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L65000 Jagd Wild;Norm
JagdG Tir 1983 §37;Betreff
N gegen Tiroler Landesregierung vom 26. September 1988, Zl. IIIa2-2325/4, betreffend Übertretungen des Jagdgesetzes
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Spruch
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 10. Mai 1988 wurde der Beschwerdeführer als Jagdausübungsberechtigter in dem Genossenschaftsjagdrevier XY schuldig erkannt, es unterlassen zu haben, den
a) vorgeschriebenen Rotwildabschuß im Jagdjahr 1987/88 von 36 Stück vollständig zu erfüllen; es seien nur 23 Stück erlegt worden (d. s. 64 Prozent), und den b) vorgeschriebenen Rehwildabschuß von 27 Stück vollständig zu erfüllen; es seien nur 23 Stück erlegt worden (d. s. 85 Prozent). Er habe dadurch die Rechtsvorschriften nach § 70 in Verbindung mit § 37 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60 (JG), und § 3 Abs. 3 der 2. Durchführungsverordnung, LGBl. Nr. 62/1983 (DVO), verletzt. Über ihn wurden nach § 70 JG Geldstrafen zu a) von S 25.000,-- und zu b) von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafen von drei Wochen und fünf Tagen) verhängt. Gemäß § 3 Abs. 3 DVO sei der nach dem Abschußplan genehmigte Abschuß zu erfüllen. Dies sei nur unvollständig erfolgt. Der Beschwerdeführer versuche zwar darzulegen, daß ihm die vollständige Erfüllung unmöglich gewesen sei, doch hätte bei größerer Anstrengung der Abschuß vollständig oder doch zu einem größeren Prozentsatz erfüllt werden können, insbesondere während der Sommermonate. Es erfolgt die Aufzählung der erfolgten Abschüsse. Es wäre sicher möglich gewesen, bei Rotwild gerade in den Sommermonaten, aber auch im November und Dezember und während des Abschußauftrages im Jänner mehr zu erlegen. Dies wäre auch bei Rehwild in den Monaten November und Dezember möglich gewesen. Es liege ein Ungehorsamsdelikt vor. Es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, das Fehlen seines Verschuldens darzutun. Bei konsequenterer Bejagung und stärkerem Einsatz von Jagdpersonal wäre zumindest ein besseres Abschußergebnis möglich gewesen. Schließlich betrage im Hegekreis A (dazu gehört das vom Beschwerdeführer gepachtete Revier im Ausmaß von 2253 ha) die durchschnittliche Abschußerfüllung 81 Prozent bei Rotwild und 97 Prozent bei Rehwild. Milderungsgründe seien nicht gegeben. Als Erschwerungsgründe gelten die hundertprozentige Erfüllung bezüglich der Trophäenträger und die äußerst schlechte Erfüllung beim weiblichen Wild sowie bei Kälbern und Kitzen.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer insbesondere vor, er habe alles unternommen, um den Abschuß zu erfüllen. Sein Jäger (Revieroberjäger B) habe den Auftrag gehabt, den Kahlwildabschuß und den Abschuß von Rehgeißen vorzunehmen und auch andere Jäger beizuziehen, so insbesondere Josef K. Allen zusammen sei die Erfüllung nicht möglich gewesen, zumal der Wildstand im Sommer wegen des enormen Fremdenverkehrs in X anders gewesen sei. Dazu habe es ständige Holzschlägerungen während der Schußzeit bis in den Jänner hinein gegeben. Es sei das Wild nicht da gewesen. Er beantrage die Vernehmung der beiden genannten Jäger aus X. Auch die Jagdgäste seien mit dem Abschuß weiblichen Wildes betraut worden.
Der im Revier tätige Berufsjäger B gab am 17. Juni 1988 als Zeuge an, er könne die Angaben des Beschwerdeführers nur bestätigen. Es sei nicht möglich gewesen, mehr zu schießen, zumal im letzten Jahr im ganzen Revier Holzarbeiten (Windbruch- und Schneedruckholz) notwendig gewesen seien. Er sei dem Auftrag des Beschwerdeführers sogar an seinen freien Tagen nachgekommen. Die Hirschabschüsse hätten nur mit größter Anstrengung erfolgen können. Beim Kahl- und Rehwild sei nicht mehr zu bekommen gewesen.
Auch der Jäger C deponierte am 17. Juni 1988 als Zeuge, er habe einen Jagderlaubnisschein mit dem besonderen Auftrag, weibliches Wild zu erlegen, gehabt. Soweit es ihm zeitlich möglich gewesen sei, habe er beim Abschuß mitgewirkt. Das Revier habe eine starke Berunruhigung durch Fremdengäste und Holzarbeiten gehabt. Bei diesen Umständen sei es nicht möglich gewesen, mehr zu erlegen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. September 1988 wurde die Berufung abgewiesen. Die objektive Tatseite sei unbestritten. Zur subjektiven sei zu bemerken, daß der Täter bei sogenannten Ungehorsamsdelikten nur straffrei bleibe, wenn er glaubhaft mache, daß ihn an der Verletzung der Vorschrift kein Verschulden treffe. Der Abschußplan sei dem Beschwerdeführer nicht "aufoktroyiert" worden, wie der Inhalt des Abschußplanes des Jahres 1987/88 zeige. Es sei beim Rehwild die vom Beschwerdeführer beantragte Abschußzahl lediglich mit einem Rehbock mehr festgesetzt worden. Sonst sei man dem Beschwerdeführer gefolgt. Aus den Abschußlisten sei ersichtlich, daß beim Rotwild in den ersten drei Monaten der Schußzeit fünf Stück und in den Monaten Oktober und November zwei bzw. drei Stück erlegt worden seien. Beim Rehwild seien im August nur zwei, im November und Dezember nur drei bzw. zwei Stück erlegt worden. Wenn vielleicht in den Sommermonaten die Beunruhigung des Revieres durch zahlreiche Touristen eine gewisse Rolle gespielt haben könne, so werde dies für Oktober bis Dezember wohl kaum mehr zutreffen. Auch das Argument, das Revier sei überdies durch die bis in den Jänner dauernden Holzschlägerungen beunruhigt gewesen, befreie den Beschwerdeführer nicht von der Verpflichtung der Abschußplanerfüllung. Er hätte zumindest versuchen können, im Wege einer Ausnahmebewilligung vom Nachtabschußverbot einen Teil des Abschusses zu tätigen oder tätigen zu lassen. Derartige Anträge gebe es aber nicht. Wenn auch der Revierjäger B die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich der verschiedenen Hindernisse bestätige, so erscheine doch auf Grund der Tatsache, daß er ein Angestellter des Beschwerdeführers sei, eine gewisse subjektive Sicht der Dinge seinerseits ganz unvermeidlich. Deshalb könne seine Aussage auch nicht in vollem Umfang gewertet werden. Der Jäger C entlaste zwar den Beschwerdeführer insoweit, als er angebe, den besonderen Auftrag, weibliches Wild zu schießen, erhalten zu haben. Allerdings habe er an der Abschußplanerfüllung nur im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeit mitgewirkt und dies sei eben nicht ausreichend gewesen. Es genüge nicht, daß der Jagdausübungsberechtigte nur gewisse Aufträge erteile, sondern er habe auch dafür Sorge zu tragen, daß sie ausgeführt werden und gegebenenfalls die nötigen Veranlassungen zu treffen. Im Hinblick auf die Entwicklung des zeitlichen Ablaufes der Abschußplanerfüllung erscheine ein intensives Bemühen des Beschwerdeführers um die volle Erfüllung wenig glaubhaft. Es sei ihm zumindest Fahrlässigkeit anzulasten. Es folgen umfangreiche Ausführungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der dem Vorbringen nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß ihm die nicht vollständige Erfüllung des Abschußplanes als die Begehung von zwei Übertretungen zur Last gelegt wurde.
Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Die maßgebenden Bestimmungen der 2. Durchführungsverordnung
zum Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 62, lauten:
"§ 3
Abschußplan
(1) Der Abschußplan ist getrennt für Schalenwild und Murmeltiere (Anlage 1) sowie für Auer- und Birkhahnen (Anlage 2) zu erstellen. Die Erstellung des Abschußplanes hat nach den auf den Formblättern gegebenen Anleitungen und Anmerkungen zu erfolgen. ...
(2) Wird der Abschußplan nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschußplan für Schalenwild nach Anhören des Bezirksjagdbeirates von Amts wegen festzusetzen.
(3) Der nach dem Abschußplan genehmigte sowie der von der Bezirksverwaltungsbehörde nach Abs. 2 festgesetzte Abschußplan ist nach Maßgabe des Abs. 4, 6 und 7 zu erfüllen. ..."
Aus diesen Bestimmungen im Zusammenhalt mit der Regelung im § 37 JG ergibt sich, daß es in jedem Jagdgebiet nur einen Abschußplan für Schalenwild gibt, mögen auch in diesem die einzelnen Schalenwildarten gesondert aufzugliedern sein. Durch die (sich am Ende der Jagdzeiten ergebende) Nichterfüllung des Abschußplanes für Schalenwild durch nicht vollständigen Abschuß wird daher nur eine Übertretung nach § 3 Abs. 3 DVO in Verbindung mit den weiteren bezughabenden Gesetzesstellen verwirklicht. Erstreckt sich die Nichterfüllung nicht nur auf eine, sondern auf mehrere Wildarten, so ist dies bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen. Da die belangte Behörde dem Beschwerdeführer aber die Nichterfüllung des Abschußplanes für Schalenwild als zwei Übertretungen zur Last legte, hat sie insoweit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb zur Gänze aufzuheben.
Der Beschwerde kommt aber auch, soweit damit die subjektive Tatseite bekämpt wird, in Ansehung des Rehwildes Berechtigung zu. Die Abschußquote beim Rehwild beträgt 85 Prozent. Das bedeutet im gegenständlichen Fall, daß von dem für das Rehwild festgesetzten Gesamtabschuß von 27 Stück lediglich vier Stück nicht erlegt wurden. Da die belangte Behörde selbst von einer gewissen Beunruhigung des Wildes durch Urlaubsgäste und durch Holzarbeiten sowie davon ausging, daß der Beschwerdeführer seinen Revierjäger und einen weiteren Jäger zur vollständigen Erfüllung des Abschußplanes eingesetzt hatte, kann bei einer derart geringen Differenz der Stückzahlen (Minderabschuß von vier Stück) die Meinung der belangten Behörde, es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn in Ansehung des Rehwildes kein Verschulden treffe, nicht als schlüssig erkannt werden. Konnte der Beschwerdeführer doch damit rechnen, daß diese wenigen Stücke noch erlegt werden.
Anders verhält es sich allerdings in Ansehung des Rotwildes. Hier beträgt die Abschußquote nur 64 Prozent. Es wurden 13 Stück Rotwild nicht erlegt. Zufolge dieser auch zahlenmäßig größeren Differenz zwischen festgesetzten und erfolgten Abschüssen, die dem Beschwerdeführer ja bekannt war, hätte er daher rechtzeitig, wie dies von der belangten Behörde schlüssig dargelegt wurde, für weitere Maßnahmen Sorge tragen müssen, z. B. durch eine Antragstellung für eine Ausnahmebewilligung vom Nachtabschußverbot (vgl. § 40 Abs. 2 lit. a JG) bzw. im Hinblick auf die Größe des Jagdreviers auch durch Beiziehung weiterer abschußberechtigter Personen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher bezüglich des Rotwildes die Meinung der belangten Behörde, es sei dem Beschwerdeführer zumindest Fahrlässigkeit anzulasten.
Der angefochtene Bescheid war wegen der schon aufgezeigten Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze aufzuheben. Es erübrigte sich damit ein Eingehen auf das gegen die Strafhöhe gerichtete Beschwerdevorbringen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Beschwerdeausfertigung bzw. Beilagen.
Schlagworte
Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan Übertretungen und Strafen StrafnormenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988030238.X00Im RIS seit
16.07.2001