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96/01 Bundesstraßengesetz;Norm
BStG 1971 §15 Abs1;Betreff
Bund (Bundesstraßenverwaltung) gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Oktober 1987, Zl. 890.966/1-VI/11a-85 betreffend die Enteignung von Grundstücken nach dem Bundesstraßengesetz 1971 (mitbeteiligte Parteien: 1) A, 2) B, 3) C, 4) D)
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 3. September 1974, BGBl. Nr. 586, wurde gemäß § 4 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 (BStG) die Trasse der Bundesstraße B 1, Wiener Straße, im Baulos "Umfahrung Marchtrenk" festgelegt. In dem damit auch festgelegten Bundesstraßenbaugebiet liegen bestimmte, im Verfahren näher bezeichnete im Eigentum der mitbeteiligten Parteien stehende Grundstücke. Von den mitbeteiligten Parteien im Jahre 1985 gestellte Ansuchen auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen gemäß § 15 Abs. 1 BStG für diese Grundstücke wurden mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden der Bundesstraßenbehörde erster Instanz abgewiesen.
Daraufhin führte die Bundesstraßenbehörde erster Instanz auf Antrag der mitbeteiligten Parteien ein Verfahren zur Einlösung der vom künftigen Straßenbau betroffenen Grundstücke durch. Der Beschwerdeführer sprach sich in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 1985 gegen die beantragte Einlösung aus.
Mit Bescheid der Bundesstraßenbehörde erster Instanz vom 8. August 1985 wurde gemäß den §§ 15, 17 und 20 Abs. 1 BStG in Verbindung mit den Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 54, für den Ausbau der in Rede stehenden Bundesstraße im Bereich des Bauloses "Umfahrung Marchtrenk" das dauernde und lastenfreie Eigentum an den näher bezeichneten Grundstücksteilen - einschließlich des darauf befindlichen Bewuchses - für den Beschwerdeführer durch Enteignung in Anspruch genommen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, daß gemäß § 21 BStG bei Bundesstraßen B auf Freilandstraßen auf eine Entfernung von 15 m ohne Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung keine Neu-, Zu- und Umbauten vorgenommen werden dürfen. Aus diesen Beschränkungen folge jedoch nach § 21 BStG weder ein Entschädigungs- noch ein Einlöseanspruch. Die Regelung des § 21 BStG beziehe sich auf bestehende Bundesstraßen. Dies sei im konkreten Fall gegeben. Durch eine Verordnung über die Bestimmung des Straßenverlaufes (§ 4 Abs. 1 BStG) werde die Regelung des § 21 nicht außer Kraft gesetzt. Obwohl den betroffenen Grundeigentümern (nun mitbeteiligten Parteien) mit Bescheid eine Ausnahmebewilligung versagt worden sei, könne daraus kein Anspruch auf Einlösung gemäß § 15 Abs. 3 BStG abgeleitet werden, da auch bei Nichtvorliegen einer Verordnung gemäß § 4 Abs. 1 oder einer Verweigerung der Ausnahmebewilligung immer noch die Regelung des § 21 BStG ihre Gültigkeit habe. Wenn auch die Bundesstraßenbehörde über Notwendigkeit, Gegenstand und Umfang der Enteignung zu entscheiden habe, könne auch dem Beschwerdeführer eine Grundeinlösung nicht aufgezwungen werden, wenn keine Einlösenotwendigkeit bestehe. Der Beschwerdeführer beabsichtige im Baulos "Marchtrenk" nur einen zweispurigen Ausbau, wobei die verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht benötigt würden. Da daher die Notwendigkeit einer Enteignung nicht gegeben sei, stelle der Beschwerdeführer den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des Bescheides der Bundesstraßenbehörde erster Instanz.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 1987 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (belangte Behörde) diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß gemäß § 15 Abs. 1 BStG nach Bestimmung des Straßenverlaufes (§ 4 Abs. 1 leg. cit.) auf den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßenbaugebiet) Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden dürfen; ein Entschädigungsanspruch könne hieraus nicht abgeleitet werden. Zufolge der Bestimmung des Abs. 3 hätten nach Ablauf von drei Jahren nach Wirksamwerden der Verordnung über die Erklärung zum Bundesstraßenbaugebiet die betroffenen Liegenschaftseigentümer Anspruch auf Einlösung der bezüglichen Grundstücksteile durch den Bund (Bundesstraßenverwaltung), sofern ihnen eine Ausnahmebewilligung nach Abs. 1 letzter Satz verweigert worden sei. Die Bestimmungen der §§ 17 ff. fänden sinngemäß Anwendung.
In den letztgenannten Bestimmungen, insbesondere in den §§ 17 und 20 BStG sei normiert, daß für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den dazugehörigen Anlagen das Eigentum an Liegenschaften und die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten an solchen, im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden kann. Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung entscheide der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen sei. In diesem Zusammenhang werde zunächst auf die Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 3. September 1974, BGBl. Nr. 586, verwiesen und festgehalten, daß den mitbeteiligten Parteien (Einlösungswerbern) die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 15 Abs. 1 BStG mit rechtskräftigen Bescheiden vom 26. März 1985 versagt worden sei.
Es stehe daher fest, daß die im § 15 Abs. 3 genannten Voraussetzungen, nämlich der Fristablauf von drei Jahren nach Wirksamwerden der Trassenverordnung und die rechtskräftige Ablehnung der Ausnahmebewilligung nach § 15 BStG vorliegen. Sowohl die Anträge der mitbeteiligten Parteien als auch die bescheidmäßige Zuerkennung stützten sich ausschließlich auf § 15 BStG. Wenngleich der letzte Satz des § 15 Abs. 3 leg. cit. die sinngemäße Anwendung der §§ 17 ff. normiere, werde damit der Behörde keineswegs die Bedachtnahme auf § 21 im Verfahren um vorzeitige Einlösung aufgetragen, sondern komme durch diese Vorschrift lediglich zum Ausdruck, daß die Regeln über das Enteignungsverfahren sinngemäß zur Anwendung gelangen sollen. Die Bundesstraßenbehörde erster Instanz hatte daher lediglich zu prüfen, ob die im § 15 normierten Voraussetzungen vorliegen und bejahendenfalls die vorzeitige Einlösung unter Zugrundelegung der Regeln über das Enteignungsverfahren bescheidmäßig auszusprechen; eine Bedachtnahme auf § 21 leg. cit. sei hiebei jedoch nicht möglich, da diese für das gegenständliche Verfahren keine rechtliche Bedeutung hätten. Es sei für die vorliegende Entscheidung daher bedeutungslos, ob die nach § 15 BStG abgelehnten Bauvorhaben kumulativ einer Bewilligungspflicht nach § 21 des Gesetzes unterliegen bzw. ob auch Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich seien. Da die Voraussetzungen des § 15 leg. cit. erfüllt seien, sei den Anträgen um vorzeitige Einlösung - auf der Grundlage der von der Bundesstraßenverwaltung vorgelegten Projektsunterlagen für einen vierstufigen Ausbau - stattzugeben und die dagegen erhobene Berufung abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, in der der Beschwerdeführer geltend macht, er sei durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Sachentscheidung und richtige Anwendung des Bundesstraßengesetzes 1971 verletzt worden.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Vorschriften des BStG
in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 63/1983 und 165/1986
lauten:
"§ 15. Bundesstraßenbaugebiet
(1) Nach Bestimmung des Straßenverlaufes (§ 4 Abs. 1) dürfen auf den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßenbaugebiet) Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden; ein Entschädigungsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. § 14 Abs. 2 und Abs. 3 gelten sinngemäß.
(2) Als betroffene Grundstücksteile im Sinne des Abs. 1 sind alle jene anzusehen, die in einem Geländestreifen um die künftige Straßenachse liegen, dessen Breite in der Verordnung gemäß § 4 Abs. 1 entsprechend den örtlichen Verhältnissen festgelegt wird und bei Bundesstraßen A insgesamt 150 m, bei Bundesstraßen S insgesamt 100 m und bei Bundesstraßen B insgesamt 70 m nicht überschreiten darf.
(3) Nach Ablauf von drei Jahren nach Wirksamwerden der Verordnung über die Erklärung zum Bundesstraßenbaugebiet haben die betroffenen Liegenschaftseigentümer beziehungsweise allfällige Bergbauberechtigte Anspruch auf Einlösung der bezüglichen Grundstücksteile durch den Bund (Bundesstraßenverwaltung), sofern ihnen eine Ausnahmebewilligung nach Abs. 1, letzter Satz, verweigert wurde. Die Bestimmungen der §§ 17 ff. finden sinngemäß Anwendung."
"§ 17. Enteignung
Für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen sowie aus Verkehrsrücksichten kann das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten (insbesondere Nutzungs- und Bestandrechten) an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Das gleiche gilt für Baulichkeiten und sonstige Anlagen, deren Entfernung sich aus Gründen der Verkehrssicherheit als notwendig erweist. Auch können zu diesen Zwecken durch Enteignung die für die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Straßenwärterhäusern, Bauhöfen und anderen Baulichkeiten sowie die zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehungen erforderlichen Grundstücke erworben werden."
"§ 21. Bauten an Bundesstraßen
(1) In einer Entfernung bis 40 m beiderseits der Bundesautobahnen dürfen Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen sowie Einfriedungen nicht angelegt und überhaupt Anlagen jeder Art weder errichtet noch geändert werden. Die Behörde hat auf Antrag Ausnahmen zu bewilligen, soweit dadurch Rücksichten auf den Bestand der Straßenanlagen und des Straßenbildes, Verkehrsrücksichten sowie Rücksichten auf die künftige Verkehrsentwicklung oder erforderliche Maßnahmen nach §§ 7 und 7a nicht beeinträchtigt werden. Eine solche Bewilligung ist auch bei Bauführungen über oder unter Bundesautobahnen erforderlich. Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) ist in diesem Verfahren Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1950. Diese Bestimmungen gelten nicht für Zu- und Abfahrtsstraßen der Bundesautobahnen. Die einschlägigen straßenpolizeilichen Vorschriften bleiben unberührt.
(2) Auf Bundesschnellstraßen sowie Zu- und Abfahrtsstraßen der Bundesautobahnen gilt Abs. 1 sinngemäß für eine Entfernung von 25 m, bei den übrigen Bundesstraßen auf Freilandstraßen (§ 2 Abs. 1 Z. 16 der Straßenverkehrsordnung 1960) für eine Entfernung von 15 m.
(3) Erwächst einem Grundeigentümer beziehungsweise Bergbauberechtigten durch die Verweigerung der Ausnahmebewilligung gemäß Abs. 1 oder 2 ein Nachteil, so hat die Behörde dem Grundeigentümer (Bergbauberechtigten) auf seinen Antrag in sinngemäßer Anwendung der §§ 18 und 20 eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen, soweit es sich nicht um ein Vorhaben des Grundeigentümers (Bergbauberechtigten) innerhalb einer Zone von 15 m handelt. Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) kann in diesem Verfahren die Enteignung des von der Verfügung betroffenen Grundstückes oder Grundstückteiles beantragen.
(4) ........."
Wie sich schon aus dem oben dargestellten Sachverhalt ergibt, liegen im Beschwerdefall die im § 15 Abs. 3 BStG geforderten Voraussetzungen für die von den Mitbeteiligten beantragte Einlösung der in Rede stehenden und im Straßenbaugebiet liegenden Grundstücksteile vor.
Wenn der Beschwerdeführer meint, die vorgenommene Einlösung sei infolge der Bestimmungen des § 21 leg. cit. rechtswidrig, weil für den Bereich der in Rede stehenden Grundstücke die zwingend vorgeschriebene Bauverbotszone von 15 m bestehe, so übersieht er, daß den mitbeteiligten Parteien nicht eine Ausnahmebewilligung nach § 21 leg. cit., sondern (nur) eine solche nach § 15 Abs. 1 leg. cit. versagt worden war. Den Straßenbaubehörden beider Instanzen ist daher zu folgen, daß die Bestimmungen des § 21 BStG für das vorliegende Verfahren ohne rechtliche Bedeutung sind. Die belangte Behörde hat aber auch zutreffend erkannt, daß von dem in der Verordnung BGBl. Nr. 586/1974 festgelegten Straßenbaugebiet auszugehen ist, da dieses bis zur Erlassung ihres Bescheides jedenfalls noch nicht durch eine andere Verordnung verändert wurde.
Da somit der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, den die belangte Behörde auch ausführlich und im Einklang mit der Rechtslage begründet hat, nicht verletzt wurde, war die Beschwerde mangels Vorliegens der behaupteten Rechtsverletzung gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988060033.X00Im RIS seit
27.03.2001