TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0181

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/06 Verkehrsteuern;
50/01 Gewerbeordnung;
67 Versorgungsrecht;

Norm

ErbStG §15 Abs1 Z6;
GewO 1973 §193 Abs2;
GewO 1973 §25 Abs1 Z1;
OFG §11 Abs5 litc;
VwRallg;

Betreff

N-GesmbH gegen Landeshauptmann von Wien vom 24. Juli 1989, Zl. MA 63-H 494/89, betreffend Verweigerung der Konzession für ein Gastgewerbe.

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Juli 1989 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Z. 1 und § 193 Abs. 2 GewO 1973 die beantragte Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthauses im Standort Wien 3., X-Straße 165, verweigert. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe am 1. März 1988 um die Erteilung einer Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthauses im Standort Wien 3., X-Straße 165, angesucht. In dem auf Grund dieses Ansuchens durchgeführten Ermittlungsverfahren sei hervorgekommen, daß sich die alleinvertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin mit A, wohnhaft in Wien 12., Y-Straße 38/9, in Lebensgemeinschaft befinde. Laut einer eingeholten Auskunft aus dem Strafregister der Bundespolizeidirektion Wien vom 1. Juni 1988 schienen über A die im Bescheid im einzelnen angeführten - insgesamt neunzehn - Vormerkungen über strafgerichtliche Verurteilungen auf. Auf Grund dieser strafgerichtlichen Verurteilungen sei die Erstbehörde zu der Auffassung gelangt, daß die für die Erteilung der angestrebten Konzession erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 und § 193 Abs. 2 GewO 1973 nicht gegeben sei, weil das bisherige Verhalten des A, mit dem sich das vertretungsbefugte Organ der Konzessionswerberin in einer Lebensgemeinschaft befinde, die Annahme rechtfertige, daß das Gewerbe in einer nicht dem Gesetz entsprechenden oder einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werden würde. In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, daß ihre handelsrechtliche Geschäftsführerin mit A weder in einer Lebens- noch auch in einer Erwerbsgemeinschaft stehe. A sei Hauptmieter und die Genannte Untermieterin in der Wohnung in Wien 12., Y-Straße 38/9, jedoch werde die handelsrechtliche Geschäftsführerin bei der Ausübung ihres Berufes von A weder beeinflußt noch behindert. Diese übe ihre Tätigkeit als handels- und gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin seit 1980 vollkommen selbständig, zuverlässig und straffrei aus und es könne daher von einer Beeinflussung durch andere Personen nicht die Rede sein. Dem sei zu entgegnen, daß gemäß § 193 Abs. 2 GewO 1973 die für die Erteilung einer Konzession für ein Gastgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. insbesondere dann nicht gegeben sei, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers oder der Personen, mit denen sich diese in einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft befinde, die Annahme rechtfertige, daß das Gewerbe in einer nicht dem Gesetz entsprechenden oder in einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werde. Gemäß § 25 Abs. 2 GewO 1973 sei die Konzession zu verweigern, wenn eine der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht vorlägen. Im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren sei laut Bericht vom 17. April 1988 durch ein Organ des Bezirkspolizeikommissariates X - in Anwesenheit der handelsrechtlichen Geschäftsführerin - festgestellt worden, daß diese an der angeführten Adresse mit A zusammenlebe. Laut aktenkundiger Auskunft des Zentralmeldeamtes der Bundespolizeidirektion Wien und des Bezirkspolizeikommissariates Y habe sich A sodann am 2. August 1988 von der angeführten Adresse nach Wien 2., Z-Straße 91/2, umgemeldet. In der Folge habe sich A am 22. November 1988 von Wien 2., Z-Straße 91/2, ohne Angabe des neuen Wohnsitzes abgemeldet. Nachforschungen des Bezirkspolizeikommisariates X hätten laut Bericht vom 4. April 1989 ergeben, daß A nach vertrauchlichen Mitteilungen von Hausbewohnern nach wie vor im Haus Wien 12., Y-Straße 38, gesehen werde und dort wohnhaft sei. Nach Mitteilung des Hausbesitzers sei A auch Hauptmieter der gegeständlichen Wohnung und es sei der Mietvertrag von ihm unterschrieben worden. Die Berufungsausführungen über das bloß als Untermiete und nicht als Lebensgemeinschaft zu qualifizierende Verhältnis zwischen A und der handelsrechtlichen Geschäftsführerin seien unglaubwürdig, denn "bei gegenseitigem Fremdsein - mit Ausnahme einer mietrechtlichen Beziehung -" hätte sich die Genannte mit Sicherheit bereits in diesem Sinne anläßlich der ersten polizeilichen Leumundserhebung im April 1988 geäußert. Für die Einschätzung der Untermiete als reine Schutzbehauptung spreche, daß die handelsrechtliche Geschäftsführerin diese Argumentation erstmals verwendet habe, als sie am 13. Juli 1988 von der Erstinstanz niederschriftlich auf das Fehlen ihrer Zuverlässigkeit wegen ihrer Lebensgemeinschaft mit A hingewiesen worden sei. Auch die daraufhin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang, nämlich am 2. August 1988, erfolgte polizeiliche Ummeldung des A und schließlich die am 22. November 1988 vorgenommene Abmeldung ohne Angabe des neuen Wohnsitzes, wodurch Nachforschungen über einen tatsächlichen Wohnsitzwechsel von A nach Wien 2., Z-Straße 91/2, unterblieben seien, führten zu dem Schluß auf ein versuchtes Verbergen der bestehenden Lebensgemeinschaft. Im übrigen habe die handelsrechtliche Geschäftsführerin den ihr am 26. April 1989 niederschriftlich von der Erstinstanz zur Kenntnis gebrachten neuerlichen polizeilichen Erhebungsbericht vom 4. April 1989, betreffend den laut Hausbewohnerangaben fortdauernden Aufenthalt von A in Wien 12, Y-Straße 38, gar nicht in Abrede gestellt. Der Beschwerdeführerin sei es somit nicht gelungen, die festgestellte Lebensgemeinschaft zwischen ihr und A in schlüssiger Weise zu widerlegen. Von dem in der Strafregisterauskunft der Bundespolizeidirektion Wien vom 1. Juni 1988 vorgemerkten strafgerichtlichen Verurteilungen des A seien für die Beurteilung der Zuverlässigkeit insbesondere die vier Verurteilungen wegen gefährlicher Drohung (Landesgericht für Strafsachen Wien 8 d E Vr, 7 c E Vr, 15 b E Vr, 7 c Vr), die zwei Verurteilungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Bezirksgericht Mödling 4 U, Strafbezirksgericht Wien 2 U), die Verurteilung wegen Beihilfe zur Notzucht (Landesgericht für Strafsachen Wien 6 a Vr), die Verurteilung wegen unbefugten Waffenbesitzes (Landesgericht für Strafsachen Wien 20 m Vr), die zweimaligen Verurteilungen wegen Teilnahme am Diebstahl (Jugendgerichtshof Wien 8 U, 8 U), die Verurteilungen wegen Veruntreuung (Strafbezirksgericht Wien 9 U), die Verurteilung wegen versuchten schweren Betruges (Landesgericht für Strafsachen Wien 15 c E Vr), die Verurteilung wegen Beihilfe zum Raub und Anstiftung zum schweren Diebstahl (Landesgericht für Strafsachen Wien 20 m Vr), die dreimaligen Verurteilungen wegen Inverkehrbringens verdorbener Lebensmittel (Strafbezirksgericht Wien 6 U, 20 U, 18 U) und die Verurteilung wegen Einmengung in die Vollziehung des öffentlichen Dienstes (Landesgericht für Strafsachen Wien 6 a E Vr) von Bedeutung. Nach dem aus den angeführten strafgerichtlichen Verurteilungen zu erschließenden Gesamtbild der Persönlichkeit des Lebensgefährten des alleinvertretungsbefugten Organes der Beschwerdeführerin bestehe nicht die Gewähr für die einwandfreie Führung des in Rede stehenden gastgewerblichen Betriebes. Die Straftaten, deretwegen A rechtskräftig verurteilt worden sei, seien allein ausreichend, um seine Zuverlässigkeit in Zweifel zu setzen. In diesem Zusammenhang sei überdies festzuhalten, daß es eine Erfahrungstatsache sei, daß bei einer Lebensgemeinschaft die Unzuverlässigkeit des einen Partners wegen der gegenseitigen Beeinflussungsmöglichkeit die Unzuverlässigkeit des anderen Partners zur Folge haben könne. Somit biete auch das Berufungsvorbringen, daß die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin bereits seit 1980 selbständig, zuverlässig und straffrei tätig sei und die angestrebte Gastgewerbekonzession allein ausüben werde, keinen zwingenden Anhaltspunkt für die Annahme, daß A trotz seiner strafgerichtlichen Verurteilung bezüglich der Führung des gegenständlichen Betriebes keinen Einfluß nehmen werde. Selbst die Annahme, daß sich die handelsrechtliche Geschäftsführerin bei ihrer "vorgebrachten gewerblichen Tätigkeit" sei 1980 tatsächlich immer gesetzeskonform verhalten hätte, würde keine Gewähr für die zum nunmehrigen Zeitpunkt zu prüfende Zuverlässigkeit bieten, zumal in der Vergangenheit auf Grund der mit 20. Mai 1980 gegen A vollstreckten neunjährigen unbedingten Freiheitsstrafe (Landesgericht für Strafsachen Wien 20 m Vr) dessen Einflußmöglichkeit auf die Genannte nicht gegeben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Erteilung der in Rede stehenden Konzession verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u. a. vor, wie die EB zu § 193 Abs. 2 GEwO 1973 zeigten, sei Motiv für die Einbeziehung des Lebensgefährten die Erfahrungstatsache, daß bei einer Lebensgemeinschaft die Unzuverlässigkeit des einen Partners wegen der gegenseitigen Beeinflussung die Unzuverlässigkeit des anderen Partners zur Folge haben könne. Daraus sei ersichtlich, daß der Gesetzgeber den Begriff "Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft", wenn sie in der GewO 1973 nicht eigens bzw. besonders bestimmt werde, im Lichte der gesamten Rechtsordnung verstanden wissen wolle. Somit habe man sich zuerst einmal der Frage zuzuwenden, was die Rechtsordnung unter einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft verstehe. § 72 Abs. 2 StGB definiere die Lebensgefährten als Personen verschiedenen Geschlechts, die miteinander in außerehelicher Lebensgemeinschaft lebten. Diese Definition veranschauliche recht gut, was der Gesetzgeber unter einer Lebensgemeinschaft verstehe, nämlich eine außereheliche Beziehung zweier Personen verschiedenen Geschlechts. Vom Institut der Ehe unterscheide sich somit die Lebensgemeinschaft dadurch, daß die - gesetzlich normierten - persönlichen Rechtswirkungen der Ehe durch die Eheschließung, somit durch einen Rechtsakt, entstünden, während bei der Lebensgemeinschaft die faktischen Verhältnisse diese Form des Zusammenlebens determinierten, wobei das weitere - sicherlich nicht unerhebliche - Unterscheidungskriterium der leichteren Auflösbarkeit einerseits aus der rechtshistorischen Entwicklung des Institutes der Ehe, andererseits aus dem Verhältnis der Ehe als Rechtsbeziehung selbst resultiere. Bei der Lebensgemeinschaft würden nämlich nur faktische Verhältnisse beendet, bei der Ehe hingegen sei eine Rechtsbeziehung nach gesetzlich festgelegten Vorschriften aufzulösen bzw. zu beenden. Mindestvoraussetzung für eine Lebensgemeinschaft sei somit eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, welche für die beiden Partner sowohl eine persönliche als auch eine wirtschaftliche wechselseitige Abhängigkeit, wie dies eben sonst nur bei Ehegatten der Fall sei, zur Folge habe. Einzelne Verhaltensweisen, mögen sie auch für eine Ehe oder Lebensgemeinschaft üblich sein, wie beispielsweise das Benützen einer gemeinsamen Wohnung, gemeinsames Verbringen der Freizeit oder eine - mitunter sogar regelmäßige - Geschlechtsbeziehung, reichten für sich alleine noch nicht aus, begründet das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft anzusehen. Sowohl die Erstbehörde als auch die belangte Behörde hätten aus dem Umstand, daß ihre Geschäftsführerin und A ursprünglich die gleiche Wohnung benützten, wofür es mietrechtliche Gründe gebe, geschlossen, daß zwischen ihnen eine Lebensgemeinschaft bestehe. Selbst der bloße Umstand des gemeinsamen Zusammenlebens in ein und derselben Wohnung rechtfertige keinesfalls eine derartige Annahme. Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde hätten daher im Zuge des Ermittlungsverfahrens Nachforschungen dahingehend anstellen müssen, in welcher Art und Weise das Zusammenleben zwischen den Genannten ausgestaltet sei, insbesondere, ob man von einer Wirtschaftsgemeinschaft sprechen könne. Der bloße Umstand der Benützung der Wohnung durch A, deren Hauptmieter er sei, sowie die "diesbezügliche Frequenz", reichten jedenfalls für eine derartige Annahme nicht aus. Im angefochtenen Bescheid werde auch nicht einmal ansatzweise der Versuch einer Argumentation dahingehend unternommen, weshalb aus dem Umstand des Benützens derselben Wohnung auch zu schließen sei, daß beispielsweise eine gemeinsame Haushaltsführung gegeben sei. Derartiges sei ja durchaus an Hand gewisser Fakten feststellbar, wie etwa die Art und Weise der Tragung der gemeinsamen Kosten oder die Art und Weise der Haushaltsführung. Die belangte Behörde habe somit lediglich nur ein - zugegebenermaßen essentielles - faktisches Element einer Lebensgemeinschaft erhoben und für ihre Beurteilung herangezogen, hiebei jedoch gänzlich übersehen, daß dies noch nicht eine Lebensgemeinschaft im rechtlichen Sinn begründe. Schon aus diesem Grund sei daher das Ermittlungsverfahren mangelhaft und unvollständig geblieben. Die von der belangten Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Überlegungen betreffen die Abmeldung des A von der Anschrift Wien 12., Y-Straße 38, seien schon deshalb sehr anzuzweifeln, da diesen offensichtlich unrichtige oder unvollständige Erhebungen zugrunde lägen. Wie der in Kopie beiligende Meldezettel belege, habe sich A am 3. Juli 1988, und nicht am 2. August 1988, umgemeldet. Daß er auch noch danach in dieser Wohnung bzw. im Haus gesehen werde, sei durchaus plausibel, sei er doch nach wie vor Hauptmieter dieser Wohnung und habe dementsprechend auch ein Interesse daran, in dieser nach dem Rechten zu sehen. Wenn die belangte Behörde vermeine, es sei nicht gelungen, die "festgestellte Lebensgemeinschaft" zwischen ihrer Geschäftsführerin und A "in schlüssiger Weise zu widerlegen", so übersehe sie, daß schon nach ihren eigenen Feststellungen, daß nämlich die beiden Genannten ursprünglich dieselbe Wohnung benützten, ohne gleichzeitige Feststellung beispielsweise einer gemeinsamen Haushaltsführung, keine Lebensgemeinschaft im rechtlichen Sinne abgeleitet werden könne. Es sei zwar richtig, daß die Strafregisterauskunft betreffend A - zumindest aufs Erste gesehen - kein besonders günstiges Licht auf diesen werfe. Die Masse der als gewichtig anzusehenden Straftaten liege jedoch schon wenigstens zehn Jahre zurück. Bei den jüngsten Verurteilungen handle es sich lediglich um kleinere Vergehen. Die belangte Behörde ziehe aber primär zur Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des A die seinerzeitigen Verurteilungen wegen diverser Eigentums- und Gewaltdelikten heran, ohne aber gleichzeitig darauf Bedacht zu nehmen, daß A seit nahezu zehn Jahren nicht mehr einschlägig rückfällig geworden sei. Des weiteren nehme die belangte Behörde bei ihrer Zuverlässigkeitsprüfung keinerlei Bedacht auf den Umstand, daß sie durch ihre Geschäftsführerin seit 1980 gewerbliche Tätigkeiten immer gesetzeskonform und ohne jegliche Beanstandung ausgeübt habe. Das in diesem Zusammenhang gebrachte Argument, A hätte auf die Geschäftsführerin deshalb keinen Einfluß nehmen können, da in dieser Zeit an ihm eine unbedingt verhängte Freiheitsstrafe vollzogen worden sei, könne deshalb nicht Platz greifen, da er sich seit etwas mehr als fünf Jahren wieder auf freiem Fuß befinde und somit zumindest in diesem Zeitraum eine Einflußmöglichkeit theoretisch gegeben gewesen wäre. Daß dies nicht der Fall sei, zeige jedoch die bisherige tadellose und gesetzkonforme Gewerbeausübung. Schon aus diesem Grund sei damit die Annahme in keiner Weise gerechtfertigt, daß künftighin die Gewerbeausübung durch sie nicht in einer dem Gesetz entsprechenden Art und Weise erfolgen würde und es habe die belangte Behörde auch nicht einmal ansatzweise eine Begründung dafür gegeben, weshalb eine derartige Annahme gerechtfertigt wäre, wobei ja das Argument der bisherigen magelnden Einflußmöglichkeit des A auf ihre Geschäftsführerin auf Grund der vorstehenden Darlegungen gänzlich unzutreffend sei.

Der Beschwerde kommt aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist eine Bewilligung (Konzession) für ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z. 2) zu erteilen, wenn bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 leg. cit. genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

Gemäß § 193 Abs. 2 GewO 1973 ist die für die Erteilung einer Konzession für ein Gastgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 insbesondere dann nicht gegeben, wenn das bisherige Verhalten des Konzessionswerbers oder der Personen, mit denen er sich in einer Erwerbs- oder Lebensgemeinschaft befindet, die Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe in einer nicht dem Gesetz entsprechenden oder in einer das Ansehen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft schädigenden Weise ausgeübt werden wird.

Unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen war daher im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zunächst die Frage zu prüfen, ob das Tatbestandsmerkmal des § 193 Abs. 2 GewO 1973 des Bestehens einer Lebensgemeinschaft zwischen der handelsrechtlichen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin und A von der belangten Behörde auf Grund der dem angfochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltsfeststellungen zu Recht als erfüllt angesehen wurde.

Der Begriff "Lebensgemeinschaft" ist in der Gewerbeordnung 1973 nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Prüfung der Frage, ob eine Lebensgemeinschaft vorliegt, von den Erfahrungen des Lebens auszugehen, wonach eine Lebensgemeinschaft durch die Merkmale des gemeinsamen Zusammenlebens, der gemeinsamen Aufbringung des Lebensunterhaltes und der gegenseitigen Unterstützung gekennzeichnet ist. Die Erfahrung des Lebens begreift unter einer Lebensgemeinschaft eine tatsächliche Verbindung zwischen Mann und Frau, die nach ihrem wirklichen und wesentlichen Inhalt gemäß dem Willen der Partner eine aus hiefür in Frage kommenden Motiven praktisch nicht gewollte Ehe ersetzen soll (vgl. hiezu die Darlegungen im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Oktober 1987, Zl. 86/16/0237).

Danach verlangt das Bestehen einer Lebensgemeinschaft vor allem eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. hiezu u. a. die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 11. April 1980, Zl. 2542/79). Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde nach den sich diesbezüglich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden Sachverhaltsfeststellungen neben der Anführung von Berichten durch polizeiliche Erhebungsorgane, wonach zwischen der handelsrechtlichen Geschäftführerin und A eine "Lebensgemeinschaft bestehe", insbesondere von einem im Zeitpunkt der Erhebung vom 4. April 1989 laut Auskunft von Hausbewohnern "fortdauernden Aufenthalt" des A in Wien 12., Y-Straße 38, aus, was von der handelsrechtlichen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin gar nicht in Abrede gestellt worden sei.

Unabhängig davon, daß somit im Sinne der oben dargelegten Rechtslage ausreichende Feststellungen fehlen, um aus den hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmalen das Bestehen einer "Lebensgemeinschaft" zwischen den Genannten in rechtlicher Hinsicht schlüssig ableiten zu können, und zwar insbesondere in Ansehung des Zeiptunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides, ergibt sich in diesem Zusammenhang aus der Aktenlage, daß die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin bei ihrer Stellungnahme zu den Erhebungsergebnissen vom 4. April 1989 in der Niederschrift vom 26. April 1989 keineswegs etwa die faktischen Voraussetzungen einer Lebensgemeinschaft nicht in Abrede gestellt bzw. anerkannt habe, sondern daß sie ausdrücklich angab, "in keiner Weise" in Lebensgemeinschaft mit A zu leben, sondern lediglich Untermieterin in der angeführten Wohnung zu sein.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon im Hinblick darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Lebensgemeinschaft Lebensgmeinschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040181.X00

Im RIS seit

13.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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