TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0226

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §74 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Tirol vom 10. April 1989, Zl. II a-20.372/13, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. April 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A-GesmbH in Y verantwortlich zu sein, daß diese Gesellschaft in der Zeit vom 25. Juni 1987 bis 11. April 1988 in X, einen Lebensmittelmarkt ohne gewerbebehördliche Genehmigung nach § 77 GewO 1973 betrieben habe, obwohl dieser Lebensmittelmarkt infolge des Lärms der Zulieferfahrzeuge und infolge seiner großen Nähe zu Wohnhäusern geeignet gewesen sei, bei den nächsten Nachbarn Lärmbelästigungen hervorzurufen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit §§ 74 und 77 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn nach § 366 Abs. 1 Einleitungssatz in Verbindung mit § 370 Abs. 2 leg. cit. eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, mit Schreiben vom 15. Oktober 1986 habe die A-GesmbH mit dem Sitz in Y bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein die gewerberechtliche Genehmigung zum Betreiben eines Lebensmittelmarktes mit Standort X beantragt. Nach der Betriebsbeschreibung vom 31. Oktober 1986 befinde sich der Eingang und Ausgang für Kunden in der B-Straße. Die Anlieferung sei von der C-Straße durch das bestehende Objekt der Familie D mit eigener Ladezone geplant, sodaß der Verkehr auf der C-Straße nach Angaben des Projektanten nicht beeinträchtigt werde. Die Be- und Entladezeit der täglich anliefernden ca. 5 Lastkraftwagen würde ca. 15 Minuten betragen. Die Größe der Lieferfahrzeuge sei nach Angaben des Projektanten so bemessen, daß sie reibungslos in die vorgesehene Ladezone ein- und ausfahren könnten. Parkplätze für Kundenfahrzeuge seien in der B-Straße vor dem Markt in der eigens dafür ausgewiesenen Kurzparkzone oder in der Tiefgarage (9 Stück) vorgesehen. Aus einer in den Akten erliegenden Skizze der derzeitigen Situation in der B-Straße und der C-Straße sei ersichtlich, daß die nächsten Nachbarn nur durch eine Straßenbreite von der Ladezone des Lebensmittelmarktes entfernt seien. Beim Lokalaugenschein vom 26. April 1988 seien die Schallpegeleinwirkungen des Zu- und Abfahrens eines 7,5 t Lastkraftwagens, teilweise beladen, auf dem direkt dem Ladeplatz gegenüberliegenden Grundstück ermittelt worden, wobei sich die in der Folge näher dargestellten Schallpegelwerte ergeben hätten. Sowohl der amtsärztliche Sachverständige als auch der amtsärztliche Sachverständige hätten Gutachten erstattet. Der letztere Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, eine Genehmigung sei bei Einhaltung verschiedener lärmtechnischer Auflagen vertretbar. Die Berufungsbehörde stelle auf Grund der Ausführungen des lärmtechnischen Sachverständigen und des amtsärztlichen Sachverständigen fest, daß die Genehmigungspflicht des Lebensmittelmarktes auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der C-Straße von vornherein evident gewesen sei und daher dem mit Fragen des Gewerberechtes vertrauten gewerberechtlichen Geschäftsführer der A-GesmbH hätten auffallen müssen. Aus der Zeugeneinvernahme des Gewerbereferenten der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 6. September 1988 gehe hervor, daß dieser vor ca. 2 Jahren von einem Nachbarn über die Lärmbelästigungen des Lebensmittelmarktes informiert worden sei, insbesondere über den Zu- und Abfahrtslärm der Lieferanten und der Kunden. Daraufhin habe er die A-GesmbH aufgefordert, für den Lebensmittelmarkt um die gewerbebehördliche Genehmigung anzusuchen. Von ihm sei immer die Meinung vertreten worden, daß dieser Lebensmittelmarkt einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfe. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe auf Befragen erklärt, die Stadt Innsbruck und die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hätten schon immer die Auskunft erteilt, eine Betriebsanlagengenehmigung sei nicht notwendig. "Wenn Nachbarbeschwerden kämen, werde man sich das anschauen". Diese Auskunft habe den Beschwerdeführer sicher nicht zu dem Rechtsirrtum verleiten können, daß keinesfalls eine Betriebsanlagengenehmigung notwendig sei, weil die Behörde immerhin schon bei Möglichkeit von Nachbarbeschwerden eine Betriebsanlagenpflicht für möglich gehalten habe. In Erwiderung eines diesbezüglichen Vorbringens des Beschwerdeführers führte der Landeshauptmann aus, Z (der zuständige Abteilungsleiter der Stadtgemeinde Innsbruck) habe in einer erst nach dem Tatzeitraum abgelegten Zeugenaussage vor dem Landesgericht Innsbruck lediglich seine private Meinung abgegeben, daß aus dem Gesetz eine Notwendigkeit der Betriebsanlagengenehmigung für Lebensmittelmärkte "nicht heraus zu lesen" sei, weshalb man der Meinung gewesen sei, daß im Falle eines anderen Lebensmittelmarktes in Innsbruck eine Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich gewesen sei; allerdings "sei die Judikatur immer mehr dahingehend", daß die Notwendigkeit eines Verfahrens zur Betriebsanlagengenehmigung immer strenger ausgelegt werde, das Amt der Tiroler Landesregierung habe für den Lebensmittelmarkt des im damaligen Zivilprozeß beklagten Unternehmens eine Betriebsanlagenpflicht bejaht. Der Zeuge habe auch ausgeführt, daß der Landeshauptmann von Tirol der Ansicht gewesen sei, daß für den Lebensmittelmarkt eine Betriebsanlagengenehmigung notwendig sei. Diese Aussage könne nichts an der richtigen Rechtsauskunft des Gewerbereferenten der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ändern, der für Fragen der Betriebsanlagengenehmigungspflicht in seinem Bezirk allein zuständig gewesen sei. Auf Grund seiner Information hätte die A-GesmbH den Lebensmittelmarkt erst mit einer Betriebsanlagengenehmigung weiterführen dürfen. Die vom Beschwerdeführer zum Beweis der Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Wien, in einem konkreten Fall sei die Genehmigungspflicht eines bestimmten Lebensmittelmarktes nicht gegeben gewesen, beantragte Beischaffung des diesbezüglichen Aktes des Oberlandesgerichtes Innsbruck sei nicht erforderlich gewesen, da die Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes Innsbruck für die Berufungsbehörde nicht bindend sei. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei es auch nicht richtig, daß die Bezirkshauptmannschaft Kufstein mit ihrer Auffassung über die Genehmigungspflicht des Lebensmittelmarktes in X alleine stehe. Die Berufungsbehörde habe vielmehr immer die Auffassung vertreten, für Lebensmittelmärkte bestehe auf Grund der Verwendung von Kühlaggregaten, auf Grund des Kundenschutzes und evt. des Nachbarschutzes Genehmigungspflicht. Es folgt sodann die Darlegung der für die Strafbemessung maßgeblichen Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. September 1989, Zl. B 655/89-5, nach Ablehnung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde könne dem Beschwerdeführer nicht der Vorwurf schuldhaften Verhaltens gemacht werden, da seit Mitte der 70er Jahre von der A-GesmbH in Innsbruck über 20 Lebensmittelmärkte in Betrieb genommen worden seien, ohne daß hiefür eine gewerberechtliche Genehmigung notwendig gewesen sei. Auch außerhalb von Innsbruck seien in Tirol Märkte errichtet worden, für welche gleichfalls keine gewerberechtlichen Genehmigungen eingeholt worden seien, weil dies nie gefordert worden sei. Insbesondere sei von den zuständigen Stellen der Stadt Innsbruck immer wieder betont worden, eine Bewilligung sei nicht notwendig. Die Meinung der nicht erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung für Lebensmittelmärkte sei im Bereich der A-GesmbH bei allen verantwortlichen Geschäftsführern, sohin auch beim Beschwerdeführer vertreten gewesen. Auch die Ausführungen des Z habe die belangte Behörde unrichtig beurteilt. Es möge zwar sein, daß die Bezirkshauptmannschaft Kufstein für ihren Sprengel zur Erteilung von Betriebsanlagengenehmigungen zuständig sei. Bei der Gewerbeordnung handle es sich jedoch um ein Bundesgesetz, welches aus Gründen der Rechtssicherheit nicht eine auf die einzelnen Sprengel der österreichischen Bezirkshauptmannschaften differenzierte Anwendung gestatte. Wenn nun mit Ausnahme der Bezirkshauptmannschaft Kufstein in Tirol und insbesondere in Innsbruck für Lebensmittelmärkte allgemein keine Betriebsanlagengenehmigung gefordert werde, könne dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, er habe für X um keine Genehmigung angesucht, weil er selbstverständlich darauf habe vertrauen können, es werde sich auch die Bezirkshautpmannschaft Kufstein an die geübte Praxis halten. Es hätten somit an der Genehmigungspflicht des Lebensmittelmarktes in X Zweifel bestanden und nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre, solange diese Zweifel bestanden hätten, eine Bestrafung des Beschwerdeführers nicht zulässig gewesen. Es liege ein Schuldausschließungsgrund nach § 5 Abs. 2 VStG 1950 vor. Der Beschwerdeführer habe sich nach Auffassung der belangten Behörde vorallem schuldig gemacht, daß er Lärmbelästigungen nicht erkannt habe. Darüber seien sich aber nicht einmal die medizinischen Sachverständigen klar. Der amtsärztliche Sachverständige habe in seinem ersten Gutachten den Standpunkt vertreten, unter Einhaltung bestimmter Auflagen könne dem Projekt zugestimmt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sei dieser Sachverständige dann von seinem Gutachten abgeschwenkt und zum Ergebnis gekommen, durch die Verladetätigkeit werde die Lärm- und Abgasbelastung bei einem bestimmten Nachbarn erhöht. Im Berufungsverfahren sei ein anderer ärztlicher Sachverständige zunächst zu dem Ergebnis gekommen, durch die Betriebsanlage werde der Beurteilungspegel nicht derartig angehoben, daß er eine wesentliche Lärmstörung bilde. Bei einer Verhandlung an Ort und Stelle seien die bisherigen Meßergebnisse bestätigt worden, der Sachverständige sei aber von seinem ursprünglich positiven Gutachten abgegangen und habe Bremszischgeräusche beim LkW als Gesundheitsstörung qualifiziert. Der zuletzt beigezogene Sachverständige habe in den Bremszischgeräuschen schließlich wieder kein Problem erblickt und seine Zustimmung unter bestimmten Auflagen erteilt. Daraus werde mehr als deutlich, daß nicht einmal die medizinischen Sachverständigen untereinander Klarheit besäßen, inwieweit eine Gesundheitsgefährdung vorliege oder nicht bzw. welche Auflagen zielführend seien. Es könne wohl nicht ernsthaft vom Beschwerdeführer verlangt werden, daß er selbständig beurteilen könne, ob eine Genehmigungspflicht gegeben sei oder nicht, zumal für ihn auf Grund der Auskünfte der zuständigen Behörden in Innsbruck klar gewesen sei, daß keine Betriebsanlagengenehmigung notwendig sei. Im übrigen sei auch insbesondere auf die Auskünfte der Behörden der Stadt Innsbruck verwiesen, welche den Beschwerdeführer von der fehlenden Notwendigkeit einer Genehmigung überzeugt hätten.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Tatzeitraum hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. 399, begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geld- oder Arreststrafe zu ahnden ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr.234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen....

Bei Beurteilung der Genehmigunspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage kommt es nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon bei der bloßen Möglichkeit derartiger Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen gegeben, also immer dann, wenn diese Umstände NICHT AUSZUSCHLIEßEN sind (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 84/04/0191).

Eine derartige Annahme ist im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf das zur Vornahme von Ladetätigkeiten erforderliche Zufahren von Lkw in Verbindung mit dem Vorhandensein von Nachbarn in besonderer räumlicher Nähe nicht als unschlüssig zu erkennen. Daran vermag der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, die im Verfahren über die gewerberechtliche Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage seien hinsichtlich der von dieser ausgehenden Immissionen divergierende Sachverständigengutachten erstattet worden, nichts zu ändern; dadurch wird vielmehr die hier allein entscheidende nicht auszuschließende Möglichkeit der im Gesetz genannten, durch die Betriebsanlage verursachten Immissionen nur unterstrichen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe, da die in Rede stehende Betriebsanlage im Tatzeitraum der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 unterlegen sei, den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begangen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Aber auch die Lösung der Schuldfrage durch die belangte Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1950 genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Befolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 darstellt - tritt somit insofern eine Umkehrung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach § 5 Abs. 2 VStG 1950 entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1961, Slg. N.F. Nr. 5.486/A, und viele andere). Wer ein Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9.597/A, und viele andere). In diesem Zusammenhang kann zwar die unrichtige Auskunft eines behördlichen Organs für die Beurteilung der Schuldfrage von Bedeutung sein, doch muß die unrichtige Auskunft von einem Organ der zuständigen Behörde erteilt worden sein, um Straflosigkeit nach § 5 Abs. 2 bewirken zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1975, Zl. 1796/74). Das Verharren in einer (unrichtigen) Rechtsauffassung trotz Kenntnis der dieser widersprechenden (richtigen) Rechtsauffassung kann den Täter nicht entschuldigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 1978, Zl. 2787/77).

Im vorliegenden Fall stellte nun die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise fest, daß der Beschwerdeführer bereits im Jahre 1986 vom Gewerbereferenten der Bezirkshauptmannschaft Kufstein, somit der zur Beurteilung der Genehmigungspflicht der gegenständlichen Betriebsanlage in erster Instanz zuständigen Behörde, von der Genehmigungspflicht dieser Betriebsanlage in Kenntnis gesetzt wurde. Daß - wie der Beschwerdeführer behauptet - von anderen, zur Beurteilung der gegenständlichen Betriebsanlage nicht zuständigen Gewerbebehörden, eine entgegenstehende Rechtsansicht vertreten wurde, vermochte daher entsprechend der oben dargelegten Rechtslage einen schuldausschließenden Rechtsirrtum beim Beschwerdeführer nicht zu begründen. Es erübrigt sich daher auf das - übrigens im Gegensatz zu der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage stehende - diesbezügliche Beschwerdevorbringen einzugehen. (Aus dem Protokoll des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. April 1988 über die Vernehmung des Zeugen Z ergibt sich, daß der Genannte sehr wohl auf die eine Genehmigungspflicht für derartige Betriebsanlagen bejahende Rechtsansicht des "Stadtmagistrates Innsbruck" und des "Amtes der Tiroler Landesregierung" hinwies und dieser lediglich seine persönliche Meinung entgegensetzte).

Die Beschwerde erweist sich sohin als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040226.X00

Im RIS seit

27.03.1990

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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