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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §2 Abs1 Z15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler,
Dr. Degischer, Dr. Domittner und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde der N-GmbH gegen den Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Juni 1989, Zl. VerkR-13705/16-1989-I/Fra,
betreffend Entfernung einer Werbung gemäß § 84 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Auf die Sachverhaltsdarstellung und die rechtlichen Erwägungen im aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1989, Zl. 88/18/0351, wird hingewiesen. Im zweiten Rechtsgang entschied die Berufungsbehörde abermals im gleichen Sinn. In der Begründung dieses Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, es handle sich bei den zwei Reklameschildern mit bestimmter Aufschrift und bestimmten fotografischen Abbildungen um eine Werbung im Sinne des § 84 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), welche auch gleichzeitig eine bauliche Anlage darstelle. Die Werbung sei außerhalb des Ortsgebietes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO gelegen. Im Linzer Stadtgebiet sei bei sämtlichen Auffahrten zur gegenständlichen Autobahn A 7 "Mühlkreisautobahn" auch das Hinweiszeichen "Ortsende" gemäß § 53 Abs. 1 Z. 17b StVO aufgestellt. Die Werbung liege innerhalb eines Bereiches von 100 m vom Fahrbahnrand der Autobahn. Die Werbung liege weder im erheblichen Interesse der Straßenbenützer noch diene sie deren vordringlichem Bedürfnis. Daß durch die Reklametafeln nach einer Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Linz der Verkehr nicht beeinträchtigt werde, sei unentscheidend. Auf die Frage der Ausnahmebewilligung anderer Personen sei nicht einzugehen. Auch die Auskunft des Magistrates Linz vom 15. Mai 1987 dahin, daß eine straßenpolizeiliche Bewilligung für die Reklametafeln nicht erforderlich sei, sei unentscheidend, da sich diese Auskunft auf § 82 StVO bezogen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Abs. 2 StVO sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.
Nach Abs. 4 dieses Paragraphen hat die Behörde, wenn eine Werbung oder Ankündigung entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung nach Abs. 3 angebracht worden ist, den Besitzer oder Verfügungsberechtigten mit Bescheid zu verpflichten, die Werbung oder Ankündigung zu entfernen.
Der Verwaltungsgerichtshof spricht über die einzelnen Beschwerdegründe wie folgt ab, wobei die von der Beschwerde verwendete Dezimalklassifikation gebraucht wird:
Zu 1.2: Die gegenständliche Autobahn ist auch innerhalb des politischen Gebietes der Landeshauptstadt Linz als außerhalb von Ortsgebieten gelegen anzusehen. Dies ergibt sich aus der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO in Verbindung mit der für Autobahnen geltenden Ausnahmebestimmung nach § 53 Abs. 1 Z. 17a StVO. Dies ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erkenntnisse vom 20. Jänner 1988, Zl. 87/03/0181, vom 5. Oktober 1988, Zl. 88/18/0307, vom 11. September 1987, Zl. 87/18/0032). Infolge dieser Rechtslage ist es auch unentscheidend, ob der Beschwerdeführerin zur Auskunft der Landesbaudirektion für Oberösterreich Parteiengehör gewährt wurde oder nicht, insbesondere deshalb, weil es in Anbetracht des § 84 Abs. 2 StVO nicht auf den Standort der Werbung, sondern auf dessen Entfernung von einer Straße (Fahrbahnrand) außerhalb des Ortsgebietes ankommt.
Zu 1.3: Ein Ansuchen um Ausnahmebewilligung im Sinne des § 84 Abs. 3 StVO bewirkt nicht, daß vor Erteilung einer solchen Bewilligung eine Werbung oder Ankündigung dergestalt aufgestellt werden könnte, daß ein Entfernungsauftrag für die Zeit des Bewilligungsverfahrens nicht nach § 84 Abs. 4 StVO erteilt werden dürfte. Auch dies ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. N.F. Nr. 9831/A; Erkenntnisse vom 21. September 1988, Zl. 87/03/0031, vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/02/0194). Die belangte Behörde hatte daher keinen Anlaß, mit dem Beseitigungsauftrag zuzuwarten, bis über das Bewilligungsansuchen der Beschwerdeführerin entschieden worden war.
Zu 2.1: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit seinem Erkenntnis vom 15. März 1976, Slg. N.F. Nr. 9013/A, fallen unter das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO lediglich die Werbungen und Ankündigungen selbst, nicht aber auch alle Tafeln, Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können (so auch die folgende Rechtsprechung, z.B. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. N.F. Nr. 9831/A).
Gegen dieses rechtliche Gebot hat die belangte Behörde dadurch verstoßen, daß sie in ihrem Bescheid nicht eindeutig ausdrückte, daß bloß die Werbung, aber nicht die Träger der Werbung zu entfernen seien. Im Bescheid der ersten Instanz vom 10. Dezember 1987 hieß es, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, jene zwei beleuchteten Reklamtafeln mit der Aufschrift "XXX" zu entfernen, die an bestimmter Stelle angebracht sind. Die Berufungsbehörde änderte an diesem Spruche nur insofern etwas, als sie die bestimmte Örtlichkeit durch die Einfügung der Wortfolge "west- und nordseitig" näher umschrieb. Gerade der von der belangten Behörde in ihrer Äußerung vom 18. Oktober 1989 und in ihrer Gegenschrift hervorgehobene Umstand, daß es sich an Ort und Stelle einerseits um bauliche Anlagen handle, nämlich Träger und Kasten, andererseits um Reklametafeln aus Plastikfolien, auf welchem Material die werbenden Bilder und die werbende Aufschrift aufgedruckt seien, hätte Anlaß gegeben, schon im Spruch zwischen den nicht zu entfernenden Trägern und Kasten und den zu entfernenden werbenden Bildern und Inschriften zu unterscheiden. Es kann infolge der Fassung der Sprüche nicht ausgeschlossen werden, daß die Vollstreckung mehr als die Werbung, nämlich auch die "Tafeln, Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht" sind, erfaßt. Nur in dieser Richtung erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit des Inhalts (vgl. Erkenntnis vom 15. März 1976, Slg. N.F. Nr. 9013/A) behaftet.
Zu 2.2 kann auf die obigen Ausführungen zu 1.2 hinsichtlich des Begriffes "außerhalb von Ortsgebieten" verwiesen werden.
Zu 3: Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt nicht vor, da eine Überschreitung der materiellen Grenzen der Entfernungsbefugnis nach § 84 Abs. 4 StVO, somit eine mißverständliche Anwendung dieser Bestimmung, noch nicht bedeutet, daß sich die belangte Behörde die Zuständigkeit einer anderen Behörde, z.B. der Baubehörde arrogiert hätte.
Der angefochtene Bescheid war allein aus dem oben angeführten Grund nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil, über den angefochtenen Bescheid und die Vollmachtsurkunde hinaus, die vorgelegten Beilagen allein der Bewilligung des Aufschiebungsantrages dienten.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989180136.X00Im RIS seit
19.12.2001Zuletzt aktualisiert am
09.06.2009