Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §193 Abs2;Betreff
N gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3. Februar 1989, Zl. 311.068/1-III-5/89, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Verwaltungsrechtszug ergangenem Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 3. Februar 1989 wurde der Beschwerdeführerin die ihr auf Grund der Konzessionsurkunde vom 24. März 1986 zukommende Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 Z. 1 bis 4 GewO 1973 in der Betriebsart "Gasthof" im Standort X, gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, nach der Aktenlage seien nach Erteilung der in Rede stehenden Konzession über die Beschwerdeführerin wegen im Zusammenhang mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gastgewerbes begangener Übertretungen allein in der Zeit vom 10. April 1986 bis 27. Oktober 1987 von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein folgende Verwaltungsstrafen rechtskräftig verhängt worden:
1) mit Strafverfügung vom 10.4.1986, Zl. III-659/86, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBL. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 500,--;
2) mit Strafverfügung vom 23.7.1986, Zl. III-1325/86, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 600,--;
3) mit Strafverfügung vom 20.8.1986, Zl. III-1697/86, wegen Übertretungen nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 800,-- und eine Geldstrafe von S 200,--;
4) mit Strafverfügung vom 7.11.1986, Zl. III-2241/86, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 2.000,--;
5) mit Strafverfügung vom 7.11.1986, Zl. III-2172/86, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 2.000,--;
6) mit Strafverfügung vom 15.12.1986, Zl. III-1767/86, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 2.000,--;
7) mit Strafverfügung vom 26.1.1987, Zl. III-2704/86, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 2.000,--;
8) mit Strafverfügung vom 12.2.1987, Zl. III-341/87, wegen der Übertretung nach § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.2.1975, LGBl. Nr. 23, eine Geldstrafe von S 2.000,--;
9) mit Strafverfügung vom 2.3.1987, Zl. III-370/87, wegen der Übertretung nach § 20 LMG 1975 eine Geldstrafe von
S 2.000,--;
10) mit Strafverfügung vom 18.3.1987, Zl. B-532/1/87, wegen der Übertretung nach § 28 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eine Geldstrafe von S 5.500,--;
11) mit Straferkenntnis vom 18.3.1987, Zl. B-413/10-87, wegen der Übertretung nach § 28 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes eine Geldstrafe von S 2.750,--;
12) mit Strafverfügung vom 21.4.1987, Zl. III-628/87, wegen Übertretung nach § 9 des Bazillenausscheidergesetzes in Verbindung mit den §§ 1, 2 und 3 der Verordnung BGBl. Nr. 1281/46 zwei Geldstrafen zu je S 500,-- und
13) mit Strafverfügung vom 27.7.1987, Zl. III-1456/2-87, wegen Übertretung nach § 74 Abs. 2 Z. 1 LMG 1975 drei Geldstrafen zu je S 1.500,--.
Diese Bestrafungen seien deshalb erfolgt, weil die Beschwerdeführerin
"ad 1) am 25.2.1986 mehreren Gästen bis 4 Uhr den Aufenthalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 2 Uhr eingetreten war;
ad 2) am 23.6.1986 den Gästen den Aufenhalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes bis um 2.45 Uhr gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 2 Uhr eingetreten war;
ad 3a) am 16.8.1986 den Gästen den Aufenhalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes bis 3 Uhr und
b) am 17.8.1986 bis um 1.40 Uhr gestattete, obwohl die Sperrstunde jeweils bereits um 1 Uhr eingetreten war;
ad 4) am 26.10.1986 den Gästen den Aufenthalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes bis 1.30 Uhr gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 1 Uhr eingetreten war;
ad 5) am 12.10.1986 den Gästen den Aufenthalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes bis um 1.30 Uhr gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 1 Uhr eingetreten war;
ad 6) am 19.8.1986 den Gästen den Aufenthalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes bis um 3.30 Uhr gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 1 Uhr eingetreten war;
ad 7) am 14.12.1986 mehreren Gästen bis 1.30 Uhr den Aufenthalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 24 Uhr eingetreten war;
ad 8) am 8.2.1987 den Gästen den Aufenthalt in den Betriebsräumen ihres in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes bis um 1.40 Uhr gestattete, obwohl die Sperrstunde bereits um 24 Uhr eingetreten war;
ad 9) am 23.2.1987 in ihrem Gastgewerbebetrieb nicht ausreichend dafür Vorsorge traf, daß Lebensmittel nicht durch äußere Einwirkungen hygienisch nachteilig beeinflußt werden, da Semmeln in einem Bananenkarton auf dem Boden des Stiegenhauses gelagert wurden und die Lebensmittel sich in verschmutzten Kühlladen in der Anrichte der Küche befanden;
ad 10) vom 7.1. bis 22.2.1987 die türkischen Staatsangehörigen A und B in ihrem Gastgewerbebetrieb beschäftigte, ohne im Besitz einer Arbeitsbewilligung zu sein;
ad 11) vom 7. bis 14.1.1987 den türkischen Staatsangehörigen C in ihrem Gastgewerbebetrieb beschäftigte, ohne in Besitz einer Arbeitsbewilligung zu sein;
ad 12) am 26.2.1987 in der Küche ihres Gastgewerbebetriebes D und E beschäftigte, obwohl diese nicht im Besitz eines gültigen amtsärztlichen Zeugnisses nach dem Bazillenausscheidergesetz waren;
und
ad 13) am 23.2.1987 in ihrem Gastgewerbebetrieb Lebensmittel lagerte, deren Untersuchung durch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Innsbruck ergab, daß diese wertgemindert im Sinne des Lebensmittelgesetzes waren;
und zwar
a) Frankfurter, die bereits Geruchs- und Geschmacksabweichungen aufwiesen und Anzeichen eines Verderbs zeigten,
b) Wildschweinsfilet, das bereits Geruchs- und Geschmacksabweichungen aufwies und somit Anzeichen eines Verderbs zeigte; und
c) Fleischkäse, der bereits Geruchs- und Geschmacksabweichungen aufwies und somit Anzeichen eines Verderbs zeigte."
Nach Erlangung der in Rede stehenden Konzession seien über die Beschwerdeführerin somit insgesamt 17 zum Teil empfindliche Verwaltungsstrafen rechtskräftig verhängt worden. Die sich in diesen zahlreichen verwaltungsbehördlich geahndeten Verfehlungen manifestierende Vorgangsweise der Beschwerdeführerin und das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild ließen mit Rücksicht darauf, daß gerade die Ausübung von Gastgewerben mannigfaltige Gelegenheit zu gesetzwidrigem Verhalten biete, die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen, die Beschwerdeführerin werde auch hinkünftig bei Ausübung ihres Gastgewerbes gegen die hiebei jeweils zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen. Der Bundesminister erachte daher die Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin für die Ausübung des in Rede stehenden Gastgewerbes nicht mehr für gegeben. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, für die Rechtfertigung der Befürchtung eines weiteren vorschriftswidrigen Verhaltens müßten zusätzliche, über das Vorliegen von Verwaltungsübertretungen hinausgehende Umstände vorliegen, hielt der Bundesminister entgegen, die durch konkrete Umstände objektivierte Rechtfertigung dieser Befürchtung ergebe sich schon im Hinblick auf das aus dem den zahlreichen strafbaren Handlungen zu Grunde liegenden Verhalten ersichtlich gewordenen Persönlichkeitsbild der Beschwerdeführerin. Es erübrige sich daher, in dieser Richtung weitere Beweise aufzunehmen und weitere Verfahrensschritte zu setzen. Da eine neuerliche Sachverhaltsprüfung der in einem abgeschlossenen Strafverfahren als erwiesen angenommenen Tatsachen mit Rücksicht auf die eingetretene Rechtskraft der Bescheide nicht mehr zulässig sei, könne den Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend die ihren feststehenden verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zu Grunde liegenden Sachverhalte bei der gegenständlichen Entscheidung keine Relevanz zukommen. Derjenige, der die Verhängung einer Strafe hingenommen habe und sie aus welchem Grund auch immer in Rechtskraft erwachsen habe lassen, könne sich nicht mit Erfolg dagegen zur Wehr setzen, daß die Strafe später bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit berücksichtigt werde. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, nicht sie, sondern ihr Ehemann D sei bei den Sperrstundenverletzungen in ihrem Gastgewerbebetrieb anwesend gewesen, könne keine entscheidungsrelevante Bedeutung zukommen, weil sich aus der Verpflichtung, das Gewerbe schlechthin in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ausüben, für den Konzessionsinhaber unter anderem die weitere Verpflichtung ergebe, für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in seinem Betrieb selbst zu sorgen und sich in seiner Abwesenheit nur durch eine solche Person vertreten zu lassen, die geeignet erscheine, Verstößen gegen die öffentliche Ordnung entgegenzuwirken. Schließlich könne auf den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gesichtspunkt der Existenzsicherung bei der zu treffenden Entscheidung nicht Rücksicht genommen werden. Es handle sich bei dieser Entscheidung nicht um eine Strafe, sondern um eine von der Gewerbebehörde selbständig zu treffende administrative Maßnahme, die die Behörde bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen zu verfügen verpflichtet sei. Es habe daher nach Anhörung der Fachgruppe der Hotel- und Beherbergungsbetriebe in der Sektion Fremdenverkehr der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol und der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol die Konzession in Anwendung der bezogenen Gesetzesstelle entzogen werden müssen. Im Hinblick auf Art und Zahl der von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gastgewerbes begangenen Übertretungen, die sämtliche geeignet seien, die bei der Ausübung von Gastgewerben zu beachtenden öffentlichen Interessen unmittelbar zu berühren, sei aus dem daraus sich ergebenden Persönlichkeitsbild nach Ansicht des Bundesministers von einer Gesinnung der Beschwerdeführerin auszugehen, die nicht die Annahme gerechtfertigt erscheinen lasse, eine Entziehung für bestimmte Zeit reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten der Beschwerdeführerin zu sichern. Aus diesen Gründen könne mit Rücksicht auf die Art des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes auch nicht davon ausgegangen werden, durch eine nur teilweise Entziehung der Gewerbeberechtigung könne eine Hintanhaltung weiterer Verstöße gegen die öffentliche Ordnung erreicht werden. Eine Anwendung des § 87 Abs. 3 GewO 1973 oder auch des Abs. 6 dieses Paragraphen sei daher nicht in Betracht gekommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin "in dem Recht verletzt, daß ihr zu unrecht die Konzession für ein Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthofes im Standort X, gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 (auf Dauer) entzogen worden ist". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, da es sich beim Gewerberecht um ein Recht handle, das durch die Verfassung gewährleistet sei, müßten die Bestimmungen der Gewerbeordnung insoferne verfassungskonform ausgelegt werden, als die die Erwerbsfreiheit einschränkenden Bestimmungen nur restrektiv interpretiert werden dürften. Bei der in Rede stehenden Entscheidung hätte die belangte Behörde daher das Persönlichkeitsbild der Beschwerdeführerin besonders im Auge haben müssen und eine Art "Zukunftsprognose" erstellen müßten. In diesem Zusammenhang sei es nicht gerechtfertigt, einfach auf äußere Tatsachen, nämlich auf die "verschiedentlichen Sprüche der bezughabenden verwaltungsstrafrechtlichen Erkenntnisse" abzustellen. Bei diesen Erkenntnissen handle es sich nämlich in Wahrheit nur um Strafverfügungen, denen kein Ermittlungsverfahren vorangegangen sei. Es sei in diesen Verfahren daher der zur Verurteilung führende Sachverhalt in Wahrheit gar nicht geprüft worden, sondern die der Strafverfügung zu Grunde liegende Anzeige ungeprüft zu Grunde gelegt worden. Dies widerspreche der Bestimmung des Art. 6 MRK. Es dürfte daher den Strafverfügungen keine urteilsgleiche Bedeutung beigemessen werden. Im übrigen seien der Beschwerdeführerin nur solche Vorwürfe angelastet worden, die "leichter Natur" seien. Solche Delikte könnten keinesfalls die Annahme rechtfertigen, daß die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr bestehe. Analysiere man die einzelnen Strafen, so komme man zu dem Ergebnis, daß die Beschwerdeführerin typische Delikte begangen habe, die im Gastgewerbe kaum zu vermeiden seien, wie etwa Sperrstundenüberschreitungen. Solche Rechtswidrigkeiten seien zweifellos in vielen Fällen unvermeidlich und es müßte eben eine fallbezogene Prüfung erfolgen, warum im konkreten Fall eine solche Sperrstundenüberschreitung geschehen sei. Das gleiche gelte auch, wenn hygiensiche Vorschriften oder das Ausländerbeschäftigungsgesetz übertreten worden seien. Die Beschwerdeführerin sei in ihrem Leben noch nie mit dem Strafgesetz in Konflikt gekommen und habe, obwohl sie stets im Gastgewerbe tätig gewesen sei, nie ein Verschulden im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes zu verantworten gehabt. Die nun inkrimierten Gesetzesverletzungen seien darauf zurückzuführen, daß durch den Betriebsbeginn eine gewisse Überforderung hinsichtlich ihrer Person eingetreten sei, so etwa dadurch, daß sie Leuten Vertrauen geschenkt habe, die eben die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt hätten. Schließlich habe sie in ihrem Unternehmen verschiedene Arbeiten delegieren müssen und sie sei eben der Auffassung gewesen, die betroffenen Arbeitnehmer würden die ihnen übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen. Es entspreche zweifellos einem korrekten Persönlichkeitsbild, daß die Beschwerdeführerin diesbezüglich schuldeinsichtig gewesen sei und gegen die Strafverfügungen niemals Einspruch erhoben habe. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde hätte durch Beischaffung der diesbezüglichen Verwaltungsstrafakten prüfen müssen, welches konkrete Verhalten den jeweiligen Strafverfügungen zu Grunde gelegen sei. Vorallem werde es aber unumgänglich sein, der Beschwerdeführerin auch Akteneinsicht zu gewähren, damit ihr die Möglichkeiten, die § 45 Abs. 3 AVG 1950 vorsehe, eingeräumt würden.
Der angefochtene Bescheid wurde nach dem in den Verwaltungsakten erliegenden Rückschein der Beschwerdeführerin am 21. Februar 1989 an ihrer Anschrift in Y durch Hinterlegung zugestellt. Über entsprechendes Beschwerdevorbringen vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführte Ermittlungen haben ergeben, daß die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt ortsabwesend war und erst am 4. April 1989 an die Abgabestelle zurückkehrte. Der beim Postamt Y hinterlegte angefochtene Bescheid wurde am 23. Februar 1989 vom Ehemann der Beschwerdeführerin behoben, dieser aber erst nach ihrer Rückkehr an die Abgabestelle am 4. April 1989 ausgefolgt.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt hatte die Hinterlegung am 21. Februar 1989 zufolge § 17 Abs. 3 ZustellG nicht die Wirkung einer Zustellung. Diese Wirkung trat vielmehr gemäß § 7 leg. cit. erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens, also am 4. April 1989 ein. Ausgehend von diesem Zeitpunkt erweist sich die Beschwerde aber als rechtzeitig.
Gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 ist eine Konzession (§ 25) überdies von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber Handlungen oder Unterlassungen begangen hat, die die Annahme rechtfertigen, daß er die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 25 Abs. 1 Z. 1) nicht mehr besitzt. Die §§ 87 Abs. 3 bis 6 gelten sinngemäß.
Die Annahme, daß der Konzessionsinhaber die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 89 Abs. 1 GewO 1973 nicht mehr besitzt, ist dann gerechtfertigt, wenn seine Handlungen oder Unterlassungen so beschaffen sind, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten läßt, es werde die künftige Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen. Im besonderen ist im Hinblick auf § 193 Abs. 2 GewO 1973 die für die Erteilung einer Konzession für ein Gastgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers oder der Personen, mit denen sich der Konzessionswerber in einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft befindet, die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer nicht dem Gesetz entsprechenden oder in einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werde. Der Kreis der nach Art des hier in Rede stehenden Gewerbes bei seiner Ausübung zu beachtenden öffentlichen Interessen wird sohin im Gastgewerbe dadurch bestimmt, daß das Gewerbe schlechthin in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ausgeübt wird, woraus auch folgt, daß ein mit der öffentlichen Ordnung im Einklang stehender Ablauf der Lebensvorgänge in den Gastgewerbebetrieben gesichert sein soll.
In diesem Rahmen obliegt es der Behörde unabhängig von einer erfolgten Bestrafung zu beurteilen, ob Handlungen oder Unterlassungen die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigen. Sie ist hiebei an rechtskräftige Bestrafungen zwar insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht, sie hat aber im Entziehungsverfahren unabhängig davon das sich ergebende Persönlichkeitsbild des Gewerbeinhabers zu untersuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1985, Zl. 84/04/0078 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Soweit die Beschwerdeführerin zunächst meint, die belangte Behörde hätte die von ihr festgestellten Bestrafungen ihrer Entscheidung deshalb nicht zu Grunde legen dürfen, weil sie, da sie in Form von Strafverfügungen erfolgt seien, in einem Verfahren ergangen seien, in welchem die einem Rechtsstaat entsprechenden Rechtsschutzgarantien nicht gegeben seien, ist sie auf die Bestimmung des § 49 Abs. 1 VStG 1950 zu verweisen, wonach es dem Beschuldigten freisteht, durch einfachen, nicht weiter begründeten Einspruch gegen die Strafverfügung diese außer Kraft zu setzen und die Einleitung des ordentlichen Verfahrens zu erwirken. Daß die Beschwerdeführerin von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machte, nimmt den in Form von Strafverfügungen ergangenen Verurteilungen nicht die Qualifikation der Rechtsstaatlichkeit.
Auch der Vorwurf, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem den einzelnen Strafverfügungen zu Grunde liegenden Verhalten der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt, erweist sich im Hinblick auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides als aktenwidrig, weil darin die belangte Behörde sehr wohl Feststellungen über die den einzelnen Bestrafungen zu Grunde liegenden Tathandlungen traf.
Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge steht im Widerspruch zu der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage. Denn der belangten Behörde lagen die den einzelnen Bestrafungen zu Grunde liegenden Verwaltungsstrafakten bei ihrer Entscheidung vor. Auch wurde die Beschwerdeführerin, nachdem ihr damals ausgewiesener Rechtsvertreter auf entsprechende Aufforderungen der Behörde nicht reagierte, mit Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. September 1988 zur Akteneinsicht und Stellungnahme aufgefordert. Sie nahm in der Folge auch tatsächlich in anderen Schriftsätzen zum Akteninhalt Stellung.
Ausgehend von dem solcherart von der belangten Behörde in einem mangelfreien Verfahren festgestellten Sachverhalt vermag es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die Vielzahl der gegen sie ergangenen verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen, die Taten betrafen, die sich über einen Zeitraum eines ganzen Jahres erstreckten, einerseits zur Annahme gelangte, die Beschwerdeführerin besitze die für die Ausübung des Gastgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr und andererseits nicht von der Erwartung ausging, ein Entzug nur für eine bestimmte Zeit würde ausreichen, um ein späteres einwandfreies Verhalten der Beschwerdeführerin bei der Ausübung des Gastgewerbes zu sichern. Die Richtigkeit dieser Annahme wird nicht zuletzt auch durch das Beschwerdevorbringen gestützt, aus dem zu erkennen ist, daß die Beschwerdeführerin weiterhin auf dem Standpunkt steht, "solche Rechtswidrigkeiten" seien "zweifellos in vielen Fällen unvermeidlich".
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ihre Abweisung zur Folge hatte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989040064.X00Im RIS seit
27.03.1990