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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der N-GmbH & CoKG gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 17. November 1988, Zl. 410.632/07-I4/88, betreffend Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes (mitbeteiligte Partei: A), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am X-Bach bestehen im Bereich der Marktgemeinde T drei nacheinander das Gefälle dieser Bachstrecke ausnützende Wasserkraftwerkanlagen. Die oberste dieser Wasserkraftanlagen, die sogenannte Hauptstufe, besteht im wesentlichen aus einer Wehranlage, von der eine Druckrohrleitung zum Krafthaus der Hauptstufe führt, und einem Ausgleichsbecken für das im Krafthaus abgearbeitete Wasser. Vom Ausgleichsbecken der Hauptstufe zweigt eine Druckrohrleitung zum unterhalb liegenden Krafthaus des sogenannten, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. September 1950 als Erweiterung der Hauptstufe wasserrechtlich bewilligten Y-Werkes ab. Der Auslauf der beiden in diesem Krafthaus vorgesehenen Turbinen mündet in den Stauraum der untersten der drei Kraftstufen. Die beiden im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden oberen Kraftstufen sind gemeinsam unter Postzahl 1297 im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk O eingetragen. Die unterste der drei Kraftstufen ist unter Postzahl 1260 im angeführten Wasserbuch eingetragen.
Mit Eingabe vom 18. September 1978 beantragte der Wasserberechtigte der untersten Kraftstufe, die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (im folgenden kurz MP genannt) beim Landeshauptmann von Oberösterreich die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für einen beabsichtigten Ausbau seiner Wasserkraftnutzung unter Einbeziehung der der wasserrechtlichen Bewilligung für das Y-Werk zugrundeliegenden Gefällsstrecke. Das Y-Werk sei nach einer schweren Beschädigung im Oktober 1974 bis zum Frühjahr 1975 lediglich provisorisch in Betrieb gehalten und seit nunmehr mehr als drei Jahren nicht mehr genützt worden. Mittlerweile seien sowohl die gesamte Rohrleitung wie auch die Turbinenanlage und die sonstigen technischen Einrichtungen in nicht mehr betriebsfähigem Zustand. Das Waserrecht für diese Gefällsstufe sei daher erloschen, was von der Wasserrechtsbehörde festzustellen sei. Als Beweis für das Erlöschen der wasserrechtlichen Bewilligung für das Y-Werk führte die MP aus, die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin (im folgenden kurz Vorgängerin genannt) habe den Schaden an der Turbine bereits im Oktober 1974 einer Maschinenbaufirma brieflich mitgeteilt.
In einer vom Landeshauptmann von Oberöstererich am 3. Mai 1979 über das Bewilligungsansuchen der MP und über die Frage des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes der Vorgängerin durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde im Zuge eines Lokalaugenscheins die kleinere der beiden Turbinen in zerlegtem Zustand vorgefunden, während von der größeren Turbine lediglich das Gehäuse vorhanden war. Der Vertreter der Vorgängerin führte hiebei aus, auf Grund betrieblicher Aufzeichnungen könne festgestellt werden, daß die Wasserkraftanlage Y-Werk zuletzt Ende 1976 in Betrieb genommen worden sei. Es entspreche den Tatsachen, daß die große Turbine dieser Kraftstufe wegen eines Schadens im Jahre 1974 außer Betrieb genommen worden sei, doch sei der Betrieb dieser Kraftanlage mittels der zweiten kleineren Turbine bis Ende 1976 aufrecht erhalten worden. Diese Angaben wurden durch Aussagen anwesender Werksangehöriger bestätigt. Weiters gab der Vertreter der Vorgängerin an, es sei beabsichtigt, die Anlage zu sanieren und das Wasserrecht weiter auszuüben.
Ein am 10. Jänner 1980 durchgeführter Lokalaugenschein zeitigte im wesentlichen das gleiche Ergebnis wie in der Verhandlung vom 3. Mai 1979. Eine nochmalige Besichtigung am 26. Juni 1980 wie auch ein im Rahmen einer weiteren mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 1980 durchgeführter Lokalaugenschein ergaben, daß nunmehr die Anlage insoweit wieder instand gesetzt worden war, als die größere Turbine montiert war und in Betrieb stand, während die kleinere Turbine nicht mehr aufgestellt war und laut Auskunft des Vertreters der Vorgängerin auch nicht mehr installiert werden sollte. Leckstellen der Druckrohrleitung waren zum Teil durch Auswechseln der Rohre beseitigt.
Mit Bescheid vom 18. Mai 1981 stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich gemäß § 28 WRG 1959 fest, daß die Wasserkraftanlage Y-Werk mit der Maßgabe der nun an Stelle von vorher zwei Turbinen allein eingebauten größeren Turbine dem früheren Zustand entspreche. Gleichzeitig wurde das Maß der Wasserbenutzung gegenüber vorher 450 l/s mit nunmehr 350 l/s neu festgesetzt und festgestellt, daß die Änderung vom Standpunkt öffentlicher Interessen und fremder Rechte zulässig sei. Begründend führte die Behörde in wesentlichen aus, zufolge der in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 1979 getroffenen Feststellung, daß die kleine Turbine des Y-Werkes zuletzt im Dezember 1976 noch in Betrieb gestanden sei, habe die dreijährige Frist des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 im Dezember 1979 geendet. Da der Vertreter der Vorgängerin am 5. Mai 1979 - somit innerhalb dieser Frist - im Sinne des § 28 WRG 1959 der Wasserrechtsbehörde die Absicht der Wiederherstellung der Wasserkraftanlage angezeigt habe, sei entsprechend der letztgenannten Gesetzesstelle der Ablauf der Frist des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 gehemmt, sodaß das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes für das Y-Werk nicht habe festgestellt werden können. Eine Legitimation der MP zur Beantragung der Erlöschensfeststellung liege gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor. Die Wiedererrichtung der Anlage habe in Hinblick auf die Reduzierung des Maßes der Wasserbenutzung mit einer Beeinträchtigung fremder Rechte nicht verbunden sein können.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die MP insbesondere vor, die Erklärung des Vertreters der Vorgängerin in der Verhandlung vom 3. Mai 1979 könne nicht als Absichtserklärung im Sinne des § 28 WRG 1959 angesehen werden. Die Erlöschensfrist des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 sei bereits durch den Wegfall der größeren Turbine im Herbst 1974 in Lauf gesetzt worden, sodaß das Wasserbenutzungsrecht für das Y-Werk bereits im Herbst 1977 erloschen sei. In der Verhandlung vom 3. Mai 1979 habe der Verhandlungsleiter erklärt, werde die Wasserkraftanlage nicht bis Ende 1979 wieder in Betrieb genommen, so sei das Wasserbenutzungsrecht erloschen. Diese Erklärung des Verhandlungsleiters sei als mündlich verkündeter Bescheid anzusehen, durch den eine Frist für die Wiederinbetriebnahme verbindlich festgesetzt worden sei, sodaß durch den ungenützten Ablauf dieser Frist das Wasserbenutzungsrecht erloschen sei. Die Behörde habe es auch unterlassen, einen von der MP namhaft gemachten Zeugen zur Frage der Außerbetriebnahme der kleineren Turbine einzuvernehmen, wobei in der Berufung die Einvernahme weiterer Zeugen beantragt wurde.
Mit Bescheid vom 6. November 1981 behob die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurück. In der Bescheidbegründung wurde nach Bejahung der Parteistellung der MP ausgeführt, die Behörder erster Instanz habe keine Feststellungen darüber getroffen, ob es sich bei den außer Betrieb gesetzten Teilen der Wasserkraftanlage um wesentliche Anlagenteile gehandelt habe und ob die zeitweise Entfernung von Anlageteile zu Reparaturzwecken als Erlöschensvoraussetzung anzusehen sei, bzw. habe sie es unterlassen, den Zeitpunkt des Wegfalls wesentlicher Anlageteile genau zu ermitteln. Die Behörde erster Instanz habe auch nicht geklärt, ob die in der Verhandlung vom 3. Mai 1979 abgegebene Erklärung der beabsichtigten Wiederherstellung insbesondere in Hinsicht darauf, daß mit dieser Erklärung die Vorlage von Plänen nicht verbunden war, geeignet gewesen sei, die in § 28 WRG normierte Hemmung der Erlöschensfrist zu bewirken.
Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens, in dessen Verlauf am 1. April 1982 eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden war und insgesamt drei von der MP namhaft gemachte Zeugen einvernommen worden waren, stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 15. Oktober 1982 fest, daß das Wasserbenutzungsrecht für die Wasserkraftanlage Y-Werk nicht erloschen sei. Die Anträge der MP auf zusätzliche Sachverständigenbefragung und Vorlage weiterer Unterlagen über die Stromerzeugung im Y-Werk in der Zeit von 1974 bis 1980 wurden abgewiesen. Gleichzeitig wurden Änderungen an der Turbinenanlage und des Maßes der Wasserbenutzung wasserrechtlich genehmigt und die Vorgängerin gemäß § 50 WRG 1950 verpflichtet, bis zum 31. Mai 1983 die Wasserzu- und -ableitung für das Y-Werk so instandzusetzen, daß keinerlei Wasseraustritte mehr erfolgen. Begründend führte die Behörde aus, durch Vorlage von Aufzeichnungen über die Stromerzeugung im Jahre 1976 und durch die Aussagen der im ergänzenden Ermittlungsverfahren einvernommenen Zeugen sei erwiesen, daß im Dezember 1976 im Y-Werk Strom erzeugt worden sei. Die wesentlichen Teile der Wasserkraftanlage, die mit der oberliegenden Hauptstufe technisch insofern verbunden sei, als ein selbständiger Betrieb des Y-Werkes ohne die Stauanlage und den Triebwasserweg des Hauptwerkes nicht möglich sei, seien nicht zerstört worden. Wenn auch die als wesentlicher Anlageteil anzusehende Turbine reparaturbedürftig gewesen sei, so könne im Hinblick darauf, daß Reparaturfähigkeit der Anlage vorgelegen sei und innerhalb der dreijährigen Erlöschensfrist die Reparatur begonnen und nahezu zum Abschluß gebracht worden sei, der Sachverhalt nicht dem Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 unterstellt werden. Die bloße Einstellung des Betriebes einer Wasserkraftanlage stelle zufolge der Regelung des § 27 Abs. 3 WRG 1959 für sich allein aber keinen Erlöschenstatbestand dar. Außerdem sei das Y-Werk gemeinsam mit der Hauptstufe unter einer Postzahl als Einheit in das Wasserbuch eingetragen und das Teilerlöschen eines Wasserrechtes zufolge der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Da es sich nicht um die Wiederherstellung einer zerstörten Anlage, sondern um einen Reparaturfall gehandelt habe, sei die Anwendung des § 28 WRG 1959 im aufgehobenen Bescheid dieser Behörde falsch gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die MP vor, entgegen den Feststellungen der Behörde sei das Wasserbenutzungsrecht für das Y-Werk bereits erloschen, weil die Druckrohrleitung als wesentlicher Anlageteil bereits in den Jahren 1974 bis 1980 undicht gewesen sei, Korrosionsschäden aufweise und diese Mängel nach wie vor bestünden. Die größere, ebenfalls einen wesentlichen Anlagenteil darstellende Turbine sei in den Jahren 1974 bis 1980 infolge Zerstörung des Laufrades ebenso nicht betriebsbereit gewesen. Aus den Aufzeichnungen über die Inbetriebnahme der kleinen Turbine in der Zeit vom 20. bis 22. Dezember 1976 sei ersichtlich, daß es sich hiebei nur um untaugliche Versuche einer Inbetriebnahme gehandelt habe. Entgegen der Ansicht der Behörde könne die gemeinsame Eintragung der Wasserrechte für die Hauptstufe und für das Y-Werk im Wasserbuch nicht die Unmöglichkeit des selbständigen Erlöschens eines dieser Wasserrechte zur Folge haben, weil das Y-Werk auch unabhängig von der Hauptstufe betrieben werden könne. Die Reduzierung des Maßes der Wasserbenutzung von 450 l/s auf 350 l/s widerspreche einer bestmöglichen Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Wasserkraft. Der Auftrag zur Instandsetzung des Y-Werkes weise eine zu lange Fristsetzung auf.
Auf Grund einer teilweisen, lediglich auf den Auftrag zur Anlageninstandsetzung beschränkten Zurückziehung der Berufung stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 22. Dezember 1983 fest, daß die in seinem Bescheid vom 15. Oktober 1982 ausgesprochene Instandsetzungsverpflichtung rechtswirksam geworden sei. Gleichzeitig wurde die Frist zur Befolgung des Instandsetzungsauftrages mit 30. April 1984 neu festgesetzt. Dieser Bescheid ist zufolge eines "Einspruches" der Vorgängerin, über den nach Ausweis der Verwaltungsakten bisher nicht entschieden worden ist, nicht in Rechtskraft erwachsen.
Mit Bescheid vom 23. März 1987 behob die belangte Behörde Spruchabschnitt II des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Oktober 1982, mit welchem verschiedene Änderungen des Y-Werkes nachträglich genehmigt worden waren, ersatzlos. Hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte behob die belangte Behörde diesen Bescheid und verwies die Angelegenheit insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung enes neuen Bescheides an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz zurück. Zur Frage der Parteistellung der MP wurde in der Bescheidbegründung ausgeführt, diese sei als Anrainer im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 und somit in Verbindung mit § 102 Abs. 1 lit. c leg. cit. als Partei zu betrachten.
Spruchabschnitt II des angeführten Bescheides habe deshalb ersatzlos aufgehoben werden müssen, weil damit der Vorgängerin ein Wasserbenutzungsrecht verliehen worden sei, um dessen Verleihung diese aber gar nicht angesucht habe. Die Aufhebung und Zurückverweisung hinsichtlich der übrigen Spruchabschnitte gründe sich darauf, daß es der Behörde erster Instanz nicht gelungen sei, die Zeitpunkte zu ermitteln, zu denen die kleinere Turbine demontiert, wesentliche Teile der größeren Turbine zwecks Reparatur ausgebaut und dann wieder eingebaut worden seien. Entgegen den Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides sei ein selbständiges Erlöschen des Wasserrechtes für das Y-Werk infolge der unabhängigen Betriebsmöglichkeit des Hauptwerkes möglich. Auf den langjährigen desolaten Zustand der Wasserführungsanlage sei nicht hinreichend eingegangen worden.
Nach Durchführung eines unter Beiziehung der Verfahrensparteien abgehaltenen Lokalaugenscheins stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 24. September 1987 gemäß § 27 Abs. 1 WRG 1959 fest, daß das Wasserbenutzungsrecht für das Jakobiwerk mit Ablauf des 3. Mai 1982 erloschen sei, und verpflichtete gemäß § 29 leg. cit. die mittlerweile durch Zuschlag im Versteigerungsverfahren als Wasserberechtigte anzusehende R.H. zur Durchführung einer eihe von näher umschriebenen letztmaligen Vorkehrungen. Dies begründete die Behörde damit, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die kleinere Turbine, ohne die ein konsensgemäßer Betrieb nicht möglich und sie daher als wesentlicher Anlagenbestandteil anzusehen sei, jedenfalls seit dem 3. Mai 1979 (an diesem Tag fand eine Verhandlung mit Lokalaugenschein statt) ausgebaut gewesen sei. Auch der desolate Zustand der Druckrohrleitung sei der Zerstörung eines wesentlichen Anlagenbestandteiles gleichzuhalten. Der schlechte Zustand dieser Leitung sei aber ebenfalls bereits am 3. Mai 1979 festgestellt worden. Entsprechend diesen Feststellungen erweise sich unter Zugrundelegung der Dreijahresfrist des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 der 3. Mai 1982 als der Zeitpunkt, zu dem das Wasserbenutzungsrecht für das Y-Werk erloschen sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Vorgängerin wie auch R.H. Berufungen, in denen sie inhaltlich übereinstimmend geltend machten, der MP komme im gegenständlichen Erlöschensverfahren Parteistellung nicht zu. Ein selbständiges Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes für das Y-Werk sei infolge der Eintragung dieses Rechtes gemeinsam mit dem Wasserbenutzungsrecht für das Hauptwerk im Wasserbuch nicht möglich, da ein Teilerlöschen gesetzlich nicht vorgesehen sei. Der Vertreter der Vorgängerin habe in der Verhandlung vom 3. Mai 1979 bekanntgegeben, die Anlage instandsetzen zu wollen, wodurch der Ablauf einer gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 laufenden Erlöschensfrist gehemmt worden sei. Der gemäß § 28 leg. cit. ergangene Feststellungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberöstererich sei ersatzlos aufgehoben worden, sodaß die Erklärung der Instandsetzungsabsicht weiterhin Wirksamkeit besitze. Die Einschränkung des Betriebes auf nur mehr eine Turbine entspreche dem Wasserdargebot und sei mit keiner Beeinträchtigung fremder Rechte verbunden. Von einer Betriebseinstellung könne erst bei Wegfall beider Turbinen gesprochen werden. Die kleinere Turbine sei jedenfalls Ende 1976 in Betrieb gestanden, sodaß - der Ausbau der größeren Turbine sei ein Reparaturfall gewesen - der Erlöschenstatbestand am 3. Mai 1979 nicht vorgelegen sei.
Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens, in dessen Verlauf ein Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt und dem Parteiengehör unterzogen sowie ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde, gab die belangte Behörde den Berufungen mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. November 1988 gemäß § 66 AVG 1950 keine Folge. Dies begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß bereits anläßlich des Lokalaugenscheins vom 3. Mai 1979 der schlechte Zustand der Druckrohrleitung und deren Erneuerungsbedürftigkeit festgestellt worden seien. Bei dem von der belangten Behörde am 4. Mai 1988 durchgeführten Lokalaugenschein habe eine weitere Verschlechterung dieses Zsutandes festgestellt werden können. Daraus ergebe sich, daß ein dem Konsens entsprechender Betrieb seit dem 3. Mai 1979 nicht mehr möglich gewesen sei. Schon allein daraus folge das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes mit 3. Mai 1982. Als weiterer wesentlicher Anlagenteil sei seit dem 3. Mai 1979 die kleinere Turbine weggefallen, sodaß seither eine Abarbeitung der konsentierten Wassermenge von 450 l/s nicht mehr möglich gewesen sei. Als bestehend könne eine Wasserbenutzungsanlage nur dann augesehen werden, wenn die Ausübung des verliehenen Wasserbenutzungsrechtes konsensgemäß möglich sei. Die bekanntgegebene Absicht, die Anlage wieder instandzusetzen, könne am Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes für eine durch mehr als drei Jahre betriebsunfähige Anlage nichts ändern und eine Hemmung des Ablaufs der Erlöschensfrist nicht bewirken. Entgegen der Ansicht der Berufungswerber könnten die beiden Wasserkraftanlagen, die zu verschiedenen Zeitpunkten wasserrechtlich bewilligt worden seien, unabhängig voneinander betrieben werden, sodaß auch ein selbständiges Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes für das Y-Werk dem Gesetz entspreche.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wassernutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist.
Von ausschlaggebender Bedeutung ist im Beschwerdefall, daß ein selbständiges Wasserbenutzungsrecht für das Y-Werk nicht existiert. Vielmehr ergibt sich aus der der Vorgängerin mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. September 1950 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung für die Ausgestaltung bzw. Erweiterung ihrer Wasserkraftanlage am X-Bach, daß mit der Bewilligung der unter anderem projektsgemäß vorgesehenen Neuerrichtung des "E-Werkes (Y-Kraftwerk) in der Strecke abwärts des Hauptwerkes unter Einbeziehung des Gefälles der aufgelassenen sogenannten F-Säge" nicht die Erteilung eines selbständigen Wasserbenutzungsrechtes für diesen Teil des Ausbauprojektes verbunden sein sollte und auch nicht verbunden war. Nach Ausführung und wasserrechtlicher Überprüfung wurde unter Eröffnung einer neuen Postzahl (1297) das der Vorgängerin zustehende Wasserbenutzungsrecht in das Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk O eingetragen, wobei die Anlage, mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist, im wesentlichen als aus der Hauptstufe und dem Y-Werk samt der zugehörigen Stauanlage und den Druckrohrleitungen bestehend beschrieben wurde. An dieser somit in rechtlicher Hinsicht bestehenden Einheit der beiden Kraftstufen wurde auch in der Folge festgehalten. Daß auch die Behörden des Verwaltungsverfahrens vom Bestehen dieser Einheit ausgegangen sind, ergibt sich daraus, daß im nunmehrigen Erlöschensverfahren der Landeshauptmann von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz eingeschritten ist. Dies deshalb, weil das Y-Werk allein lediglich eine bewilligungsgemäße Leistung von 110 PS aufweist, die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes für Wasserkraftanlagen gemäß § 99 Abs. 1 lit. b WRG 1959 aber erst ab einer Höchstleistung von mehr als 200 PS besteht. Die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz konnte im Beschwerdefall sohin nur dann zu Recht angenommen werden, wenn hiefür auch die Leistung der Hauptstufe (370 PS) als maßgeblich angesehen wurde. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift in dieser Hinsicht (offenbar im Hinblick auf die Wasserkraftnutzung der MP) auf die Bestimmung des § 101 Abs. 2 WRG 1959 verweist, derzufolge im Falle verschiedener sachlich zuständiger Behörden die Behörde der höheren Instanz zuständig ist, ist ihr entgegenzuhalten, daß nach Ausweis der Verwaltungsakten die Wasserkraftanlage der MP eine Höchstleistung von 138 PS aufweist, sodaß auch für diese Anlage die Zuständigkeit des Landeshauptmannes nicht gegeben erscheint.
War sohin im Beschwerdefall von einem einheitlichen Wasserbenutzungsrecht im dargelegten Sinn der Beschwerdeführerin bzw. der Vorgängerin auszugehen, so konnte ein allfälliges Erlöschen dieses Rechtes nicht bloß für einen Teil der der Ausübung des Rechtes dienenden Anlage, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 WRG 1959 nur hinsichtlich des einheitlichen Wasserbenutzungsrechtes zur Gänze ausgesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1971, Slg. NF 8055, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 1970, Slg. 6302). Demgegenüber war Gegenstand des von den Wasserrechtsbehörden durchgeführten Wasserrechtsverfahrens und schließlich des angefochtenen Bescheides immer nur das der Beschwerdeführerin zustehende Wasserbenutzungsrecht, soweit es die Wasserkraftanlage Y-Werk zum Gegenstand hat. Die lediglich auf einen Teil einer der Ausübung eines Wasserbenutzungsrechtes dienenden Anlage beschränkte Feststellung des Erlöschens erweist sich aber im Sinne der angeführten Judikatur als unzulässig. Daran vermag auch der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, daß zumindest die Hauptstufe unabhängig vom Bestehen des Y-Werkes betrieben werden könne, nichts zu ändern, weil das rechtliche Schicksal eines Wasserbenutzungsrechtes nicht davon abhängt, ob die zu seiner Ausübung dienenden Anlageteile auch selbständig betrieben werden könnten. Ausschlaggebend ist im Beschwerdefall, daß die wasserrechtliche Bewilligung für das Y-Werk in Form einer Erweiterung des für die Hauptstufe bestandenen Rechtes erteilt und somit ein eigenständiges Wasserbenutzungsrecht für das Y-Werk nicht begründet wurde.
Die belangte Behörde hat aber auch übersehen, daß die in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 1979 vom Vertreter der Vorgängerin abgegebenen Erklärung über die beabsichtigte Sanierung der Anlage und die weitere Ausübung des Wasserrechtes beim gegebenen Zusammenhang - es handelte sich nach dem ausgewiesenen Gegenstand der Verhandlung auch um die Frage des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes - durchaus als Anzeige der beabsichtigten Wiederherstellung aufzufassen war. Gemäß § 28 Abs. 1 WRG 1959 hat der Wasserberechtigte die Absicht der Wiederherstellung einer zerstörten Wasserbenutzungsanlage unter Vorlage von Plänen innerhalb der in § 27 Abs. 1 lit. g leg. cit. bezeichneten Frist der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen; hiedurch wird der Ablauf dieser Frist gehemmt. Die Wasserrechtsbehörde hat bescheidmäßig festzustellen, ob das Vorhaben dem früheren Zustand entspricht oder ob etwa beabsichtigte Änderungen, durch die Art und Maß der Wasserbenutzung nicht oder nicht wesentlich berührt werden, vom Standpunkt öffentlicher Interessen und fremder Rechte zulässig sind. Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen ist im Feststellungsbescheid eine Frist für die Vollendung der Wiederherstellungsarbeiten zu bestimmen, bei deren Einhaltung die Wiederherstellung der Anlage keiner neuerlichen Bewilligung bedarf. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat zwar ursprünglich mit seinem Bescheid vom 18. Mai 1981 eine Entscheidung im Sinne der letztangeführten Gesetzesstelle getroffen, dieser Bescheid gehört aber auf Grund seiner Aufhebung im Instanzenweg nicht mehr dem Rechtsbestand an. Daraus folgt, soferne die Absichtserklärung vom 3. Mai 1979 innerhalb der Frist des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 erfolgt sein sollte - Feststellungen darüber enthält der angefochtene Bescheid nicht -, daß mangels Setzung einer Frist für die Vollendung der Wiederherstellung der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerin im Sinne des § 28 Abs. 3 leg. cit. der Ablauf der Erlöschensfrist weiterhin gehemmt wäre und dann auch zum Zeitpunkt des von der belangten Behörde angenommenen Erlöschens des gegenständlichen - zu Unrecht als teilbar angesehenen - Wasserbenutzungsrechtes gehemmt gewesen wäre. Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift geäußerten Ansicht kann das in § 28 Abs. 1 WRG 1959 statuierte Erfordernis der Vorlage von Plänen ebensowenig wie die in § 103 leg. cit. festgesetzte Verpflichtung eines Bewilligungswerbers, sein Ansuchen in der dort näher beschriebenen Weise zu belegen, nicht dahin verstanden werden, daß das Fehlen solcher Beilagen als nicht verbesserungsfähiger Mangel des zugrundeliegenden Antrages angesehen werden müßte. Das Fehlen derartiger Unterlagen stellt vielmehr einen gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 verbesserungsfähigen Formmangel dar (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. März 1988, Zl. 87/07/0084).
Es ergibt sich somit, daß die belangte Behörde bei der im Instanzenzug ausgesprochenen Feststellung des teilweisen Erlöschens des der Beschwerdeführerin zustehenden Wasserbenutzungsrechtes von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen mußte.
Im übrigen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu dem Hinweis veranlaßt, daß die in § 29 Abs. 1 und 3 WRG 1959 genannten Personen im Erlöschensverfahren gemäß § 27 WRG 1959 stets nur die Beeinträchtigung ihrer Rechte unter dem Gesichtspunkt von Vorkehrungen beim Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten geltend machen können, aber keinen rechtlichen Einfluß auf die Feststellung des Eintrittes eines Erlöschensfalles haben (vgl. hg. Beschluß vom 19. September 1989, Zl. 86/07/0150). Allerdings erscheint im Hinblick auf die seinerzeitige, auf § 66 Abs. 2 AVG 1950 gestützte unangefochten gebliebene Zurückverweisung der Angelegenheit an den Landeshauptmann von Oberösterreich eine diesem Grundsatz entsprechende Behandlung des ursprünglichen Antrages bzw. der seinerzeitigen Berufungen der MP im fortzusetzenden Verwaltungsverfahren nicht mehr möglich.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Formgebrechen behebbare Beilagen Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Verbesserungsauftrag BejahungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989070001.X00Im RIS seit
12.11.2001