TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0213

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs1;
VwGG §27;

Betreff

N gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. Mai 1989, Zl. 311.881/2-III-3/89, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht

Spruch

Der angefochtene Bescheid, der im übrigen als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem Punkt 1) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt 1) des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. Mai 1989 wurde das Verlangen unter anderem des Beschwerdeführers vom 24. Februar 1989 auf Übergang der Entscheidungspflicht an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 73 Abs. 1 und 3 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung dieses Spruchpunktes führte der Bundesminister im wesentlichen aus, mit zahlreichen Eingaben - zuletzt vom 23. September 1987 - hätten eine Reihe von Antragstellern, darunter auch der Beschwerdeführer, Anträge auf Vorschreibung zusätzlicher Auflagen betreffend die Betriebsanlage der A-GesmbH gestellt. Mit Eingabe vom 27. Juni 1988 hätten diese Antragsteller den Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG 1950 auf den Landeshauptmann von Oberösterreich gestellt. Dieses Verlangen sei beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung am 28. Juni 1988 eingelangt und sei damit begründet worden, daß über die zahlreichen, von den Einschreitern gestellten Anträge auf Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen betreffend die Betriebsanlage der A-GesmbH noch nicht bescheidmäßig abgesprochen worden sei. Mit Eingabe vom 24. Februar 1989 hätten die Einschreiter neuerlich den Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 leg. cit. an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten begehrt, da auf Grund ihres seinerzeitigen Verlangens der Landeshauptmann von Oberösterreich noch keinen Bescheid erlassen habe. Der diesbezügliche Schriftsatz sei beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten am 27. Februar 1989 eingelangt. Die 6-monatige Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 leg. cit. habe für den Landeshauptmann von Oberösterreich mit Einlangen des Verlangens auf Übergang der Entscheidungspflicht beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung am 28. Juni 1988 begonnen. Sie habe daher erst am 28. Februar 1989 geendet, weshalb der am 27. Februar 1989 beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingelangte Devolutionsantrag verfrüht gestellt worden sei, was zu dessen Zurückweisung zu führen habe.

Gegen Spruchpunkt 1) dieses Bescheides richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. September 1989, Zl. B 817/89-3 an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem Recht auf gesetzmäßige Erledigung eines Antrages gemäß § 73 AVG 1950, richtige Fristberechnung bei der Behandlung von Anträgen gemäß § 73 leg. cit. an die Oberbehörde sowie ein mangelfreies Verwaltungsverfahren verletzt". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß bei Beginn des Fristenlaufes am 28. Juni 1988 die 6-monatige Frist nicht am 28. Februar 1989 sondern bereits am 28. Dezember 1989 geendet habe.

Die belangte Behörde räumt in ihrer Gegenschrift diesen Fehler ein, meint aber, damit sei für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil im Verfahren nach § 79 GewO 1973 Nachbarn kein Antragsrecht und damit kein Anspruch auf die Erlassung eines Bescheides in der Sache selbst zukomme. Aus diesem Grund wäre der Devolutionsantrag der Einschreiter vom 27. Juni 1988 an den Landeshauptmann von Oberösterreich ebenso zurückzuweisen gewesen, wie auch jener vom 24. Februar 1989 an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten. Die unrichtige Berechnung der 6-Monatefrist ändere somit nichts an der Rechtsrichtigkeit der Zurückweisung des Devolutionsantrages durch den Bundesminister.

Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, denn jede Partei des Verwaltungsverfahrens, die einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht stellte, hat einen Anspruch auf Erlassung eines materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1980, Zl. 38/80). Der Beschwerdeführer hatte daher jedenfalls Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung seines an den Landeshauptmann von Oberösterreich gerichteten Devolutionsantrages. Kam der Landeshauptmann dieser ihm obliegenden Entscheidungspflicht innerhalb der in § 73 Abs. 1 AVG 1950 genannten 6-monatigen Entscheidungsfrist nicht nach, so ist ein diese Säumnis geltend machender Antrag im Sinne des § 73 Abs. 2 leg. cit. (bei Vorliegen der sonstigen, hier nicht mehr in Zweifel stehenden Voraussetzungen) vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde inhaltlich zu erledigen.

Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang der Anfechtung wegen inhalticher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040213.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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