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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. September 1986, Zl. GA 7-1835/3/86, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen einen Haftungsbescheid, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.400,66 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Komplementär-Ges.m.b.H. einer GmbH & Co KG. Mit Bescheid vom 25. November 1982 wurde sie vom Finanzamt in ihrer Eigenschaft als Komplementär zur Haftung für Abgabenschulden der KG herangezogen. Der Haftungsbescheid erging zwar unter der Steuernummer der KG, war jedoch ausdrücklich an die GmbH gerichtet.
In der Folge ersuchte die von der Beschwerdeführerin bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft wiederholt (insgesamt acht mal) um Verlängerung der Rechtsmittelfrist. Sämtliche Ansuchen wiesen im Betreff die Steuernummer der KG sowie die Bezeichnung der Firma der KG aus. In allen Ansuchen wurde die Verlängerung der Rechtsmittelfrist betreffend den Haftungsbescheid beantragt.
Sämtliche Ansuchen wurden bescheidmäßig erledigt. Die Bescheide waren an die KG gerichtet. Mit den Bescheiden wurde die Frist "zur Einbringung einer Berufung gegen den Bescheid betreffend Haftung vom 25. November 1982" jeweils verlängert.
Mit Schriftsatz vom 29. August 1983 wurde die Berufung gegen den Haftungsbescheid eingebracht. Im Betreff dieses Schriftstückes findet sich erstmals neben der Steuernummer und der Firmenbezeichnung der KG der Hinweis "Haftungsheranziehung der W-GmbH" (= Beschwerdeführerin).
Das Finanzamt wies die Berufung als verspätet zurück und begründete dies damit, daß die Fristverlängerungsansuchen von der KG, nicht jedoch von der Beschwerdeführerin eingebracht worden seien.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Zurückweisungsbescheid Berufung. Die belangte Behörde hat die Berufung abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß nur die beschwerdeführende GmbH zur Erhebung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid legitimiert war, daß im Betreff sämtlicher Ansuchen um Verlängerung der Berufungsfrist die Steuernummer und die Firmenbezeichnung der KG aufschienen und daß die GmbH erstmals im Betreff des Berufungsschriftsatzes genannt wurde. Weiters ist unbestritten, daß Fristverlängerungsansuchen und Berufung von einer sowohl für die GmbH als auch für die KG vertretungsbefugten Steuerberatungsgesellschaft eingebracht wurden.
Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid ausschließlich darauf, daß im Betreff der Fristverlängerungsansuchen stets nur der Name der KG, nicht jedoch der der Beschwerdeführerin aufschien.
Der Betreff eines Schreibens enthält regelmäßig einen Hinweis auf die Angelegenheit, die Gegenstand des Schreibens ist. Dies kann in verschiedener Weise, insbesondere durch Bezugnahme auf ein Schriftstück oder durch die Bezeichnung einer (Rechts-)Sache oder einer Person oder durch Kombination solcher Bezeichnungen erfolgen.
Der Betreff eines Schreibens kann auch Aufschluß darüber geben, wem das Schreiben zuzurechnen ist. Dies vor allem dann, wenn das Schreiben von einem Parteienvertreter stammt, der es namens der von ihm vertretenen Partei einbringt, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, in wessen Namen er dabei handelt. Eine solche Zurechnungsfunktion kommt jedoch dem Betreff eines Schreibens nur dann zu, wenn das Schreiben auch seinem Inhalt nach keinen Zweifel darüber aufkommen läßt, daß im Betreff der Name des Einschreiters bzw. jener Person aufscheint, für die eingeschritten wird.
Diese Einschränkung ist deswegen geboten, weil im Betreff auch der Name einer Person aufscheinen kann, der geeignet erscheint, die (Rechts)Sache zu bezeichnen, ohne eine Aussage über den Einschreiter zu treffen. Als Beispiel sei der Name einer Person angeführt, die zwar einen bestimmten Anspruch vermittelt, selbst aber nicht anspruchsberechtigt ist.
Im Beschwerdefall schienen im Betreff der Fristverlängerungsansuchen Steuernummer und Firma jener KG auf, für deren Abgabenschuldigkeiten die Beschwerdeführerin zur Haftung herangezogen worden war. Beide Angaben enthielt auch der Haftungsbescheid. Aus dem Inhalt der Ansuchen war klar ersichtlich, daß sie sich auf die beabsichtigte Anfechtung des Haftungsbescheides bezogen.
Auch das Finanzamt war sich darüber im klaren, daß die von ihm bescheidmäßig verlängerte Rechtsmittelfrist die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid betraf. Dies wurde in den Fristverlängerungsbescheiden eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Bei dieser Sachlage konnte der Betreff allein nicht als zweifelsfreie Bezeichnung jener Person angesehen werden, in deren Namen die Steuerberatungsgesellschaft die Fristverlängerungsansuchen eingebracht hat. Vielmehr wäre es Aufgabe des Finanzamtes gewesen, klarzustellen, in wessen Namen die Steuerberatungsgesellschaft tatsächlich tätig wurde. Dies schon deswegen, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, daß ein Parteienvertreter, der eine Berufung gegen einen Bescheid einbringt bzw. einzubringen beabsichtigt, dies im Namen jener Person tut, die zur Erhebung der Berufung legitimiert ist. Nur wenn der Parteienvertreter ausdrücklich bzw. eindeutig namens einer nicht legitimierten Person tätig wird, erübrigt sich eine derartige Klarstellung und die Berufung ist ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.
Der Umstand, daß die FristverlängerungsBESCHEIDE vom Finanzamt an die KG gerichtet worden waren, ist unerheblich. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, ist lediglich von Bedeutung, wem die FristverlängerungsANSUCHEN zuzurechnen waren. Wenn mämlich davon auszugehen ist, daß diese der Beschwerdeführerin zuzurechnen waren, dann ist das rechtliche Schicksal der an die KG gerichteten Fristverlängerungsbescheide bedeutungslos. Einerseits hätte die KG dann gar keine Fristverlängerungsansuchen gestellt gehabt und andererseits wäre sie ohnedies nicht zur Erhebung einer Berufung legitimiert gewesen. Die Fristverlängerungsansuchen der Beschwerdeführerin wären hingegen als unerledigt anzusehen. Da durch einen Antrag auf Fristverlängerung der Lauf der Berufungsfrist gehemmt wird (§ 245 Abs. 3 und 4 BAO), hätte die Berufung nicht als verspätet zurückgewiesen werden dürfen.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch der Kosten erfolgte in beantragter Höhe gemäß § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1986130175.X00Im RIS seit
14.03.1990