TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/19 88/12/0046

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Veröffentlicht am 19.03.1990
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Index

L82404 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Oberösterreich;

Norm

AbfallG OÖ 1975 §2 Abs1;
AbfallG OÖ 1975 §2 Abs2;
AbfallG OÖ 1975 §2;
AbfallG OÖ 1975 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte

Dr. Knell und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 1987, Zl. Ge-56.564/1-1987/Schl/Sch, betreffend Übertretung des § 32 Abs. 1 lit. a Oö. Abfallgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bei einem am 29. April 1986 in T bei W durchgeführten Lokalaugenschein der Bezirkshauptmannschaft Wels betreffend die Ablagerungen auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei M, Grundstück n2, KG A, das nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stand, sicherte der Beschwerdeführer laut Niederschrift zu, sämtliche gelagerte Gegenstände (einschließlich jener gekennzeichneten im Eigentum von Anna S stehenden Gegenstände) bis spätestens 30. Juni 1986 zu entsorgen. Das wegen der dem Beschwerdeführer zugerechneten, auf diesem Grundstück sowie auf dem Grundstück n3, KG A, vorgenommenen Ablagerung näher umschriebener Abfälle durchgeführte Verwaltungsstrafverfahren, das mit der im Instanzenzug bestätigten Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des § 32 Abs. 1 lit. a des Oö. Abfallgesetzes (in der Folge AbfallG) endete (Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Oktober 1987) ist Gegenstand des unter Zl. 88/12/0044 protokollierten Verfahrens. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (Verstoß gegen § 51 Abs. 5 VStG 1950) aufgehoben.

Am 23. Juni 1986 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Wels ein Lokalaugenschein, an dem der Beschwerdeführer nicht teilnahm, betreffend die Ablagerung auf dem Grundstück nnn/1 der KG K durchgeführt. Die darüber aufgenommene Niederschrift lautet:

"Anwesende: Bürgermeister Hermann F Dr. Friedrich J von der BH Wels Dipl.Ing. Peter R von Amt der OÖ. Landesregierung, UA Abfallwirtschaft Gegenstand: Überprüfung von Abfallagerungen auf dem Grundstück nnn/1 der KG K

Am heutigen Tag wurde von den obgenannten Personen ein Lokalaugenschein auf dem genannten Grundstück durchgeführt. Herr Ernst N wurde hievon verständigt mit Schreiben der BH Wels vom 12.6.1986. Dieses Schreiben wurde laut Rückschein hinterlegt. Die Berechtigung zur Durchführung des Lokalaugenscheins gründet sich auf § 6 des OÖ. Abfallgesetzes.

Das Grundstück nnn/1 der KG K steht laut Eigentümerverzeichnis der Gemeinde E bei L im gemeinsamen Eigentum des Ernst N und der Maria Magdalena N. Die derzeitige Wohnadresse lautet W.

Beim Lokalaugenschein wurde festgestellt:

Das Grundstück nnn/1 stellt sich in der Natur als eine Geländevertiefung, die nunmehr mit Laubgehölzen und Sträuchern bewachsen ist, dar. Es handelt sich um eine ehemalige Schottergrube. Das Grundstück besitzt eine Einfahrt von der T Landesstraße. In der beschriebenen ehemaligen Kiesgrube wurden folgende Gegenstände vorgefunden:

-

ein intakter LKW mit Kran und Metallabfällen beladen, der mit pol. Kennzeichen ausgestattet ist,

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2 offensichtlich nicht mehr benützbare LKW-Wracks,

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1 noch teilweise intakter grüner Traktor mit großteils gefülltem Treibstofftank,

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2 nicht mehr benützbare Traktoren, bzw. Traktorenteile,

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1 Tankwagenaufbau (leerer Tank),

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2 PKW-Wracks (Mercedes, VW-Käfer),

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schätzungsweise 15 Stahlfässer, zum Teil mit Metallabfällen, zum Teil mit etwas Wasser gefüllt und zum Teil vollständig leer,

-

zahlreiche gebrauchte Autoreifen (mindestens 50 Stück),

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verschiedene Metallabfälle:

Maschinenteile, Teile von landwirtschaftlichen Geräten, Kessel, Druckbehälter, Elektroherde, Rohre, Metallrahmen, Abfälle aus der Metallbearbeitung;

diese verschiedenen Metallabfälle bedecken eine Fläche von schätzungsweise 1.000 m2.

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3 Stück Propangasflaschen, teilweise mit Propangas gefüllt (max. Inhalt jeweils etwa 30 kg)

-

Holzteile, Styropor, Matratzen.

Auf Grund der vorgefundenen Klebeetiketten befinden sich folgende Gegenstände vermutlich im Eigentum von Frau Anna S aus U: 1 intakter LKW, 1 LKW-Wrack, 1 grüner Traktor,

1 großer und 1 kleiner Stahlkessel, 1 Stahlwanne (in LKW-Größe), 1 Waage, 1 großes Kühlaggregat und weitere größere Eisenteile.

Auf dem Grundstück befindet sich weiters eine Holzhütte. Soweit in das Innere dieses Baues eingesehen werden konnte, lagerten darin Matratzen und Holzteile verschiedener Art. Die Lagerung von gewässergefährdenden Gegenständen konnte nicht entdeckt werden, allerdings war das Innere der Hütte nicht zugänglich.

Bei den beschriebenen Gegenständen, die auf der Grundfläche lagern, handelt es sich mit Ausnahme des fahrbereiten und offensichtlich polizeilich zugelassenen LKW's um Gegenstände, denen im allgemeinen kein Gebrauchswert mehr zukommt, da sie auf Grund ihres Erscheinungsbildes (Rost, Defekte, Abnützung) ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen können.

Durch die Ablagerung in dieser Kiesgrube, die sich auf natürliche und wünschenswerte Art und Weise wieder bewaldet hat, liegt ein gravierender Eingriff in das Landschaftsbild vor.

Besondere Gefährdungen (für das Grundwasser) gehen von dem gefüllten Tank des defekten Dieseltraktors und von der undichten Ölwanne dieses Fahrzeuges aus. Auf Grund der nichtvorhandenen Einfriedung stellen auch die teilweise gefüllten Propangasflaschen insofern eine Gefährdung dar, als die Möglichkeit des Zutritts Unbefugter (z.B. Kinder) nicht ausgeschlossen ist.

Ebenso kann bei einem abgelagerten Autowrack Marke VW-Käfer, das Austreten von Treibstoff und Schmieröl nicht ausgeschlossen werden.

Dauer der Amtshandlung: 9.00 bis 10.55 Uhr"

Dieser Lokalaugenschein vom 23. Juni 1986 führte in der Folge zu zwei verschiedenen behördlichen Maßnahmen:

1. Zum einen trug der Gemeinderat der Gemeinde E bei L mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. November 1986 dem Beschwerdeführer auf, die auf diesem Grundstück "gelagerten und in der Niederschrift vom 23.6.1986 als Abfall beschriebenen Gegenstände binnen fünf Wochen zu einem befugten Verwertungsbetrieb zu entsorgen". Der die Vorstellung des Beschwerdeführers abweisende Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juni 1987 wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1988, Zl. 88/12/0048, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 59 Abs. 1 AVG 1950) aufgehoben.

2. Zum andern leitete die BH Wels (im folgenden Behörde erster Instanz) ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer ein, das Gegenstand dieser Beschwerde ist.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Juni 1986 legte die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer zur Last, es sei bei dem am 23. Juni 1986 durchgeführten Lokalaugenschein festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer auf dem Grundstück nnn/1 der KG K, Gemeinde E bei L, große Mengen an Abfällen (es erfolgte ein Verweis auf die beigelegte Niederschrift vom 23. Juni 1986) abgelagert habe; er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 32 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des AbfallG, LGBl. Nr. 1/1975, begangen. Mit Schreiben vom 17. Juli 1986 gab die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer weiters bekannt, daß bei ihr weitere Ermittlungsergebnisse in Form von Fotografien über die Abfallablagerungen auflägen.

In seiner undatierten Stellungnahme (Juli 1986) brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Vorwurf, daß Ortsteile oder Landschaftsteile sichtbar verunstaltet oder verunreinigt worden seien, sei völlig unrichtig. Das tief liegende Grundstück sei mit Nadelhölzern und Laubgehölzen so umrahmt, daß von außen und insbesondere von der Straße nicht das Geringste von einer Verunstaltung oder Verunreinigung zu sehen sei. Hiefür wurden als Nachweis Fotografien angeschlossen. Von Landschaftsteilen, wie sie das Gesetz aufzähle, könne im Beschwerdefall keine Rede sein. Verschiedene Gegenstände wie ein Stahlkessel oder eine Stahlwanne stünden im Eigentum von Anna S, welche dem Beschwerdeführer seit Jahren Geldsummen vorstrecke und deshalb gewisse Sicherheiten benötigt hätte. Als Eigentümer sei er zur Aufbewahrung von Kantholz auf seinem Grundstück berechtigt, wie es auch sonst überall im Land üblich sei. Ein Teil der gelagerten Maschinen solle landwirtschaftlichen Nutzungen zugeführt werden. Soweit sie teilweise verrostet seien, sei eine Entrostung, Säuberung und Wiederherstellung durchaus möglich. Dies gelte insbesondere für ältere Traktoren, die so massiv gebaut seien, daß sie nicht einmal mit großer Anstrengung zur Gänze vernichtet werden könnten. Sie könnten daher wiederum instand gesetzt und sodann verwendet werden. Einige Autowracks sollten ausgeschlachtet und deren Ersatzteile verwendet werden, was durchaus üblich und zulässig sei. Dies gelte auch für verschiedene Metallrohre gleicher Art und gleicher Länge. Drei vorhandene Propangasflaschen enthielten kein Gas und seien daher ungefährlich. Eine größere Menge von abgestellten Fässern sei so deponiert worden, daß sie von außen nicht gesehen und daher nicht als störend empfunden werden könnten. Die darin enthaltenen Metallbestandteile seien weder wertlos noch Schrott und jederzeit zu verwerten, sobald die derzeit tief liegenden Preise wieder gestiegen seien. Bei diesen Fässern, die keine Flüssigkeiten enthielten, und anderen geringfügigen Gegenständen handle es sich zum Teil um Material, das auf Wunsch der Behörde und nach Abschluß eines entsprechenden Übereinkommens von den Liegenschaften der Firma M, wo es früher abgelagert gewesen sei, weggeführt worden sei. Natürlich hätten diese Gegenstände einer Zwischenlagerung zugeführt werden müssen; es sei auch verständlich, daß sie nach ihrem Abtransport nicht schlagartig in vorbildlicher Ordnung hätten aufgestellt werden können. Außerdem bestritt der Beschwerdeführer den Eintritt der Gefährdung des Grundwassers durch den Austritt von Treibstoff aus dem Tank eines Traktors.

Nach Erhebungen der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, die dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs vorgehalten wurden, legte die Behörde erster Instanz mit Straferkenntnis vom 16. Oktober 1986, Zl. Ge-3067/1986, dem Beschwerdeführer zur Last, er habe am 23. Juni 1986 auf dem Grundstück nnn/1 der KG K, Gemeinde E bei L, folgenden Sondermüll gelagert:

2 LKW-Wracks, 1 grüner Traktor mit großteils gefülltem Treibstofftank, 2 Traktoren bzw. Traktorteile,

1 Tankwagenaufbau (leerer Tank), 2 PKW-Wracks, 15 Stahlfässer, zum Teil mit Metallabfällen, mindestens 50 Stück Autoreifen, verschiedene Metallabfälle: Maschinenteile, Teile von landwirtschaftlichen Geräten, Kesseln, Druckbehälter, Elektroherde, Rohre, Metallrahmen, Abfälle aus der Metallbearbeitung; Holzteile, Styropor, Matratzen und dadurch diesen Orts- und Landschaftsteil gröblich verunstaltet und verunreinigt. Er habe dadurch §§ 32 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit 5 Abs. 1 O.ö. Abfallgesetz, LGBl. Nr. 1/1975, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn eine Strafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe: 10 Tage) verhängt.

Nach kurzer Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Wiedergabe der §§ 32 Abs. 1 lit. a und 5 Abs. 1 AbfallG wies die Behörde erster Instanz darauf hin, daß die Ablagerung von Abfällen vom Beschwerdeführer im wesentlichen unbestritten geblieben sei. Zu seiner Verantwortung, es handle sich bei den deponierten Gegenständen zum Teil um fremdes Eigentum und die gelagerten Maschinen hätten einer landwirtschaftlichen Wiederverwendung zugeführt werden sollen, wies die Behörde erster Instanz auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hin, wonach es nicht wesentlich sei, ob die abgelagerten Gegenstände für irgendwen noch von Wert seien oder noch verwendet werden könnten. Einzig entscheidend sei, ob es sich um eine Sache handle, die im allgemeinen noch Verwendung finde. Nicht fahrbereiten Fahrzeugen, alten Reifen, Autowracks etc. komme im allgemeinen keine Bedeutung mehr als Gebrauchsgegenstand zu. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß es sich bei den abgestellten Fässern und anderen geringfügigen Gegenständen zum Teil nur um zwischengelagertes Material handle, könne den Vorwurf der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht entkräften, da § 5 Abs. 1 leg. cit. selbst die nur vorübergehende Ablagerung von Abfällen, die geeignet seien, die im Gesetz angeführten Orte zu verunstalten oder zu verunreinigen, verbiete. Auch die Frage des Eigentums sei nicht entscheidungswesentlich, da unbestritten sei, daß die beschriebenen Gegenstände auf dem angeführten Grundstück vom Beschwerdeführer abgelagert worden seien. Ebenso könne seinem Argument, daß die im Gesetz aufgezählten Landschaftsteile keineswegs verunstaltet worden seien, nicht gefolgt werden, da es sich dabei nur um eine demonstrative Aufzählung (arg.: "insbesondere") handle. Wie jedoch aus den dem Akt beiliegenden, vom Amtssachverständigen angefertigten Lichtbildern hervorgehe, stellten diese Ablagerungen in der ehemaligen Kiesgrube, die sich auf natürliche und wünschenswerte Weise wieder bewaldet habe, einen gravierenden Eingriff in das Landschaftsbild dar. Für die Verwaltungsübertretung sei es ohne Belang, ob die deponierten Gegenstände von der vorbeiführenden Straße aus - aus diesem Blickwinkel seien die vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos aufgenommen worden - einsehbar seien oder nicht. Abschließend begründete die Behörde erster Instanz näher ihre Strafbemessung, wobei sie unter anderem hervorhob, daß der Umfang der Ablagerung einen schwerwiegenden Eingriff in das Interesse der Erhaltung einer sauberen Umwelt darstelle und als grober Verstoß gegen § 5 Abs. 1 AbfallG angesehen werden müsse.

In seiner binnen offener Frist erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer neuerlich vor, es handle sich bei dem Grundstück Nr. nnn/1 um eine Schotter- und Kiesgrube, die vom Wortlaut des § 5 Abs. 1 AbfallG nicht erfaßt sei und auch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht habe erfaßt werden sollen, sei es doch allgemein bekannt, daß Schotter- und Kiesgruben keine Zierde des Ortsbildes darstellten und grundsätzlich nicht der Verschönerung einer Landschaft dienen könnten, sondern dieselbe notwendigerweise eher verunzierten. Abgesehen davon könne nicht von einem Eingriff in das Landschaftsbild gesprochen werden. Das Grundstück sei nämlich durch Anpflanzungen von Bäumen und Sträuchern dermaßen von der Außenwelt abgetrennt, daß man von der Straße und von anderen Grundstücken, die sich den öffentlichen Verkehrswegen anschlössen, überhaupt nichts gewahren könne. Man müsse erst durch Überschreiten einer Schranke oder durch Durchdringen des Baumgürtels in das Innere des Grundstückes gelangen, um dort die im Bescheid vermeinten, jedoch nicht genau beschriebenen Gegenstände überhaupt erspähen zu können. Auch könnte nach dem Inhalt der Niederschrift eine Qualifizierung sämtlicher Gegenstände in Bausch und Bogen als Abfall unter keinen Umständen zutreffen. Es sei nämlich sofort erkennbar, daß es sich zum Großteil um Sachen handle, die für jedermann noch Verwendung finden könnten. Wenn in der Niederschrift Gegenstände angeführt würden, die sogar geeignet seien, dritten Personen als Sicherung zu dienen, wie ein intakter LKW, ein großer und ein kleiner Stahlkessel, eine Stahlwanne in LKW-Größe, eine Waage, ein großes Kühlaggregat und dgl. mehr, so könne man solche Gegenstände nicht einfach als Abfall bezeichnen. Das gelte aber auch für andere Gegenstände: So seien 2 ältere LKW's keinesfalls als Wrack zu bezeichnen. Ein LKW der Marke Fiat verfüge noch immer über einen Motor und für einen Kastenwagen sei ein solcher bereits angeschafft worden. Die Fahrzeuge könnten auf ihren eigenen Rädern weggeführt werden. Ein grüner Traktor sei keinesfalls Abfall. Der Treibstofftank desselben habe noch ein wenig Treibstoff in A, jetzt aber nicht mehr. Ein alter Volkswagen werde umgebaut. Metallabfälle in Stahlfässern seien Buntmetall. Ihre Entfernung erfolge durch Abverkauf, welcher aber nicht in jener Zeit erfolgen müsse, wo dafür wenig bezahlt werde. Verschiedene Autoreifen könnten runderneuert werden. Landwirtschaftliche Geräte seien teilweise zur Gänze vorhanden und daher verwendungsfähig. Kessel und Druckbehälter seien nicht zum Abfall bestimmt. Ansonst würden im Bescheid Gegenstände nicht angeführt, sondern nur allgemein erwähnt. Bei den Holzteilen handle es sich um Kantholz, das seit vielen Jahren dort liege und nie beanstandet worden sei. Beim Styropor handle es sich um Matten für einen Liegeplatz. Die Matratzen gehörten in die Hütte und hätten nie jemanden gestört. Abschließend wies der Beschwerdeführer erneut darauf hin, daß eine Gefährdung des Grundwassers nicht gegeben sei. Schließlich beantragte er, die Lage und Beschaffenheit des Grundstücks als Schotter- und Kiesgrube ebenso wie die Sichtverhältnisse von der Straßenseite festzustellen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 1987 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz vollinhaltlich. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, es handle sich bei der gegenständlichen Grundparzelle um eine Kiesgrube, die vom Gesetz nicht erfaßt sei, gehe ins Leere, weil es nach § 5 AbfallG verboten sei, Orts- oder Landschaftsteile durch Ablagern oder Wegwerfen von Abfällen zu verunstalten oder zu verunreinigen. Eine Kiesgrube sei ebenso ein durch das Ablagerungsrecht nach dem Abfallgesetz geschützter Landschaftsteil, auf dem Ablagern von Abfällen verboten sei. Die Zuwiderhandlung habe die Behörde gemäß § 32 Abs. 1 lit. a leg. cit. als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, die abgelagerten Gegenstände stellten keine Abfälle dar, sei insofern unrichtig, als die angefertigten Fotos die Ablagerung deutlich aufzeigten. Unter Abfällen seien solche Stoffe und Gegenstände zu verstehen, die schon auf Grund ihrer äußeren Beschaffenheit in besonderer Weise geeignet seien, eine Verunreinigung herbeizuführen. Als Abfälle gälten auch solche Gegenstände, die auf einem Grundstück als Fremdkörper empfunden würden, weil sie das natürliche Landschaftsbild in grober Weise störten. Daher seien die abgelagerten Fässer, Alteisen und Autowracks als Abfälle im Sinn des Abfallgesetzes einzustufen. Abschließend trat die belangte Behörde auch bezüglich der Strafbemessung der Auffassung der Behörde erster Instanz vollinhaltlich bei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 12. Juni 1987, B 225/87, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht in unbegründeter Weise und zusätzlich in überhöhtem Ausmaß fortlaufend bestraft zu werden sowie in seinem Recht auf ein dem Gesetz entsprechendes Verfahren verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, zu der der Beschwerdeführer eine Stellungnahme abgegeben hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet - wie schon im Verwaltungsverfahren - im wesentlichen ein, die im angefochtenen Bescheid erwähnten Gegenstände seien kein Sondermüll. Gegenstände, die sogar dritten Personen als Sicherung dienten, könnten nicht für jedermann als wertlos bezeichnet werden. Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer im einzelnen wie auch in der Berufung vor, warum einzelne Gegenstände seiner Meinung nach nicht als Sonderabfall hätten gewertet werden dürfen. Gegen den Vorwurf einer Verunstaltung des Grundstückes wendet der Beschwerdeführer, wie ebenfalls schon im Verwaltungsverfahren, ein, die belangte Behörde habe trotz seines diesbezüglichen Berufungsvorbringens die Sichtverhältnisse nicht überprüft.

Diese Einwendungen sind zum Teil berechtigt.

Gemäß § 5 Abs. 1 AbfallG ist es unbeschadet sonstiger Vorschriften verboten, Orts- oder Landschaftsteile, insbesondere Gärten, Wiesen, Felder, Wälder, Gewässer, Uferböschungen, Rastplätze, Erholungsflächen oder Verkehrsflächen, durch Ablagern oder Wegwerfen von Abfällen zu verunstalten oder zu verunreinigen. Wer dem Ablagerungsverbot nach § 5 Abs. 1 zuwiderhandelt, begeht gemäß § 32 Abs. 1 lit. a eine Verwaltungsübertretung; Verwaltungsübertretungen gemäß § 32 Abs. 1 sind nach § 32 Abs. 2 von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 100.000,-- zu bestrafen.

Unter Abfällen im Sinn des AbfallG sind nach § 2 Abs. 1 alle zum Unrat gehörigen beweglichen Sachen, deren Sammlung, Abfuhr oder Beseitigung aus Gründen des Umweltschutzes, der Gesundheit, der Sicherheit oder mit Rücksicht auf sonstige öffentliche Interessen einer Regelung bedarf, zu verstehen. Nach § 2 Abs. 2 AbfallG gelten als Abfälle im Sinn des Abs. 1 Hausmüll, Sperrmüll und Sondermüll. In den Absätzen 3 bis 5 wird umschrieben, was als Haus-, Sperr- und Sondermüll zu verstehen ist. Abs. 6 des § 2 AbfallG bestimmt, welche Gegenstände nicht als Abfälle im Sinne des AbfallG gelten. Dem Gesetz liegt ein objektiver und nicht ein subjektiver Abfallbegriff zugrunde (vgl. zu dieser Unterscheidung:

Stampfer, Recht der Abfallwirtschaft in Österreich, Seite 33 ff; Gaisbauer, Das Müllproblem in Oberösterreich im Spiegel der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis, ÖGZ 1986, 18). Demgemäß sind "zum Unrat gehörige bewegliche Sachen" auch gegen den Willen ihres Inhabers als Abfall zu werten, wenn ihre Behandlung im Sinn des § 1 Abs. 1 AbfallG, d.h. ihre Sammlung, Abfuhr und Beseitigung aus einem der im § 2 Abs. 1 genannten öffentlichen Interessen entsprechend den Normen des Abfallgesetzes geboten ist. Unter "Unrat" werden dabei - laut Bericht des Landtags-Ausschusses für volkswirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das AbfallG - "unnötige, wertlose, ja sogar Nachteile oder Schaden verursachende Dinge, also keineswegs nur 'Schmutz und Kot' verstanden" (Stampfer, Abfallwirtschaft, Seite 72; Gaisbauer, ÖGZ 1986, Seite 18). (So schon das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1988, Zlen. 88/12/0048, AW 88/12/0006.) § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 AbfallG ist Ausdruck eines spezifischen Regelungsbedarfes im Sinne des § 2 Abs. 1 in bezug auf jene Abfälle (gleichgültig, ob sie als Haus-, Sperr- oder Sondermüll zu werten sind), durch deren Wegwerfen oder Ablagern Orts- oder Landschaftsteile verunstaltet oder verunreinigt werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1989, Zl. 88/12/0049). Durch die im § 5 Abs. 1 AbfallG gewählten beiden Alternativen des "Ablagerns" und "Wegwerfens" kommt zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber nicht nur die achtlose Entäußerung von wertlosen Gegenständen, sondern auch das vorübergehende Ablegen von Sachen, die geeignet sind, die im Gesetz angeführten Orte zu verunstalten oder zu verunreinigen, verboten hat. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die abgelagerten oder weggeworfenen Gegenstände für irgend jemanden noch von Wert sind oder noch verwendet werden können, weil einzig und allein für die Beurteilung der Frage, ob etwas einen Abfall darstellt, entscheidend ist, ob es sich um eine Sache handelt, die im allgemeinen noch Verwendung findet. Nicht fahrbereite Fahrzeuge (Autowracks) und Autobestandteile wie auch nicht mehr funktionstüchtige Kühlschränke oder Waschmaschinen sind, auch wenn sie wieder fahrbereit bzw. funktionstüchtig gemacht oder einzelne Teile davon als Ersatzteile für andere Fahrzeuge oder Maschinen verwendet werden können, als Abfälle zu werten, weil ihnen im allgemeinen keine Bedeutung als Gebrauchsgegenstand mehr beigemessen wird (vgl. dazu das Erkenntnis vom 25. April 1988, Zlen. 88/12/0048, AW 88/12/0006, mit ausführlichen weiteren Judikaturhinweisen).

Auf dem Boden dieser Rechtslage hätte sich die belangte Behörde mit dem Berufungseinwand gegen die Qualifizierung aller im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 16. Oktober 1986 genannten Gegenstände als Abfälle schon deshalb auseinandersetzen müssen, weil einerseits der Sachverständige, wie bereits ausgeführt wurde, in der Niederschrift vom 23. Juni 1986 darlegte, es handle sich bei den beschriebenen Gegenständen "mit Ausnahme des fahrbereiten und offensichtlich polizeilich zugelassenen LKW's" (dieser ist vom angefochtenen Bescheid wie auch die drei Propangasflaschen nicht erfaßt) um Gegenstände, denen im allgemeinen kein Gebrauchswert mehr zukomme, und andererseits der Beschwerdeführer der Ausführung des Sachverständigen, es käme den übrigen Gegenständen im allgemeinen kein Gebrauchswert mehr zu, "da sie auf Grund ihres Erscheinungsbildes (Rost, Defekte, Abnützung) ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen könnten", konkrete Einwände entgegenhielt, die nicht von vornherein zur Gänze als unbeachtlich abgetan werden können. Der Verwaltungsgerichtshof weist aber darauf hin, daß die bloß objektive Möglichkeit, gelagerte Gegenstände wieder fahrbereit bzw. funktionstüchtig zu machen, im Sinne der angeführten Rechtsprechung ebensowenig geeignet ist, eine Qualifizierung von Gegenständen als Abfälle auszuschließen, wie die Absicht des Inhabers, solche Gegenstände irgendwann einmal in irgendeiner Weise wiederzuverwerten, wenn ihnen derzeit ein objektiver Gebrauchswert fehlt. Deswegen steht einer Qualifizierung von Sachen als Abfall auch nicht der bloße Umstand entgegen, daß die dritte Person "als Sicherung" anerkennen, weil eine solche Anerkennung auch auf rein subjektiven Wertungen beruhen kann. Eigentum Dritter an Abfällen, durch deren Wegwerfen oder Ablagern Orts- oder Landschaftsteile verunstaltet oder verunreinigt werden, hindert einen Auftrag an den Grundeigentümer zur Beseitigung dieser Gegenstände dann nicht, wenn die Ablagerung dieser Gegenstände entweder vom Grundeigentümer oder von Dritten mit Zustimmung oder Duldung des Grundeigentümers erfolgt (vgl. dazu das Erkenntnis vom 8. September 1987, Zl. 87/09/0155).

Hingegen treffen die Einwendungen bezüglich der Verunstaltung des mehrfach genannten Grundstücks druch Ablagerung von Abfällen nicht zu. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 auf das dem Beschwerdeführer gegenüber ergangene Erkenntnis vom 25. April 1988, Zl. 88/12/0048, AW 88/12/0006, hingewiesen.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei Vermeidung der oben aufgezeigten unterlaufenen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bezüglich der Frage, ob alle im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz angeführten Gegenstände als Abfall im Sinn des § 2 AbfallG anzusehen sind, die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wozu auch eine geänderte Strafbemessung zählt, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Hinsichtlich der angeführten, nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988120046.X00

Im RIS seit

19.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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