TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0244

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.1990
beobachten
merken

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §74 Abs2 Z1;
GewO 1973 §77 Abs1;

Betreff

N gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. Februar 1987, Zl. 309.898/1-III-3/87, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S. 2760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 18. Februar 1987 genehmigte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Betriebsanlage im Standort Wien, A-gasse 15, in welcher der Beschwerdeführer die Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Fremdenpension ausübt, nach Maßgabe der Pläne, auf die sich dieser Bescheid bezieht, gemäß § 74 GewO 1973 unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Die Auflage Punkt 3 hat folgenden Wortlaut:

"In der Rezeption der Betriebsanlage ist ein Schlüssel für das Haustor A-gasse 13, deutlich als solcher bezeichnet, jederzeit zugänglich bereitzustellen."

Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, es sei zur Klärung des Sachverhaltes und des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers am 9. Februar 1987 eine Augenscheinsverhandlung unter Beiziehung eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen, eines Vertreters der Zentralstelle für Brandverhütung und eines Vertreters der Magistratsabteilung 68 (Feuerwehr und Katastrophenschutz) durchgeführt worden. Im Zuge dieser Augenscheinsverhandlungen hätten die Sachverständigen gemeinsam nachstehendes Gutachten erstellt:

"Was die Fluchtwegsituation für die hofseitigen Gästezimmer betrifft, so sind diese über Eigengrund mit Feuerwehrleitern nicht erreichbar, da wegen der Form der Stiege Leitern in die beiden Höfe nicht eingebracht werden können. Andererseits handelt es sich um begrünte Hofflächen, die Teil einer großen Grünfläche, gemeinschaftlich zu mehreren Häusern gehörig, bilden. Zwischen diesen Hofanteilen befinden sich an den Grundgrenzen ca. 2 Meter hohe Ziegelmauern. Auf Grund der Größe und Beschaffenheit der Höfe sind diese für den Einsatz tragbarer Feuerwehrleitern bestens geeignet. Zudem besteht zum Nachbarhause A-gasse 13 über eine Hauseinfahrt die ungehinderte Möglichkeit zur Einbringung von Rettungsgeräten in den Hof. Es ist lediglich erforderlich, die Durchgangsmöglichkeit durch den Hausflur des Nachbarhauses 13 sicherzustellen und in den teilweise noch vorhandenen Hofmauern bzw. in den zu errichtenden Gitterzäunen entsprechende Durchgänge mit Türen verschließbar vorzusehen. Bei der Rezeption der Pension B wäre ein Schlüssel für das Haustor A-gasse 13 bereitzuhalten, es wäre in den zu erstellenden Brandschutzplänen die Rettungsmöglichkeit über den Nachbargrund deutlich sichtbar zu machen und es wären die in den Hofmauern bzw. Zäunen einzurichtenden Türen entweder mit Rauchfangtürschlüsseln öffenbar zu machen oder die Türverschlüsse über die Brandmeldeanlage brandfallzusteuern. Die Niveaudifferenzen zwischen den Grundstücken wären auszugleichen."

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei der Bundesminister zur Ansicht gelangt, eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der Kunden der Betriebsanlage und der Arbeitnehmer sei dann nicht gegeben, wenn sowohl bei der Rezeption der Betriebsanlage ein Schlüssel für das Haustor des Nachbarhauses A-gasse 13 hinterlegt werde, als auch durch die Errichtung von Türen in den Hofmauern bzw. Zäunen durch deren Öffenbarkeit mittels Rauchfangtürschlüssel bzw. Brandfallsteuerung über die Brandmeldeanlage sichergestellt sei, daß im Brand- bzw. Gefahrenfall ein rascher Zutritt der Feuerwehr gewährleistet sei. Zudem werde dadurch sichergestellt, daß eine Brand- bzw. Gefahrenbekämpfung auch aus den beiden Höfen der Betriebsanlage durch Feuerwehrleitern erfolgen könne. Sohin sei auch die Errichtung von Fluchtbalkonen und Fluchtleitern nicht mehr notwendig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung lediglich unter Erteilung von Auflagen, die den Verwaltungszweck sichern und den Beschwerdeführer geringstmöglich belasten, verletzt, weil die zu Punkt 3 erteilte Auflage zur Erreichung des Verwaltungszwecks nicht notwendig und für den Beschwerdeführer schwer einzuhalten sei. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, der Verwaltungszweck erfordere es, daß der Feuerwehr im Brandfall der rasche Zugang in den Hof des Hauses Wien, A-gasse 13, ermöglicht werde. Abgesehen davon, daß es nahezu ausgeschlossen sei, daß in einem Haus niemand anwesend sei, und sohin der schnellstmögliche Zutritt durch Anläuten erreicht werde, sei es allgemein bekannt, daß die Feuerwehr jederzeit im Stande sei, Türen mit einem Brecheisen oder einfach mit einem Schlüssel, wie ihn die Postbediensteten zum Zutritt zu mit Gegensprechanlage gesicherten Häusern benützten, zu öffnen. Der Weg vom Haustor des Hauses A-gasse 13 zur Rezeption der Pension des Beschwerdeführers und zurück erfordere sicher längere Zeit als diese Methoden. Außerdem erscheine es fraglich, ob der einzelne Feuerwehrmann im Einsatzfall den Aufenthaltsort des Schlüssels kenne, sodaß höchstwahrscheinlich ohnedies die oben beschriebenen Methoden angewendet würden. Außerdem sei nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (z.B. Wiener Katastrophenhilfegesetz) der Eigentümer des Nachbargrundstückes ohnedies verpflichtet, den Feuerwehrleuten das Betreten des Grundes zu gestatten und sonstigen Anordnungen Folge zu leisten. Insgesamt könne sohin auch ohne Hinterlegung des Schlüssels an der Rezeption des Beschwerdeführers der Verwaltungszweck als gesichert gelten. Es beschwere den Beschwerdeführer an sich nicht, den Schlüssel in seiner Rezeption in der vom angefochtenen Bescheid geforderten Weise aufzubewahren. Er persönlich hätte daher gegen diese Auflage auch nichts einzuwenden. Es belaste ihn aber die Tatsache, daß der Nachbar dieser Schlüsselhinterlegung zustimmen müsse und dies bis jetzt nicht getan habe, schwer. Nachdem dem Beschwerdeführer ursprünglich in Aussicht gestellt worden sei, ihm den Schlüssel zu überlassen, sei es ihm bis jetzt trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen, einen Schlüssel zu erhalten. Diese von der in Rede stehenden Auflage ausgehende Belastung des Beschwerdeführers sei nicht unbedingt nötig, weil, wie oben ausgeführt, der Verwaltungszweck auch ohne Hinterlegung des Schlüssels als gesichert angesehen werden könne.

Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973, in seiner im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. 399, dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden.

Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit., in der Fassung vor der Gewerberechtnovelle 1988, ist die Betriebsanlage, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter geeigneter Auflagen, zu genehmigen, wenn überhaupt oder bei Einhaltung der Auflagen zu erwarten ist, daß eine Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 ausgeschlossen ist.

Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, daß im Hinblick auf die Verwendung des Wortes "erforderlichenfalls" in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle dem Betriebsinhaber nicht strengere (ihn stärker belastende) Maßnahmen vorgeschrieben werden dürfen, als dies zur Wahrung des in § 77 Abs. 1 GewO 1973 angeführten Schutzzweckes notwendig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1980, Slg. N.F. Nr. 10.020/A). Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Vorschreibung der in Rede stehenden Auflage sei zum Schutz vor den in § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 genannten Gefährdungen erforderlich, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde konnte sich in dieser Frage auf das in sich schlüssige und widerspruchsfreie gemeinsame Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, des Vertreters der Zentralstelle für Brandverhütung und des Vertreters der Magistratsabteilung 68 (Feuerwehr und Katastropheneinsatz) stützen. Auch der Beschwerdeführer ist im Verfahren vor der belangten Behörde diesem Gutachten nicht nur nicht entgegengetreten, er erklärte vielmehr bereits in seiner Berufung gegen den zweitbehördlichen Bescheid ausdrücklich, mit der schon im zweitbehördlichen Bescheid enthaltenen Auflage der Hinterlegung eines Haustorschlüssels des Nachbarhauses A-gasse 13 in der Rezeption seiner Betriebsanlage einverstanden zu sein. Bei dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen handelt es sich somit um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerungen.

Die Beschwerde erweist sich damit als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040244.X00

Im RIS seit

27.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten