TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0214

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z26;
GewO 1973 §77 Abs1;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Tirol vom 6. September 1989, Zl. IIa-21.449/2, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973

Spruch

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, am 21. März 1989 den Würstelstand in X bis 2.05 Uhr früh offengehalten zu haben, obwohl laut Auflage 2 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 24. November 1987, Zl. II-1120/41, die Betriebszeit bis nur 2.00 Uhr früh beschränkt sei. Sie habe dadurch die durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 24. November 1987 gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1973 vorgeschriebene Auflage 2 nicht eingehalten und eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit dem auf Grund § 77 Abs. 1 GewO 1973 erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 24. November 1987, Zl. II-1120/41 (Auflage 2) begangen. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG 1950 wurde von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen, jedoch eine Ermahnung erteilt. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis bestritten, den Würstelstand bis 2.05 Uhr offengehalten und Eßwaren verkauft zu haben. Tatsächlich habe sie um Punkt 2.00 Uhr früh den Würstelstand geschlossen und keinerlei Eßwaren mehr verkauft. Nach 2.00 Uhr früh habe sie lediglich noch Aufräumungsarbeiten vorgenommen, jedoch keinerlei Verkauf mehr "getätigt". Demgegenüber habe der die Beanstandung durchführende Sicherheitswachebeamte angegeben, er habe gesehen, daß zur fraglichen Zeit der Würstelstand noch beleuchtet gewesen sei. Eine Person sei im Würstelstand gewesen, was sie genau getan habe, wisse er nicht mehr. Vor dem Würstelstand seien noch Passanten gewesen, welche Würstel gegessen hätten. Er habe auf die Uhr geschaut und festgestellt, daß es 2.05 Uhr gewesen sei. Ob die Person im Würstelstand Aufräumungsarbeiten durchgeführt habe, wisse er nicht mehr. Der Würstelstand sei auf jeden Fall noch geöffnet, der Laden offen gewesen. Er habe nicht gesehen, daß die Person im Würstelstand noch jemandem ein Würstel nach 2.00 Uhr verkauft habe. Die Kunden müßten aber die Würstel erst kurz vorher bekommen haben, da sie noch gegessen hätten. Die Beschwerdeführerin habe dem entgegengehalten, es könne daraus, daß der Laden oben gewesen sei, nicht geschlossen werden, daß der Würstelstand offengehalten worden sei. Für die Beurteilung, ob sie gegen die Betriebszeitenverordnung verstoßen habe, sei einzig und allein ausschlaggebend, ob sie nach der mit 2.00 Uhr früh beschränkten Betriebszeit tatsächlich noch Waren verkauft habe. Wenn nach 2.00 Uhr früh noch Aufräumarbeiten durchgeführt worden seien, so könne dies keinesfalls eine Verwaltungsübertretung bedeuten. Die Berufungsbehörde vertrete dagegen die Ansicht, sowohl das Verhalten des Gastgewerbetreibenden und seiner Angestellten als auch das Verhalten der Gäste unmittelbar am Stand bildeten "den Gegenstand der Betriebszeit". Die Beschwerdeführerin habe schon dadurch gegen die Auflage 2 des Betriebsanlagenbescheides verstoßen, daß sie den Würstelstand offengehalten habe. Denn bei dem Würstelstand könne man das Offenhalten tatsächlich nur danach beurteilen, ob der Laden heruntergelassen sei oder noch offenstehe. Nach Ansicht der Berufungsbehörde fielen überdies auch Reinigungsarbeiten unter die Betriebszeit. Es folgen sodann Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf eine Gegenschrift die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, im Ermittlungsverfahren sei lediglich hervorgekommen, daß um 2.05 Uhr der Würstelstand noch beleuchtet gewesen sei und daß sich Personen im Umkreis des Würstelstandes befunden hätten, die mit dem Verzehr der verkauften Lebensmittel beschäftigt gewesen seien. Es hätten sich jedoch keine Hinweise dafür ergeben, daß nach 2.00 Uhr früh noch Getränke oder Speisen verkauft worden seien. Verfehlt sei die Ansicht der belangten Behörde, daß bei dem Würstelstand das Offenhalten tatsächlich nur daran beurteilt werden könne, ob der Laden heruntergelassen sei oder noch offenstehe und daß auch Reinigungsarbeiten unter die Betriebszeit fielen. In ihrer Stellungnahme vom 5. Juni 1989 habe die Beschwerdeführerin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die versperrbaren Schiebefenster des Würstelstandes ab 2.00 Uhr früh geschlossen gehalten worden seien. Die Beurteilung, ob der Würstelstand als offengehalten anzusehen sei oder nicht, könne nicht von der Frage abhängen, ob der Rollbalken heruntergelassen sei oder noch offenstehe. Vielmehr habe als einziges Kriterium zur Beurteilung, ob der Würstelstand noch offenstehe oder nicht, der Umstand zu gelten, daß die Schiebefenster geschlossen und versperrt würden. Damit sei nämlich eine Kommunikation zwischen Gästen und Gastgewerbetreibendem nicht mehr möglich. Es könnten keine Waren mehr verkauft werden, womit auch dem Betriebsanlagebescheid entsprochen werde. Dem Gastgewerbetreibenden müsse es jedoch erlaubt sein, "nach Überschreiten der genehmigten Betriebszeit" sich selbst im Betrieb aufzuhalten, um Reinigungs- und Aufräumungsarbeiten durchführen zu können. Der Rolladen könne erst heruntergelassen werden, wenn die Aufräum- und Putzarbeiten beendet seien, da die durch Wasserdampf und Fettspritzer verunreinigten gläsernen Schiebefenster geputzt werden müßten. Das Verhalten jener Personen, die sich im Umkreis des Würstelstandes befänden, könne entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet werden.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Von einem "Offenhalten" des in Rede stehenden Würstelstandes kann - wie die Beschwerdeführerin zu Recht dartut - nur dann die Rede sein, wenn potentiellen Kunden die Möglichkeit geboten ist, zwecks Erwerb der dort angebotenen Waren mit dem im Würstelstand tätigen Personal in Kontakt zu treten. Um dies zu unterbinden, reicht es durchaus, wenn die Verbindung zwischen dem Personal des Würstelstandes und allfälligen Kauflustigen, etwa durch geschlossene Schiebefenster, unterbunden ist.

Die belangte Behörde verkannte daher die Rechtslage, wenn sie meinte, das "Offenhalten" des Würstelstandes könne nur daran beurteilt werden, ob der Laden heruntergelassen ist oder noch offensteht und sie sich deshalb mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsstrafverfahren (Stellungnahme vom 5. Juni 1989), es seien nach 2.00 Uhr die in Glas ausgeführten Schiebefenster geschlossen gewesen, nicht weiter auseinandersetzte.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040214.X00

Im RIS seit

27.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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