TE Vfgh Erkenntnis 1987/9/24 B413/86

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrages auf Nichtigkeitsfeststellung eines Vertrages durch Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde erster Instanz; rechtsmäßige Aufhebung dieses Bescheides durch Landesgrundverkehrsbehörde wegen Unzuständigkeit des Vorsitzenden - die Grundverkehrsbehörde hätte als Kollegialbehörde ihre Entscheidung zu fällen gehabt; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Eingabe vom 19. April 1985 richtete der Rechtsvertreter von A E an die Grundverkehrsbehörde Schwaz folgendes Anbringen:

"...

Im Jahre 1973 wurde von Herrn W ein Vertrag vom 10.12.72 angemeldet, worin eine 10-jährige Vertragsdauer vereinbart war.

Als nun nach Ablauf der 10 Jahre ich namens des Herrn E die Räumung begehrte, stellte sich Herr W auf den Standpunkt, daß der Vertrag tatsächlich damals auf 20 Jahre abgeschlossen worden war.

Über diese Streitfrage lief beim BG Zell am Ziller zu C94/84 ein Prozeß. Das Ersturteil darf ich in Fotokopie beilegen. Daraus ergibt sich, daß auf Grund der Beweisergebnisse das Gericht zur Ansicht gekommen ist, daß tatsächlich damals ein 20-Jahres-Vertrag vereinbart worden sei, obwohl mein Mandant, Herr E, stets behauptet hat, daß nur ein 10-Jahres-Vertrag abgeschlossen worden ist.

Da meines Wissens damals ein 20-jähriger Vertrag gar nicht genehmigt worden wäre, gebe ich diesen Sachverhalt zur Kenntnis und ersuche um Entscheidung in der Richtung, daß der damalige Vertrag, der nach Meinung des Gerichtes nicht auf 10, sondern auf 20 Jahre abgeschlossen worden ist, als nichtig festgestellt wird."

1.2. Hierauf erging am 18. Juli 1985 folgende Erledigung der Grundverkehrsbehörde Ramsau:

"Die Grundverkehrsbehörde Ramsau i.Z. stellt zu Ihrem Antrag vom 19.4.1985 fest, daß es im Grundverkehrsrecht einen Antrag auf Nichtigkeitsfeststellung eines Vertrages nicht gibt. Die Nichtigkeit eines Vertrages ist gemäß §16 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes eine gesetzliche Folgewirkung aus der Versagung einer Zustimmung, kann aber nicht Gegenstand einer Entscheidung der Grundverkehrsbehörde an sich sein. Eine Befugnis zur Nichtigkeitserklärung eines Vertrages kommt der Grundverkehrsbehörde sohin nicht zu. Ihr Antrag wird daher wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen.

Der Vorsitzende:

(Dr. C)"

1.3. Auf Grund einer gegen diese Erledigung von A E erhobenen Berufung wurde der angefochtene Bescheid von der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 28. Feber 1986, Z LGv-1311/2-85, wegen Unzuständigkeit der Erstbehörde behoben.

Begründend wurde ausgeführt, daß ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid die Erledigung der Behörde erster Instanz durch den abschließenden Satz: "Ihr Antrag wird daher wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen" in unzweideutiger Weise die Verweigerung einer meritorischen Behandlung zum Ausdruck gebracht habe und daß die Behörde sohin einen normativen Akt in einer konkreten Verwaltungsangelegenheit gesetzt habe, woraus sich der Bescheidcharakter der Erledigung der Behörde erster Instanz ergebe. Für den Beschwerdefall bedeute die aufgezeigte Rechtsnatur der in Rede stehenden Erledigung, daß sie durch den Beschluß der nach §13 Abs1 GVG eingerichteten Grundverkehrsbehörde gedeckt sein müßte. Ein auf Zurückweisung des Antrages lautender gültiger Kollegialbeschluß sei aber nach den Verwaltungsakten nicht zustande gekommen, sodaß es dem Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde Ramsau an der Ermächtigung zur Ausfertigung des in Beschwerde gezogenen Bescheides gefehlt habe; damit sei der Bescheid so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre. Der Berufung sei daher Folge zu geben gewesen.

Aus prozeßökonomischen Gründen sehe sich die erkennende Behörde aber zu dem Hinweis veranlaßt, daß sie die im Bescheid erster Instanz zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung teile; die im vorliegenden Fall zur Entscheidung gestellte (Vor-)Frage, ob für den nach Meinung des zuständigen Zivilgerichtes - tatsächlich - auf 20 Jahre abgeschlossenen Bestandvertrag eine Genehmigung der Grundverkehrsbehörde zu erwirken gewesen wäre, habe die Grundverkehrsbehörde erster Instanz zu entscheiden, wenn bei ihr ein Antrag - zu dessen Stellung der Rechtserwerber unter Strafsanktion verpflichtet, der Bestandgeber als Vertragspartei berechtigt sei - auf Genehmigung dieses Rechtserwerbes gestellt werde. Ein öffentliches oder Parteiinteresse an einer gesonderten bescheidmäßigen Feststellung bestehe sohin nicht.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

3.1. Die behauptete Grundrechtsverletzung liegt nach Meinung des Bf. vor, weil die bel. Beh. entweder in der Sache selbst im Sinne des Antrages entscheiden oder der Unterbehörde die neuerliche Entscheidung in formell richtiger Zusammensetzung im Sinne einer Antragsstattgebung auftragen hätte müssen. Das Schreiben vom 19. April 1985 bedeute nichts anderes als einen Antrag an die Erstbehörde, den Sachverhalt, der bereits im Jahre 1973 der Erledigung der Grundverkehrsbehörde zugrundegelegen war, unter Berücksichtigung der nunmehr neu hervorgekommenen Umstände, nämlich der 20-jährigen Vertragsdauer, neu zu prüfen und darüber neu zu entscheiden. Daß im Antrag bereits das vom Bf. erwartete Ergebnis, also die Feststellung der Nichtigkeit, vorweggenommen wurde, könne nicht schaden. Da dem Bf. eine Sachentscheidung verweigert worden sei, verletze der angefochtene Bescheid ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

3.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde insbesondere dann verletzt, wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985).

Der Bf. erhebt diesen Vorwurf, jedoch nicht zu Recht. Die Behörde erster Instanz hat nur über die Frage der Zulässigkeit des vom Bf. gestellten Antrages entschieden; demnach hatte sich die bel. Beh. jedenfalls auf diese Frage zu beschränken. Da aber in erster Instanz die Grundverkehrsbehörde nicht durch ihren Vorsitzenden, sondern als Kollegialbehörde ihre Entscheidung zu fällen gehabt hätte, hat die bel. Beh. den erstinstanzlichen Bescheid zu Recht aufgehoben. Den im angefochtenen Bescheid darüberhinaus aus "prozeßökonomischen Gründen" enthaltenen Hinweisen zur Rechtslage kommt keine bindende Wirkung zu.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B413.1986

Dokumentnummer

JFT_10129076_86B00413_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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