TE Vfgh Erkenntnis 1987/9/24 B30/86

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
Tir GVG 1983 §3 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung des Antrages auf grundverkehrsbehördliche Zustimmung gem. §6 Abs1 AVG 1950 iVm §3 Abs1 Tir. GVG 1983 wegen Unzuständigkeit; rechtsmäßige Annahme, daß ein genehmigungspflichtiger Rechtserwerb nicht vorliegt; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Verletzung im Gleichheitsrecht

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Bf. ist schuldig, dem Beteiligten Walter Ender die mit S 11.000,-- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Am 4. April 1980 schlossen W E und F D eine Vereinbarung mit im wesentlichen folgendem Inhalt ab:

"I.

Herr W E bzw. dessen Rechtsvorgänger hat auf der Gstnr. ... Kat.Gem. Zellberg, erliegend in EZl 43 II Kat.Gem. Zellberg, welche im Alleineigentum des Herrn F D steht, ein Wochenendhaus errichtet. Er hat die gesamten Kosten für die Errichtung dieses Hauses alleine getragen.

II.

Die Vertragsteile kommen überein, die Baukosten für dieses Haus mit S 200.000,-- (Schilling zweihunderttausend) zu pauschalieren. Die Vertragsteile kommen überein, daß für den Fall, als Herr W E aus

einem

Umstand, den er weder selbst verschuldet noch verursacht

hat, nicht mehr in der Lage ist, das oben erwähnte Wochenendhaus samt eingezäuntem Grund, Wasserzuleitung und Zufahrt unentgeltlich zu benützen, der Betrag von S 200.000,-- von Herrn F D an Herrn W E binnen 14 Tagen nach Ende der Benützungsmöglichkeit zu bezahlen ist.

Der Betrag ist spesen- und abzugsfrei an Herrn W E zu bezahlen.

III.

Der Betrag von S 200.000,-- ist wertgesichert zu verstehen. Wertmesser ist der Verbraucherpreisindex 1976. Basismonat ist der März 1980.

IV.

Nach seiner Wahl kann Herr W E auch anstelle der Rückzahlung des Darlehens begehren, daß er das erwähnte Wochenendhaus auf seine Kosten abtragen und das Material für sich verwenden kann. Die Möglichkeit der Abtragung und Verwendung des Materials steht Herrn W E auch für den Fall zu, daß er selbst nicht mehr das Wochenendhaus benützen will, sohin das Ende der Benützung durch ihn verursacht oder verschuldet ist. Feststeht, daß Herr W E nur die Wahl hat, entweder auf Bezahlung der wertgesicherten S 200.000,-- oder auf Abtragung des Hauses, wie oben beschrieben.

...

IX.

Ausdrücklich wird vereinbart, daß jedwede Weitergabe, Untervermietung oder Unterverpachtung des Wochenendhauses durch Herrn E untersagt ist."

2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Zellberg vom 27. Feber 1985 wurde der von F D gestellte Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Vereinbarung vom 4. April 1980 gemäß §6 Abs1 AVG iVm §3 Abs1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 69/1983 (künftig: GVG), wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

2.2. Die gegen diesen Bescheid von F D erhobene Berufung wurde von der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 25. November 1985, Z LGv-1193/3, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:

"Nach dem Wortlaut des Vertrages sind die Parteien darin lediglich übereingekommen, daß unter bestimmten Voraussetzungen der Berufungswerber an die mitbeteiligte Partei (W E) ein pauschalierter Geldbetrag zu bezahlen ist bzw. der mitbeteiligten Partei auch das Recht eingeräumt wird, das bestehende Gebäude abzutragen und das Material für sich zu verwenden. Nichts deutet daraufhin - wie die Erstinstanz zutreffend ausführt - daß mit dem zur Genehmigung vorgelegten Vertragswerk ein nach den Regelungen des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs bewilligungspflichtiges Recht an einem Grundstück eingeräumt wird. Insbesondere kann den Vertragsbestimmungen mangels einer entsprechenden Willenserklärung der Vertragsparteien nicht entnommen werden, daß der mitbeteiligten Partei ein Bestandsrecht (§3 Abs1 litd GVG.) oder ein sonstiges bewilligungspflichtiges Nutzungsrecht (§3 lite GVG.) eingeräumt wird. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die beteiligten Parteien das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, welcher Rechtsnatur auch immer, offenbar voraussetzen, weil der Vertragstext nur über die Modalitäten eines Rechtsverlustes (Auflösung), nicht aber von der Begründung eines Rechtsverhältnisses (Rechtserwerbes) an einem Grundstück spricht."

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des F D, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet.

Der Beteiligte W E hat in einer Äußerung die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Der Bf. verweist zunächst darauf, daß gemäß §3 Abs1 litb GVG die Einräumung eines Fruchtnießungsrechtes, nach litd leg. cit. die Verpachtung - ihr ist jede andere Überlassung der Nutzung gleichzuhalten -, wenn das Grundstück ein bestimmtes Ausmaß übersteigt oder wenn sich darauf landwirtschaftliche Wohn- oder Wirtschaftsgebäude befinden, und nach lite jede Überlassung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zu einer die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung wesentlich beeinträchtigenden oder gänzlich ausschließenden Benutzung der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf. Nach Meinung des Bf. übersieht die bel. Beh., daß die in Frage stehende Vereinbarung jedenfalls einem der angeführten Tatbestände zuzuordnen sei. Insbesondere dem Punkt II. der Vereinbarung sei ein Nutzungsrecht entnehmbar; wenn der angefochtene Bescheid ausführe, daß kein tauglicher Rechtsgrund für einen beabsichtigten Rechtserwerb vorliege und deshalb der Genehmigungsantrag zu Recht zurückgewiesen worden sei, so werde "dadurch inhaltlich falsch auf die Textierung der Vereinbarung aufgebaut, welche tatsächlich von einem bereits stattgefundenen Rechtserwerb auszugehen scheint". Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Zellberg vom 25. Feber 1980 sei einem Kaufvertrag hinsichtlich derselben Liegenschaft die Zustimmung versagt worden; hingegen werde hinsichtlich des vorliegenden Rechtsgeschäftes, dessen Inhalt die Einräumung einer Nutzung darstelle, die Unzuständigkeit der Behörde ausgesprochen. Die bel. Beh. habe daher in gesetzwidriger Weise eine Sachentscheidung verweigert, sodaß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt sei. Da sich der Inhalt der zur Genehmigung vorgelegten Vereinbarung eindeutig auf ein Nutzungsrecht beziehe, Nutzungsrechte betreffend land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften nach dem GVG aber der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürften, habe die bel. Beh. auch das Gesetz denkunmöglich angewendet; der Bf. erachte sich daher durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht verletzt.

4.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde insbesondere dann verletzt, wenn die Behörde in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985).

Ein solcher Vorwurf wird vom Bf. erhoben, jedoch zu Unrecht:

Mit dem angefochtenen Bescheid wird, wie sich aus den unter 2.2. wiedergegebenen Entscheidungsgründen des angefochtenen Bescheides ergibt, eine Genehmigungspflicht des in Frage stehenden Rechtsgeschäftes verneint. Der bel. Beh. ist dahin beizupflichten, daß der Vertrag vom 4. April 1980 keinen Rechtserwerb im Sinne eines der Tatbestände des §3 Abs1 GVG zum Gegenstand hat. Da die bel. Beh. richtig angenommen hat, daß ein grundverkehrsbehördlich genehmigungspflichtiger Rechtserwerb nicht vorliegt, hat sie dem Bf. zu Recht eine Sachentscheidung verweigert. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt somit nicht vor.

Hat aber die bel. Beh. den Antrag zu Recht zurückgewiesen, so kann der Bf. auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden sein.

4.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Der Kostenzuspruch stützt sich auf §88 VerfGG; in den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von

S 1.000,-- enthalten.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B30.1986

Dokumentnummer

JFT_10129076_86B00030_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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