine unmittelbare Gefährdung für Gebäude bestehe.
Mit (Ersatz-)Bescheid vom 24. Mai 1989 hat sodann die belangte Behörde auf Grund dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes die erstinstanzliche einstweilige Verfügung vom 29. Jänner 1988 behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 an die BH zurückverwiesen.
Bereits kurze Zeit nach der Erlassung der einstweiligen Verfügung zu Beginn des Jahres 1988 war seitens der BH anläßlich einer örtlichen Erhebung beobachtet worden, "daß Herr AM die Teichanlage auf glaublich Gst. Nr. 130/10, KG. W" entgegen der einstweiligen Verfügung vom 29. Jänner 1988 befüllt habe. Es wurde daher ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet. Im Zuge seiner Einvernahme in diesem Strafverfahren gab der Beschwerdeführer am 8. April 1988 niederschriftlich u.a. an, daß sich die Teichanlage auf den Grundstücken Nr. 105/1 und 131/1 KG. W, befinde. Er könne sich nicht erklären, wie es zur Verwechslung der Grundstücksnummern durch die Behörde gekommen sei. Mit heutigem Tag wisse er, daß die Behörde mit ihrem Bescheid vom 29. Jänner 1988 die Teichanlage gemeint habe, welche als "Teichanlage XYZ" bezeichnet werde. Die Bespannung dieses Teiches, die ihm mit der einstweiligen Verfügung untersagt worden sei, habe er bereits am 26. Jänner 1988, also noch vor Erlassung dieser einstweiligen Verfügung, vorgenommen. Die Entleerung des Teiches sei ihm nicht aufgetragen worden. In einer schriftlichen Eingabe vom 18. April 1988 machte der Beschwerdeführer gegen die Strafverfolgung u.a. auch geltend, die einstweilige Verfügung und der Ladungsbescheid im Verwaltungsstrafverfahren stünden hinsichtlich der örtlichen Lage der Teichanlage zueinander im Widerspruch. Es sei keine Identität "zwischen Anordnung der Behörde und Strafverfolgung" gegeben.
Die BH wartete in der Folge die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 12. August 1988 ab und setzte davon den Beschwerdeführer in Kenntnis.
Mit Bescheid (Straferkenntnis) der BH vom 20. Jänner 1989 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 137 WRG 1959 eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er am 9. März 1988 den auf den Grundstücken Nr. 105/1 und Nr. 131/1 KG. W gelegenen, als XYZ bezeichneten Teich entgegen der einstweiligen Verfügung der BH vom 29. Jänner 1988 bespannt gehabt und somit eine im Bescheid der Wasserrechtsbehörde getroffene Anordnung nicht eingehalten habe. Als verletzte Rechtsvorschrift führte die BH den § 137 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit der einstweiligen Verfügung der BH vom 29. Jänner 1988, bestätigt von der nunmehr belangten Behörde mit Bescheid vom 12. August 1988, an. Begründend legte die BH dar, es sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer den Teich noch nach Erlassung der einstweiligen Verfügung befüllt habe. Bezüglich der falschen Bezeichnung des Grundstückes wies die BH darauf hin, daß am 25. Jänner 1988 ein Gespräch mit dem Beschwerdeführer geführt worden sei, bei dem ein Plan vorgelegen sei, wonach der gegenständliche Teich auf Grundstück Nr. 130/10 liegen hätte müssen. Der Beschwerdeführer habe die Lage des Teiches auf diesem Plan auch bestätigt. Überdies hätte er auf Grund dieses Gespräches nach Erhalt der einstweiligen Verfügung wissen müssen, um welchen Teich es sich handle.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er seinen im Verwaltungsstrafverfahren vor der BH bereits eingenommenen Standpunkt aufrecht erhielt.
Diese Berufung hat die belangte Behörde mit ihrem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. Mai 1989 als unbegründet abgewiesen. Zum Vorbringen, daß die Teichanlage bereits vor der Zustellung der einstweiligen Verfügung bespannt worden sei, stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß die Bespannung des Teiches nach den durchgeführten Erhebungen auch nach diesem Zeitpunkt vorgenommen worden sei. Des weiteren müsse darauf hingewiesen werden, daß unter dem Verbot des Bespannens auch das Bespannthalten der Teichanlage zu subsumieren sei. Es erübrige sich, so führte die belangte Behörde ferner aus, auf die behaupteten inhaltlichen und formellen Mängel des Bescheides vom 29. Jänner 1988 näher einzugehen, weil es sich hiebei um ein anderes Verfahren handle. Zum Zeitpunkt der Übertretung am 9. März 1988 sei der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, die Vorschreibungen des genannten Bescheides einzuhalten, und zwar auf Grund des weiteren Verlaufes des diesen Bescheid betreffenden Verfahrens bis zum Zeitpunkt der aufhebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1989. In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides setzte sich die belangte Behörde noch ausführlich mit der Frage der Strafbemessung auseinander, und zwar mit dem Ergebnis, daß sich für die belangte Behörde keine Begründung ergebe, die von der BH verhängte Strafe herabzusetzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen subjektiven Rechten auf Einhaltung verfahrensrechtlicher Vorschriften und auf gesetzmäßige meritorische Anwendung des VStG 1950 und des WRG 1959 verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind Beschädigungen von Wasseranlagen sowie von gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 57), ferner Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen, schließlich die Nichteinhaltung der in Bescheiden der Wasserrechtsbehörden getroffenen Anordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis 20.000 S zu bestrafen.
Mit dem im Beschwerdefall angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer ein Zuwiderhandeln gegen die von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz in der einstweiligen Verfügung vom 29. Jänner 1988 getroffenen Anordnungen vorgeworfen. Der Beschwerdeführer macht dagegen u.a. geltend, ihm sei mit der einstweiligen Verfügung nur ein zukünftiges Verhalten untersagt worden; die "Pönalisierung der Aufrechterhaltung eines bescheidwidrigen Zustandes" werde dadurch nicht gedeckt. Die belangte Behörde habe durch die Bestätigung des Straferkenntnisses der BH dessen Spruch zum Spruchinhalt ihrer eigenen Entscheidung gemacht. Danach solle die Verwaltungsübertretung des Beschwerdeführers darin gelegen sein, daß er am 9. März 1988 auf den Grundstücken Nr. 105/1 und Nr. 131/1, also nicht einmal auf dem im Bescheid vom 29. Jänner 1988 genannten Grundstück Nr. 130/10, einen Teich bespannt habe. Ein solches Verhalten könne aber dem Beschwerdeführer schon deshalb nicht zur Last gelegt werden, weil er zu dem ihm angelasteten Tatzeitpunkt überhaupt nichts unternommen oder unterlassen habe, was ihm seitens der Behörde untersagt oder aufgetragen worden sei.
Schon dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer einem bescheidmäßigen - durch die einstweilige Verfügung vom 29. Jän ner 1988 ausgesprochenen - Verbot, "die Teichanlage auf Grundstück Nr. 130/10, KG. W, zu bespannen", nicht - wie ihm die Verwaltungsstrafbehörden vorwerfen - dadurch zuwidergehandelt haben kann, daß er "den auf Grundstücken 105/1 und 131/1 KG. W gelegenen" Teich bespannt gehabt habe. Eine - im übrigen nicht weiter begründete - Korrektur der in der einstweiligen Verfügung vom 22. Jänner 1988 enthaltenen Grundstücksbezeichnung ist erst in der Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 12. August 1988 erfolgt, in welcher in einem neu formulierten Spruch der einstweiligen Verfügung dem Beschwerdeführer untersagt worden ist, "die Teichanlage auf Grundstück Nr. 105/1 und 131/1 KG. W zu bespannen". Am 9. März 1988 - dem Tatzeitpunkt gemäß dem jetzt vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid in der Verwaltungsstrafsache - lag ein bescheidmäßiges Verbot, den Teich auf den Grundstücken Nr. 105/1 und 131/1 KG. W zu bespannen, noch gar nicht vor.
Die offenbar fehlerhafte Bezeichnung des Grundstücks, auf welchem der Teich des Beschwerdeführers gelegen ist, in der erstinstanzlichen einstweiligen Verfügung vom 22. Jänner 1988 konnte auch nicht etwa dadurch saniert werden, daß die BH mit ihrem Straferkenntnis zuwartete, bis die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 12. August 1988 die einstweilige Verfügung mit der entsprechenden Korrektur bestätigt hatte, weil diesem Bescheid ja keine rückwirkende Kraft zukam. Auch eine allfällige Berichtigung der einstweiligen Verfügung der BH vom 22. Jänner 1988 gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 (die nicht erfolgt ist), hätte keine deren Spruchwortlaut rückwirkend korrigierende Kraft entfalten können.
Eine Nichteinhaltung der in einem Bescheid der Wasserrechtsbehörde getroffenen Anordnung des Inhaltes, den Teich auf den Grundstücken Nr. 105/1 und 131/1 nicht zu bespannen, konnte dem Beschwerdeführer gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 nicht vor dem Zeitpunkt zur Last gelegt werden, vor welchem ein solcherart konkretisiertes Verbot in einem wasserbehördlichen Bescheid überhaupt aufschien. Da dies zu dem dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tatzeitpunkt - dem 9. März 1988 - noch nicht der Fall war, verstieß die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers gegen das Gesetz. Der demnach mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete angefochtene Bescheid war somit, ohne daß es noch eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 59 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989070132.X00Im RIS seit
12.11.2001