TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/14 86/13/0179

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Veröffentlicht am 14.03.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/03 Steuern vom Vermögen;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
33 Bewertungsrecht;
39/03 Doppelbesteuerung;

Norm

BewG 1955 §77;
DBAbk Spanien 1967 Art23;
GebG 1957 §14 TP6 Z1;
VermStG §1;
VwGG §48 Abs1 Z1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1990/347;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde des A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. September 1986, Zl. 6/3-3262/86, betreffend Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1983, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.526,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Unbestritten ist folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist im Sinne des Art. 4 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Spanien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 395/1967 (in der Folge als DBA bezeichnet) in Spanien ansässig. Dessenungeachtet unterliegt er in Österreich im Hinblick auf einen inländischen Wohnsitz der unbeschränkten Vermögensteuerpflicht, allerdings gemäß Art. 23 DBA nur mit seinem im Inland gelegenen unbeweglichen Vermögen. Dieses besteht zum Teil aus land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, zum Teil aus Grundvermögen und beträgt S 4,160.000,--.

Streit besteht darüber, ob Schulden im Ausmaß von S 2,217.897,57, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem im Inland gelegenen unbeweglichen Vermögen stehen, bei der Vermögensbesteuerung in Österreich zu berücksichtigen sind (Auffassung des Beschwerdeführers) oder außer Betracht zu bleiben haben (Auffassung der belangten Behörde).

Die belangte Behörde begründet ihre Auffassung damit, daß Geldschulden gemäß § 30 Abs. 2 BewG nicht als Teile eines landwirtschaftlichen Betriebes gelten, sondern dem sonstigen Vermögen zuzuordnen sind, für das nach Art. 23 DBA nicht der Lagestaat, sondern jener Staat das Besteuerungsrecht hat, in dem der Steuerpflichtige als ansässig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hält dieser Argumentation die Bestimmung des § 77 Abs. 4 BewG entgegen, die auch bei Personen, die auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens in einem anderen Vertragsstaat als ansässig anzusehen seien, den Abzug von Schulden und Lasten ausdrücklich vorsehe, soweit diese im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stünden, die der inländischen Besteuerung unterliegen. Ein derartiger Zusammenhang der von ihm geltend gemachten Schulden mit seinem inländischen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen bzw. seinem Grundvermögen sei gegeben, sodaß auch die Abzugsfähigkeit der Schulden zu bejahen sei.

In der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 77 Abs. 4 BewG sind in Fällen, in denen § 5 Abs. 3 des Vermögensteuergesetzes Anwendung findet, nur jene Schulden und Lasten abzugsfähig, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die der inländischen Besteuerung unterliegen.

§ 5 Abs. 3 VStG bestimmt, daß Personen, die auf Grund eines bestehenden Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als in einem anderen Staat ansässig gelten, die Freibeträge gemäß Abs. 1 und Abs. 2 nicht zustehen.

Durch ein Doppelbesteuerungsabkommen erfährt das innerstaatliche Besteuerungsrecht der Vertragsstaaten bestimmte Einschränkungen. Es werden aber keine Steuertatbestände geschaffen, die über das innerstaatliche Steuerrecht der Vertragsstaaten hinausgehen. Im Beschwerdefall ist daher zu prüfen, welche innerstaatlichen Bestimmungen bei der Vermögensbesteuerung des Beschwerdeführers anzuwenden sind und inwiefern diese Bestimmungen durch das DBA eine Einschränkung erfahren.

Als unbeschränkt Steuerpflichtiger unterliegt der Beschwerdeführer nach innerstaatlichem Recht mit seinem Gesamtvermögen, das nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu ermitteln ist, der Vermögensbesteuerung (§ 4 Abs. 1 VStG). Dementsprechend bestimmt § 76 Abs. 1 BewG, daß bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des Vermögensteuergesetzes der Wert des gesamten Vermögens (Gesamtvermögen) ermittelt wird. Abs. 3 der zitierten Bestimmung sieht vor, daß Wirtschaftsgüter, für die ein Einheitswert festzustellen ist, bei der Wertermittlung mit dem festgestellten Einheitswert anzusetzen sind. Sowohl für land- und forstwirtschaftliches Vermögen als auch für Grundvermögen werden Einheitswerte festgestellt ( 19 BewG). Dabei gelten gemäß § 30 Abs. 2 Z. 2 leg.cit. Geldschulden nicht als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes; sie bleiben daher bei Feststellung des Einheitswertes eines landwirtschaftlichen Betriebes außer Ansatz. Dies auch dann, wenn sie im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Vermögen stehen. Gleiches gilt gemäß § 46 Abs. 2 BewG für forstwirtschaftliches Vermögen. Auch bei der Feststellung des Einheitswertes vom Grundvermögen bleiben allfällige Schulden, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Grundvermögen stehen (z.B. Hypotheken), außer Ansatz. Diese Bestimmungen führen aber nicht dazu, daß derartige Schulden bei der Vermögensbesteuerung unberücksichtigt bleiben. Vielmehr sieht § 77 BewG generell vor, daß bei Ermittlung des Gesamtvermögens auch Schulden zu berücksichtigen sind und schließe einen Schuldenabzug grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einem gewerblichen Betrieb oder Wirtschaftsgütern aus, die NICHT zum Vermögen i.S. des Bewertungsgesetzes gehören (§ 77 Abs. 2 BewG). § 77 Abs. 4 BewG schränkt die Berücksichtigung von Schulden in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens als in einem anderen Vertragsstaat ansässig gilt, allerdings dergestalt ein, daß nur jene Schulden und Lasten abzugsfähig sind, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die der inländischen Besteuerung unterliegen. Im Beschwerdefall stehen aber die strittigen Schulden (zumindest nach der unwidersprochenen Behauptung des Beschwerdeführers) im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem der inländischen Besteuerung unterliegenden, im Inland gelegenen unbeweglichen Vermögen.

Diese innerstaatliche Norm wird durch das DBA nicht in der Weise eingeschränkt, daß ein Vertragsstaat gehindert wird, bei seiner Vermögensbesteuerung Schulden zu berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, werden nämlich in Doppelbesteuerungsabkommen keine Besteuerungspflichten, sondern lediglich Verzichte auf Besteuerungsrechte normiert. Ebensowenig wie ein Vertragsstaat durch ein Doppelbesteuerungsabkommen verpflichtet werden kann, das ihm zugeteilte Besteuerungsrecht auszuschöpfen, ebensowenig ist es ihm untersagt, Schulden, die die Steuerbemessungsgrundlage mindern, zu berücksichtigen. Erfährt aber die Bestimmung des § 77 Abs. 4 BewG durch das DBA keine Einschränkung, dann ist sie im vollen Umfang anzuwenden. Daran ändert auch das Argument der belangten Behörde nichts, daß die Schulden dem "sonstigen Vermögen" im Sinne des § 69 BewG zuzurechnen seien, dessen Besteuerung gemäß Art. 23 Abs. 4 DBA jenem Staat vorbehalten sei, in dem der Steuerpflichtige als ansässig gelte. Denn abgesehen davon, daß Art. 23 Abs. 4 DBA nicht vom "sonstigen Vermögen" spricht, sondern den Ausdruck "alle anderen Vermögensteile" verwendet, trifft es nicht zu, daß Schulden, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Grundvermögen stehen, zum "sonstigen Vermögen" gehören. Was zum "sonstigen Vermögen" gehört, wird im Unterabschnitt A des zweiten Abschnittes des Bewertungsgesetzes unter dem Titel "Sonstiges Vermögen" in den §§ 69 und 70 normiert. Schulden sind dort nicht aufgezählt. Diese finden vielmehr erst im Unterabschnitt B unter dem Titel "Gesamtvermögen" im § 77 BewG Berücksichtigung.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde zu prüfen haben, welche der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schulden im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit jenen Wirtschaftgütern des Beschwerdeführers stehen, die der inländischen Besteuerung unterliegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebühren nur in der Höhe zu ersetzen sind, in der sie zu entrichten waren und die Stempelgebühr pro Beschwerdeausfertigung auch dann nur in einfacher Höhe zu entrichten ist, wenn die Beschwerde aus mehreren Bogen besteht (§ 14 TP 6 Abs. 1 GebG).

Schlagworte

Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Unrichtige Höhe der Stempelgebühren Erstattung bzw Notionierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986130179.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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