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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. April 1989, Zl. 8V-1370/5/1988, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe sich am 10. Februar 1988, um 3.35 Uhr, am angeführten Gendarmerieposten trotz Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorganes geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich beim Lenken des dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1988, zwischen 22.00 und 00.00 Uhr, auf der angeführten Straße beim bezeichneten Straßenkilometer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 208 Stunden) verhängt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht unter anderem, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.
Eine Untersuchung der Atemluft auf Alkohol kann so lange verlangt werden, als noch praktische Ergebnisse der Atemluftprobe erwartet werden können. Bei einem großen Zeitabstand zwischen der Beendigung des Lenkens und der Verweigerung der Atemluftprobe - etwa bei einem Zeitraum von 3 Stunden 40 Minuten und darüber - ist die Behörde verpflichtet, näher zu begründen, warum trotz der verstrichenen langen Zeit noch verwertbare Ergebnisse des Alkotests zu erwarten gewesen wären. Mit einer bloß abstrakten Feststellung dahin, daß im Hinblick auf die stündlichen Abbauwerte des Blutalkoholwertes Rückschlüsse auch über längere Zeiträume möglich seien, kann dieser Begründungspflicht nicht entsprochen werden (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 19. März 1987, Zl. 86/02/0130). Der Zweck der Atemluftprobe besteht nämlich darin, wenn sie - worauf im Beschwerdefall nach der Aktenlage die Absicht des Organes der Straßenaufsicht geerichtet war - mittels Atemalkohol- Prüfröhrchen durchgeführt wird, für den Fall des positiven Ausganges den der Alkoholisierung verdächtigen Lenker einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung zur Zeit des Lenkens vorzuführen, wobei diese Feststellung des Grades sich nach dem Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO - entweder Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille und darüber oder Fahruntüchtigkeit - zu orientieren hat (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis), oder, wenn die Atemluftprobe - was im Beschwerdefall nach der Aktenlage allerdings nicht beabsichtigt war - mittels Atemalkoholmeßgerätes durchgeführt wird, ein Beweismittel für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes in einem allfälligen Verfahren nach § 5 Abs. 1 StVO zu schaffen.
Im vorliegenden Fall ergaben sich für die belangte Behörde insbesondere folgende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens:
1) Aus der Anzeige vom 10. Februar 1988 folgende Angaben des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer "gab an, er habe Probleme mit dem
Finanzamt ... Aus diesem Grunde sei er am 9. 2. 1988 den ganzen
Tag über bei seiner Steuerberaterin ... gewesen. Anschließend
sei er in die ... gegangen und habe dort mehrere
Weißweinmischungen getrunken. Wie viele es waren, könne er
nicht sagen".
2) Schriftliche Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom
14. März 1988:
"Es ist richtig, daß ich meinen Pkw ... am 9. 2. 1988,
gegen 22.00 Uhr, auf der ... nächst ... zum Parken abgestellt
habe. Dies deshalb, weil ich mich auf dieser Stelle mit einer
Bekannten traf und mit dieser mit ihrem Fahrzeug zu einer
Geschäftsbesprechung weiterfuhr. ... Um etwa 02.00 Uhr brachte
mich die Bekannte, welche aus begreiflichen Gründen anonym bleiben will, wieder zu meinem Fahrzeug zurück. ..."
3) Weitere Angabe in der schriftlichen Rechtfertigung vom 14. März 1988:
"Bei der Geschäftsbesprechung habe ich zwei kleine Bier getrunken, war daher keinesfalls alkoholisiert."
4) Berufung vom 11. April 1988:
"Ich habe in meiner schriftlichen Stellungnahme vom 14. 3. 1988 ausreichend vorgebracht, daß ich mein Fahrzeug am 9. 2. 1988 zuletzt gegen 22.00 Uhr auf der ... geparkt habe, in weiterer Folge mit einer Bekannten zu einer Geschäftsbesprechung weitergefahren bin, von dieser Bekannten gegen 02.00 Uhr morgens wieder zu meinem Fahrzeug gebracht wurde und hier - ohne das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen - im Fahrzeug schlief, da ich komplett übermüdet war. Ich habe des weiteren bereits den erhebenden Gendarmeriebeamten gegenüber zugegeben, daß ich in der ... mehrere Weißweinmischungen getrunken habe. Mit meiner Bekannten habe ich mehrere kleine Bier getrunken."
5) Zeugenaussage vom 31. August 1988:
"Als Zeugin zum Sachverhalt befragt und über die Folgen einer falschen Aussage in Kenntnis gesetzt, gebe ich an, daß ich mich mit meinem Chef", dem Beschwerdeführer, "am Abend des 9. 2. 1988 in der ... verabredet hatte. Der Beschuldigte hatte dort eine geschäftliche Besprechung mit einer Steuerberaterin und bin ich dort gegen 22.00 Uhr eingetroffen. Ich wollte" den Beschwerdeführer "bei seinem Gespräch nicht stören, konsumierte an der Theke ein Getränk und verließ dann wieder das Lokal."
Der Beschwerdeführer "folgte mir daraufhin und verabredeten wir als Treffpunkt den Parkstreifen auf der ... um 24.00 Uhr. Ich traf dann auch um 24.00 Uhr dort ein und war" der Beschwerdeführer "bereits dort. Dieser ließ dann seinen Pkw dort stehen und fuhren wir mit meinem Fahrzeug nach ..., wo wir uns mit einigen Bekannten trafen. Dort konsumierte der Beschuldigte zwei weiße Spritzer. Da" der Beschwerdeführer "bereits ziemlich müde und nicht mehr so lustig wie sonst war, fuhren wir bald wieder zurück und trafen gegen 02.00 Uhr wieder bei seinem Fahrzeug ein. Während dieser Fahrt habe nur ich meinen Pkw gelenkt. Nachdem" der Beschwerdeführer "ausgestiegen war, fuhr ich weiter und kann somit nichts dazu sagen, was sich in weiterer Folge ereignet hat. Mehr kann ich hiezu nicht mehr angeben."
6) Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen vom 31. März 1989:
In diesem Gutachten wurde die Frage der Relation von Vortrunk und Nachtrunk behandelt.
In den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens findet sich
weiters der Abdruck eines Schriftsatzes des Beschwerdeführers
vom 10. April 1989, mit dem "in Entsprechung der eingeräumten
Frist ... zum Gutachten ... nachstehende Stellungnahme
erstattet" wurde, in der unter anderem ausgeführt wurde: "Ich
habe die Geschäftsbesprechung zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr
mit meiner Steuerberaterin ... gehabt und kann diese auch
bezeugen, daß sie mich von der späteren Beanstandungsstelle abgeholt hat."
Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde davon ausgehen hätte müssen, der Beschwerdeführer habe eine geschlossene Darstellung seiner in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1988 durchgeführten Fahrten gegeben und unter Einbeziehung der Beteiligung der Steuerberaterin lückenlos unter Beweis gestellt. Insofern war in der Aufnahme einer Zeugenaussage der Steuerberaterin kein taugliches Beweismittel zu erblicken, welches die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides aufnehmen hätte müssen. Wie den vorstehend dargestellten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zu entnehmen ist, hatte sich der Beschwerdeführer sowohl in seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 14. März 1988 als auch in der Berufung vom 11. April 1988 darauf berufen, von einer Bekannten um 22.00 Uhr abgeholt worden zu sein und "von dieser Bekannten" ("diese" in der Berufung) um 02.00 Uhr wieder zurückgebracht worden zu sein. Die belangte Behörde durfte davon ausgehen, daß diese Version der Rechtfertigung des Beschwerdeführers durch die Zeugenaussage vom 31. August 1988 widerlegt wurde. Auf Grund dieser Zeugenaussage durfte die belangte Behörde vielmehr als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer und die Zeugin um ca. 22.00 Uhr im Bereich des bezeichneten Gastlokales ein Gespräch geführt hatten und daß später in der Zeit zwischen 24.00 und 02.00 Uhr eine gemeinsame Ausfahrt unternommen wurde. Es war nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde als erwiesen annahm, daß der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen 22.00 und 00.00 Uhr als Lenker seines Pkws auf der bezeichneten Straßenstrecke gefahren ist. Die belangte Behörde durfte auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens weiters als erwiesen annehmen, daß das Sicherheitswacheorgan, welches den Beschwerdeführer zum Alkotest aufgefordert hatte, davon ausgehen konnte, daß der Beschwerdeführer vor dieser Fahrt die von ihm zugestandenen mehreren Weißweinmischungen getrunken habe. Die belangte Behörde durfte im Sinne des Gutachtens des ärztlichen Amtssachverständigen vom 31. März 1989 weiters davon ausgehen, daß Feststellungen über den Zustand des Beschwerdeführers um 3.35 Uhr auch in medizinischer Hinsicht Rückschlüsse über den Zustand des Beschwerdeführers zu der von der belangten Behörde festgestellten Lenkzeit erlaubt hätten. Abgesehen vom Informationsstand des Sicherheitswacheorganes zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest wurde von der belangten Behörde insofern, als sie sich auf das Gutachten des ärztlichen Amtssachverständigen vom 31. März 1989 berief, begründungsmäßig hinlänglich untermauert, daß von einem Alkotest, sofern ein solcher zur festgestellten Tatzeit durchgeführt worden wäre, bezogen auf die von der belangten Behörde festgestellte Lenkzeit noch ein praktisch verwertbares Ergebnis zu erwarten gewesen wäre.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Alkoholbeeinträchtigung Fahrtüchtigkeit Alkoholbeeinträchtigung von 0,8 %o und darüber Alkotest Voraussetzung Alkotest Zeitpunkt Ort Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkotestEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030160.X00Im RIS seit
12.06.2001