TE Vwgh Erkenntnis 1990/3/27 89/04/0183

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z26;
VwRallg;

Betreff

N gegen Landeshauptmann von Oberösterreich vom 6. Juli 1989, Zl. Ge-42.578/1-1989/Sch/Hin, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. Mai 1989 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Sägewerk X KG gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 zu verantworten, daß am 7. Dezember 1988 vormittags auf dem Werksgelände im Standort Y neben dem Zufahrtsweg in einer Entfernung von ca. 1,5 m bis 3,5 m von der Grundgrenze zum Anwesen der Eheleute A Holz gelagert und damit die im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. November 1984 vorgeschriebene Auflage, wonach entlang der Grundgrenze zwischen dem Grundstück Nr. 207, KG. Y und dem Betriebsareal, und zwar zwischen dem Fahrweg und dieser Grundgrenze keine brennbaren Materialien "abgelagert" werden dürfen, nicht eingehalten worden sei. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 367 Z. 26 in Verbindung mit den §§ 74 bis 83 GewO 1973 verletzt. Gemäß § 367 leg. cit. wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5. Juli 1984, in der Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. November 1984, sei der Sägewerk X KG folgende Auflage vorgeschrieben worden: "Entlang der Grundgrenze der Parzelle 207, KG. Y, zum Betriebsareal des Sägewerkes X dürfen zwischen dem Fahrweg und dieser Grundgrenze keine brennbaren Materialien gelagert werden. Dieses Lagerverbot umfaßt naturgemäß auch den ca. 3 m breiten Zufahrtsweg, dessen nördlicher Rand in einem Abstand von 2,10 m parallel zur südöstlichen Außenfront der Sortier- und Schnittholzlagerhalle führt. Dieses Lagerverbot betrifft auch den schmalen Gebäudestreifen" (?) "zwischen dem bereits erwähnten Fahrweg auf Gp. 200/3 und der südlichen Grenze der Parzelle 200/2."

Anhand der Gendarmerieerhebung sowie der angefertigten Lichtbilder sei eindeutig dokumentiert, daß am 7. Dezember 1988 vormittags neben dem Zufahrtsweg in einer Entfernung von ca. 1,5 bis 3,5 m von der Grundgrenze zum Anwesen A von der Sägewerk X KG insgesamt 23 Kanthölzer "abgelagert" gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Einspruch auch zugegeben, daß am 7. Dezember 1988 vormittags Kanthölzer entlang der Grundgrenze zum Anwesen A gelagert gewesen seien. Den Argumenten der Beschwerdeführerin, daß wegen der kurzen Zeitdauer von keiner Lagerung gesprochen werden könne und es sich auch um keine brennbaren Materialien gehandelt habe, könne sich die Behörde nicht anschließen. Zum einen deshalb, weil die zitierte Bescheidauflage ein grundsätzliches Lagerverbot brennbarer Materialien vorsehe und somit auch eine kurzfristige Lagerung - und sei es tatsächlich nur für eine Stunde gewesen - nicht gestatte und zum anderen Kanthölzer zweifellos brennbare Materialien darstellten. Der Einwand der Beschwerdeführerin, daß es sich um frischgeschnittene Fichtenkanthölzer gehandelt habe und von diesen keine Brandgefahr ausgehen habe können, sei ebenfalls unerheblich, weil im Hinblick auf den Wortlaut der Bescheidauflage alle brennbaren Materialien erfaßt seien. Der Umstand, daß erfahrungsgemäß feuchte Hölzer schwerer brennbar seien, komme jedenfalls keine Bedeutung zu. Sinn und Zweck dieser Bescheidauflage sei es, daß im Brandfall eine Brandbrücke - Übergreifen eines Brandes in beide Richtungen - zwischen dem Sägewerksbetrieb und dem Wohnhaus A vermieden werde, weshalb sich der Gewerbetreibende strikt an diese gewerbebehördliche Auflage zu halten habe.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie unter anderem ausführte, die von ihr ausgeübte Tätigkeit, nämlich die Bereitstellung von Fichtenstämmen zum Abtransport, stelle ausschließlich eine Verladetätigkeit dar und könne keinesfalls einer Lagerung gleichgesetzt werden.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Juli 1989 wurde die Berufung gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit § 51 VStG 1950 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, daß Lagerung begrifflich eine Lagerung über einen längeren Zeitraum bedeute, sei nicht zu folgen. Auch die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß der Feuchtegehalt eines abgelagerten Holzes für die Zulässigkeit einer Lagerung von Bedeutung sei, sei nicht zutreffend.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.

Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die belangte Behörde vertrete den Standpunkt, daß der Rechtsauffassung, eine Lagerung bedeute begrifflich eine Lagerung über einen längeren Zeitraum, nicht gefolgt werden könne. Im Zuge einer Amtshandlung des Amtes der OÖ Landesregierung vom 9. Oktober 1984 habe der beigezogene Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt, daß die Frage nach der Gefahr einer Brandbrückenbildung zwischen der Lagerung im Sägewerk und des Anwesens A bejaht werden müsse, sofern die Holzstapel südöstlich der im Befund dieser Niederschrift genannten Zufahrtsstraße "bestehen bleiben" würden; andererseits bilde aber die Auflage nach einer durchgehenden 10 m tiefen Schutzzone parallel zur Grundgrenze des Grundstückes Nr. 207, KG. Y, eine betriebswirtschaftliche Härte für das Unternehmen X, da in diesem Fall auch die Lagerungen bei der Schnittholzsortierhalle betroffen werden würden und eine ordnungsgemäße betriebsinterne Abwicklung im Sägewerk X erschwert würde. Weiters habe der Sachverständige ausgeführt, daß für den angestrebten Schutzzweck (Sturz- und Brandgefahr) es nach seiner Meinung im Sinne eines von beiden Parteien mitgetragenen Kompromisses vertretbar erscheine, wenn diese Auflage so formuliert würde, wie sie nunmehr im Spruch des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. November 1984 enthalten sei. Diesem Kompromißvorschlag des Sachverständigen hätten sowohl die Ehegatten A als auch die Beschwerdeführerin zugestimmt. Schon diesem Gutachten sei zu entnehmen, daß durch den Kompromißvorschlag die Gefahr einer Brandbrückenbildung zwischen den im Sägewerk gelagerten Hölzern und dem Anwesen A vermieden werden sollte. Es sei der Darstellung des Sachverständigen weiters zu entnehmen, daß im Sägewerksbereich naturgemäß Holz gelagert sei und daß sich laufend eine gewisse Holzmenge im Sägewerksareal befinde, dies betriebsbedingt. Würde man nunmehr auch unmittelbar neben dem Anwesen A eine ständige Lagerung von Holz vornehmen, würde demnach eine Brandbrücke gegeben sein. Der Schutzzweck, der mit dem Verbot der Lagerung von brennbaren Materialien zwischen dem Fahrweg und der Grundgrenze erreicht werden solle, bestehe nun darin, ein Übergreifen eines Brandes vom Betriebsgelände auf das Anwesen A zu unterbinden. Die Beschwerdeführerin habe dieses Verbot, welches nach dem Gutachten des Sachverständigen und mit Zustimmung der Parteien erlassen worden sei, jedenfalls nur so verstanden, daß eine ständige Lagerung brennbarer Materialien zwischen dem Fahrweg und dem Anwesen A zu unterlassen sei, nicht jedoch das Abstellen bzw. Umschlichten von Kantholz, Brettern etc., um diese zum Abtransport bereitzustellen. Im gegenständlichen Fall seien im Bereich des Fahrweges lediglich Kanthölzer abgestellt worden, weil diese bereits ein oder zwei Stunden später von einem Auftraggeber abgeholt worden seien. Auf Grund der von der Gendarmerie aufgenommenen Lichtbilder stehe wohl die Tatsache fest, daß 23 Kanthölzer neben dem Zufahrtsweg in einer Entfernung von ca. 1,5 m bis 3,5 m zur Grundgrenze A vorhanden gewesen seien. Es sei jedoch damit nicht erwiesen, daß hiedurch die Lagerung dieser Kanthölzer angestrebt worden sei. Wenn in den Morgenstunden, wie im gegenständlichen Fall, eine bestimmte Holzmenge zum Abholen bereitgestellt werde und diese Menge tatsächlich ein oder zwei Stunden später abtransportiert werde, könne wohl von einer Lagerung nicht gesprochen werden. Der Schutzzweck des Unterlassungsgebotes sei darin gelegen, eine Brandbrücke zu vermeiden, allenfalls auch einer Sturzgefahr vorzubeugen. Dieser vorbeugenden Maßnahme sei durch die Bereitstellung der 23 Kanthölzer nicht zuwidergehandelt worden. Die Beschwerdeführerin habe jedenfalls seinerzeit bei Erstellung des Gutachtens durch den Sachverständigen diese vorbeugende Maßnahme so verstanden, daß die Bereitstellung einer gewissen Holzmenge nahe der Grundgrenze der Ehegatten A durchaus zulässig sei, wenn unmittelbar darauf der Abtransport durchgeführt werde. Unter Lagerung von Holz verstehe man zwangsläufig das Abstellen von Holz bzw. von brennbaren Materialien über einen längeren Zeitraum zum Zwecke des Trocknens bzw. Bereitstellung für einen späteren Abverkauf, nicht jedoch die Bereitstellung einer bereits bestellten Menge von Holz zum Abholen, wobei zwischen Bereitstellung und Abholung nur ein bis zwei Stunden verstreichen. In einem solchen Fall könne von einer Lagerung und der Schaffung einer Brandbrücke nicht gesprochen werden. Die belangte Behörde habe derartige Erwägungen überhaupt nicht angestellt und auch nicht geprüft, sondern sich an den Wortlaut des seinerzeit ergangenen Bescheides des "Amtes der OÖ Landesregierung" gehalten. Es hätte jedenfalls einer Überprüfung der tatsächlichen Geschehnisse bedurft, insbesondere hätte geprüft werden müssen, zu welchem Zweck 23 Kanthölzer abgestellt worden seien. Erst nach einer derartigen Prüfung hätte man den Schluß ziehen können, ob es sich um eine Lagerung oder lediglich um ein Bereitstellen einer bestimmten Holzmenge zum Abtransport gehandelt habe. Es könne daher keinesfalls davon gesprochen werden, daß die Beschwerdeführerin gegen den Schutzzweck, welcher mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. November 1984 erreicht habe werden sollen, verstoßen hätte.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Das Wort "lagern" bedeutet begrifflich ein Aufbewahren, bis später eine andere Situation herbeigeführt wird (siehe z.B. das Stichwort "lagern" im Duden, "Das große Wörterbuch der deutschen Sprache", Band 4, Seite 1620). Insofern ist das Wort "lagern" begrifflich auf einen Zeitraum bezogen. Dies bedeutet jedoch im Gegensatz zu der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung nicht, daß es sich um einen "längeren Zeitraum" handeln muß. Der allgemeine Sprachgebrauch läßt es vielmehr zu, auch ein Bereithalten von Gegenständen für einen nur kurzen Zeitraum als ein "Lagern" anzusprechen, wie dies etwa im Wort "Zwischenlagerung" (bis eine andere Situation herbeigeführt wird) zum Ausdruck kommt. In der Frage, bis zu welcher zeitlichen Ausdehnung ein "Bereithalten" nicht auch schon als "Lagern" anzusehen ist, ist der allgemeine Sprachgebrauch allerdings unscharf. Im Zusammenhang, in den das Wort "Lagern" in der im vorliegenden Schuldspruch angeführten Auflage gestellt ist, darf mangels hinlänglicher Eindeutigkeit des Wortlautes das hier mit dem Wort "Lagern" verknüpfte teleologische Moment nicht übersehen werden. Im Hinblick darauf, daß sich das mit der Auflage vorgeschriebene Lagerverbot auf brennbare Materialien bezieht und daß das mit einem Brand verbundene Risiko auch nicht kurzfristig in Kauf genommen werden soll, wurde von der belangten Behörde, indem sie durch die Auflage "auch eine kurzfristige Lagerung - und sei es tatsächlich nur für eine Stunde" als verboten betrachtete, der normative Gehalt der Auflage nicht verkannt. Darin, daß die belangte Behörde angesichts des Wortlautes "brennbare Materialien" dem Umstand, ob es sich um leichter oder um schwerer brennbare Materialien handle, keine rechtliche Bedeutung beimaß, liegt ebenfals kein Verkennen der Rechtslage.

In der vorliegenden Beschwerde wird auf die Niederschrift des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Oktober 1984 Bezug genommen. Insoweit sich die Beschwerdeführerin auf die damalige Erörterung der im erstbehördlichen Verfahren, vorgeschriebenen Auflagen einer 10 m tiefen Schutzzone bezieht, geht sie an der Sache, die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildet, vorbei, weil der im Verwaltungsrechtszug getroffene Schuldspruch nicht auf der Grundlage der von der Erstbehörde vorgeschriebenen Auflage, sondern auf der Grundlage der im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Oktober 1984 vorgeschriebenen Auflage beruht.

Das in der vorliegenden Beschwerde enthaltene Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe die Auflage jedenfalls nur so verstanden, daß eine ständige Lagerung brennbarer Materialien zwischen dem Fahrweg und dem Anwesen A zu unterlassen sei, nicht jedoch das Abstellen bzw. Umschlichten von Kantholz, Brettern etc., um diese zum Abtransport bereitzustellen, geht an dem im Sinne der vorstehenden Ausführungen dem Wortlaut und dem Zweck entsprechenden normativen Gehalt der Auflage vorbei und läßt keine der belangten Behörde anzulastende Rechtswidrigkeit erkennen.

Im Sinne der vorstehenden Darstellung der Rechtslage war es im Gegensatz zu der in der vorliegenden Beschwerde vertretenen Auffassung schließlich auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten "tatsächlichen Geschehnisse", insbesondere darauf, "zu welchem Zweck 23 Kanthölzer abgestellt worden" seien, nicht einging.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040183.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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