Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §370;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der N-GmbH gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. Februar 1989, Zl. 427.161/5-IV/2/88, betreffend Widerruf der Ermächtigung gemäß § 57 Abs. 4 Kraftfahrgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. Februar 1989 wurde die der Beschwerdeführerin gemäß § 57 Abs. 4 KFG 1967 erteilte Ermächtigung zur Abgabe von Gutachten für die wiederkehrende Überprüfung von Lastkraftwagen (bis 3.500 kg höchstes zulässiges Gesamtgewicht, ohne Druckluftbremse) widerrufen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführerin wurde die Ermächtigung zur Abgabe derartiger Gutachten antragsgemäß mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 8. Februar 1988 verliehen. Die Namhaftmachung des AB als im Sinne des § 57 Abs. 4 KFG 1967 geeignete Person wurde darin zur Kenntnis genommen.
In der Folge warb die beschwerdeführende Gesellschaft mbH. durch Flugzettel und eine zweiseitige Einschaltung in einem Anzeigenblatt für die Überprüfungsmöglichkeit auf ihrem Betriebsgelände. Dies führte zum Widerruf der erteilten Ermächtigung durch Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. März 1988. Nach der Begründung dieses Bescheides war die Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne des § 57 Abs. 4 KFG 1967 deshalb nicht mehr gegeben, weil die Werbeschriften geeignet seien, bei potentiellen Kunden falsche Eindrücke über die Möglichkeiten des Betriebes zu erwecken. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, daß die zur Irreführung geeigneten Angaben auf Formulierungen eines Redakteurs des Anzeigenblattes beruhen und nicht der Beschwerdeführerin anzulasten seien.
Im Berufungsverfahren wurde von der belangten Behörde eine Revision des Betriebes der Beschwerdeführerin angeordnet und am 21. September 1988 durchgeführt. Dabei wurden u.a. 42 noch unausgefüllte Gutachtenformulare vorgefunden, die von AB bereits blanko unterschrieben waren.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der erstinstanzliche Widerrufsbescheid bestätigt. Die belangte Behörde begründete dies in erster Linie mit der aus dem Auffinden bereits unterschriebener Gutachtenformulare erkennbaren Vorgangsweise im Betrieb. Weiters erachtete sie die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides als maßgebend.
Bei der Beurteilung des Beschwerdefalles ist zunächst zu beachten, daß nach der durch Art. I Z. 46 der 12. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 375/1988, im § 57a Abs. 1 KFG 1967 eingefügten lit. h. Lastkraftwagen und Spezialkraftwagen, wenn ihr höchstes zulässiges Gesamtgewicht
3.500 kg nicht übersteigt, der wiederkehrenden Begutachtung nach § 57a KFG 1967 unterliegen. Diese Bestimmung ist gemäß Art. V Abs. 3 lit. f der 12. Kraftfahrgesetz-Novelle am 1. Jänner 1989 in Kraft getreten. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unterlagen somit die im Ermächtigungsbescheid vom 8. Februar 1988 genannten Fahrzeuge nicht mehr der wiederkehrenden Überprüfung nach § 55 KFG 1967, sondern der wiederkehrenden Begutachtung nach § 57a leg. cit. Übergangsbestimmungen betreffend die gemäß § 57 Abs. 4 KFG 1967 erteilten Ermächtigungen enthält die genannte Novelle nicht. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt dazu die Auffassung, daß die der Beschwerdeführerin gemäß § 57 Abs. 4 KFG erteilte Ermächtigung durch die oben beschriebene Novellierung nicht erloschen, sondern in Ansehung der im Ermächtigungsbescheid genannten Fahrzeuge zu einer Ermächtigung im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 geworden ist. Der Widerruf der Ermächtigung hätte daher auf diese Bestimmung nicht auf § 57 Abs. 4 leg. cit. gestützt werden müssen, doch wurde die Beschwerdeführerin durch die verfehlte Heranziehung des § 57 Abs. 4 KFG 1967 in keinem Recht verletzt, sieht doch diese ebenso wie jene Bestimmung den Widerruf der Ermächtigung bei Verlust der Vertrauenswürdigkeit vor.
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil die Handlungen des gewerberechtlichen Geschäftsführers AB ihr bzw. ihrem handelsrechtlichen Geschäftsführer zugerechnet worden seien. Nur der gewerberechtliche Geschäftsführer könne bei der Verletzung einer gewerberechtlichen Vorschrift verantwortlich gemacht werden. Obwohl in der Stellungnahme zum Revisionsbericht behauptet worden sei, daß die Unternehmensleitung von diesem Vorgehen nichts gewußt habe, habe die Behörde keine Ermittlungen darüber gepflogen. Nur wenn die Unternehmensleitung dieses Vorgehen "angeordnet oder zumindest gebilligt oder durch offensichtliche und grobe Fahrlässigkeit ermöglicht" hätte, könne ihr dies angelastet werden.
Diese Ausführungen überzeugen nicht. Beim Widerruf der Ermächtigung handelt es sich nicht um eine gewerberechtliche Strafe, sondern um eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit. Deshalb sind die Vorschriften über die gewerberechtliche Verantwortlichkeit nicht heranzuziehen. Vielmehr ist nach den zitierten Gesetzesbestimmungen die Vertrauenswürdigkeit der ermächtigten Person selbst - hier der juristischen Person - zu überprüfen. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß ein Gewerbetreibender dann vertrauenswürdig ist, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, daß er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, daß nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde (vgl. dazu das zu § 57a Abs. 2 KFG 1967 ergangene hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1985, Zl. 85/11/0077).
Das Gutachten ist durch das geeignete Personal selbst, wenn auch allenfalls unter Mitwirkung anderer im Betrieb beschäftigten Personen, im Einzelfall zu erstellen. Damit - im Zusammenhang mit den Vorschriften über die erforderlichen Einrichtungen - ist die qualitative Gleichwertigkeit mit einem Sachverständigengutachten gewährleistet. Es ist offenkundig, daß die Unterfertigung von Blankogutachten durch das geeignete Personal und die darauf folgende mögliche Verwendung derartiger Blankogutachten durch anderes Personal dem Zweck der zitierten Bestimmungen zuwiderläuft.
Dies erschüttert aber die Vertrauenswürdigkeit der juristischen Person selbst, weil die Unternehmensleitung, die nach dem Beschwerdevorbringen keine Kenntnis von diesen Vorgängen hatte, offensichtlich ihrer Kontroll- und Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist. Nicht einmal in der Beschwerde wird behauptet, daß es dem handelsrechtlichen Geschäftsführer trotz Kontrolle nicht möglich gewesen sei, den Mißstand zu erkennen. Die Beschwerdeführerin sieht nur bei Wissen und Billigung oder doch grob fahrlässiger Ermöglichung durch die Geschäftsleitung die Vertrauenswürdigkeit nicht mehr als gegeben an. Dem ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein strenger Maßstab an die Vertrauenswürdigkeit anzulegen ist, weil das beim Gewerbetreibenden eingeholte Gutachten die wesentliche Grundlage für die weitere Verwendung des Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehr ist. Es kann somit nicht nur grob schuldhaftes Verhalten zum Verlust der Vertrauenswürdigkeit führen, sondern auch andere Umstände, sofern dadurch das Vertrauen der Behörde, der Gewerbetreibende werde die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes ausüben, erschüttert wird. Schon im Hinblick auf das Vorhandensein einer großen Anzahl von Blankogutachten mußte die belangte Behörde die Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin verneinen. Damit brauchte auf die Ausführungen in der Beschwerde, es sei rechtswidrig, den Widerruf der Ermächtigung auch auf die bereits vor Jahren einmal verneinte Vertrauenswürdigkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zu stützen, nicht mehr eingegangen zu werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989110080.X00Im RIS seit
19.03.2001