TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/19 89/15/0098

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Veröffentlicht am 19.03.1990
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GebG 1957 §14 TP6 Abs2 Z1 idF 1985/557;
GewO 1973 §340;
GewO 1973 §345 Abs4;
GewO 1973 §345 Abs7;
GewO 1973 §345 Abs8 Z2;
GewO 1973 §345 Abs8;
GewO 1973 §345 Abs9;
GewO 1973 §345;
GewO 1973 §46 Abs3;
GewO 1973 §6;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1991, 82;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Egger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. März 1989, Zl. GA 11 - 2305/88, betreffend Stempelgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Am 12. November 1987 (Datum des Einlangens) brachte die A-GmbH (deren Hauptbetrieb im Standort Wien, X-Gasse nn, besteht), vertreten durch den Beschwerdeführer, beim Magistrat T die Eröffnung einer weiteren Betriebsstätte mit dem Standort T, zur Anzeige. Diese Anzeige war mit S 120,-- Bundesstempel versehen.

Mit Bescheid vom 19. August 1988 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien dafür gemäß § 14 TP 6 Abs. 2 Z. 1 GebG 1957 eine erhöhte Eingabengebühr mit S 400,--, gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 v. H. der verkürzten Gebühr mit S 140,-- sowie gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 20 v. H. der verkürzten Gebühr mit S 56,-- fest, wobei der bereits in Stempelmarken entrichtete Betrag von S 120,-- angerechnet wurde.

Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid allerdings insoweit abgeändert, als die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 GebG 1957 ersatzlos aufgehoben wurde.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß mit der Anzeige vom 12. November 1987 eine solche im Sinne des § 46 GewO 1973 vorgenommen worden sei. Der Eingabenbegriff des Gebührengesetzes umfasse neben Ansuchen auch Anmeldungen, Anzeigen usw. Auch der Gesetzgeber verwende im Zusammenhang mit dem Tatbestand der gebührenpflichtigen Eingabe die verschiedensten Begriffe, welche weitestgehend austauschbar seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es für die gebührenrechtliche Beurteilung nicht auf die äußere Erscheinungsform des Anbringens an, sondern auf den Zweck desselben. Ein sich bloß als Meldung (Anzeige) darstellendes Anbringen könne daher ebenfalls als Ansuchen zu werten sein. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung dargetan, daß mit der Anmeldung des Gewerbes ein Parteibegehren verbunden sei, wobei nach Überprüfung und Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes der Gewerbeschein ausgestellt und damit die Befähigung zur Ausübung des Gewerbes anerkannt werde, "bzw. seien die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (in einer weiteren Betriebsstätte) erfüllt".

Dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, der sich auf die Gesetzwidrigkeit des Erlasses des BM für Finanzen vom 10. Oktober 1978 berief, hielt die belangte Behörde entgegen, daß nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes nicht unter die Begriffe "Erteilung einer Befugnis" bzw. "Anerkennung einer Befähigung" subsumiert werden könne, wohl aber die "sonstige gesetzliche Voraussetzung" zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zutreffe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Anspruch auf richtige Anwendung der Gebührenvorschriften des "§ 14 TP 5 und 6 GebG" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 2 Z. 1 GebG 1957 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 557 (im folgenden kurz: GebG), unterliegen der erhöhten Eingabengebühr von S 400,-- Ansuchen um Erteilung einer Befugnis oder die Anerkennung einer Befähigung oder sonstigen gesetzlichen Voraussetzung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

§ 46 Abs. 3 GewO 1973 bestimmt:

"Das Recht zur Ausübung eines Anmeldungsgewerbes (§ 5 Z. 1) in einer weiteren Betriebsstätte wird durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet (§ 345 Abs. 4)."

Anmeldungsgewerbe sind gemäß § 5 Z. 1 GewO 1973 Gewerbe, die bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden dürfen (§ 6).

Nach § 6 leg. cit. werden die Anmeldungsgewerbe bezeichnet als 1. Handwerke, wenn als Befähigungsnachweis die Meisterprüfung (§ 18), 2. gebundene Gewerbe, wenn ein Befähigungsnachweis anderer Art, 3. freie Gewerbe, wenn kein Befähigungsnachweis als Voraussetzung der Gewerbeausübung vorgeschrieben ist.

§ 345 Abs. 4 GewO 1973 bestimmt:

"Die Anzeigen gemäß § 46 Abs. 3 (Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte), gemäß § 47 Abs. 3 (Bestellung und Ausscheiden eines Filialgeschäftsführers für die Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte) und gemäß § 48 (Einstellung der Ausübung eines Anmeldungsgewerbes in einer weiteren Betriebsstätte) sind bei der für die weitere Betriebsstätte zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Für die Anzeige gemäß § 46 Abs. 3 gelten die Vorschriften des § 339 Abs. 2 sinngemäß."

Nach Abs. 7 der letztzitierten Gesetzesstelle sind den Anzeigen gemäß Abs. 1 bis 6 die zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen für die Maßnahme oder Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, erforderlichen Belege anzuschließen; § 340 Abs. 2 gilt sinngemäß.

Abs. 8 leg. cit. bestimmt dazu in seiner Z. 2 folgendes:

"Wenn die jeweils geforderten Voraussetzungen gegeben sind, hat die Behörde, bei der gemäß Abs. 1 bis 6 die Anzeigen zu erstatten sind, die Anzeigen gemäß § 46 Abs. 3 ... mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen und die für den Standort der Gewerbeberechtigung zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen."

Gemäß Abs. 9 leg. cit. hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist - unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff. -, wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen; ...

Vorauszuschicken ist, daß sich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (und zwar, wie sich insbesondere auch aus seiner Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde ergibt, offensichtlich auf Grund der Ausführungen von Gaier, Kommentar zum Gebührengesetz2 92 Rz 27 zu § 14 TP 6 GebG ebenso wie dieser) noch an der Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 1985 orientierte und sich dabei - wie er es in seiner Beschwerde und dem ergänzenden Schriftsatz auch ausdrücklich sagt - vor allem gegen den durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Juni 1985, Zl. V 35/84-9, bereits aufgehobenen Gebührenerlaß 1978 (Erlaß des BM für Finanzen vom 10. Oktober 1978, Zl. 11 06 000/1-IV/11/78; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. November 1985, Zl. 84/15/0053) gewendet hat.

Im vorliegenden Fall ist aber von der durch das zitierte Abgabenänderungsgesetz geschaffenen neuen Rechtslage, nämlich der Einfügung der Worte "oder sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen" in den Tatbestand des § 14 TP 6 Abs. 2 Z. 1 GebG 1957 auszugehen, welche Novelle die Aufgabe hatte, entgegen der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch eine Unterstellung der freien, der handwerksmäßigen und der gebundenen Gewerbe unter den zitierten Gebührentatbestand vorzunehmen (vgl. dazu Gaier, GebG, Ergänzungsband 1987-2 26 bzw. 22; Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, 6. Lieferung, Stand Jänner 1988 B IV 2a S. 26) und wodurch auch die zur alten Rechtslage ergangenen kritischen Äußerungen in der Literatur (Graff, ÖStWK 1979 A VI 3 ff) überholt sind.

Nach Frotz-Hügel-Popp (aaO) ist für die erhöhte Gebührenpflicht wesentlich, daß die Eingabe auf ein nach außen hin erkennbares behördliches Tätigwerden (Erteilung, Anerkennung, Ernennung, Eintragung) gerichtet ist. Als Anerkennung einer Befähigung ist auch die behördliche Feststellung (Bescheid, Gewerbeschein gemäß § 340 GewO 1973 bei Anmeldungsgewerben) über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung der Erwerbstätigkeit anzusehen. Nur bloße Anzeigen, die materiell nicht auf ein derartiges Tätigwerden der Behörde gerichtet sind, unterliegen nicht der erhöhten Eingabengebühr.

Kern der Beschwerdeausführungen ist, es sei eine solche bloße Anzeige erstattet worden.

Betrachtet man aber das gemäß § 46 Abs. 3 in Verbindung mit § 345 Abs. 4, 7 und 8 Z. 2 GewO 1973 einzuhaltende Anmeldungsverfahren, so wird daraus klar, daß auch eine Anzeige gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. - ungeachtet des Umstandes, daß sie konstitutiv, also rechtsbegründend wirkt, falls die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. dazu Mache-Kinscher, MGA GewO5 Anm. 23 zu § 46 GewO sowie das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1988, Zl. 87/04/0063) - eine Tätigkeit der gemäß § 345 Abs. 4 GewO 1973 zuständigen Behörde nach sich zieht. Dabei handelt es sich um die Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen (vgl. Mache-Kinscher aaO) und entweder die gemäß § 345 Abs. 8 Z. 2 leg. cit. mit Bescheid erfolgende Kenntnisnahme der Anzeige (worunter die behördliche Feststellung, daß für die den Gegenstand der Anzeige bildende Maßnahme oder Tätigkeit die geforderten Voraussetzungen vorliegen, zu verstehen ist; vgl. Mache-Kinscher aaO Anm. 17 zu § 345 GewO) oder aber um die gemäß § 345 Abs. 9 GewO vorzunehmende Feststellung, daß die geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, und die Untersagung der Maßnahme oder der Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist. Daraus folgt, daß auch eine Anzeige nach § 46 Abs. 3 GewO, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vollkommen zu Recht betont, ein Ansuchen betreffend eine "sonstige gesetzliche Voraussetzung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit" gemäß § 14 TP 6 Abs. 2 Z. 1 GebG 1957 darstellt und daß die belangte Behörde somit frei von inhaltlicher Rechtswidrigkeit entschieden hat. Daran vermögen auch die in der Replik des Beschwerdeführers auf die Gegenschrift der belangten Behörde zitierten allgemeinen, kritischen und rechtspolitischen Äußerungen Gaiers (Kommentar zum Gebührengesetz2 Rz. 3 und 4 zu § 14 TP 6) nichts zu ändern.

Da schließlich im vorliegenden Fall eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit § 14 TP 5 GebG weder den Verwaltungsakten zu entnehmen ist noch vom Beschwerdeführer selbst, der auch diese Gesetzesstelle zum Gegenstand seines gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG formulierten Beschwerdepunktes machte, näher ausgeführt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989150098.X00

Im RIS seit

22.02.2001

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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