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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung gem. §4 Abs1 und §6 Abs1 litc und e Tir. GVG; zutreffende Wertung des Kaufgrundstückes als forstwirtschaftliches - kein Entzug des gesetzlichen Richters; kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb des Käufers gegeben; vertretbare Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung; keine Verletzung im EigentumsrechtSpruch
Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Kaufvertrag vom 28. Mai/10. Juni 1985 erwarb E D, Holzhändler in Kufstein, von F K die Gp. ..., Wald, im Ausmaß von 0,8614 ha aus dem Gutsbestand der EZ ... II KG Kufstein.
2.1. Dem Ansuchen des Käufers auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zu diesem Rechtserwerb wurde mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Kufstein vom 16. Juli 1985 Folge gegeben.
2.2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 2. September 1986, Z LGv-1306/7-85, Folge gegeben und der Eigentumsübertragung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc und e Grundverkehrsgesetz 1983, LGBl. für Tirol Nr. 69 (künftig: GVG), die Zustimmung versagt.
Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:
"Es stellt also einen tragenden Grundsatz des Grundverkehrs dar, daß land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke nur an Personen überlassen werden dürfen, die zu einer Selbstbewirtschaftung im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes in der Lage (und willens) sind. Wenn auch letzterer Begriff im Tiroler Grundverkehrsgesetz nicht näher umschrieben ist, so kann darunter wohl nur ein bäuerlicher Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb verstanden werden, der seinem Eigentümer oder der bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt gewähren kann oder zumindest zum Lebensunterhalt der bäuerlichen Familie in relevanter Weise beizutragen imstande ist. Ein wesentliches Kriterium ist hiebei die Intention des Eigentümers, die Liegenschaft als Basis für einen selbständigen lebensfähigen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zu verwenden (vgl. hiezu etwa auch das Erk. des VfGH. vom 27.6.1975, B74/22 - richtig wohl:
B344/74-22 -).
Nach dem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens muß im gegenständlichen Fall davon ausgegangen werden, daß der Käufer weder über einen land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb ... verfügt noch dieser eine wie immer geartete Intention aufweist, einen derartigen Betrieb aufzubauen, ...
...
Daß ... diese Voraussetzungen auf Erwerberseite
vorliegen würden, wurde selbst vom ... Gesuchsteller nicht
behauptet ...
Keine entscheidungsrelevante Bedeutung kann ... dem
Hinweis der Käuferseite, der Gesuchsteller sei bereits Eigentümer
eines landwirtschaftlichen Grundstückes (in Kirchbichl),
zukommen, weil ... es ihm an einem land- oder forstwirtschaftlichen
Betrieb mangelt, in dessen Rahmen er die Kaufsliegenschaft in einer dem Gesetz entsprechenden Form bewirtschaften könnte. In Ansehung des gegebenen Flächenausmaßes und der Bodenbonität ('4000 m2 Wirtschaftswald') kommt aber auch eine eigenständige Bewirtschaftung des Kaufgrundstückes im Rahmen eines Betriebes im Sinne des §6 Abs1 litc GVG. nicht in Betracht, weil Waldbesitz in der in Rede stehenden Größenordnung nicht als Basis für einen selbständigen forstwirtschaftlichen Betrieb angesehen werden kann (vgl. etwa das Erk. des VwGH. vom 16.3.1981, B247/9 - richtig wohl: VfGH vom 16.3.1981 B247/79 -, in dem das Höchstgericht Waldgrundstücke im Ausmaß von 2,23 ha nicht als forstwirtschaftlichen Betrieb erachtete).
Gleiches gilt für den Umstand, daß das Grundstück auch bisher nicht von seinem Eigentümer selbst bewirtschaftet wurde. Nach dem Erkenntnis des VfGH vom 13.3.1965 - gemeint offensichtlich VfSlg. 4933/1965 - läßt der Wortlaut des §6 Abs1 litc GVG. die Auslegung zu, daß die Zustimmung auch dann zu versagen ist, wenn das Grundstück schon bisher vom Eigentümer nicht selbst bewirtschaftet wurde ..."
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal im Sinne des Art6 MRK, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenäußerung jedoch abgesehen.
4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1.1. In der Beschwerde wird zunächst der Tribunalcharakter der Landesgrundverkehrsbehörde bestritten, weil deren Mitglieder, soweit es sich um Beamte handle, "eine besonders enge berufliche Beziehung" zum Landeshauptmann, der gleichzeitig den Landesgrundverkehrsreferenten bestelle, hätten und "die gesamten Angelegenheiten des Grundverkehrs nach der Geschäftsverteilung der Landesregierung unter einer Weisungslinie, nämlich der des Landeshauptmanns zusammengefaßt" seien. Im Sinne der Entscheidung VfSlg. 10634/1985 mangle der Landesgrundverkehrsbehörde demnach die Qualität eines unabhängigen und unparteiischen Tribunals.
4.1.2. Zu diesem Vorbringen genügt es, die Bf. auf das Erk. des VfGH VfSlg. 10639/1985 und darauf zu verweisen, daß eine Verfassungswidrigkeit, wie sie im Erk. VfSlg. 10634/1985 im Hinblick auf eine dienstliche Überordnung des als Partei im Verfahren einschreitenden Landesgrundverkehrsreferenten gegenüber Mitgliedern der Landesgrundverkehrsbehörde festgestellt wurde, im vorliegenden Fall nicht besteht (s. hiezu die V des Landeshauptmannes vom 21. November 1984, mit der die V über die Geschäftseinteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung geändert wird, LGBl. 58/1984).
4.2.1. Die Bf. behaupten weiters - der Sache nach -, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein, weil "das gegenständliche Grundstück in den letzten Jahrzehnten praktisch forstwirtschaftlich nicht genutzt wurde" und damit den Bestimmungen des GVG nicht unterliege.
4.2. Aus einer von der bel. Beh. eingeholten Stellungnahme der Bezirksforstinspektion Kufstein geht hervor, daß die in Rede stehende Parzelle laut forstlichem Betriebsblatt 1961 folgendermaßen beschrieben ist: 50 % Fichte, 20 % Tanne, 30 % Buche, Holzzuwachs mittel, durchschnittliche Bestockung 0.8, Jungwuchs (1 - 40-jährig). Auf Grund des angegebenen Alters sei in den letzten Jahrzehnten praktisch keine Nutzung erfolgt. Seit 1951 seien 3 Festmeter als Nutzung ausgewiesen. Der Bestand auf der Parzelle sei inzwischen ins Mittelholz (rund 50-jährig) eingewachsen und werde daher außer etwaigen allerdings geringen Durchforstungserträgen erst in einigen Jahrzehnten Endnutzungen erlauben. Es könne daher von einem aussetzenden Betrieb gesprochen werden. Laut Waldbesitzerkartei der Bezirksforstinspektion seien
3.914 m2 als Wirtschaftswald und 4.000 m2 als Wirtschaftswald mit mittlerer Schutzfunktion ausgewiesen. Der Rest bilde eine Stromleitungstrasse und eine Schiabfahrt. In letzter Zeit habe sich allerdings durch Verbreiterung der Schiabfahrt das Ausmaß dieser für den Besitzer unproduktiven Fläche erhöht, sodaß mit ca. 20 % Nichtholzboden zu rechnen sei.
Infolge dieser Gegebenheiten und im Hinblick darauf, daß bei Waldgrundstücken Rückschlüsse aus der Unterlassung einer forstwirtschaftlichen Nutzung nur unter Berücksichtigung des Umstandes gezogen werden können, daß Schlägerungen und Nutzungen anderer Art nur in langfristigen Intervallen vorgenommen werden können, ist der VfGH der Ansicht, daß das Kaufobjekt (nach wie vor) als forstwirtschaftliches Grundstück zu werten ist (vgl. hiezu zB VfSlg. 8718/1979, 9009/1981).
Daraus ergibt sich, daß das in Rede stehende Grundstück den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes nach §1 Abs1 Z1 GVG unterliegt; da die bel. Beh. zur Erlassung des angefochtenen Bescheides somit zuständig war, sind die Bf. durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
4.3.1. Die Bf. meinen jedoch weiters, der Bescheid verletze sie im Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums. Voraussetzung des Versagungstatbestandes nach §6 Abs1 litc GVG sei, daß ein Grundstück einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb ohne zureichenden Grund entzogen oder aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb jemandem überlassen werde, der es selbst nicht entsprechend bewirtschaften werde. Da aber im vorliegenden Fall kein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege und klargestellt sei, daß der Verkäufer eine landwirtschaftliche Nutzung niemals vorgenommen habe, sei es denkunmöglich, aus der Veräußerung den herangezogenen Versagungstatbestand zu konstruieren. Es sei auch denkunmöglich anzunehmen, daß etwa die Arrondierung eines Besitzes ohne zwingenden Grund gestört oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken durch die Veräußerung erheblich erschwert oder unmöglich gemacht werde. Wie denkunmöglich die Anwendung des GVG durch die bel. Beh. erfolge, ergebe sich schon daraus, daß die bel. Beh. meine, der hier beabsichtigte Eigentumserwerb verstoße gegen öffentliche Interessen an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden landoder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, wo doch das Verfahren ergeben habe, daß in den letzten Jahrzehnten praktisch keine Nutzung des Kaufgrundstückes erfolgt sei und der bisherige Eigentümer auch keinerlei Absicht zeige, das Grundstück künftig ordnungsgemäß forstwirtschaftlich zu bewirtschaften.
4.3.2. Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des vorliegenden Kaufvertrages werden die Bf. in der Ausübung ihrer Privatrechte beschränkt. Der angefochtene Bescheid greift daher in das Eigentum ein (VfSlg. 9009/1981).
Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Daß gegen die im angefochtenen Bescheid angewendeten Bestimmungen des §4 Abs1 und §6 Abs1 litc und e GVG Bedenken nicht bestehen, hat der VfGH wiederholt ausgesprochen (VfSlg. 6991/1973, 7538/1975, 7546/1975, 7685/1975, 7881/1976, 8011/1977, 8245/1978, 9009/1981, 10991/1985. Auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles sind keine Bedenken gegen die herangezogenen Gesetzesvorschriften entstanden, solche wurden auch von den Bf. nicht vorgebracht.
Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Normen könnte die behauptete Grundrechtsverletzung nur bei einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes vorliegen.
§6 Abs1 litc GVG bestimmt, daß einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 leg.cit. dann nicht zuzustimmen ist, wenn zu besorgen ist, daß das dem GVG unterliegende Grundstück jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen wird, der es nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird. Für diesen Untersagungstatbestand hat die Behörde insbesondere zu beurteilen, ob zu besorgen ist, daß der Erwerber das überlassene Grundstück nicht im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, worunter in diesem Zusammenhang eine organisatorische Einrichtung zu verstehen ist, bewirtschaften wird. Im angefochtenen Bescheid wird die Verweigerung der Zustimmung damit begründet, daß der Erwerber über keinen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb verfügt und daß in Ansehung des gegebenen Flächenausmaßes und der Bodenbonität des Kaufobjektes eine eigene Bewirtschaftung desselben im Rahmen eines Betriebes im Sinne des §6 Abs1 litc GVG nicht in Betracht kommt, weil Waldbesitz in der in Rede stehenden Größenordnung nicht als Basis für einen selbständigen forstwirtschaftlichen Betrieb angesehen werden kann. Der VfGH hat auch bereits wiederholt ausgesagt, daß die Zustimmung zu einem Rechtserwerb von der Grundverkehrsbehörde auch dann zu versagen ist, wenn das Grundstück schon bisher vom Eigentümer nicht selbst bewirtschaftet wurde (vgl. VfSlg. 7685/1975, 8245/1978, 9070/1981). Der VfGH kann jedenfalls nicht finden, daß der bel. Beh. unter den gegebenen Umständen der Vorwurf gemacht werden kann, daß sie das Gesetz in einer der Gesetzlosigkeit gleichzuhaltenden denkunmöglichen Weise angewendet hätte.
Die Bf. sind demnach durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
4.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Interessen, Selbstbewirtschaftung, BehördenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B959.1986Dokumentnummer
JFT_10129076_86B00959_00