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63/05 Reisegebührenvorschrift;Norm
RGV 1955 §2 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 2. Juni 1989, Zl. 54 1500/1-IV/1/88, betreffend Reisegebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als rechtskundiger Beamter der Verwendungsgruppe A in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Finanzamt X; er wohnt in Enzersfeld.
Im Rahmen der dienstlichen Ausbildung wurde der Beschwerdeführer in der Zeit vom 8. bis 19. Feber 1988 dem Finanzamt für Verbrauchssteuern und Monopole und vom 22. Feber bis 24. Juni 1988 der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, beide Dienststellen in Wien, dienstzugeteilt.
Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 6. Juni 1988 erhielt der Beschwerdeführer für die genannten Dienstzuteilungen (zeitlich beschränkt mit 30. April 1988) die ihm zustehenden Gebühren gemäß § 22 Abs. 3 lit. a und b RGV 1955 zuerkannt.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer - so wie in den von ihm ursprünglich vorgelegten Reiserechnungen - die Zuteilungsgebühr gemäß § 22 Abs. 1 und 2 RGV 1955 geltend.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Berufung nicht stattgegeben. In der Begründung des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde davon aus, daß der "Zuteilungsort" die Ortsgemeinde ist, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen ist, und die fahrplanmäßige Fahrzeit durch den im Zuteilungsort gelegenen ersterreichbaren bzw. als letzten durchfahrenen Bahnhof begrenzt wird. Neben dem Gebot der Einrechnung der Wartezeit bei gegebener Notwendigkeit des Umsteigens bestehe auch das Erfordernis der Berücksichtigung der kürzesten Zeit als fahrplanmäßige Fahrzeit. Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen und bei Beachtung des Umstandes, daß ausgehend von der vorgeschriebenen Dienstzeit mehrere Zugsverbindungen zur Auswahl stünden, sei die Heranziehung der schnellsten Zugsverbindung durch die Behörde erster Instanz nicht zu beanstanden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Bemessung der Zuteilungsgebühr gemäß § 22 Abs. 2 RGV 1955 verletzt; er bezeichnet die Berechnung gemäß § 22 Abs. 3 RGV 1955 als zu Unrecht erfolgt.
Strittig ist allein die Berechnung der fahrplanmäßigen Fahrzeit und damit im Zusammenhang die Interpretation des Begriffes "Zuteilungsort".
Die gesetzlichen Regelungen - soweit sie für den Beschwerdefall in Betracht kommen - lauten:
Gemäß § 22 Abs. 1 RGV 1955, BGBl. Nr. 133, erhält der Beamte bei einer Dienstzuteilung eine Zuteilungsgebühr; sie umfaßt die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr. Der Anspruch auf die Zuteilungsgebühr beginnt mit der Ankunft im Zuteilungsort und endet mit der Abreise vom Zuteilungsort oder, wenn der Beamte in den Zuteilungsort versetzt wird, mit dem Ablauf des letzten Tages der Dienstzuteilung. § 17 RGV 1955 findet sinngemäß Anwendung.
Die Zuteilungsgebühr beträgt gemäß § 22 Abs. 2 RGV 1955:
1. Für die ersten 30 Tage der Dienstzuteilung 100 v.H. der Tagesgebühr nach Tarif I und der Nächtigungsgebühr nach § 13 RGV 1955;
2.
ab dem 31. Tag der Dienstzuteilung
a)
für Beamte, wenn ihnen oder ihrem Ehegatten gemäß § 4 des Gehaltsgesetzes 1956 ein Steigerungsbetrag für zumindest ein Kind gebührt, 75 v.H. der Tagesgebühr nach Tarif I und der Nächtigungsgebühr nach § 13 RGV 1955,
b)
für Beamte, wenn ihnen oder ihrem Ehegatten gemäß § 4 des Gehaltsgesetzes 1956 der Grundbetrag gebührt, 50 v.H. der Tagesgebühr nach Tarif I und der Nächtigungsgebühr nach § 13 RGV 1955,
c)
für die übrigen Beamten 25 v.H. der Tagesgebühr nach Tarif I und der Nächtigungsgebühr nach § 13 RGV 1955.
Beträgt die fahrplanmäßige Fahrzeit für die Strecke von dem der Wohnung nächstgelegenen für die Fahrt in Betracht kommenden Bahnhof zum Zuteilungsort und zurück zusammen nicht mehr als zwei Stunden, ohne daß durch die Rückfahrt eine ununterbrochene 11-stündige Ruhezeit verhindert wird, so erhält der Beamte gemäß § 22 Abs. 3 RGV 1955 anstelle der Zuteilungsgebühr
a)
den Ersatz der Fahrtauslagen für die Fahrtstrecke und für die notwendige Benützung eines innerstädtischen Massebeförderungsmittels im Zuteilungsort, höchstens aber die nach § 22 Abs. 2 RGV 1955 zustehende Nächtigungsgebühr,
b)
die Tagesgebühr nach § 22 Abs. 2 RGV 1955, wenn die Dauer der Abwesenheit vom Wohnort 12 Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer der Abwesenheit acht Stunden, so geb+hren zwei Drittel dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer der Abwesenheit fünf Stunden, so gebührt ein Drittel dieser Tagesgebühr. Die sich bei der Teilung ergebenden Beträge werden auf durch S 0,10 teilbare Beträge aufgerundet.
Als Abwesenheit vom Wohnort gilt die Zeit zwischen der fahrplanmäßigen Abfahrt des Massenbeförderungsmittels im Wohnort und der tatsächlichen Ankunft des Massenbeförderungsmittels im Wohnort.
Was den für die Berechnung der fahrplanmäßigen Fahrzeit bedeutsamen Begriff des Zuteilungsortes betrifft, hat - worauf die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend Bezug nimmt - der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15. Dezember 1982, Zl. 09/3479/80, unter Bezugnahme auf die im § 2 Abs. 5 RGV 1955 enthaltene Umschreibung des Begriffes "Dienstort" ausgeführt, daß für den Zuteilungsort allein die Ortsgemeinde, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen ist, maßgebend ist.
Der im Sinne der RGV 1955 von der belangten Behörde als maßgebend angenommene Sachverhalt unterscheidet sich im wesentlichen von den dem Vorbringen des Beschwerdeführers zugrundegelegten Sachverhaltsannahmen wie folgt:
Hinfahrt Behörde Beschwerdeführer
Enzesfeld-Lindabrunn 5.54 5.54
Leobersdorf 6.04 6.04
Umsteigen ab 6.09 ohne Umsteigen 6.23
Wien (Bahnhof Meidling) an 6.32 Wien Liesing 6.54
fahrplanmäßige Fahrzeit: 38 Min. 1 Stunde
Rückfahrt
Wien (Bahnhof Meidling) ab 16.18 Wien Liesing 16.02
Leobersdorf an 16.38 16.44
Umsteigen ab 17.03 17.03
Enzesfeld-Lindabrunn an 17.11 17.11
fahrplanmäßige Fahrzeit: 53 Min. 1 Stunde 9 Min
Gesamt: 1 Stunde 31 Min. 2 Stunden 9 Min
Diese Gegenüberstellung zeigt, daß die Behörde nicht etwa von einer Zugsverbindung ausgeht, die insoferne zu Lasten des Beschwerdeführers gehen würde, daß er seinen Wohnort früher verlassen, bzw. später erreichen würde. An der Abfahrts- bzw. Ankunftszeit im Wohnort des Beschwerdeführers ändert sich bei der Berechnung der Behörde im Verhältnis zu der des Beschwerdeführers gar nichts.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die von der Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte "Wahl des Verkehrsmittels"; er bringt vor, für die Benützung der Südbahnlinie stünden begrenzt durch die Fahrzeiten der Nebenlinie T mehrere Zugsverbindungen zur Auswahl, wobei von ihm immer die langsamste benützt werde. Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1958, Zl. 1039/58, ergebe sich, daß die Wartezeit, die bei der Notwendigkeit des Umsteigens aufgewendet werden müsse, um den Anschlußzug besteigen zu können, in die fahrplanmäßige Fahrzeit eingerechnet werden müsse. Über die Auswahl der schnellsten Zugsverbindung aus mehreren möglichen Verbindungen werde jedoch nichts ausgesagt. Der Berechnungsmodus der Behörde, nämlich jene Zugsverbindungen zu wählen, mit denen der Beschwerdeführer am schnellsten am Zuteilungsort sei bzw. am spätesten vom Zuteilungsort wegfahre, widerspreche dem Sinn und dem Zweck der RGV aus folgenden Gründen:
a) Die RGV pauschaliere die mit der Dienstzuteilung verbundenen Kosten in der Form, daß bei Überschreitung der normierten Zumutbarkeitsgrenze (Fahrzeit, Ruhezeit) die volle Tages- und Nächtigungsgebühr und bei Unterschreiten dieser Grenze nur die anteilige Tagesgebühr zustehe. Das bedeute, daß nur die mit dem Aufenthalt am Zuteilungsort und dessen Dauer verbundenen Kosten ersetzt würden. Stünden daher bereits für eine kürzere Aufenthaltsdauer pro Tag die höheren Pauschalkosten zu, dürfe eine längere Aufenthaltsdauer pro Tag nicht zu einem wesentlich geringeren Pauschalersatz führen.
b) Die durch das Umsteigen entstehende Wartezeit, die ja bei Berechnung der fahrplanmäßigen Fahrzeit mit zu berücksichtigen sei, werde unzulässigerweise in eine für die Berechnung der fahrplanmäßigen Fahrzeit nicht mehr relevante Wartezeit am Zuteilungsort umgedeutet, ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer tatsächlich den langsameren Zug benutzt habe und diese Verbindung dem Fahrzweck am besten entspreche. Der Fahrzweck sei dabei geprägt einerseits durch das Interesse des Dienstgebers, daß der Beamte zu Dienstbeginn an seiner Dienststelle anwesend sei und diese nicht vor Dienstende verlasse, anderseits durch das Interesse des Dienstnehmers, die Dienststelle möglichst knapp vor Dienstbeginn zu erreichen, das bedeute, die spätestmögliche Verkehrsverbindung zu wählen und seinen Wohnort so rasch als möglich zu erreichen.
Dem ist entgegen zu halten, daß es - abgesehen von der Reisegebührenfrage - nicht einsichtig ist, worin das Interesse des Bediensteten gelegen ist, bei gleichem Fahrtbeginn bzw. ende eine längere Fahrzeit in Anspruch zu nehmen, bloß um den Aufenthalt im Dienstort bzw. in der Dienststelle möglichst kurz zu halten. Es muß im Gegenteil nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die bei kürzerer Fahrt gewonnene Zeit für den betroffenen Bediensteten im Hinblick auf die dadurch für ihn gegebene größere Gestaltungsfreiheit als für ihn wertvoller betrachtet werden als die in einem Verkehrsmittel bzw. als Wartezeit am Bahnhof verbrachte Zeit. Soweit der vom Beschwerdeführer genannte "Fahrzweck" demnach sinnvoll ist, wird dieser gerade bei der von der Behörde gewählten Zugsverbindung erreicht; bei gleicher Abfahrts- bzw. Rückkunftszeit wird die Fahr- bzw. Wartezeit des Beschwerdeführers im objektiven Interesse möglichst gering gehalten. Dem Umstand, daß sich aus dieser Konstellation für den Beschwerdeführer allenfalls sogar ein etwas höherer Anspruch auf Tagesgebühr im Sinne des § 22 Abs. 3 lit. b RGV 1955 ergibt, kann im Hinblick auf die gebotene Gesamtbetrachtung keinesfalls die vom Beschwerdeführer gewünschte Bedeutung beigemessen werden, nämlich, daß damit dem Sinn und Zweck der RGV widersprochen werde.
Was das vom Beschwerdeführer herangezogene, vorher genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aus 1958 betrifft, hat der Beschwerdeführer offenbar die diesbezüglich grundlegende Aussage in der damaligen Ableitung des Verwaltungsgerichtshofes übersehen, nach der als fahrplanmäßige Fahrzeit im Sinne der RGV nur jene kürzeste Zeit gelten darf, die notwendig ist, um vom Wohnort zum Dienstort zu gelangen. Wenn also wie im Beschwerdefall eine Wahlmöglichkeit zwischen mehreren ansonst gleichwertigen Verkehrsverbindungen gegeben ist und die Abfahrts- bzw. Ankunftszeit im Wohnort gleich ist, kann der Verwaltungsgerichtshof bei der von der Behörde getroffenen Wahl der Verkehrsverbindung bzw. der daraus erfolgten Ableitung des Gebührenanspruches, der unabhängig von der vom Beschwerdeführer persönlich tatsächlich gewählten Art der Verkehrsverbindung bzw. des Verkehrsmittels besteht, keine Rechtswidrigkeit erkennen.
An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts bei Beachtung des Vorbringens des Beschwerdeführers zum "Begriff des Zuteilungsortes". Was das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang genannte Erkenntnis vom 20. Feber 1980, Zl. 162/79, betrifft, ist daraus keine Aussage in dem vom Beschwerdeführer gewünschten Sinne abzuleiten, weil für die für die damalige Abweisung entscheidenden Überlegungen eine Auseinandersetzung mit der Frage, welcher Bahnhof im Dienstort maßgebend ist, nicht wesentlich war. Ansonst ist aber die diesbezügliche Aussage des Verwaltungsgerichtshofes - von der abzugehen kein Anlaß gesehen wird - sicher eindeutig. Dienstort ist - so wird in dem genannten Erkenntnis ausgeführt - im Sinne der RGV 1955 gemäß § 2 Abs. 5 dieses Gesetzes die Ortsgemeinde, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte dauernd zur Dienstleistung zugewiesen ist. Bei Ortsgemeinden mit besonders großer räumlicher Ausdehnung kann das Bundeskanzleramt festsetzen, daß als Dienstort nur bestimmte Ortsteile der Ortsgemeinde gelten. Eine derartige Festsetzung für Wien ist nicht erfolgt. Daher ist für den Beschwerdeführer der neue Dienstort Wien und nur die fahrplanmäßige Fahrzeit zu beachten, die zur Erreichung des Stadtgebietes benötigt wird.
Aber selbst wenn - entgegen der zuletzt wiedergegebenen Rechtsaussage - der Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich des als Endpunkt maßgebenden Bahnhofes im Dienstort von der Behörde gefolgt worden wäre, hätte sich ausgehend von der von der Behörde zu Recht gewählten Zugsverbindung keine Änderung des Gebührenanspruches zu Gunsten des Beschwerdeführers ergeben, weil die in Frage kommende Zeitdifferenz keine Relevanz im Sinne des § 22 Abs. 3 erster Satz RGV 1955 erlangt hätte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht verlautbarte Erkenntnisse genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989120135.X00Im RIS seit
19.03.1990