TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0227

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z26;
GewO 1973 §370 Abs2;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Tirol vom 13. September 1989, Zl. IIa-21.293/1, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. September 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der "A-Gesellschaft m.b.H." es zu verantworten zu haben, daß durch die genannte Unternehmung ein Gebot eines aufgrund der Bestimmung der §§ 77 und 351 Abs. 1 GewO 1973 ergangenen Bescheides nicht eingehalten wurde, indem durch die genannte Unternehmung die ihr mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 30. September 1987, Zl. VI-11308/1987-RR, unter Punkt 4. erteilte Auflage, nämlich "4. die Musik- und Verstärkeranlage ist mit einem dauerregistrierenden Schallpegelwächter auszustatten, der die Musikanlage bei Überschreitung eines Dauerschallpegels (Leq,A) von 85 dB (ergänze: außer Betrieb setzt. Der Schallpegelwächter ist auf den Schaltwert von 85 dB) einzustellen und im Einvernehmen mit der Gewerbebehörde zu plombieren. Der Einbau des Begrenzers hat so zu erfolgen, daß ein Überschreiten der maximalen Lautstärke ohne Beschädigung der Plombierung nicht möglich ist. Die Plombierung darf nur im Einvernehmen mit der Behörde entfernt werden." nicht eingehalten worden sei, da entgegen den Bestimmungen der genannten Auflage die Plombierung in der Nacht vom 30. auf den 31. Oktober 1988 nicht im Einvernehmen mit der Behörde entfernt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit dem aufgrund der §§ 77 und 359 Abs. 1 leg. cit. erlassenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 30. September 1987, Zl. VI-11308/1987-RR, begangen. Gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt. Bei dieser Entscheidung ging der Landeshauptmann nach der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der A-Gesellschaft m.b.H. mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 30. September 1987 die Betriebsanlagengenehmigung für den Betrieb eines Nachtlokales im Anwesen X-gasse 10, unter Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt worden sei. Die 4. Auflage laute:

"Die Musik- und Verstärkeranlage ist mit einem dauerregistrierenden Schallpegelwächter auszustatten, der die Musikanlage bei Überschreitung eines Dauerschallpegels (Leq,A) von 85 dB außer Betrieb setzt. Der Schallpegelwächter ist auf den Schallpegel von 85 dB einzustellen und im Einvernehmen mit der Gewerbebehörde zu plombieren. Der Einbau des Begrenzers hat so zu erfolgen, daß ein Überschreiten der maximalen Lautstärke ohne Beschädigung der Plombierung nicht möglich ist. Die Plombierung darf nur im Einvernehmen mit der Behörde entfernt werden."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 23. Jänner 1986 sei der A-Gesellschaft m.b.H. eine Konzession zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1973 in der Betriebsart Bar im Standort Innsbruck, X-gasse 10, erteilt worden. Mit demselben Bescheid sei auch die Bestellung des Beschwerdeführers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer genehmigt worden. Am 2. November 1988 habe sich ein Nachbar der gegenständlichen Discothek über die in der Nacht vom 1. zum 2. November 1988 aufgetretene Lärmbelästigung beschwert. Am 4. November 1988 sei eine Überprüfung der Anlage durch das Amt für Umweltschutz erfolgt. Am 3. November 1988 sei von der A-Gesellschaft m.b.H. dem Stadtmagistrat Innsbruck mitgeteilt worden, daß die Verplombung der Musikanlage in der Nacht vom 30. auf 31. Oktober 1988 entfernt worden sei. Eine Auflage sei ein "bedingter Polizeibefehl", der dann in Wirksamkeit trete, wenn die Bewilligung in Anspruch genommen werde. In Anbetracht der gegenständlichen rechtskräftig vorgeschriebenen Auflage habe die Betriebsanlage nur mit plombierter Musikanlage bzw. ohne Plombierung nur im Einvernehmen mit der Behörde betrieben werden dürfen. Durch den Betrieb der Musikanlage ohne Plombierung und ohne Einvernehmen mit der Behörde werde der Tatbestand des § 367 Z. 26 GewO 1973 verwirklicht. Dies sei vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden. Die in der Berufung vorgebrachte Sachverhaltsschilderung lasse auch keine Umstände erkennen, die die Strafbarkeit aufheben oder die Strafbarkeit oder die Verfolgung ausschließen könnten. Der Beschwerdeführer sei dafür verantwortlich, daß die Angestellten darüber informiert seien, daß die Musikanlage plombiert sei. Er sei weiters dafür verantwortlich, daß die Geräteräume so beleuchtet seien, daß die Plombierung zu erkennen sei. Das Verhalten des Angestellten stelle somit keinen Schuldausschließungsgrund dar. Ebenso nicht die nachträgliche Information der Behörde, wobei sich überhaupt die Frage stelle, warum nicht am Montag, dem 31. Oktober 1988 die Meldung an die Behörde erfolgt sei. Es folgen sodann Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgeblichen Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er habe in seiner Berufung vom 9. März 1989 Umstände vorgebracht, die darauf hingewiesen bzw. dargelegt hätten, daß durch den Ausfall der gesamten Musikanlage im Tanzlokal eine Situation eingetreten sei, die sofort zu beheben gewesen sei. Wenn in einer Discothek, die mehreren 100 Personen Platz biete, die Musikanlage ausfalle, so sei die Betriebsleitung angehalten, diesen Ausfall umgehend zu beheben, da im Falle der Belassung des Schadens mit einem Umsatzausfall in beträchtlicher Höhe und dem Abwandern der Gäste zu rechnen sei. Insbesondere im Hinblick auf die Prüfung dieses Sachverhaltes auf das Vorliegen des "übergesetzlichen Notstandes", in welchem sich die Betriebsleitung befunden habe, wäre es für die Berufungsinstanz angezeigt gewesen, hierüber nähere Erkundigungen einzuholen und insbesondere den nunmehrigen Beschwerdeführer als Partei zur Sache zu vernehmen. Es sei einem Tanzlokal nicht zuzumuten, mit einer allfälligen Reparatur an der zentralen Einrichtung derselben, nämlich der Musikanlage, solange zuzuwarten, bis im Einvernehmen mit der Behörde die Reparatur durchgeführt werden könne. Bei Abwägung der schützenswerten Güter, nämlich des beträchtlichen Umsatzentganges der A-Gesellschaft m.b.H. einerseits und dem behördlichen Interesse an der Verplombung andererseits, ergebe sich zweifelsohne ein Gewicht zugunsten des Beschwerdeführers, sodaß dieser sogar unter der Annahme, daß die Plombe vorsätzlich entfernt worden wäre (was allerdings ausdrücklich bestritten worden sei), einen verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhalt nicht verwirklicht habe. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, im angefochtenen Bescheid komme nicht zum Ausdruck, welche Form der Täterschaft vorliege. Es sei nicht angeführt, ob der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter, als Anstifter oder in Form der Beihilfe gehandelt habe. Diesbezüglich werde lediglich davon gesprochen, der Beschwerdeführer sei "Verantwortlicher". Diesen Terminus gebe es weder im Verwaltungsstrafgesetz, noch in den subsidiär heranzuziehenden diesbezüglichen Bestimmungen und Auslegungen des Strafgesetzbuches. Wenn dem Beschwerdeführer überhaupt ein Vorwurf gemacht werden könne, dann nur jener, daß er es unterlassen habe, seine Angestellten im vorhinein vom Vorhandensein der Plombe zu unterrichten. Es könne dem Beschwerdeführer sohin lediglich Fahrlässigkeit angelastet werden. Der angefochtene Bescheid gehe auf die subjektive Tatseite überhaupt nicht ein, stelle weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit fest, sondern bestätige das erstinstanzliche Erkenntnis ohne zu den juristisch entscheidungswesentlichen Tatbildmerkmalen nähere Ausführungen zu pflegen. Über die vorliegende Täter- und Schuldform fehlten daher sowohl Feststellungen als auch eine diesbezügliche rechtliche Würdigung, sodaß das angefochtene Erkennntnis nicht überprüfbar sei. Der Beschwerdeführer sei der Ansicht, daß bei dem gegebenen Sachverhalt "schon in objektiver Hinsicht der zwar nirgends gesetzlich normierte, jedoch allgemein Gültigkeit habende übergesetzliche Notstand vorgelegen" sei.

Dieses Vorbringen ist, soweit es den Vorwurf mangelnder Bezeichnung der Form der Täterschaft betrifft, aktenwidrig, enthält doch der Spruch des angefochtenen Bescheides ausdrücklich den Ausspruch, der Beschwerdeführer werde in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A-Gesellschaft m.b.H. in Anspruch genommen.

Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen die Rechtslage.

Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geld- oder Arreststrafe zu ahnden ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 und 2 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Zufolge § 370 Abs. 2 leg. cit. sind Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt (§ 39) wurde.

Da letztere Voraussetzung im vorliegenden Fall zutrifft, geht der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, es könne ihm lediglich zur Last gelegt werden, er habe seine Angestellten nicht im vorhinein vom Vorhandensein der Plombe unterrichtet, ebenso fehl wie das Vorbringen, die belangte Behörde habe erforderliche Ausführungen über die Schuldform unterlassen.

Auf das weitere, "übergesetzlichen Notstand" betreffende Vorbringen kann vom Verwaltungsgerichtshof schon wegen des zufolge § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter eingegangen werden. Entgegen dem Beschwerdevorbringen enthält die Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis ein derartiges sachverhaltsbezogenes Vorbringen nicht. Der belangten Behörde kann daher auch die Unterlassung entsprechender Ermittlungen nicht zur Last gelegt werden.

Die Beschwerde erweist sich damit zur Gänze als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040227.X00

Im RIS seit

27.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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