Index
33 Bewertungsrecht;Norm
BewG 1955 §6 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1990, 298;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Egger, über die Beschwerde der N-GmbH gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom 3. November 1988, Zl. 6/2-2046/3/88, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens ab dem 1. Jänner 1986 bzw. 1. Jänner 1987 zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage strittig, ob von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Abfertigungsverpflichtungen und Pensionsverpflichtungen (Anwartschaften) bewertungsrechtlich als Schulden anzuerkennen sind oder nicht.
Die Beschwerdeführerin nahm dazu im Verwaltungsverfahren den Standpunkt ein, die genannten Verpflichtungen hätten zum Bewertungsstichtag deshalb bereits bestanden, weil die entsprechenden, rechtsverbindlichen, schriftlichen und unwiderruflichen Zusagen schon vor dem 1. Jänner 1986 erfolgt seien, woran der Umstand, daß die Zahlung von Abfertigungen und Pensionen - es handle sich um Entgeltsbestandteile -, erst bei Auflösung der Dienstverhältnisse bzw. später fällig werde, nichts ändere. Die genannten Ansprüche entstünden nämlich nicht erst zum Zeitpunkt der Beendigung der Dienstverhältnisse, sondern schon mit der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen bzw. mit dem Wirksamwerden der vertraglichen Pensionszusagen. Umstände wie "Selbstkündigung seitens des Dienstnehmers" oder eine begründete "vorzeitige Entlassung" stellten nicht aufschiebende, sondern gemäß § 7 Abs. 1 Bewertungsgesetz außer Betracht zu bleibende auflösende Bedingungen dar.
Mit der im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Bescheide des Finanzamtes für Körperschaften betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens ab dem 1. Jänner 1986 bzw. 1. Jänner 1987 ab. Sie ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren vorgelegten Kopien der Dienstverträge der beiden Direktoren, für die die streitgegenständlichen Persionszusagen getroffen worden seien, hätten folgenden Wortlaut:
"Punkt 3. Die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt ohne Anspruch auf Ruhebezug,
a) wenn der Dienstnehmer oder Personen, denen nach ihm Versorgungsbezüge zustehen, wichtige Interessen der Gesellschaft vorsätzlich oder grob fahrlässig schädigen;
b) wenn einer der im § 27 AngG angegebenen Gründe oder ein diesem gleichzuhaltender Grund, eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung im Sinne des § 75 Abs. 4 AktG vorliegt. Lang dauernde Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 5 AngG gilt jedoch nicht als ein dem Dienstnehmer schädlicher Tatbestand;
c) wenn der Dienstnehmer vor Vollendung des 60. Lebensjahres kündigt oder ohne wichtigen Grund im Sinne der §§ 25 und 26 AngG aus der Gesellschaft vorzeitig austritt.
Punkt 4. Ein Ruhebezug gebührt im Falle einer Lösung des Dienstverhältnisses
a) durch die Gesellschaft gem. Abs. 2 wenn keiner der im Abs. 3 lit. a) und b) genannten Gründe vorliegt und wenn ferner die Dienstzeit unter Berücksichtigung des Pkt. 10 Abs. 2 mindestens zehn volle Jahre ausgemacht hat;
b) im Falle einer Kündigung durch den Dienstnehmer, nachdem dieser das 60. Lebensjahr vollendet hat, wenn die Dienstzeit unter Berücksichtigung des Pkt. 10 Abs. 2 mindestens zehn volle Jahre ausgemacht hat;
c) im Falle einer dauernden Berufsunfähigkeit im Sinne des ASVG in der jeweils geltenden Fassung;
d) im Falle einer einvernehmlichen Lösung, wenn die Dienstzeit unter Berücksichtigung des Pkt. 10 Abs. 2 mindestens zehn volle Jahre ausgemacht hat."
Rechtlich vertrat die belangte Behörde dazu unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, daß sowohl Abfertigungsansprüche als auch Pensionszusagen bei der Einheitsbewertung als aufschiebend bedingte Belastungen anzusehen und daher nicht zu berücksichtigen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf "richtige Anwendung der §§ 6 Abs. 1 und 64 Abs. 1 BewG" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 BewG 1955 werden Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, nicht berücksichtigt.
Gemäß § 64 Abs. 1 leg. cit. sind zur Ermittlung des Einheitswertes des gewerblichen Betriebes vom Rohvermögen diejenigen Schulden abzuziehen, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
In seinem Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 81/17/0048, hat der Verwaltungsgerichtshof mit ausführlicher Begründung dargetan, daß Vorsorgen für Abfertigungsansprüche keiner am Bewertungsstichtag bestehenden Verbindlichkeit entsprechen und daher für einen Abzug als Schulden im Sinne des § 64 Abs. 1 BewG nicht in Betracht kommen. An dieser Rechtsansicht hielt der Verwaltungsgerichtshof in der Folge, insbesondere auch für Pensionszusagen, fest (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. März 1988, Zl. 86/15/0032, vom 23. März 1988, Zl. 87/13/0148, vom 17. Oktober 1988, Zl. 87/15/0077, vom 29. November 1988, Zlen. 86/14/0029 und 87/14/0069, vom 20. März 1989, Zlen. 89/15/0031, 0032, vom 28. April 1989, Zlen. 88/15/0050, 0053 und 0078, vom 26. Juni 1988, Zl. 88/15/0116, und vom 16. Oktober 1989, Zl. 88/15/0079).
Von dieser Judikatur, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird und die sich - anders als es die Beschwerdeführerin darzustellen sucht - auch wiederholt und eingehend (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 29. November 1988, Zl. 87/14/0069) mit der vorhandenen Literatur auseinandergesetzt hat, abzugehen, bieten auch die vorliegenden Beschwerdeausführungen keinen Anlaß. Insbesondere ist für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts aus dem in der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis vom 29. März 1989, Zlen. 85/13/0074, 0075, zu gewinnen, weil es dort nicht um Fragen der §§ 6 Abs. 1 und 64 Abs. 1 BewG, sondern um die Beurteilung einer an einen bereits im Ruhestand befindlichen Gesellschafter-Geschäftsführer ausbezahlten Abfertigung als verdeckte Gewinnausschüttung gegangen ist. Die Qualifikation eines bezahlten Abfertigungsbetrages als zusätzliches Entgelt für geleistete Arbeit ändert nämlich nichts daran, daß ein Abfertigungsanspruch erst mit dem Eintritt des Pensionsfalles uneingeschränkt entsteht und bis dahin aufschiebend bedingt ist.
Auch die von der Beschwerde zur Stützung ihres Standpunktes zitierten Ausführungen von Ruppe-Tomandl (Österreichische Steuerzeitung 1987, 125) vermögen in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen, zumal selbst die genannten Autoren im Ergebnis einräumen, daß die einzelnen Pensionszusagen und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen "ungewiß sein mögen" (aaO 133Ü). Gerade dies trifft aber im vorliegenden Fall angesichts des oben wiedergegebenen, festgestellten und auch von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Textes der gegenständlichen Vereinbarungen zu. Diese Vereinbarungen sind, weil sie die in Rede stehenden Ansprüche der Dienstnehmer hinsichtlich ihrer Entstehung von einer gewissen Mindestdauer des Dienstverhältnisses bzw. der dauernden Berufsunfähigkeit, somit aber von ungewissen Ereignissen abhängig machen, im Einklang mit der herrschenden zivilrechtlichen Auffassung (vgl. Koziol-Welser, Grundriß I8 149, 150; Apathy in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB, Rz. 2 zu § 897; Gschnitzer in Klang2 III 654; Kralik-Ehrenzweig, System3, Erbrecht 261) als aufschiebend bedingt getroffen anzusehen.
Da sich sohin der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989150084.X00Im RIS seit
30.01.2002Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008