TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0150

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §39 Abs2;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
GewO 1973 §87 Abs2;

Betreff

N-GesmbH gegen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. April 1989, Zl. 305.216/1-III/5a/89, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. April 1989 wurde der Beschwerdeführerin die Konzession für das Baumeistergewerbe im Standort X, Y-Straße 12, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 im Zusammenhang mit § 13 Abs. 3 GewO 1973 entzogen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Gewerbeberechtigung sei von der Behörde gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 u.a. zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Voraussetzungen für einen Ausschluß gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 zuträfen. Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 sei eine juristische Person, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs eröffnet worden sei, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen. Ein solcher Ausschluß sei gemäß § 13 Abs. 3 zweiter Halbsatz GewO 1973 nicht auszusprechen, wenn der Konkurs durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden sei. Von der vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 könne die Behörde gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 nur dann absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Über das Vermögen der Beschwerdeführerin sei mit Beschluß des Kreisgerichtes als Handelsgericht Korneuburg vom 31. Oktober 1980, 6 S, der Konkurs eröffnet worden, der nicht durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden sei. Mit Beschluß vom 8. April 1981 sei der zwischen der Gemeinschuldnerin und ihren Gläubigern abgeschlossene Zwangsausgleich bestätigt und der Konkurs in der Folge mit Beschluß vom 30. Juni 1981 gemäß § 157 KO aufgehoben worden. Nach dem abgeschlossenen Zwangsausgleich sollten die nicht bevorrechteten Konkursgläubiger zur vollständigen Befriedigung ihrer Forderungen eine 20%ige Quote erhalten, wobei 10 % bis 31. Mai 1981 und weitere 10 % bis 31. Juli 1981 zu zahlen gewesen wären. Nach der Aktenlage sei dieser Zwangsausgleich jedoch nicht zur Gänze erfüllt worden. Der Gläubiger A-OHG habe mit Schreiben vom 14. Juli 1983 mitgeteilt, daß die Forderung in der Höhe von S 98.296,91 gegen die Beschwerdeführerin mangels jeglicher Zahlung ausgebucht worden sei. Ebenso seien die Forderungen der Gläubiger Bauunternehmung B und des C trotz ihrer geringen Höhe unbeglichen geblieben. Auch in der Folge sei die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen, ihren mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Bereits im Jahre 1983 habe sich die Gebietskrankenkasse veranlaßt gesehen, einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin zu stellen. Dieses Verfahren sei am 25. Juli 1983 mangels weiterer Mitwirkung des Gläubigers vom Kreisgericht Korneuburg eingestellt worden. Im Juni 1984 habe der Beitragsrückstand der Beschwerdeführerin bei der Gebietskrankenkasse S 103.842,05 s.A. betragen. Weiters hätten die aushaftenden Beträge der Beschwerdeführerin bei der D-Kasse im Juli 1984 S 52.131,60 s.A. und im Mai 1985 S 36.695,-- s.A. betragen. Bis Jänner 1986 habe die Beschwerdeführerin zwar ihre offenen Forderungen gegenüber der D-Kasse beglichen. Dagegen seien jedoch die Beitragsrückstände bei der Gebietskrankenkasse bis Jänner 1986 auf S 202.580,34 s.A. und bis September 1986 auf S 304.148,15 angewachsen. Am 15. September 1988 habe die Forderung der Gebietskrankenkasse gegen die Beschwerdeführerin S 175.911,82 betragen. Die ungünstige wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin erhelle aber nicht nur daraus, daß sie seit Jahren ihren Verpflichtungen gegenüber dem genannten Sozialversicherungsträger nicht nachzukommen vermöge, sondern auch daraus, daß gegen sie im Jahre 1986 16 Exekutionen wegen Forderungen von S 787,60 bis S 92.961,63, im Jahre 1987 34 Exekutionen wegen Forderungen von S 260,-- bis zu S 259.275,78 und im Jahre 1988 20 Exekutionen wegen Forderungen von S 332,-- bis zu S 126.446,98 vom Bezirksgericht Z bewilligt worden seien. Inwiefern die Beschwerdeführerin ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Finanzbehörden nachkomme, habe mangels ihrer Zustimmung zu entsprechenden Ermittlungen nicht erhoben werden können. Zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens habe der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, N, am 27. Jänner 1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg niederschriftlich angegeben, daß die Forderungen "bis auf eventuell kleinere Forderungen aus letzter Zeit" schon beglichen worden seien, es ihm aber unmöglich sei, diesbezügliche Belege vorzulegen, da er sonst "die gesamte Buchhaltung auf den Kopf stellen müßte". Mit diesem Vorbringen habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht der nachweislichen Aufforderung entsprochen, Beweismittel dafür anzubieten, daß die Forderungen, derentwegen seit 23. September 1986 gegen sie Exekution geführt worden sei, bezahlt seien, oder daß auf die Forderungen verzichtet worden sei. Desweiteren habe die Beschwerdeführerin kein überprüfbares Vorbringen erstattet, wonach auf Grund ihrer nunmehrigen wirtschaftlichen Lage angenommen werden könne, daß sie den mit der Ausübung des gegenständlichen Baumeistergewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen könne. In der vorerwähnten Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 27. Jänner 1989 habe der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin lediglich angegeben, die "wirtschaftliche Lage sei derzeit so, daß anzunehmen sei, daß ich meinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann". Entsprechende Beweismittel dafür, daß die Beschwerdeführerin - wie offenbar gemeint - ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen könne, seien jedoch nicht angeboten worden. Hiezu sei auch darauf hinzuweisen, daß mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiere, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt seien, was auch für die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 insofern zutreffe, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzten. Im Hinblick auf die seit Jahren trotz weiterer Ausübung des gegenständlichen Baumeistersgewerbes ungünstige wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin, die selbst geringe Forderungen ihrer Gläubiger nicht zeitgerecht begleichen könne, und die seit Jahren nicht in der Lage sei, die Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen abzudecken, und den Umstand, daß die Beschwerdeführerin, die kein glaubhaftes Vorbringen habe erstatten können, wonach auf Grund ihrer nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, daß sie den mit der Ausübung des Baumeistergewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verfüge, lägen für die Annahme, daß ein Tätigwerden der Beschwerdeführerin als selbständige Gewerbetreibende für ihre Gläubiger nützlich sein könnte, keine Anhaltspunkte vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem sich aus § 87 Abs. 2 GewO 1973 ergebenden Recht auf Nichtentziehung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Zwangsausgleich nicht erfüllt worden sei, würden bestritten, da nach Auskunft des damaligen Masseverwalters Dr. E seines Wissens sämtliche Quotenforderungen abgedeckt worden seien. Insbesondere sei der "Firma" A ein Betrag von S 20.000,-- z. H. des damaligen Masseverwalters überwiesen worden. Richtig sei, daß in den letzten Jahren Zahlungsschwierigkeiten aufgetreten seien, dies sei jedoch eine allgemeine Erscheinung sämtlicher "Baufirmen" und bilde keinen Grund für die Entziehung der Konzession. Fest stehe weiters, daß in den letzten Jahren keine Anträge auf Konkurseröffnung gestellt worden seien, und daß sie bisher sämtliche Forderungen habe bezahlen können. Hingegen liege die Fortführung des Gewerbes sehr wohl im Interesse der Gläubiger, da eine Vielzahl von Baustellen auf Grund der guten Konjunkturlage angefangen worden sei, sodaß sie nunmehr die Möglichkeit hätte, eine finanzielle Sanierung herbeizuführen. Durch die Nichtanwendung des § 87 Abs. 2 GewO 1973, wonach von der Entziehung der Gewerbeberechtigung im Interesse der Gläubiger abgesehen werden könne, erscheine der angefochtene Bescheid rechtswidrig und auch mangelhaft, weil eine Überprüfung der derzeitigen Situation der Gesellschaft, Feststellung der Art und Anzahl der Baustellen, unterblieben sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 1 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder zweimaliger Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1988, Zl. 88/04/0159, dargelegt hat, ist die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen und es ist daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 von der im § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 i.V.m. § 13 Abs. 3 und 4 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Gewerbeberechtigten erwartet werden kann, daß er auch den mit der Ausübung der den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird. Hingegen ist es nicht allein schon entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde u. a. in diesem Erkenntnis unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiters dargelegt, daß mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes korrespondiert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind, was auch für die Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 insofern zutrifft, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen.

Ausgehend von dieser Rechtslage kann aber schon im Hinblick auf die Anzahl und die Höhe der in dem angeführten Zeitraum gegen die Beschwerdeführerin exekutiv betriebenen Forderungen und die Nichtbeibringung von geeigneten Belegen über die etwaige Bereinigung dieser Forderungen bzw. des Mangels eines geeigneten bescheinigten Vorbringens, wonach auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin erwartet werden könne, daß sie den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten auf Grund vorhandener liquider Mittel entsprechend nachkommen könne, der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1973 nicht als erfüllt erachtete. Sofern sich aber die Beschwerdeführerin unabhängig davon im Beschwerdeschriftsatz auf die Erfüllung der Quotenforderungen des seinerzeitigen Zwangsausgleiches beruft, im übrigen aber darauf verweist, es sei richtig, daß in den letzten Jahren Zahlungsschwierigkeiten aufgetreten seien, was jedoch eine allgemeine, sämtliche Bauunternehmen betreffende Erscheinung sei und keinen Grund zur Entziehung der Konzession bilde, und weiters darauf verweist, daß in den letzten Jahren "keine Anträge auf Konkurseröffnung" gestellt worden seien, so ist dieses Vorbringen, abgesehen von der Frage seiner Entscheidungsrelevanz, schon mangels näherer Konkretisierung nicht geeignet, bei der durch den Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden nachprüfenden Kontrolle Anhaltspunkte für einen in diesem Zusammenhang der belangten Behörde anzulastenden entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel zu bieten.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040150.X00

Im RIS seit

27.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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