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L82401 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Burgenland;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte
Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 13. März 1989, Zl. II-938/2-1988, betreffend Müllabfuhranschlußpflicht (mitbeteiligte Partei: Burgenländischer Müllverband), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Verbandsobmannes und des Verbandsobmannstellvertreters des Burgenländischen Müllverbandes (mitbeteiligte Partei) vom 4. Dezember 1985 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. 1234 KG N gemäß § 5 des Müllgesetzes 1980, LGBl. für das Burgenland Nr. 15, zum Anschluß an die öffentliche Abfuhr des Burgenländischen Müllverbandes und gemäß § 9 der zitierten Vorschrift zur Verwendung eines Müllsammelgefäßes der Type A verpflichtet. Ferner wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 der genannten Vorschrift der Ersatz der erstmaligen Anschaffungskosten dieses Müllsammelgefäßes in der Höhe von S 528,-- vorgeschrieben.
In seiner als Berufung gewerteten Eingabe vom 9. Dezember 1985 brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, auf seiner Liegenschaft falle kein Müll an. Der auf dieser errichtete Bau diene nicht als Einfamilienhaus, sondern lediglich als Schlafstätte. Für diesen Bau sei auch keine Hausnummer vorhanden.
Diese Berufung wies der Verbandsvorstand der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 13. März 1987 als unbegründet ab. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß das gegenständliche Objekt vom Beschwerdeführer und zwei Personen bewohnt werde und hiebei (laut den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Niederschrift vom 25. Juli 1985) Abfälle wie Haus- und Hofkehricht, Ruß, kalte Asche, nicht flüssige Küchenabfälle, Papier, Glas, Holz, Textilien und Kunststoffe anfielen.
In seiner rechtzeitig erhobenen Vorstellung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er mit zwei Personen in einem Gebäude "außerhalb der eigentlichen Ortschaft" wohne. Sein Haus könne von den Lastkraftwagen des Müllverbandes nicht erreicht werden bzw. sei die Zufahrtsstraße für LKW nicht geeignet. Außerdem falle in seinem Haus kein Müll an. Papier sowie Haus- und Hofkehricht und Küchenabfälle würden im Ofen verbrannt werden. Aus diesen Gründen würde er keine Mülltonne benötigen.
In dem von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahren forderte sie die mitbeteiligte Partei unter anderem auf (nur dies ist aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung), die bisher nicht beantwortete Frage, ob das Grundstück des Beschwerdeführers im Pflichtbereich liege, zu klären. Dies wurde von der mitbeteiligten Partei bejaht. Die belangte Behörde teilte daraufhin dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Juli 1988 die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens mit, unter anderem auch, daß sein Grundstück im Pflichtbereich liege. In seiner Stellungnahme vom 8. August 1988 brachte der Beschwerdeführer vor, er bleibe bei seiner in seiner Berufung gemachten Angabe; er bestritt neuerlich den Anfall von Müll.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. März 1989 wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gemäß §§ 5 und 44 des Müllgesetzes 1980 in Verbindung mit § 77 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 in der geltenden Fassung, als unbegründet ab. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 5 und 6 des Müllgesetzes 1980 und Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens aus, grundsätzlich sei zunächst festzustellen, daß im vorliegenden Fall unbestritten feststehe, daß das Grundstück Nr. 1234 der KG N im Pflichtbereich liege. In der Folge führte die belangte Behörde näher aus, warum ihrer Ansicht nach auf diesem Grundstück Müll anfalle. Seine Entsorgung habe dort zu erfolgen, wo er anfalle. Das Verbringen bzw. die Selbstbeseitigung von Müll könne nur in einem eigenen Verfahren betreffend Ausnahmebewilligung von der Anschlußpflicht geprüft werden; ein entsprechender Antrag sei aber vom Beschwerdeführer bisher nicht gestellt worden. Bei der Beurteilung der Anschlußpflicht komme es auf die Menge des anfallenden Mülls nicht an. Die Zufahrtsstraße zum Grundstück des Beschwerdeführers könne von den Müllsammelfahrzeugen der mitbeteiligten Partei befahren werden und liege direkt an der Entsorgungsroute.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer brachte unter anderem vor, die Anschlußpflicht nach § 5 des Müllgesetzes 1980 sei deshalb nicht gegeben, weil sein Grundstück außerhalb des Pflichtbereiches liege.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und wies darauf hin, die mitbeteiligte Partei habe aus Anlaß der Aktenvorlage (abweichend vom Vorstellungsverfahren) mit Schreiben vom 21. Juni 1989 der belangten Behörde mitgeteilt, daß das Grundstück des Beschwerdeführers nicht im Pflichtbereich liege. Es werde daher auf die Einbringung einer Gegenschrift verzichtet.
Die mitbeteiligte Partei hat trotz gebotener Gelegenheit
keine Äußerung zur Beschwerde abgegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 5 des Burgenländischen Müllgesetzes 1980, LGBl. Nr. 15, sind die Eigentümer der im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke oder Personen, die zur Nutzung des Grundstückes in ähnlicher Weise ausschließlich befugt sind, verpflichtet, die Abfuhr und die Beseitigung des auf ihren Grundstücken anfallenden Haus- und Sperrmülls durch die öffentliche Müllabfuhr besorgen zu lassen (Anschlußpflicht). Weiters besteht Anschlußpflicht für alle im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke, sofern sich auf ihnen Wohngebäude befinden, für die nach den baurechtlichen Vorschriften eine rechtskräftige Benützungsbewilligung vorliegt.
Der Pflichtbereich umfaßt nach § 2 Abs. 8 des Müllgesetzes 1980 das durch den Flächenwidmungsplan festgelegte Bauland sowie jenes Gebiet, für das die regelmäßige Abfuhr und Beseitigung des Haus- und Sperrmülls durch die öffentliche Müllabfuhr vom Verband nach Anhörung der Gemeinde festgelegt wurde.
Gemäß § 40 Abs. 3 erster Satz des Müllgesetzes 1980 obliegt dem Verbandsobmann im Einvernehmen mit dem Verbandsobmannstellvertreter die Besorgung behördlicher Aufgaben in I. Instanz. Über Berufungen gegen Bescheide des Verbandsobmannes entscheidet nach § 38 letzter Satz leg. cit. der Verbandsvorstand endgültig.
Wer durch einen Bescheid des Verbandsvorstandes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung an die Landesregierung erheben. Die Bestimmungen des § 77 Abs. 2 bis 6 der Burgenländischen Gemeindeordnung gelten hiebei sinngemäß (§ 44 des Müllgesetzes 1980).
Nach § 2 der den Verwaltungsakten angeschlossenen Verordnung des Verbandsvorstandes des Burgenländischen Müllverbandes vom 2. Juli 1985 betreffend die Abfuhr und Beseitigung des in der Gemeinde N anfallenden Haus- und Sperrmülls (Müllabfuhrordnung) umfaßt der Pflichtbereich das durch den genehmigten Flächenwidmungsplan der Gemeinde N festgelegte Bauland.
In dem von der belangten Behörde zitierten Schreiben vom 21. Juni 1989 weist die mitbeteiligte Partei darauf hin, neuerliche Ermittlungen hätten ergeben, daß das seinerzeitige Erhebungsergebnis auf einem Irrtum des Erhebungsorgans beruht habe und das Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 1234 KG N tatsächlich nicht im Bauland, sondern im Grünland liege. Dies wird durch eine in den Verwaltungsakten aufliegende Notiz und einen Plan (AS 135 bis 137) näher belegt, aus denen hervorgeht, daß das vom Beschwerdeführer errichtete Objekt, für das er weder eine Bau- noch eine Benützungsbewilligung besitzt und für das seitens der Gemeinde N auch keine Hausnummer vergeben wurde, ca. 70 Meter vom Bauland entfernt ist.
Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall eindeutig, daß das Grundstück des Beschwerdeführers außerhalb des Pflichtbereichs im Sinn des § 2 Abs. 8 des Müllgesetzes 1980 liegt und es daher schon deshalb an einer Tatbestandsvoraussetzung für die Bejahung der Anschlußpflicht nach § 5 leg. cit. mangelt.
Die mitbeteiligte Partei weist allerdings in ihrem Schreiben an die belangte Behörde darauf hin, das dem Vorstellungsverfahren zu Grunde gelegte, bezüglich des Pflichtbereiches unrichtige Erhebungsergebnis sei vom Beschwerdeführer unwidersprochen geblieben und erstmals in seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufgezeigt worden.
Diesem auf die Unbeachtlichkeit des Beschwerdevorbringens bezüglich des Pflichtbereichs wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 VwGG) hinauslaufenden Einwand der mitbeteiligten Partei kann der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen.
Zutreffend ist die belangte Behörde im Vorstellungsverfahren davon ausgegangen, daß im Verwaltungsverfahren vor der mitbeteiligten Partei die für den Ausgang des Verfahrens maßgebende Frage, ob das Grundstück Nr. 1421 KG N des Beschwerdeführers im Pflichtbereich (im Sinn des § 2 Abs. 8 des Müllgesetzes 1980) liege, nicht geklärt worden sei. Als Aufsichtsbehörde war die belangte Behörde im Vorstellungsverfahren berechtigt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1969, Zl. 255/67), aber nicht verpflichtet (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. März 1969, Zl. 587/68), eigene Ermittlungen über den Sachverhalt durchzuführen. Die belangte Behörde hat allerdings aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in bezug auf die Zugehörigkeit seiner Liegenschaft zum Pflichtbereich im Vorstellungsverfahren den unrichtigen Schluß gezogen, diese Tatbestandsvoraussetzung sei von ihm außer Streit gestellt worden. Der Beschwerdeführer hat nämlich in seiner in Wahrung des Parteiengehörs im Vorstellungsverfahren zum Ermittlungsergebnis der belangten Behörde abgegebenen Stellungnahme vom 8. August 1988 ausdrücklich die in seiner Berufung gemachte Angabe aufrechterhalten. In seiner Berufung aber hat der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen, daß für das von ihm bewohnte Objekt keine Hausnummer vorhanden sei. Im übrigen hat er in seiner Vorstellung auch darauf hingewiesen, er wohne in einem Gebäude außerhalb der eigentlichen Ortschaft. Mit diesem Vorbringen hat der im Verwaltungsverfahren unvertretene Beschwerdeführer jedoch ausreichend zum Ausdruck gebracht, daß er die Zugehörigkeit seines Grundstückes zum Pflichtbereich (im Sinn des § 2 Abs. 8 des Müllgesetzes 1980) bestreitet. Aus diesem Grund verstößt das diesbezügliche Beschwerdevorbringen auch - entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei - nicht gegen das Neuerungsverbot nach § 41 VwGG.
Aus den angeführten Gründen war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der nach ihrem Art. III Abs. 2 im Beschwerdefall anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Sachverhalt Neuerungsverbot Besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren Vorstellung SachverhaltsermittlungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120096.X00Im RIS seit
19.03.1990