TE Vfgh Erkenntnis 1987/9/24 B334/87

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Veröffentlicht am 24.09.1987
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Index

26 Gewerblicher Rechtsschutz
26/03 Patentrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1
StGG Art5
PatentG §§129 ff

Leitsatz

Abweisung eines Antrages zur Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung einer Jahresgebühr für ein Patent

Spruch

Die bf. Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Beschluß der Rechtsabteilung A des Österreichischen Patentamtes vom 3. Jänner 1986, Z A7910/69-7, wurde der Antrag der Firma E L and Company in Indianapolis, Indiana (USA), ihr die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 14. Jahresgebühr für das Patent Nr. 299.170 zu bewilligen, als unbegründet abgewiesen.

1.2.1. Die Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes gab der von der Wiedereinsetzungswerberin gegen diesen Beschluß ergriffenen (Administrativ-)Beschwerde mit Entscheidung vom 14. Jänner 1987, Z B10/86-2, nicht Folge.

1.2.2. Begründend wurde ua. ausgeführt:

"Jahresgebühren für österreichische Patente können drei Monate vor Fälligkeit oder spätestens innerhalb von sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt entrichtet werden.

Bei Zahlungen nach dem Fälligkeitstag ist neben der Jahresgebühr ein Zuschlag von 20 von Hundert der Jahresgebühr zu entrichten (§166 Abs7 PatentG).

Gemäß §129 Abs1 PatentG hat, wer durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach einer den Erfindungsschutz betreffenden Vorschrift einen kraft dieser Vorschrift ohne weiteres eintretenden Rechtsnachteil zur Folge hat, einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Versäumung, die auf einem minderen Grad des Versehens beruht, hindert die Wiedereinsetzung nicht. Der Wiedereinsetzungsantrag ist binnen zwei Monaten nach dem Tag, an dem das Hindernis weggefallen ist, in jedem Fall jedoch spätestens binnen zwölf Monaten nach dem Tag, an dem die Frist abgelaufen ist, zu überreichen (§131 Abs1 PatentG).

Vorerst ist zu untersuchen, wann der 'ohne weiteres einzutretende Rechtsnachteil' eingetreten ist, denn zu diesem Zeitpunkt bzw. unmittelbar vorher mußte auch das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis eingetreten sein, das die Einhaltung der Frist verhindert hat.

Im Hinblick auf die Möglichkeit von Zuschlagszahlungen ist der für die Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrages maßgebliche Zeitpunkt der Zeitpunkt des Ablaufes der sechsmonatigen Frist nach Fälligkeit (15. April 1985).

Erst zu diesem Zeitpunkt ist ein Rechtsverlust, nämlich das Erlöschen des Patentes wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr, eingetreten. Damit wurde die objektive Frist zur Stellung des gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages gewahrt.

Die Bf. sieht das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis in einem Mißverständnis im Kommunikationssystem, wobei einerseits die Jahresgebühr einen Tag nach Fälligkeit ohne Zuschlag entrichtet wurde und andererseits die Patentinhaberin über die Notwendigkeit einer Zuschlagszahlung innerhalb der sechsmonatigen Nachfrist nicht informiert wurde, und zwar weder durch ein Schreiben des Patentamtes an die ausgewiesenen Vertreter noch durch eine Rückzahlung des entrichteten Betrages.

Die Patentinhaberin hat - obgleich zu ihrer Vertretung vor dem Österreichischen Patentamt qualifizierte Parteienvertreter im Patentregister eingetragen sind - es vorgezogen, aus Gründen, die hier nicht näher zu erörtern sind, ihre österreichische Tochterfirma bzw. deren Organe zu beauftragen, für sie die Zahlung von Jahresgebühren vorzunehmen. Bei der Überwachung der Durchführung ihres Auftrages hat sie zwar die Bestätigung des Auftragseinganges verlangt, die weitere Überprüfung der rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Einzahlung jedoch unterlassen. Ebenso hat aber auch die Einzahlerin, obwohl allgemein bekannt ist, daß Überweisungen im Bankwege mehrere Tage in Anspruch nehmen können, die rechtzeitige Gutschrift des eingezahlten Betrages auf dem Konto des Patentamtes nicht überwacht (vgl. §4 Abs1 der zum maßgeblichen Zeitpunkt in Kraft gestandenen Patent- und Markenverordnung BGBl. 202/1978). Dies hätte der Einzahlerin umso leichter fallen müssen, hat sie ihren Sitz ja in Wien.

Die oben dargelegte Vorgangsweise der Patentinhaberin und ihrer österreichischen Tochterfirma als Einzahlerin (deren Ungenügen sich die Pateninhaberin wohl anrechnen lassen muß) ist weder unvorhergesehen oder unabwendbar. Die Beschwerdeabteilung ist hier der Auffassung, daß Patentinhaber und von ihm mit der Einzahlung von Jahresgebühren betraute Personen sich die sorgfältige Überprüfung der ordnungsgemäßen Einzahlung bzw. Gutschrift sehr wohl angelegen sein lassen müssen, soll nicht ein Rechtsverlust eintreten. Dies gilt hier umsomehr, als die Patentinhaberin im vorliegenden Fall die Einzahlerin erst relativ kurz vor dem Eintritt der Fälligkeit mit der Begleichung der Jahresgebühr betraut hat. Wird eine solche Kontrolle im Vertrauen auf die eigene Genauigkeit bzw. jene des Einzahlers oder auf eine Zahlungserinnerung der Buchhaltung des Patentamtes innerhalb der immerhin noch offenen Nachfrist dennoch unterlassen, so bildet dies keinen Wiedereinsetzungsgrund. Was nämlich die Mitteilungen und Zahlungserinnerungen der Buchhaltung des Österreichischen Patentamtes betrifft, so handelt es sich . . . um freiwillige Serviceleistungen des Patentamtes, auf die keinerlei gesetzlicher Anspruch besteht. Daß eine solche Mitteilung nicht erhalten wurde, die im übrigen auch nicht zu eigenen Handen, sondern nur mit normaler Post zugestellt wird, stellt keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar, weshalb sich auch eine Überprüfung gemäß §26 Abs2 (ZustellG), ob die Zustellung an den Empfänger auch tatsächlich bewirkt wurde, erübrigt.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die im Patentregister eingetragenen berufsmäßigen Parteienvertreter von der Buchhaltung üblicherweise, wie im gegenständlichen Fall, dann nicht benachrichtigt werden, wenn der Patentinhaber ausdrücklich oder konkludent durch Bestellung einer inländischen Zahlstelle für Jahresgebühren erkennen läßt, daß er für diesen Bereich eine Vertretung durch die berufsmäßigen Vertreter nicht wünscht. Auch die aus dem Österreichischen Patentblatt 1982 zitierte Mitteilung, betreffend Versendung von Gebührenerinnerungen, bezieht sich nur auf Jahresgebühren, die von ausländischen Zahlstellen entrichtet werden.

Auch die Rückbehaltung des einbezahlten Betrages bis zur Entrichtung des Fehlbetrags bzw. Fristablaufs entspricht der langjährigen Praxis der Buchhaltung des Österreichischen Patentamtes und war daher weder unvorhergesehen noch unabwendbar.

Da mit dem Fehlen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses eine der Voraussetzungen des §129 Abs1 PatentG nicht vorliegt, war die Frage der Einhaltung der subjektiven Frist für die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages nicht weiter zu prüfen und der angefochtene Beschluß der Rechtsabteilung A zu bestätigen."

1.3.1. Gegen diese Beschwerdeentscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde der prot. Firma E L and Company an den VfGH, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, nämlich auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

1.3.2. Die Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes als bel. Beh. legte zwar die Verwaltungsakten vor, erstattete aber keine Gegenschrift.

2. Über die Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Gegen die Entscheidung der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes steht gemäß §70 Abs2 PatentG 1970 ein weiteres administratives Rechtsmittel nicht offen. Der Instanzenzug ist damit erschöpft (s. VfSlg. 6930/1972, 6965/1973, 7258/1974, 7740/1976, 8443/1978, 9198/1981, 10003/1984).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

2.2.1. Zunächst kann unerörtert bleiben, ob es sich bei dem angefochtenen Bescheid - der sich auf die grundsätzlich eine Wiedereinsetzung gegen jede Fristversäumung vor dem Patentamt gestattende Sondervorschrift des §129 PatentG stützt - um einen bloß verfahrensrechtlichen handelt, welcher das Eigentumsrecht überhaupt nicht zu berühren vermag (vgl. VfSlg. 8121/1977 ua.). Ebensowenig brauchte der VfGH hier der Frage nachzugehen, ob und inwieweit die von der Bf. bezogene Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883, Ratifikation der letzten Fassung BGBl. 399/1973, das Gleichheitsrecht auch Ausländern gewährleistet. Denn nach ständiger Rechtsprechung des VfGH vgl. VfSlg. 8010/1977 uva. zu Art5 StGG, VfSlg. 8275/1978 uva. zu Art7 Abs1 B-VG) könnte nach Lage dieses Falls - und zwar angesichts der selbst von der bf. Gesellschaft nicht angezweifelten verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheids und im Hinblick darauf, daß die bel. Beh. diesen Normen ganz offenkundig auch keinen gleichheitswidrigen Inhalt beimaß - eine Verletzung des Eigentumsrechts nur in einer denkunmöglichen, eine Verletzung des Gleichheitsrechts aber lediglich in einer willkürlichen Gesetzeshandhabung gefunden werden.

Keine dieser beiden Rechtswidrigkeiten fällt der bel. Beh. zur Last.

Die Überlegungen der Beschwerdeabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wurden jedenfalls nachvollziehbar und immerhin vertretbar, also durchaus denkmöglich begründet. Die in der Beschwerdeschrift weitläufig vorgetragenen Einwände zum Nachweis einer Eigentumsverletzung - die sich der Sache nach in der Behauptung einer schlicht fehlerhaften Auslegung des PatentG erschöpfen - sind im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht zielführend, weil der VfGH nach dem hier heranzuziehenden Prüfungsmaßstab nicht zu untersuchen hat, ob der dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Sachverhalt in jeder Beziehung den Tatsachen entspricht und die von der bel. Beh. gewählte Gesetzesinterpretation richtig ist. Genug daran, daß die Grenzen denkmöglicher Gesetzesanwendung - wie hier - nicht überschritten wurden.

Daß die bel. Beh. Willkür geübt habe, macht die Bf. gar nicht konkret geltend. Es finden sich auch keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür, daß die Beschwerdeinstanz bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Erwägungen geleitet worden wäre. Auch von willkürlicher Gesetzesanwendung kann demnach nicht die Rede sein.

2.2.2. Die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wurde nicht besonders releviert und kam auch im Verfahren vor dem VfGH nicht hervor.

2.3. Die Beschwerde war darum als unbegründet abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 idF BGBl. 297/1984 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

VfGH / Prüfungsmaßstab, Patentrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B334.1987

Dokumentnummer

JFT_10129076_87B00334_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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